RG, 10.01.1889 - IV 255/88

Daten
Fall: 
In Dürftigkeit geratener Schenker
Fundstellen: 
RGZ 23, 207
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
10.01.1889
Aktenzeichen: 
IV 255/88
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG I Berlin
  • KG Berlin

1. Anspruch des in Dürftigkeit geratenen Schenkers auf Gewährung der Kompetenz bei einer Schenkung zu einem Endzwecke.
2. Voraussetzungen der Anwendung der im §. 1056 A.L.R. I. 11 enthaltenen Bestimmung, nach welcher die Schenkung zu einem Endzwecke, wenn der Zweck lediglich zum Besten des Beschenkten abzielt, wie eine reine Schenkung behandelt werden soll.

Gründe

"Die in den Vorinstanzen zum Nachteile des Klägers abgegebene Entscheidung der Frage, ob der Klaganspruch dem Grunde nach gerechtfertigt sei, hängt davon ab, ob der gerichtliche Vertrag vom 23. Oktober 1871, der sich als ein zwischen dem Kläger und einem Vertreter des preußischen Militärfiskus abgeschlossener Vertrag darstellt, gegenüber dem vom Kläger geltend gemachten Anspruche auf Gewährung einer Kompetenz wie eine reine Schenkung oder wie ein lästiger Betrag aufzufassen sei. Nach dem im Berufungsurteile in bezug genommenen Thatbestande des landgerichtlichen Urteiles war der Vertragsschluß durch die Notwendigkeit hervorgerufen, die Centralkadettenanstalt in Berlin aus den Räumen, die sie bis dahin innegehabt, zu verlegen. Die anfänglich vorhandene Absicht, einen dem preußischen Fiskus gehörigen, am Hippodrome zu Berlin belogenen Platz zum Neubaue der Kadettenanstalt zu verwenden, wurde aufgegeben. Infolgedessen gingen dem Militärfiskus von verschiedenen Seiten Vertragsangebote behufs Erwerbung eines geeigneten Bauplatzes zu. Unter den Anbietenden befand sich der Kläger, welcher in einem an den damaligen preußischen Kriegsminister gerichteten Schreiben vom 2. Januar 1870 für den Fall der Verlegung der Kadettenanstalt nach L. sich zur unentgeltlichen Hergabe des für den Bau der Anstalt erforderlichen Landes von seinen in L. gelegenen Ländereien erbot und noch andere auf den Bau der Anstalt bezügliche Zusagen machte. Dieses Angebot hatte Unterhandlungen zur Folge, welche dazu führten, daß durch allerhöchsten Erlaß vom 2. Februar 1871 das preußische Kriegsministerium beauftragt wurde, dem Kläger als Entscheidung auf ein Immediatgesuch vom 22. Juni 1870 zu eröffnen, daß Seine Majestät der deutsche Kaiser und König von Preußen die allerhöchst demselben zu dem Neubaue bei Centralkadettenanstalt zur eigenen Verfügung angetragene Fläche dankend annähmen. Am 23. Oktober 1871 erfolgte darauf der Abschluß des gerichtlichen Vertrages. Im §. 1 dieses Vertrages wird den Erklärungen der Vertragschließenden der angegebene Inhalt des allerhöchsten Erlasses vom 2. Februar 1871 vorangeschickt. Der Kläger erklärt darauf, daß er zwei in dem Vertrage näher bezeichnete, auf den Feldmarken L. und G. belegene Grundstücke dem preußischen Militärfiskus schenke. Von dem Vertreter des Militärfiskus wird die Schenkung angenommen. In der Vertragsurkunde werden ferner gewisse, auf die Entwässerung und Kanalisation des Landes, auf den Wasserbedarf der Anstalt, auf die Anlegung und Pflasterung von Wegen und ähnliche Bedürfnisse bezügliche Verpflichtungen vom Kläger übernommen und näher bestimmt. Am Schlusse des Vertrages aber erklärt der Kläger, daß er dem Rechte, die Schenkung und die im Vertrage von ihm unentgeltlich übernommenen Zuwendungen aus irgend einem Grunde, insbesondere wegen Übermaßes, zu widerrufen, entsage, und er versichert, daß die geschenkte Sache und die schenkungsweise übernommenen Leistungen die Hälfte seines Vermögens nicht erreichen, noch weniger übersteigen.

Der Kläger, welcher den Vertrag, den er erfüllt zu haben behauptet, wie eine reine Schenkung beurteilt wissen will, hält sich, da er in Dürftigkeit geraten sei, auf Grund des §. 1123 A.L.R. I. 11 für berechtigt, von dem Beklagten jährlich sechs vom Hundert des Weites der geschenkten Sache und der anderweit von ihm schenkungsweise übernommenen und gemachten Zuwendungen als eine Kompetenz zu fordern. In den Urteilen der Vorinstanzen sind der Hauptsache nach zwei Fragen entschieden. Die erste ist die, ob der Vertrag vom 23. Oktober 1871 eine Schenkung zu einem von dem Geschenkgeber zu erfüllenden Endzwecke enthalte (§. 1053 A.L.R. I.11). Die andere, nur bei Bejahung der ersten Frage erhebliche Frage geht dahin, ob der bestimmte Zweck der Schenkung lediglich zum Besten des Beschenkten abziele (§. 1056 a. a. O,). In beiden Vorinstanzen ist die erste Frage bejaht, die zweite verneint und daher die Klage, mit welcher der Geschenkgeber die angegebene Kompetenz fordert, daneben aber dem Beklagten die Wahl läßt, statt dieser Kompetenz den Wert des Gegenstandes der Schenkung herauszuzahlen, als unbegründet abgewiesen worden.

Das Berufungsgericht nimmt zwar bei Prüfung des Inhaltes des Vertrages vom 23. Oktober 1871 an, daß der Militärfiskus in dem Vertrage zu dem Baue der Kadettenanstalt auf dem geschenkten Grunde und Boden sich nicht ausdrücklich verpflichtet habe. Aber es zieht aus dem §. 1 des Vertrages, in welchem auf den allerhöchsten Erlaß vom 2. Februar 1871 Bezug genommen ist, aus den Worten des Erlasses Seiner Majestät des Kaisers und Königs selbst, und aus den in dem Vertrage vom 23. Oktober 1371 enthaltenen Abreden, welche die vom Kläger übernommenen, auf den Bau der Kadettenanstalt bezüglichen Nebenleistungen betreffen, den Schluß, daß der Kläger die Schenkung nicht in der bloß stillschweigenden Voraussetzung, die Verlegung der Kadettenanstalt sei beschlossene Sache und das geschenkte Land könne und werde eine andere Verwendung als zum Baue der Kadettenanstalt nicht finden, sondern zu dem Zwecke des Baues der Kadettenanstalt gemacht habe. Dabei bemerkt das Gericht, es möge zwar richtig sein, daß der Kläger aus dem Vertrage ein Klagerecht auf den Bau der Anstalt nicht würde haben herleiten können. Allein es hält dies für gleichgültig, indem es das entscheidende Gewicht darauf legt, ob nach dem Vertrage anzunehmen sei, daß der Beschenkte bei Nichterfüllung des Endzweckes des Gegenstandes der Schenkung würde verlustig gehen sollen.

Der Kläger greift diesen Entscheidungsgrund mit der Ausführung an, für die Beantwortung der Frage, ob eine reine Schenkung oder eine Schenkung zu einem Endzwecke vorliege, komme es darauf an, ob der Beschenkte die Erfüllung des Endzweckes als eine von ihm dem Schenker zu gewährende Gegenleistung für das versprochene oder gegebene Geschenk übernommen habe oder nicht. Im ersteren Falle liege eine wie ein lästiger Vertrag zu beurteilende, im letzteren eine reine Schenkung vor. Und nur wenn aus dem Inhalte des Geschäftes und den begleitenden Umständen nicht mit Sicherheit geschlossen werden könne, ob die Übernahme einer Gegenleistung beabsichtigt gewesen sei, oder ob eine solche außerhalb des Willens der Vertragschließenden gelegen habe, komme die Bestimmung im §. 1053 a. a. O. zur Anwendung, nach welcher das Geschäft wie ein lästiger Vertrag behandelt und die Erfüllung des Endzweckes als Gegenstand einer vom Beschenkten gegenüber dem Schenker übernommenen Verpflichtung angesehen werden müsse. Sei aber die Rechtslage, wie angegeben, zu beurteilen, so müsse in dem Berufungsurteile ein Revisionsgrund insofern gefunden werden, als in demselben weder ausgesprochen sei, daß der Militärfiskus die Verpflichtung zum Baue der Kadettenanstalt als Gegenleistung übernommen habe, noch daß solches nach Inhalt des Vertrages zweifelhaft sei. Das Gericht habe sich nicht damit begnügen dürfen, auszusprechen, daß eine Schenkung zu einem Endzwecke vorliege, und daß der Beklagte bei Nichterfüllung des Zweckes der Schenkung der letzteren verlustig gegangen sein würde. Dieser Entscheidungsgrund stehe mit den für lästige Verträge und daher auch für die nach §. 1053 a. a. O. wie lästige Verträge zu beurteilenden Rechtsgeschäfte geltenden Rechtssätzen nicht im Einklange.

Diesem Angriffe würde Folge zu geben sein, wenn das Unterscheidungsmerkmal, welches die zu einem Endzwecke erfolgte Schenkung zu einem lästigen Vertrage macht, darin bestände, daß aus dem Schenkungsvertrage nach der Absicht der Vertragschließenden für den Schenker eine Klage auf Erfüllung des Endzweckes gegeben sein sollte. In diesem Sinne ist jedoch die Vorschrift im H. 1053 a. a. O. nicht zu verstehen. Es liegt nicht im Begriffe des Endzweckes, daß mit einer zu einem Endzwecke gemachten Zuwendung eine Klage auf Erfüllung des Endzweckes gegeben ist. Vielmehr liegt im Begriffe des Endzweckes nur ein Anspruch auf Zurückgabe der Zuwendung, wenn der Zweck nicht erfüllt wird (§. 154 A.L.R. I. 4). Die regelmäßige rechtliche Folge einer Zuwendung zu einem Endzwecke besteht also nur darin, daß derjenige, dem die Zuwendung gemacht wird, die Wahl zwischen der Erfüllung des Zweckes und der Zurückgabe des Zugewendeten hat. In diesem Sinne ist der §. 1053 a. a. O. aufzufassen. Wenn es also in demselben heißt, daß Schenkungen zu einem Endzwecke im zweifelhaften Falle den lästigen Verträgen gleich zu achten sind, so ist damit nicht gesagt, daß eine Schenkung zu einem Endzwecke den lästigen Verträgen nicht gleich geachtet werden solle, sofern daraus ein Anspruch auf Erfüllung, wie aus einem synallagmatischen, Erfüllungsverpflichtungen auf beiden Seiten begründenden Vertrage nicht stattfinde, sondern bei Nichterfüllung der Schenkung nur ein Anspruch auf Rückgabe gegeben sei. Es kann mithin die Verletzung einer Rechtsnorm darin nicht gefunden werden, daß das Berufungsgericht die Frage, ob die Zuwendung in der Absicht gemacht und angenommen worden sei, eine Verpflichtung des Militärfiskus zur Erbauung der Kadettenanstalt auf dem geschenkten Lande zu begründen, nicht näher untersucht hat. Die Kennzeichnung des geschlossenen Vertrages als eines lästigen durfte auch ohne die Feststellung, daß aus dem Vertrage ein Klagerecht gegen den Militärfiskus auf Verwendung des geschenkten Landes zum Baue der Kadettenanstalt habe entstehen sollen, erfolgen.

Die Annahme des Berufungsrichters, daß aus dem Schenkungsvertrage eine Klage auf Zurückgabe der Zuwendung oder des Wertes derselben gegeben sein würde, wenn der Militärfiskus den Zweck der Zuwendung nicht erfüllt hätte, wird im gegenwärtigen Rechtszuge nicht angegriffen. Sie läßt sich auch bei dem Inhalte des Vertrages und den dem Vertragsschlusse vorangegangenen, vom Berufungsgerichte gewürdigten Vorgängen nicht anzweifeln. Jene Annahme allein kann aber noch nicht dahin führen, den Vertrag als einen lästigen zu bezeichnen. Auch bei einem Schenkungsvertrage, aus dem eine Klage auf Zurückgabe der Zuwendung bei Nichterfüllung des Zweckes derselben gegeben ist, kann die Frage, ob der Vertrag in Ansehung der Zulässigkeit des Widerrufes ober des Anspruches auf Gewährung des Notbedarfes aus §. 1123 a. a. O. wie eine reine Schenkung zu behandeln oder einem lästigen Vertrage gleich zu achten sei, aufgeworfen werden. Die Antwort muß aber nach der Vorschrift des §. 1053 a. a. O. im Zweifel dahin gehen, daß eine solche Schenkung einem lästigen Vertrage gleich zu achten ist.

Ein lästiger Vertrag soll nach §. 1056 A.L.R. I. 11 jedoch nicht angenommen, die zu einem Endzwecke erfolgte Schenkung vielmehr wie eine reine Schenkung angesehen werden, wenn der Endzweck lediglich zum Besten des Beschenkten abzielt. Auch eine solche Schenkung kann mit der rechtlichen Möglichkeit der Rückforderung der Zuwendung bei nicht erfülltem Endzwecke erfolgen. Die in der Entstehung des Rückforderungsanspruches bei nicht erfülltem Endzwecke bestehende Wirkung der Schenkung würde also die Anwendung des §. 1056 a. a. O. zu Gunsten des Klägers nicht ausschließen.

Das Berufungsgericht hält die Anwendung des §. 1056 im gegebenen Falle für ausgeschlossen. Es zieht in Betracht, der Kläger selbst habe im gegenwärtigen Rechtsstreite nicht bestritten, daß er die Schenkung nicht lediglich aus Vaterlandsliebe, sondern gleichzeitig in der Erwartung gemacht habe, daß seine übrigen Ländereien in L. erheblich im Werte steigen würden. Es erwägt ferner, daß der Kläger in derselben Weise sich in einer von ihm an das Kriegsministerium gerichteten Vorstellung vom 15. Februar 1878 ausgesprochen habe. Die in diesem Schreiben enthaltene Aeußerung des Klägers entspreche, wenngleich sie erst lange nach dem Abschlusse des Schenkungsvertrages erfolgt sei, doch den thatsächlichen Verhältnissen zu der Zeit vor und bei dem Vollzuge der Schenkung. Das Gericht nimmt hierbei Bezug auf die Eingangsworte des vom Kläger an das Kriegsministerium gerichteten Schreibens vom 2. Januar 1870: "Falls mir die Ehre zu teil werden sollte, daß das Kadettenhaus nach L. verlegt wird, so mache ich folgende Anerbietungen." Mittels dieser Erwägungen gelangt das Berufungsgericht zu der Annahme, daß das mittels des Schenkungsvertrages begründete Rechtsverhältnis für beide Theile zum Nutzen habe gereichen, und daß der Bau der Kadettenanstalt "eine Art von Gegenleistung" habe sein sollen. Als Beweisgrund zu Gunsten dieser Auffassung wird auch die Bereitwilligkeit herangezogen, mit welcher sich der Kläger zu den in dem Schreiben vom 2. Januar 1870 aufgeführten Nebenleistungen erboten und demnächst noch weitergehende Verpflichtungen übernommen habe. Das Endergebnis aus seinen die bezeichnete Streitfrage betreffenden Erwägungen zieht das Berufungsgericht dahin, daß der Kläger, ein Güter- und Bauspekulant, neben etwaigen patriotischen Regungen bei der Schenkung auch egoistische, auf Erlangung reichlichen Ersatzes für die zu bringenden Opfer gerichtete Zwecke verfolgt habe, und daß der Erreichung dieser Zwecke der Endzweck, zu welchem die Schenkung gemacht sei, habe dienen sollen. Aus diesen Gründen nimmt das Gericht an, daß der §. 1056 dem Kläger nicht zur Seite stehe.

Der Kläger greift diese Entscheidungsgründe mit der Ausführung an, daß die ihm beigemessenen egoistischen Zwecke nicht zu Bestandteilen des vorliegenden Rechtsgeschäfts gemacht seien und daher bei dessen rechtlicher Beurteilung und der Frage der Anwendung des §. 105s a. a. O. außer Betracht zu bleiben haben.

Die Revision erscheint von dem angegebenen Gesichtspunkte aus auch begründet. Der Endzweck der Zuwendung bestand in der Errichtung der Centralkadettenanstalt auf dem geschenkten Lande. Dieser Endzweck war, wie sich aus dem Vertrage selbst ergiebt, zum Vorteile des Geschenknehmers beigefügt. Der letztere erlangte als Folge des Vertragsschlusses und der Zuwendung die thatsächliche Möglichkeit, auf dem geschenkten Gelände die Centralkadettenanstalt, deren Verlegung notwendig geworden war, zu errichten. Damit entging der Geschenknehmer der Notwendigkeit, zum Baue der Kadetten anstatt anderweit Land zu erwerben oder bereits erworbenes Land zu verwenden. Der Vorteil war ein aus dem Vertragsschlusse selbst sich ergebender, ein Vorteil, auf welchen der Vertragsschluß einen rechtlich begründeten Anspruch gab. Das Berufungsgericht verkennt auch nicht, daß der Endzweck zum Vorteile des Beschenkten beigefügt war. Aber es halt dafür, daß der Kläger mit der Schenkung und der Beifügung des Endzweckes auch seinen eigenen Vorteil insofern gesucht hat, als er als Folge der Errichtung der Kadettenanstalt in L. auf dem geschenkten Lande die Erhöhung des Wertes seines übrigen, in L. belegenen Landes ins Auge gefaßt hatte.

Der Entscheidungsgrund des Berufungsgerichtes ist zum Teil ein tatsächlicher. Er beruht auf tatsächlichen Erwägungen, insofern ihm die Unterstellung zum Grunde liegt, daß der Kläger die Schenkung nicht vorgenommen haben würde, wenn er nicht die Hoffnung gehegt hätte, daß mit der Erbauung des Kadettenhauses in L. der Eintritt einer größeren Nachfrage nach Baustellen daselbst und infolgedessen nach der Natur der Sache eine Erhöhung des Preises der Baustellen zu erwarten wäre. Der Entscheidungsgrund ist aber insofern ein juristischer, als diese Erwartung des Klägers unter den Gesichtspunkt eines die Annahme einer reinen Schenkung ausschließenden Vorteiles des Klägers bei dem der Schenkung beigefügten Endzwecke im Sinne des §. 1056 a. a. O. gebracht wird. Und die Rechtsfrage, von welcher die Entscheidung des Streitfalles abhängt, ist dahin zu bestimmen, ob ein jeder Vorteil, den der Geschenkgeber von der Erfüllung des der Schenkung beigegebenen Zweckes erwartet, unter den Gesichtspunkt des §. 1056 zu bringen ist, oder ob und in welcher Weise der Vorteil und der Anspruch auf Erlangung desselben zum Inhalte des Schenkungsvertrages gemacht sein müssen, wenn die Anwendung des §.1056 begründet sein soll.

Das Berufungsgericht scheint anzunehmen, daß im gegebenen Falle mehr vorliege, als ein in der Erwartung des angegebenen Vorteiles bestehender bloßer Beweggrund des Klägers zur Vornahme der Schenkung zu dem fraglichen Zwecke. Dies scheint aus der Erwägung des Berufungsgerichtes hervorzugehen, daß ein selbstsüchtiger Beweggrund des Schenkers der Schenkung an und für sich den Charakter einer reinen Schenkung nicht nehmen würde. Auch weisen die weiteren Ausführungen des Urteiles darauf hin, daß das Gericht dem Streitstoffe den Gesichtspunkt abzugewinnen bemüht gewesen ist, daß der von dem Schenker mit dem Abschlusse des Schenkungsvertrages und der Zuwendung zu dem fraglichen Endzwecke gesuchte Vorteil nicht bloß als Inhalt eines zu den Bestandteilen des Vertrages nicht gehörigen Beweggrundes, sondern als dem Vertragswillen selbst in dieser oder jener Richtung angehörig anzusehen sei. Allein wenn die Ausführungen des Berufungsrichters in diesem Sinne verstanden werden sollen, so würde mit ihnen zu dem bezeichneten Ergebnisse doch nicht zu gelangen sein. In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteiles wird zwar ausgeführt, daß der Bau der Kadettenanstalt "eine Art von Gegenleistung" zu Gunsten des Klägers habe sein sollen. Allein diese Bemerkung fördert die Beurteilung der Sache nicht. Wenn das Berufungsgericht vermöge des Umstandes, daß mangels der Erfüllung des in dem Baue der Anstalt auf dem geschenkten Lande bestehenden Zweckes der Schenkung ein Anspruch auf Rückgewähr der Zuwendung gegeben gewesen wäre, den Bau der Anstalt als eine Art von Gegenleistung der Zuwendung gegenüber bezeichnet hat, so läßt sich hiergegen zwar nichts wesentliches sagen. Allein die Frage der Anwendung des §. 1056 a. a. O. wird von der in Frage stehenden Auffassung nicht berührt. Wenn sodann das Berufungsgericht, um die im Urteile dem §. 1056 a. a. O. gegebene Bedeutung für den Streitfall zu rechtfertigen, auf den Wert der vom Kläger übernommenen Nebenleistungen Gewicht legt, so mögen die Opfer, die der Kläger zu bringen sich bereit erklärt hat, um den Militärfiskus zum Abschlusse des Vertrages, also zur Annahme des Geschenkes mit der Auflage der Erbauung der Kadettenanstalt auf dem geschenkten Lande zu bestimmen, zwar geeignet gewesen sein, den Wert des Geschenkes zu erhöhen. Aber für die Frage, ob die im Berufungsurteile besprochenen selbstsüchtigen Zwecke, welche der Kläger als Spekulant in Gütern und Bauplätzen mit dem Abschlusse des Vertrages und der Beifügung des Endzweckes verfolgt haben mag, als zum Inhalte des abgeschlossenen Vertrages gehörig anzusehen sind, kommt die fragliche Erwägung nicht in Betracht. In dem gegebenen Streitstoffe läßt sich überall ein Gesichtspunkt, von dem aus jene seitens des Klägers von dem Abschlusse des Vertrages erwarteten Vorteile als zum Inhalte des beiderseitigen Vertragswillens gemacht aufgefaßt werden könnten, nicht auffinden, wie er unter anderem gegeben sein würde, wenn der Kläger sich vertragsmäßig die Lieferung der zum Baue der Anstalt erforderlichen Baustoffe ganz oder zum Teil ausbedungen hätte. Die Herbeiführung einer höheren Verwertbarkeit des dem Kläger gehörigen Landes ist nicht zur Vertragspflicht des Militärfiskus gemacht. Auch ist der Eintritt jener höheren Verwertbarkeit nicht als Bedingung des Vertrages hinstellt, noch auch für eine dem Vertragswillen der beiden Vertragschließenden ungehörige Voraussetzung zu erachten. Ebensowenig liegt die Möglichkeit vor, den Vertrag seinem beurkundeten Inhalte nach unter den Begriff eines auf Seite des Klägers im Hinblicke auf den Eintritt besserer Verwertbarkeit des Landes gewagten Geschäftes zu bringen. Die Erwartung jener besseren Verwertbarkeit läßt sich nach der in der Vertragsurkunde zum Ausdrucke gelangten Willenseinigung auch nicht als eine nähere Begrenzung und Beschränkung des in der Erbauung der Centralkadettenanstalt bestehenden Zweckes der Schenkung in der Art auffassen, daß der beigefügte Zweck nur mit der Erreichung jener höheren Verwertbarkeit oder auch nur mit dem Eintritte der Möglichkeit der besseren Verwertbarkeit des Landes als im Sinne des Vertrages erfüllt angesehen werden könnte. Es bleibt nach dem vorliegenden Streitstoffe nur übrig, die in Rede stehende bessere Verwertbarkeit des Landes als eine bloße Erwartung wirtschaftlicher Vorteile, die der Kläger bei dem Abschlusse des Vertrages gehegt, als einen bloßen Beweggrund, der neben anderen Beweggründen ihn zum Abschlusse des Vertrages mit bestimmt hat, anzusehen.

Kann aber inhalts des Streitstoffes der Vorteil, den der Kläger mit der Zuwendung zu dem fraglichen Zwecke gesucht hat, als zum Vertragsinhalte gehörig nicht angesehen werden, so fragt es sich weiter, ob der fragliche Vorteil überhaupt geeignet ist, unter den Gesichtspunkt des §. 1056 a. a. O. gebracht zu werden. Diese Frage ist zu verneinen. Wird die Erwartung der Erlangung jenes Vorteiles auf die Bedeutung eines bloßen Beweggrundes herabgedrückt, so läßt sich ihr ein Einfluß auf die Bestimmung der rechtlichen Wirkungen des Vertrages überall nicht einräumen, auch nicht in dem Sinne, daß angenommen werden könnte, die der Schenkung beigefügte Zweckbestimmung ziele im Sinne des §. 1056 a. a. O. nicht bloß auf den Vorteil der Beschenkten, sondern auch auf den des Schenkers ab.

Ist hiernach die Schenkung trotz des seitens der Klägers von der Erfüllung des Zweckes der Schenkung erwarteten Vorteiles wie eine reine Schenkung zu beurteilen, so folgt weiter, daß in der Beschaffenheit der Schenkung ein Grund nicht gefunden werden kann, dem Kläger den auf Grund des §. 1123 a. a. O. erhobenen Anspruch auf Gewährung des Notbedarfes abzuerkennen. Das Berufungsurteil muß daher aufgehoben werden." ...