RG, 20.06.1884 - II 121/84

Daten
Fall: 
Erwirken von Gütertrennung
Fundstellen: 
RGZ 12, 336
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
20.06.1884
Aktenzeichen: 
II 121/84
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Koblenz
  • OLG Köln

1. Findet §. 14 K.O. Anwendung, wenn die Ehefrau des Gemeinschuldners Gütertrennung erwirkt und auf die Gemeinschaft verzichtet hat?
2. Begründet der Umstand, daß der Ehemann während Bestehens der Gütergemeinschaft eine Herausgabe eingezogen hat, welche der Frau wegen einer von ihren Eltern zwecks der Teilung bewirkten Übertragung von Grundstücken zustand, einen Ersatzanspruch derselben?

Tatbestand

Nachdem zwischen den Eheleuten S. die Gütertrennung ausgesprochen war und Ehefrau S. auf Gütergemeinschaft verzichtet hatte, wurde in dem Auseinandersetzungsverfahren gegenüber dem Verwalter der Konkursmasse des Ehemanns S. erkannt, daß die Ehefrau zu beanspruchen habe 1. für überwiesene Immobiliarsteigpreise aus dem elterlichen Vermögen 5275 M nebst Zinsen vom Tage der Gütertrennungsklage, 2. zufolge eines Aktes vom 14. Juli 1865, betreffend die Übertragung der elterlichen Hasenmühle an einen Bruder der Ehefrau S., eine Ersatzsumme von 3420 M.

In beiden Beziehungen wurde die Entscheidung aufgehoben und geändert aus folgenden Gründen:

Gründe

1.

"Was zunächst die Zinsenforderung betrifft, so nimmt das Oberlandesgericht an, daß der bezüglich derselben für die Konkursmasse gestellte Berufungsantrag des Klägers im gegenwärtigen Prozesse unzulässig sei, da letzterer nur die Erledigung von Differenzen zum Gegenstande habe, welche sich bei der Auseinandersetzung der zwischen der Beklagten und ihrem Ehemanne bestandenen Gütergemeinschaft ergeben hätten. Diese Annahme erscheint rechtsirrtümlich. Es ist vielmehr von der Auffassung auszugehen, daß, nachdem die Beklagte auf jene Gütergemeinschaft verzichtet hatte, kein Gemeinschaftsverhältnis mehr bestand, durch welches die Anwendung des §.14 K.O., wonach unter Voraussetzung eines solchen die Teilung und Auseinandersetzung außerhalb des Konkursverfahrens erfolgt, hätte begründet werden können. Die Beklagte hatte daher ihre Entschädigungsansprüche in dem Konkursverfahren anzumelden, und wenn sie bestritten wurden, die Feststellung derselben in Gemäßheit des §. 134 K.O. ihrerseits zu betreiben. Im gegenwärtigen Falle hat nun, was der gesetzlichen Regel nicht entsprach, der Konkursverwalter die vorliegende negative Feststellungsklage erhoben, welcher gegenüber dann die Beklagte Zusprechung ihrer verschiedenen Ersatzansprüche geltend gemacht hat.

In diesem Verfahren war nun der Beklagten, was den hier fraglichen Posten angeht, vom ersten Richter die Summe von 5275 M nebst Zinsen vom 31. Mai 1880, dem Tage der Gütertrennungsklage, gegen ihren Ehemann zuerkannt worden. Wenn dem gegenüber der Kläger als Vertreter der Konkursmasse in der Berufungsinstanz beantragte, auszusprechen, daß, was letztere betreffe, nur Zinsen bis zur Eröffnung des Verfahrens gefordert werden könnten, so konnte dieser Antrag nach dem Ausgeführten nicht, wie geschehen, für unzulässig erklärt werden. Derselbe war auch begründet und mußte, da bis zum Tage der Eröffnung des Verfahrens (26. April 1880) erfallene Zinsen, für welche allein die Masse haftete (§. 55 a. a. O.), hier nicht beansprucht wurden, dagegen Zinsen seit dem genannten Tage, von denen es sich allein handelte, gegen letztere nicht geltend gemacht werden konnten (§. 56 a. a. O.), dazu führen, die Vergütung von Zinsen des fraglichen Ersatzpostens aus der Konkursmasse überhaupt abzusprechen. In diesem Sinne war unter Aufhebung der angegriffenen Entscheidung das erste Erkenntnis zu erläutern.

2.

Was den streitigen Ersatzposten von 3420 M betrifft, so stellt das Oberlandesgericht fest, daß nach dem Gesamtinhalte des notariellen Aktes vom 14. Juli 1865 und mit Rücksicht auf die hervorgehobenen Umstände, ungeachtet des Wortlautes desselben, der von einem Verkaufe der Hasenmühle an J. R. spreche, die Übereinstimmung der sämtlichen Vertragschließenden dahin anzunehmen sei, daß die Übertragung des Immobiliarvermögens einschließlich der Hasenmühle seitens der Eltern R. an die Kinder zum Zwecke der Teilung beabsichtigt worden, und die vom Erwerber der letzteren an seine Geschwister zu leistenden Zahlungen das Äquivalent für deren Anteil an der Mühle darstellen sollten.

Aber auch diese Feststellung führt nur zu der Annahme, daß durch den genannten Akt den Kindern R. bezw. der Beklagten ein Anspruch auf eine Herausgabe in Geld zugewiesen ist. Das Oberlandesgericht hat nicht festgestellt und konnte nach Inhalt des Aktes nicht feststellen, daß die genannte Mühle den sämtlichen Kindern R. übertragen worden und dann durch eine weitere Stipulation auf J. R. übergegangen sei, vielmehr hat letzterer die Mühle direkt und" allein von den Eltern erworben. Hiernach hat die Beklagte in keinem Augenblicke ein Miteigentum an der Hasenmühle gehabt und konnte daher auch die fragliche Herausgabe nicht an die Stelle eines solchen treten, und ein Anspruch auf letztere, d. h. ein Anspruch beweglicher Natur nur in die Gütergemeinschaft fallen ( Code civil Artt. 1401 Nr. 1. 1404). Für die entgegengesetzte Annahme kann auch die Feststellung, daß nach der Absicht der Kontrahenten die fragliche Herausgabe als ein Äquivalent für den Anteil der Kinder R. an der Hafenmühle anzusehen sei, nicht geltend gemacht werden, da es für die Frage, ob im gegebenen Falle ein Anspruch beweglicher oder unbeweglicher Natur vorliegt, grundsätzlich auf den Gegenstand dieses Anspruches, nicht aber auf dessen Zweck ankommt. Mit Unrecht wird endlich vom Oberlandesgerichte Art. 1433 Code civil angerufen, da nach dem Ausgeführten die Voraussetzung desselben, daß ein dem einen Ehegatten zustehendes Sondereigentum Gegenstand der Veräußerung oder der Teilung gewesen und eine daraus herrührende Summe in die Gütergemeinschaft geflossen sei, hier nicht gegeben ist. Bezüglich des fraglichen Ersatzpostens erscheint also ein Anspruch der Beklagten nicht gerechtfertigt."