RG, 25.11.1881 - IVa 897/80
Wird die durch A. L. R. I. 5. §. 342 gegebene Befugnis teilweiser Redhibition dadurch ausgeschlossen, daß die Gegenleistung des Redhibenten im Sinne A. L. R.'s I. 2. §. 41 unteilbar ist? Wie ist - verneinendenfalls - der Betrag des vom Gegenkontrahenten zu restituierenden Teiles der Gegenleistung zu ermitteln?
Tatbestand
Die Parteien haben je drei Pferde gegen einander vertauscht und der Beklagte verpflichtete sich dabei zur Zahlung einer Zugabe von 425 M. Auf Zahlung des Restes der letzteren mit 400 M in Anspruch genommen, machte er einwandsweise und widerklagend sein Recht auf Redhibition eines der eingetauschten Pferde und demgemäße Reduktion seiner Leistung um den Betrag des Tauschwertes dieses Pferdes. welchen er auf über 400 M berechnete, sowie auf Erstattung der Futterkosten bis zur Rücknahme desselben geltend. Seinen Anträgen gemäß wurde in zweiter Instanz der Kläger mit seiner Klage abgewiesen und auf die Widerklage zur Zurücknahme des gedachten Pferdes und Erstattung der Futterkosten verurteilt, während in erster Instanz der Beklagte und Widerkläger, unter grundsätzlicher Anerkennung seines Redhibitionsrechtes. mit dem Ansprüche auf Futterkosten abgewiesen war. Auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Klägers ist - aus hier nicht interessierenden Gründen - das Appellationsurteil im übrigen vernichtet und die Sache zur Beweisaufnahme über den Tauschwert des redhibirten Pferdes und demnächstigen anderweiten Entscheidung in die zweite Instanz zurückgewiesen. Dagegen wurde die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit, als sie sich auf die Entscheidung über die Futterkosten bezog, für unbegründet erachtet.
Es lauten die auf obige Fragen bezüglichen Gründe:
Gründe
"Der Ausspruch des Appellationsrichters über die Verpflichtung des Klägers zur Erstattung der Futterkosten beruht, wie die Bezugnahme auf die Entsch. des R. O. H. G.'s Bd. 8 S. 245 ergiebt, auf einem selbständigen Grunde. Der letztere ist nun zwar vom Imploranten direkt nicht angegriffen. Wohl aber hat derselbe, die Grundlage der ganzen vorrichterlichen Entscheidung, nämlich die Zulassung der teilweisen Redhibition des Tauschobjektes, mit dem Vorwurfe der Verletzung der §§. 342. 326 A. L. R. I. 5, sowie folgende Rechtsgrundsätze angefochten:
- mit der actio oder exceptio redhibitora, kann nur Zurückgabe des für die fehlerhafte Sache Gegebenen, nicht der Wert der fehlerhaften Sache gefordert werden;
- bei einem Vertrage über eine Mehrheit von Sachen, die keinen Inbegriff bilden, kann in Ansehung einer einzelnen fehlerhaften Sache das Rücktrittsrecht nur unter Voraussetzung der Teilbarkeit der Gegenleistung ausgeübt werden;
- sind mehrere Sachen gegen mehrere Sachen mit oder ohne bare Zugabe ungesondert in Tausch gegeben, so kann wegen Fehlerhaftigkeit einer einzelnen Sache nur vom ganzen Vertrage zurückgetreten werden.
Der Angriff entbehrt der Begründung. Denn wenn es auch richtig ist, daß lebende Tiere zu den unteilbaren Sachen im Sinne des §. 41 A. L. R. I. 2 gehören, und wenngleich die Gegenleistung des Beklagten den Charakter realer Teilbarkeit dadurch nicht gewinnt, daß außer der Hingabe von Pferden noch eine Zulage in Geld zu leisten ist und es sich vorliegend nur um eine Verminderung der letzteren handelt, weil nicht festgestellt ist, daß die bare Zulage das besondere Äquivalent für das fehlerhafte Pferd bilden sollte; so hat doch das Gesetz das durch §. 342 A. L. R. I. 5 anerkannte Recht teilweiser Wandlung von der realen Teilbarkeit der Gegenleistung nicht abhängig gemacht und konnte dies nicht thun, ohne die Mehrzahl der Tauschverträge über bewegliche Sachen, bei denen doch die allgemeinen Grundsätze über die Gewährleistung gleichfalls zur Anwendung kommen sollen (§. 318 a. a. O.), von dem Geltungsbereich des §. 342 a. a. O. auszuschließen. Solchenfalls hätte aber demjenigen, welcher mehrere Sachen, die keinen Inbegriff bilden, gegen ein in Natur nicht teilbares Äquivalent eingetauscht hat, mindestens die Befugnis zur Redhibition sämtlicher Sachen wegen Fehlerhaftigkeit eines Stückes gewährt werden müssen, eine Befugnis, welche der §. 342 a. a. O. nicht einräumt.1
Da dies nicht geschehen ist, so kann dem vom Kläger hervorgehobenen Umstande ein Einfluß auf die Anwendbarkeit des §. 342 a. a. O. überhaupt nicht zugestanden werden, und das Gesetz selbst giebt auch durch die Entscheidung des gleichartigen Falles der teilweisen Entwehrung einer eingetauschten Sache (A. L. R. I. 11. §. 370) den Weg an, auf welchem die Ermittelung des bei teilweiser Wandelung zu erstattenden Teiles des Äquivalents zu erfolgen hat, nämlich die Abschätzung der Tauschobjekte durch Sachverständige2.
Ohne Einfluß auf die Ausübung des im §. 342 a. a. O. anerkannten Rechtes teilweiser Redhibition ist auch der Umstand, daß die Gegenleistung des Beklagten sich ungeteilt auf sämtliche von ihm eingetauschte Pferde bezieht.3
Der Appellationsrichter hat sich hiernach einer Verletzung der bezeichneten Gesetzesvorschriften nicht schuldig gemacht und die zu 2 und 3 formierten Rechtsgrundsätze sind als solche des geltenden Rechts nicht anzuerkennen. Der Rechtsgrundsatz zu 1 kann aber schon deshalb nicht verletzt sein, weil nicht festgestellt ist (und durch die Sachdarstellung des Appellationsrichters sogar widerlegt wird), daß der Beklagte den Wert (d. h. den absoluten Wert) des fehlerhaften Pferdes zurückfordere, indem er vielmehr nur die verhältnismäßige Herabsetzung der zu Gelde angeschlagenen Gegenleistung verlangt. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bezüglich dieses Streitpunktes zurückzuweisen.
Im übrigen war dagegen das Appellationsurteil zu vernichten. (Es folgt die Beurteilung der Sache selbst, in deren Verlauf es heißt):
Dagegen hat Beklagter zur Elidierung der Klage denjenigen Geldbetrag nachzuweisen, welcher nach Maßgabe des Tauschvertrages als Äquivalent des redhibierten Pferdes anzusehen und demgemäß von der seinerseits übernommenen Gegenleistung in Abzug zu bringen ist. Dieser Betrag ist in der Weise zu ermitteln, daß der Wert der letzteren durch Abschätzung der vom Beklagten in Tausch gegebenen drei Pferde, wobei es auf deren Beschaffenheit zur Zeit des Vertragsschlusses ankommt, und Hinzurechnung der versprochenen Zugabe vom M 425 festzustellen und der hiervon auf das redhibierte Pferd treffende Teil nach dem Verhältnisse des Wertes. welchen dasselbe ohne den gerügten Fehler gehabt haben würde, zu dem Werte der beiden anderen vom Beklagten eingetauschten Pferde zu berechnen ist."
- 1. Vgl. Rechtsfälle aus der Praxis des preußischen Obertribunales Bd. 4 S. 123; Striethorst, Archiv Bd. 29 S. 89.
- 2. vgl. auch §§. 365. 366. 206 a. a. O. und die auf die Minderungsklage bezüglichen Ausführungen des Reichsgerichtes in dem Urteile vom 5. März 1880 in Gruchot's Beiträgen Bd. 24 S. 891 flg.
- 3. Vgl. Rechtsfälle aus der Praxis des preußischen Obertribunales Bd. 4 S. 123 flg.; Striethorst, Archiv Bd. 29 S. 89 flg.; Förster, Theorie 4. Aufl I. S. 566 Note 31; Dernburg, Preußisches Privatrecht II. h. 145 bei Note 18.