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RG, 11.12.1917 - III 288/17

Daten
Fall: 
Mietvertrag über ein Hotel
Fundstellen: 
RGZ 91, 310
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
11.12.1917
Aktenzeichen: 
III 288/17
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Metz
  • OLG Colmar

Anwendung der §§ 581, 537 BGB. auf einen "Mietvertrag" über ein Hotel, dessen Einrichtung vom "Mieter" käuflich übernommen wurde.

Tatbestand

Die Beklagte hat durch Vertrag vom 14. August 1912 vom Kläger dessen Gastwirtschaft "gemietet". Der Kläger fordert im gegenwärtigen Rechtsstreite die Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung rückständiger Mietzinsraten. Die Beklagte, welche behauptet, daß unter der Einwirkung behördlicher, mit dem Kriege zusammenhängender Maßnahmen der Umsatz der Gastwirtschaft gelitten habe, nimmt das Recht der Minderung des Mietzinses um 75 % für sich in Anspruch und begehrt deshalb widerklagend die teilweise Rückgewähr des bereits bezahlten Mietzinses.

Die Vorinstanzen erkannten unter Abweisung der Widerklage nach dem Klagantrage. Auf die Revision der Beklagten wurde die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Aus den Gründen

"Das Berufungsgericht hält den vorliegenden Vertrag für einen Miet-, nicht einen Pachtvertrag, und gelangt von dieser Annahme aus zu dem Ergebnisse, daß der Beklagten ein Anspruch auf Minderung des Mietzinses nicht zustehe, weil die Umstände, auf denen der Rückgang der Hoteleinnahmen beruhen solle, die Tauglichkeit des Hotels zum vertragsmäßigen Gebrauch unberührt ließen.

Diese Erwägungen sind schon in ihrem Ausgangspunkte nicht frei von Rechtsirrtum. Allerdings stellt die gebrauchsweise entgeltliche Überlassung von Räumen zur Ausübung eines Gewerbebetriebes einen Pachtvertrag in der Regel nur dar, wenn neben den durch die bauliche Beschaffenheit für den Betrieb sich eignenden Räumen zugleich eine geeignete Ausstattung mit überlassen wird. Denn nur in Verbindung hiermit sind die Räume in dem betriebsfertigen Zustande, der es ermöglicht, einen Ertrag in Gestalt bürgerlicher Früchte von ihnen zu ziehen (§ 581, § 99 Abs. 3 BGB.; RGZ. Bd. 81 S. 23; Jur. Wochenschr. 1913 S. 982 Nr. 10). Jene Voraussetzung ist insofern hier nicht erfüllt, als die Einrichtung des Hotels von den Parteien in den sog. Mietvertrag nicht einbezogen, sondern der Beklagten vom Kläger auf Grund eines besonderen Vertrags käuflich überlassen worden ist. Allein diese Besonderheit des Falles schließt es nicht aus, ihn in dem für die Entscheidung des Rechtsstreits ausschlaggebenden Punkte ebenso zu behandeln, wie wenn auch die Ausstattung des Hotels mit zum Gegenstände des sog. Mietvertrags gemacht worden wäre. Beide Verträge stehen trotz ihrer äußerlichen Trennung in einem engen Zusammenhange miteinander. Es waltet kein Streit darüber ob, daß die Einrichtungsgegenstände im Hotel verbleiben und nach wie vor ihrer Bestimmung dort dienen sollten. Die Absicht der Beklagten war also bei deren käuflichem Erwerb auf dasselbe Ziel wie bei dem sog. Mietverträge gerichtet. Sie wollte sich durch beide Verträge die Möglichkeit verschaffen, das Hotel welches sie nicht selbst bewirtschaften, sondern einem Dritten zum Betrieb überlassen wollte, mit der Einrichtung weiter zu verpachten. Dieser Einheitlichkeit des Zweckes entspricht es, daß bei der Beurteilung von Mängeln, die das Grundstück und die Einrichtung nachträglich ergreifen, beide Verträge als ein einheitliches Abkommen angesehen und der Beklagten dieselben Rechte zugestanden werden, die sie haben würde, wenn der sog. Mietvertrag auf die Einrichtung erstreckt worden wäre. Die Rechtslage ist keine andere als beim Vorliegen eines Rechtsgeschäfts, das Bestandteile verschiedener Vertragsarten in sich vereinigt, von denen eine die rechtliche Natur des Geschäfts dergestalt bestimmt, daß sämtliche Leistungen in gewissen Hinsichten den Regeln dieser Vertragsart folgen. Die Beklagte kann demnach, soweit durch die von ihr geltend gemachten Ereignisse ein Zustand des aus Grundstück und Einrichtung sich zusammensetzenden Vertragsgegenstandes geschaffen worden ist, der einem Sachmangel gleichkommt, Befreiung vom Pachtzins gemäß §§ 581, 537 BGB. für sich in Anspruch nehmen und den Betrag, welcher sich bei Berücksichtigung dieser Ermäßigung als zuviel gezahlt ergibt, vom Kläger zurückfordern (§ 812)." ...