RG, 24.11.1894 - I 264/94
Kam der Antrag auf Erstattung des auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Urteiles Gezahlten noch in der Revisionsinstanz gestellt werden, wenn das vorläufig vollstreckbar erklärte erste Urteil bereits durch das Berufungsurteil aufgehoben war?
Tatbestand
Der Beklagte war in erster Instanz durch vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil vom 28. März 1893 zur Zahlung von 5000 M verurteilt, die Klage aber durch Urteil des Kammergerichtes vom 24. April 1894 abgewiesen, nachdem im März 1894 der zugesprochene Betrag beigetrieben war. Der Kläger legte Revision ein, der Beklagte beantragte Zurückweisung derselben und zugleich Verurteilung des Klägers zur Erstattung des Beigetriebenen. Der Kläger beantragte, letzteren Antrag jedenfalls als unzulässig zurückzuweisen. Die Revision ist zurückgewiesen und dem Antrage des Beklagten stattgegeben, letzteres aus folgenden Gründen:
Gründe
... "Was den auf Grund des § 655 C.P.O. gestellten Antrag auf Verurteilung des Klägers zur Erstattung des beigetriebenen Betrages betrifft, so wird dessen Statthaftigkeit deshalb bestritten, weil die Zahlungen schon im März 1894 erfolgt waren, der Antrag also schon in der Verhandlung vom 24. April 1894 vor dem Berufungsgerichte hätte gestellt werden können und müssen. Es ist nun zwar richtig, daß der Antrag beim Berufungsgerichte hätte gestellt werden können, da bei diesem die Voraussetzung des Abs. 2 des § 655, "soweit ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert wird", bereits gegeben war. Allein der Beklagte konnte in Betracht ziehen, daß gegen ein ihm günstiges Urteil immerhin noch dem Kläger das Rechtsmittel der Revision gegeben, also möglich war, daß im Falle der Aufhebung des Berufungsurteiles durch das Revisionsgericht er den vom Kläger erstatteten Betrag demselben wieder zurückzuzahlen hätte. Der Grund des § 655 besteht aber darin, das Verfahren zu vereinfachen und sofort mit der die vorläufig vollstreckbare Verurteilung beseitigenden Entscheidung auch den früheren Zustand wiederherzustellen. Nach diesem Zwecke des Gesetzes kann es nicht für unstatthaft erachtet werden, wenn der Beklagte den Antrag, den er schon in der Berufungsinstanz hätte stellen können, bis zur letzten endgültigen Entscheidung aufschob. Da die Echtheit der vorgelegten Quittungen nicht bestritten ist, konnte auch nach dem Antrage erkannt werden." ...