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RG, 18.12.1883 - II 306/83

Daten
Fall: 
Auflösung des Mietvertrags durch Verschulden des Mieters
Fundstellen: 
RGZ 11, 357
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
18.12.1883
Aktenzeichen: 
II 306/83
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Köln
  • OLG Köln

Ist der Art. 1760 Code civil restriktiv in dem Sinne aufzufassen, daß, wenn der Mietvertrag durch Verschulden des Mieters aufgelöst wird, abgesehen von der, Bezahlung des Mietpreises wahrend der zur Wiedervermietung erforderlichen Zeit, ein Schadensersatz nur in dem Falle, daß ein Mißbrauch des Mietobjektes stattgefunden hat, gefordert werden kann?

Tatbestand

Das Urteil des Oberlandesgerichts, welches, die vorstehende Frage bejahend, den von der Beklagten wegen Wiedervermietung zu geringerem Preise erhobenen Schadensersatz-Anspruch zurückgewiesen hat, ist vom Reichsgericht aufgehoben worden aus folgenden Gründen:

Gründe

"Das Oberlandesgericht geht im Anschluß an die frühere Entscheidung des Reichsgerichtes (Entsch. in Civils. Bd. 7 S. 20) davon aus, daß, wenn der Konkursverwalter auf Grund des §. 17 der Konkursordnung den vom Gemeinschuldner abgeschlossenen Mietvertrag kündige, dem Vermieter ein Entschädigungsanspruch, soweit derselbe nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes begründet sei, zustehe, nimmt dann aber an, daß Art. 1760 Code civil, der nach seiner allgemeinen Fassung auch auf den vorliegenden Fall Anwendung finde, eine Ausnahme von der allgemeinen Regel über Schadensersatzpflicht (Art, 1149 Code civil) dahin bilde, daß der Ersatzanspruch, abgesehen von einem auf den Mißbrauch des Mietobjektes entstandenen Schaden, lediglich in dem für die zur Wiedervermietung erforderliche Zeit zu zahlenden Mietpreise bestehen solle.

Diese Annahme muß als rechtsirrtümlich erachtet werden. Zunächst scheint es verfehlt, wenn das Oberlandesgericht den Art. 1760 a. a.O. an den Schlußsatz des Art. 1149 a. a. O. zu knüpfen versucht. Wenn nämlich letztere Gesetzesvorschrift, welche den allgemeinen Grundsatz ausspricht, daß dem Gläubiger der durch die Nichterfüllung des Vertrages entstandene Verlust und entgangene Gewinn zu ersetzen sei, am Schlusse die dort erwähnten Ausnahmen und Modifikationen vorbehält, " sauf les exceptions et modifications ci-après", so bezieht sich dieser Vorbehalt ersichtlich auf die unmittelbar folgenden Vorschriften der Artt. 1150 flg.; - es ist aber aus demselben, der den Art. 1760 gewiß nicht vor Augen hat, für die Frage, ob letzterer im restriktiven Sinne zu interpretieren sei, ein Anhalt nicht zu schöpfen. Auch aus dem Wortlaute des Art. 1760 ergiebt sich kein durchschlagendes Argument für die Auffassung des Oberlandesgerichtes, denn damit, daß derselbe nur den Fall des " abus" hervorhebt, ist nicht ohne weiteres auch die Annahme gerechtfertigt, daß der Gesetzgeber einen in anderer Richtung nach allgemeinen Regeln begründeten Ersatzanspruch habe ausschließen wollen. Und gegen diese Annahme spricht entscheidend die, Paraphrase, mit welcher der Tribun Mouricault denselben ( Locré, Bd. 14 S. 435) vor dem gesetzgebenden Körper erläutert:

"S'il y a résiliation du bail ... pour le fait du locataire, dans l'une des circonstances indiquées par la loi, le locitaire, indépendamment des dommages et intérêts à sa charge, sera tenu du loyer pour le temps ordinairement laissé au propriétaire pour s'assurer d'un nouveau locataire."

Hiernach entscheidet sich richtiger Anschauung gemäß die Frage des Schadensersatzes hier nach den allgemeinen gesetzlichen Prinzipien. So betrachtet auch Laurent, Bd. 25 Nr. 379, den Art. 1760 als eine Anwendung der letzteren enthaltend, und Zachariä ( Puchelt), Bd. 2 S. 540, giebt den Schlußsatz desselben so wieder:

"Unbeschadet übrigens des Schadensersatzes, den der Mieter sonst noch, z. B. wegen eines Mißbrauches der Sache, zu leisten verbunden sein kann."

Hiernach erscheint der streitige Anspruch, der einen Schadensersatz für die Wiedervermietung zu geringerem Preise zum Gegenstande hat, im Prinzipe begründet."