RG, 04.11.1904 - III 146/04
Unterliegt die Vereinbarung eines Vorkaufsrechts an Grundstücken den Vorschriften des § 313 B.G.B.?
Tatbestand
In dem zwischen den Parteien privatschriftlich abgeschlossenen, d. h. weder gerichtlich noch notariell beurkundeten, Pachtvertrage vom 17. Mai 1901 war im § 9 bestimmt, daß Verpächter im Falle des Verkaufs des Grundstücks dem Pächter das Vorkaufsrecht einräume. Die Vorinstanzen beanstandeten die Rechtswirksamkeit dieser Bestimmung nicht. Im Revisionsurteil wurde anders entschieden.
Aus den Gründen
"Es ist davon auszugehen, daß das in § 9 des Pachtvertrags vereinbarte Vorkaufsrecht, weil weder gerichtlich, noch notariell beurkundet (§ 313 B.G.B.), nicht zu Recht besteht. Denn der Vorkaufsvertrag (§ 504 B.G.B.) ist auch, soweit er ohne dingliche Wirkung (§ 1094 B.G.B.) abgeschlossen wird, ein Vertrag, durch den sich der Verkäufer verpflichtet, sein Eigentum an dem Grundstück, an welchem das Vorkaufsrecht bestellt wird, zu übertragen, und daher finden auf denselben die Vorschriften des § 313 B.G.B. Anwendung. Dies wurde auch von der Kommission für die zweite Lesung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (s. Protokolle Achilles u. Gen. Bd. 2 S. 98) ausdrücklich anerkannt, und eben deshalb in § 505 Abs. 1 die Anwendung des § 313 auf die Erklärung der Ausübung des Vorkaufsrechts für überflüssig erachtet. Es wurde hervorgehoben, daß der den Vertragschließenden durch § 313 gewährte Schutz hinreichend dadurch bewirkt sei, daß die Einräumung des Vorkaufsrechts schon den Formvorschriften unterliege, somit dessen Ausübung dem § 313 nicht notwendig unterstellt zu werden brauche, zumal da durch die doppelte Beurkundung doppelte Kosten und Stempel entstehen würden. Ist sonach die Vereinbarung in § 9 nichtig, so kann sich auch ferner die Frage erheben, ob nicht gemäß § 139 B.G.B. der ganze Pachtvertrag als nichtig anzusehen ist, und die Vorinstanzen haben diese Frage nicht geprüft." ...