RG, 13.02.1889 - I 341/88

Daten
Fall: 
Wiederholung einer Nebenintervention
Fundstellen: 
RGZ 23, 341
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
13.02.1889
Aktenzeichen: 
I 341/88
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Bremen
  • OLG Hamburg

1. Kann die Nebenintervention in demselben Rechtsstreite von demselben Nebenintervenienten wiederholt werden?
2. Zur Feststellung des Begriffes des rechtlichen Interesses am Obsiegen der Partei.

Tatbestand

F. war unter Einlegung der Berufung als Nebenintervenient für die Beklagten aufgetreten, die Nebenintervention rechtskräftig zurückgewiesen und demnächst die Berufung von den Beklagten selbst verfolgt, durch das Berufungsgericht aber als unzulässig zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil legte F., wiederum als Nebenintervenient auftretend, die Revision ein. Die Revision ist als unzulässig zurückgewiesen aus nachfolgenden Gründen:

Gründen

"Die Nebenintervention und folgeweise die von dem Nebenintervenienten eingelegte Revision ist unzulässig.

Dem Nebenintervenienten kann zwar nicht entgegengesetzt werden, daß die Nebenintervention, welche derselbe im April 1838 in Verbindung mit der Berufung gegen das Urteil vom 28. Februar 1888 eingelegt hat, durch den Beschluß des Reichsgerichtes vom 26. September 1888 rechtskräftig zurückgewiesen ist. Daraus, daß der §. 68 C.P.O. die Entscheidung über die Zulässigkeit der Nebenintervention durch Zwischenurteil anordnet und das Zwischenurteil der Rechtskraft für fähig erklärt, folgt zwar nach der Natur jeder rechtskräftigen Entscheidung, daß die Nebenintervention nicht willkürlich wiederholt, d. h. nicht von neuem auf denjenigen Interventionsgrund, dasjenige rechtliche Interesse gestützt werden kann, welches nach §. 63 C.P.O. Voraussetzung jeder Nebenintervention ist, und welches die ergangene rechtskräftige Entscheidung verneint hat.

Nicht aber folgt daraus, daß die Nebenintervention nicht wiederholt werden kann, wenn sie auf ein neues rechtliches Interesse gestützt wird, über welches die ergangene Entscheidung nicht befunden hat.

Im vorliegenden Falle hat der Nebenintervenient die frühere Nebenintervention zuerst auf seine Regreßpflicht den Beklagten gegenüber, und nachdem er diese Behauptung als unrichtig hat fallen lassen, auf die urkundliche Erklärung der Beklagten vom 14. Juli 1888 gestützt, in welcher dieselben ihm das von dem Erlöse der ihnen vom Nebenintervenienten übertragenen Vermögensstücke nach Deckung ihrer Auslagen und Vorschüsse Übrigbleibende zurückübertragen und den Betrag der Zinsen, welche sie von der Klägerin für das ihnen vom Nebenintervenienten mitübertragene Kapital von 3300 M eingezogen haben und auf deren Rückzahlung sie verklagt worden, schenkungsweise bar auszahlen zu wollen erklärt, im Falle die Klägerin abgewiesen werde.

Der Beschluß des Reichsgerichtes vom 26. September 1888 hat die damalige Nebenintervention zurückgewiesen, wesentlich weil nach den Erklärungen der Beklagten im höchsten Grade zweifelhaft sei, ob von dem den Beklagten übertragenen Vermögen nach Deckung der Vorschüsse und Auslagen noch etwas übrigbleiben werde, was dem Nebenintervenienten zurückzuübertragen. Deshalb ist das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten nicht für glaubhaft gemacht erachtet. Die Erklärung der Beklagten, dem Nebenintervenienten die Zinsen schenkungsweise auszahlen zu wollen, ist für bedeutungslos erachtet, weil sie erst nach dem Beitritte des Nebenintervenienten abgegeben und deshalb für die Frage nicht in Betracht komme, ob die Nebenintervention zur Zeit des Beitrittes zulässig gewesen.

Über die Bedeutung der Schenkung der Zinsen zur Begründung des rechtlichen Interesses des Nebenintervenienten für den Fall, daß die Schenkung schon bei Einlegung der Nebenintervention erklärt war, ist demnach nicht entschieden. Auf diese Zinsenschenkung wird die jetzige Nebenintervention aber gestützt. Ist darin ein rechtliches Interesse des Nebenintervenienten zu finden, so war es zur Zeit der früheren Nebenintervention nicht vorhanden, ist aber jetzt vorhanden und erscheint deshalb als ein neues rechtliches Interesse, dessen Geltendmachung die frühere Entscheidung nicht entgegensteht.

Dagegen ist die Frage, ob durch diese Schenkung das nach §. 63 C.P.O. erforderliche rechtliche Interesse des Nebenintervenienten hergestellt wird, zu verneinen.

Rechtliches Interesse an dem Obsiegen der Partei, welcher der Nebenintervenient beitritt, im Sinne des §. 63 C.P.O. ist nicht jedes Interesse, namentlich nicht ein thatsächliches, wirtschaftliches, nicht jedes Vermögensinteresse. Rechtliches Interesse ist das Interesse, welches auf einem Rechtsverhältnisse des Nebenintervenienten zu den Parteien oder dem Gegenstande des Rechtsstreites beruht, das durch die Entscheidung des Rechtsstreites, ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung mitbetroffen wird. Ob ein solches rechtliches Interesse für den Nebenintervenienten hier vorliegen würde, wenn ihm die Zinsenforderung der Beklagten an die Klägerin geschenkt und diese Zinsenforderung Gegenstand des Rechtsstreites wäre, kann dahingestellt bleiben. Diese Zinsenforderung ist weder Gegenstand des Streites noch der Schenkung. Nach dem Thatbestande des Urteiles vom 28. Februar 1888 schuldete die Klägerin dem Beklagten das ihnen vom Nebenintervenienten übertragene Kapital, und die Zinsen desselben sind unstreitig getilgt, entweder durch Zahlung oder Kompensation. Die Parteien streiten nur darüber, ob die Zinsen, als sie von der Klägerin an die Beklagten gezahlt, bereits durch kompensable Gegenforderungen getilgt waren, und ob der gezahlte Betrag deshalb zurückzuzahlen ist. Geschenkt ist dem Nebenintervenienten nicht die gar nicht mehr existierende Zinsenforderung, sondern die Geldsumme im Betrage der Zinsen, welche den Beklagten verbleibt, wenn die Klägerin abgewiesen wird. In Wahrheit liegt danach die Sache so, daß dem Nebenintervenienten eine Geldsumme für den Fall des Obsiegens der Beklagten versprochen ist. Damit ist für ihn ein thatsächliches Interesse am Obsiegen der Beklagten begründet, aber kein rechtliches Interesse im Sinne des Gesetzes. Denn das Urteil in dem Rechtsstreite berührt weder die Schenkung, noch ihr Objekt, stellt auch rechtlich nicht den Eintritt oder den Nichteintritt der Bedingung fest, sondern bildet nur das thatsächliche Moment, von welchem das Recht und die Pflicht aus der Schenkung abhängig gemacht sind.

Die Nebenintervention ist hiernach unzulässig. Daraus folgt, daß auch die von dem Nebenintervenienten eingelegte Revision unzulässig ist. Es bedarf deshalb der Prüfung der Frage nicht, ob die von den Beklagten nach Zurückweisung der früheren Nebenintervention verfolgte Berufung unzulässig war und deshalb die Revision unbegründet ist."