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LG München II, 13.03.2014 - W5 KLs 68 Js 3284/13

Daten
Fall: 
Hoeneß
Fundstellen: 
wistra 2015, 77
Gericht: 
Landgericht München II
Datum: 
13.03.2014
Aktenzeichen: 
W5 KLs 68 Js 3284/13
Entscheidungstyp: 
Urteil
Stichwörter: 
  • Hoeneß-Urteil, Fall Ulrich H., Steuerhinterziehung

I. Der Angeklagte (…) wird wegen 7 tatmehrheitlicher Fälle der Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt.

II. Der Angeklagte hat die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen.

Angewendete Vorschriften: §§ 369 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 53 StGB.

Gründe

(abgekürzt gemäß § 267 Abs. 4 StPO)

I.

  1. [Die Veröffentlichung der Feststellungen zum privaten und beruflichen Werdegang des Angeklagten unterbleibt mit Blick auf das Steuergeheimnis gemäß §30AO.]
  2. Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
  3. […]

II.

1.

Der Angeklagte eröffnete mit Antrag vom 31.07.1975 die Bankverbindung Nr. (…)bei dem Bankhaus A, der heutigen Bank A AG mit Sitz in Zürich, Schweiz. (…)Kontoauszüge oder Ertragsaufstellungen ließ sich der Angeklagte für diese Bankverbindung nicht zusenden. Diese wurden nicht erstellt bzw. banklagernd für ihn verwahrt. Jedenfalls im verfahrensgegenständlichen Zeitraum hatte der Angeklagte kein Interesse an einer zeitnahen, umfänglichen Dokumentation seiner Vermögenswerte und -entwicklung bei der Bank (...) Er beabsichtigte jedenfalls bis zum Ende des Jahres 2012 nicht, Kapitalerträge, Gewinne aus – unterjährigen – privaten Veräußerungsgeschäften und sonstige Einkünfte, etwa Nutzungsentgelte aus Wertpapierdarlehen ("securities lending"), in Deutschland der Einkommensteuer zu unterwerfen.

2.

Daneben unterhielt der Angeklagte weitere Bankverbindungen im In- und Ausland, darunter Konten bzw. Depots bei der früheren Privatbank B, deren Rechtsnachfolgerin die B AG, München, ist, sowie bei der C, Chur, Schweiz.

Sowohl bei der Privatbank B als auch bei der Bank A spekulierte der Angeklagte seit spätestens den 1990er Jahren mit Devisen. Erträge investierte er in Aktien und weniger riskante Anlagen. Im Zuge des Crashs des Neuen Marktes erlitt auch der Angeklagte jedoch zum Ende der 1990er Jahre erhebliche Verluste. Am 29.09.2000 wurde zudem eine Bankgarantie der Privatbank B, die für Spekulationen bei der Bank A als Sicherheit diente, zur Ablösung fällig. Der Angeklagte war daher für weitere Spekulationen im Jahr 2000 zumindest kurzfristig auf Fremdkapital angewiesen.

3.

Der Angeklagte war mit dem zwischenzeitlich Verstorbenen X freundschaftlich verbunden, der zum damaligen Zeitpunkt Vorstandsvorsitzender der D AG war. Dieser gewährte ihm ein Darlehen in Höhe von 5.000.000,00 DM, welches er mit Überweisung von seinem Konto bei der E SA auf das Konto des Angeklagten bei der Bank A in Höhe von 2.556.459,41 EUR am 08.09.2000 valutierte.

Darüber hinaus verschaffte X dem Angeklagten eine abstrakte Garantie der E in Höhe von 15.000.000,00 DM (7.669.378,22 EUR) mit Gültigkeit bis zum 31.03.2001.

Mithilfe dieser Sicherheiten konnte der Angeklagte seine Spekulationen erfolgreich sowohl bei B als auch bei der Bank A im Jahr 2000 fortführen.

4.

Mittels mehrerer Überweisungen transferierte der Angeklagte im Jahr 2001 Eigenmittel, die er zuvor von seinem Konto bei B zur C verlegt hatte, in erheblicher Höhe von seinem Konto bei der C auf das Konto Nr. (...) bei der Bank A wie folgt:

Wertstellungsdatum Betrag Betrag in DM
25.01.2001 779.464,45 CHF 1.000.000,00 DM
15.02.2001 766.937,82 EUR 1.500.000,00 DM
22.03.2001 2.045.167,53 EUR 4.000.000,00 DM
17.04.2001 2.556.459,41 EUR 5.000.000,00 DM
18.04.2001 511.291,88 EUR 1.000.000,00 DM
07.05.2001 2.556.459,41 EUR 5.000.000,00 DM
15.05.2001 511.291,88 EUR 1.000.000,00 DM
01.06.2001 1.789.521,59 EUR 3.500.000,00 DM
26.09.2001 -511.291,88 EUR -1.000.000,00 DM
13.11.2001 511.288,13 EUR 1.000.000,00 DM
Insgesamt 11.248.417,65 EUR 22.000.000,00 DM

Vom Konto Nr. (...) führte der Angeklagte am 31.08.2001 das Darlehen des X vollständig zurück. Zudem leistete er am 27.11.2001 Zinsen auf das Darlehen in Höhe von 131.650,00 EUR.

5.

Weitere Gelder, die der Angeklagte bei B erwirtschaftet und sodann auf sein Konto bei der C übertragen hatte, überwies der Angeklagte im Jahr 2003 auf das Konto Nr. (...) bei der Bank A wie folgt:

Wertstellungsdatum Betrag Betrag in EUR
07.07.2003 8.700.000,00 CHF 5.596.654,87 EUR
19.08.2003 124.292,94 CHF 80.251,12 EUR
Insgesamt 8.824.292,94 CHF 5.676.905,99 EUR

6.

Der Angeklagte tätigte mit den unter II. 3. bis 5. aufgeführten Mitteln bei der Bank AAG eine große Zahl von riskanten Devisenspekulationen in der Form von Devisentermingeschäften. Diese ordneten sich in den Jahren 2001 bis 2005 teilweise in längerfristige Strategien ein; teilweise handelte es sich um kurzfristige Geschäfte, die nicht über ein Jahr fortgeführt ("prolongiert") wurden.

Um ein Devisentermingeschäft für ein Währungspaar abzuschließen, belastete die Bank A zum Abschlusszeitpunkt das entsprechende Ausgangswährungskontokorrentkonto des Angeklagten und schrieb den entsprechenden Betrag dem Zielwährungskontokorrentkonto des Angeklagten gut. Insoweit unterschied sich ein Devisentermingeschäft nicht von einem Devisenkassageschäft, also einem Währungskauf. Diese Vorgehensweise fixierte den Basiswährungskurs des Geschäftes.

Unmittelbar nach Durchführung des Devisenkassageschäfts wurde ein Devisen-Swap durchgeführt, so dass sich das Geschäft auf den Kontokorrentkonten des Angeklagten zum Abschlusszeitpunkt tatsächlich nicht auswirkte. Das Geschäft wurde lediglich auf bankinternen Devisenterminkonten des Angeklagten verbucht.

Erst bei Erreichen der Fälligkeit, nach wenigen Tagen oder Wochen, wirkte sich das Geschäft aus. Zu diesem Zeitpunkt musste das Geschäft durch ein Gegengeschäft zum aktuellen Wechselkurs "glattgestellt" werden, soweit das Geschäft nicht durch einen erneuten Swap vor Erreichen der Fälligkeit "prolongiert" wurde. In beiden Fällen rechnete die Bank A AG das Geschäft zum Fälligkeitszeitpunkt ab und verbuchte den sich aus der Entwicklung des Wechselkurses zwischen Abschluss und Fälligkeit des Geschäfts ergebenden Gewinn oder Verlust auf dem betreffenden Kontokorrentkonto des Angeklagten. Im Falle einer Verlängerung berechnete sie zudem einenneuen Basiswährungskurs für das prolongierte Geschäft.

Um solche Geschäfte durchzuführen, musste der Angeklagte nicht den gesamten Betrag des Geschäfts mit liquiden Mitteln hinterlegen. In Abhängigkeit von der Dauer des jeweiligen Devisentermingeschäfts und der Volatilität der gewählten Währungenbewertete die Bank A AG das Risiko, welches der Angeklagte absichern musste. Typischerweise reichten 5 % bis 10 % der Abschlusssumme als Sicherheit für das Geschäft. Für das Währungspaar EUR/USD bedeutete dies bei einer Dauer von einem Monat, dass der Angeklagte mit einer Sicherheit von 25.000.000,00 EUR ein Geschäft in einer Höhe von bis zu 500.000.000,00 EUR tätigen konnte.

7.

Im Zeitraum zwischen 2001 und 2005 verfolgte der Angeklagte bei der Bank A AG die nachfolgend aufgeführten Devisenstrategien. Dabei wurden Devisentermingeschäfte (wie unter II. 6. beschrieben) prolongiert, wobei der jeweilige Strategiebetrag jeweils über eine Dauer von mehr als einem Jahr "im Risiko" gehalten wurde. Dies bedeutet, dass der Angeklagte im Rahmen einer solchen Strategie stets dafür sorgte, dass Devisentermingeschäfte vor Fälligkeit durch neue Swaps in Höhe der Strategiesumme verlängert wurden. Soweit aufgrund von Währungsschwankungen der Wert eines Geschäfts unter die vereinbarte Strategiesumme rutschte, wurden sogenannte Auffüllpositionen geschaffen, also gleichförmige Geschäfte über Beträge, die geeignet waren, den Fortlauf des Geschäfts über die gesamte vereinbarte Strategiesumme zu gewährleisten. Dabei gewährleistete der Angeklagte in solchen Fällen, dass eine ausreichende Sicherheit auch für diese Ausfüllpositionen vorhanden war.

Im Einzelnen handelte es sich um folgende Strategien:

  • eine Strategie mit dem Währungspaar EUR/USD über 150.000.000,00 EUR, die sich im Jahr 2002 beim Angeklagten mit einem Gewinn von20.975.796,59 EUR und zum 31.01.2003 mit einem Gewinn von weiteren2.834.900,00 EUR auswirkte,
  • eine Strategie mit dem Währungspaar EUR/CHF über 90.000.000,00 EUR, die sich im Jahr 2003 beim Angeklagten mit einem Gewinn von höchstens11.100.000,00 EUR auswirkte,
  • die nachfolgenden Strategien, die sich beim Angeklagten nicht ausschließbar im Jahr 2005 mit den nachfolgenden Gewinnen auswirkten:
Währungspaar Strategiesumme Gewinn
EUR/CHF 40.000.000,00 907.976,65 EUR
EUR/JPY 100.000.000,00 8.818.477,09 EUR
EUR/CHF 160.000.000,00 2.883.057,32 EUR
EUR/CHF 110.000.000,00 8.304.160,86 EUR
USD/CHF 40.000.000,00 3.437.905,53 EUR
EUR/USD 160.000.000,00 15.214.923,80 EUR
EUR/CHF 30.000.000,00 843.639,36 EUR
USD/CAD 200.000.000,00 3.843.156,35 EUR
EUR/USD 20.000.000,00 1.755.991,29 EUR
Insgesamt 46.009.288,25 EUR

Weitere erfolgreiche strategische Devisentermingeschäfte tätigte der Angeklagte beider Bank A AG in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen nicht.

Daneben verwaltete die Bank A AG unter der Bankverbindung (...), zunächst unter dem Konto (...).001, ab 2004 auch unter dem Konto (...).002 bzw. (...) M, für den Angeklagten inländische und ausländische Aktien, welche dieser teilweise noch vor Ablauf eines Jahres ab Erwerb wieder veräußerte.

Der Angeklagte legte zudem Gewinne aus den Devisenspekulationen auch in Treuhand-Callgeld und Treuhand-Festgeld an, wofür er Zinsen erhielt. Ab dem Veranlagungszeitraum 2004 erhielt er daneben Nutzungsentgelte für Wertpapierdarlehen ("securities lending"), für die er entsprechend der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank A AG seine bei dem Bankhaus verwalteten Wertpapiere zur Verfügung stellte.

Zudem erwarb und veräußerte er zeitweise sogenannte Money Market Notes, also Derivate, welche die Entwicklung eines festverzinslichen Investments im kurzfristigen Laufzeitbereich mit regelmäßigen, reinvestierten Zinserträgen sowie einer vierteljährlichen Anpassung an das aktuelle 6-Monats-Zinsniveau abbildeten.

8.

Der Angeklagte war bezogen auf die Veranlagungszeiträume 2003 und 2004 beim Finanzamt N unter der Steuernummer (...) steuerlich erfasst. (…) [Im Folgenden unterbleibt wegen des Steuergeheimnisses gemäß § 30 AO eine Veröffentlichung von Besteuerungsgrundlagen und daraus errechneten Steuerbeträgen, soweit diese nicht unmittelbar Grundlage der Strafzumessung und zudem – nicht zuletzt durch Presseberichterstattung und Veröffentlichung des Schlussvortrags der Verteidigung – bereits öffentlich wurden.]

a.

Für den Veranlagungszeitraum 2003 gab (…) der steuerberatene Angeklagte(…) am 10.05.2004 eine (…) Einkommensteuererklärung und Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages ab. Aufgrund dieser Erklärung ergab sich für den Veranlagungszeitraum 2003 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von (…) EUR. Dieses lag dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamts N vom 29.07.2004 zugrunde.

In der Summe von (…) EUR enthalten waren, wie der Angeklagte wusste, auch steuerpflichtige Gewinne und Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften mit einer Haltedauer von weniger als einem Jahr beim Bankhaus B:

(…).

Bewusst verschwieg der Angeklagte hingegen jegliche Einkünfte aus Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgeschäften, die er im gleichen Veranlagungszeitraum bei der Bank A AG erwirtschaftet hatte. Dabei handelte es sich um folgende Einkünfte:

  • (…).

(…)

Zwar kannte der Angeklagte die genauen Beträge seiner Gewinne und Verluste aus bei der Bank A AG getätigten Geschäften infolge seines planmäßigen Verzichts auf Vermögensentwicklungsübersichten oder gar jährliche Steuerberichte der Bank A AG nicht. Er rechnete jedoch mit einem Gewinn im zumindest niedrig achtstelligen Bereich.

In Unkenntnis der wahren Besteuerungsgrundlagen setzte das Finanzamt N mit Bescheid vom 29.07.2004 Einkommensteuer in Höhe von (…) EUR und Solidaritätszuschlag in Höhe von (…) EUR, mithin – und wie vom Angeklagtenbeabsichtigt – erheblich zu niedrig fest.

Tatsächlich verkürzte der Angeklagte damit durch sein planmäßiges Handeln für den Veranlagungszeitraum 2003 Einkommensteuer in Höhe von14.155.918,00 EUR und Solidaritätszuschlag in Höhe von 778.575,49 EUR, insgesamt Steuern in Höhe von 14.934.493,49 EUR. Dabei war ihm die genaue Höhe der durch ihn bewusst verursachten Steuerverkürzung nicht bekannt. Errechnete jedoch mit einer Steuerverkürzung zumindest im hohen siebenstelligen Bereich.

b.

Für den Veranlagungszeitraum 2004 gab (…) der steuerberatene Angeklagte(…) nach entsprechender Fristverlängerung am 19.04.2006 eine (…) Einkommensteuererklärung und Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages ab. Aufgrund dieser Erklärung ergab sich für den Veranlagungszeitraum 2004 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von (…) EUR. Dieses lag dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamts München II vom 18.05.2006zugrunde.

Bewusst verschwieg der Angeklagte jegliche Einkünfte aus Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgeschäften, die er im Veranlagungszeitraum 2004 beider Bank A AG erwirtschaftet hatte. Dabei handelte es sich um folgende Einkünfte:

  • (…).

(…)

Zwar kannte der Angeklagte die genauen Beträge seiner Gewinne und Verluste aus bei der Bank A AG getätigten Geschäften infolge seines planmäßigen Verzichts auf Vermögensentwicklungsübersichten oder gar jährliche Steuerberichte der Bank A AG nicht. Er wusste aber, dass er aus Aktien, Sparguthaben und festverzinslichen Wertpapieren nach Abzug der Werbungskosten und Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens Erträge im mittleren bis hohen sechsstelligen Bereich erzielte, die aufgrund einkommensteuerrechtlicher Regelungen mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht verrechnet werden konnten.

In Unkenntnis der wahren Besteuerungsgrundlagen setzte das Finanzamt N mit Bescheid vom 18.05.2006 Einkommensteuer in Höhe von (…) EUR und Solidaritätszuschlag in Höhe von (…) EUR, mithin – und wie vom Angeklagtenbeabsichtigt – erheblich zu niedrig fest.

Tatsächlich verkürzte der Angeklagte damit durch sein planmäßiges Handeln für den Veranlagungszeitraum 2004 Einkommensteuer in Höhe von134.740,00 EUR und Solidaritätszuschlag in Höhe von 7.411,30 EUR, insgesamt Steuern in Höhe von 142.151,30 EUR. Dabei war ihm die genaue Höhe der durch ihn bewusst verursachten Steuerverkürzung nicht bekannt. Er rechnete aber mit einer Steuerverkürzung etwa in dieser Höhe.

9.

Der Angeklagte war bezogen auf die Veranlagungszeiträume 2005 und 2006 beim Finanzamt N unter der Steuernummer (…) steuerlich erfasst. (…)

a.

Für den Veranlagungszeitraum 2005 gab (…) der steuerberatene Angeklagte (…)nach entsprechender Fristverlängerung am 29.03.2007 eine (…) Einkommensteuererklärung und Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages ab. Aufgrund dieser Erklärung ergab sich für den Veranlagungszeitraum 2005 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von (…) EUR. Dieses lag dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamts N vom 05.06.2007 zugrunde.

Bewusst verschwieg der Angeklagte jegliche Einkünfte aus Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgeschäften sowie sonstige Einkünfte, die er im gleichen Veranlagungszeitraum bei der Bank A AG erwirtschaftet hatte. Dabei handelte es sich um folgende Einkünfte:

  • (…).

(…)

Zwar kannte der Angeklagte die genauen Beträge seiner Gewinne und Verluste aus bei der Bank A AG getätigten Geschäften infolge seines planmäßigen Verzichts auf Vermögensentwicklungsübersichten oder gar jährliche Steuerberichte der Bank A AG nicht. Er rechnete jedoch mit einem Gewinn im zumindest niedrig achtstelligen Bereich.

In Unkenntnis der wahren Besteuerungsgrundlagen setzte das Finanzamt N mit Bescheid vom 05.06.2007 Einkommensteuer in Höhe von (…) EUR und Solidaritätszuschlag in Höhe von (…) EUR, mithin – und wie vom Angeklagten beabsichtigt – erheblich zu niedrig fest.

Tatsächlich verkürzte der Angeklagte damit durch sein planmäßiges Handeln für den Veranlagungszeitraum 2005 Einkommensteuer in Höhe von 10.188.188,00 EUR und Solidaritätszuschlag in Höhe von 561.684,65 EUR, insgesamt Steuern in Höhe von 10.749.872,65 EUR. Dabei war ihm die genaue Höhe der durch ihn bewusst verursachten Steuerverkürzung nicht bekannt. Errechnete jedoch mit einer Steuerverkürzung zumindest im hohen siebenstelligen Bereich.

b.

Für den Veranlagungszeitraum 2006 gab (…) der steuerberatene Angeklagte(…) am 10.12.2007 eine (…) Einkommensteuererklärung und Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages ab. Aufgrund dieser Erklärung ergab sich für den Veranlagungszeitraum 2006 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von (…) EUR. Dieses lag dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamts N vom 10.01.2008 zugrunde.

Bewusst verschwieg der Angeklagte jegliche Einkünfte aus Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgeschäften, die er im Veranlagungszeitraum 2006 bei der Bank A AG erwirtschaftet hatte. Dabei handelte es sich um folgende Einkünfte:

  • (…).

(…)

Zwar kannte der Angeklagte die genauen Beträge seiner Gewinne und Verluste aus bei der Bank A AG getätigten Geschäften infolge seines planmäßigen Verzichts auf Vermögensentwicklungsübersichten oder gar jährliche Steuerberichte der Bank A AG nicht. Er wusste aber, dass er aus Aktien, Sparguthaben und festverzinslichen Wertpapieren sowie aus Securities Lending nach Abzug der Werbungskosten und Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens Erträge im unteren siebenstelligen Bereich erzielte, die aufgrund einkommensteuerrechtlicher Regelungen mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht verrechnet werden konnten.

In Unkenntnis der wahren Besteuerungsgrundlagen setzte das Finanzamt N mit Bescheid vom 10.01.2008 Einkommensteuer in Höhe von (…) EUR und Solidaritätszuschlag in Höhe von (…) EUR, mithin – und wie vom Angeklagtenbeabsichtigt – erheblich zu niedrig fest.

Tatsächlich verkürzte der Angeklagte damit durch sein planmäßiges Handeln für den Veranlagungszeitraum 2006 Einkommensteuer in Höhe von302.719,00 EUR und Solidaritätszuschlag in Höhe von 21.031,72 EUR, insgesamt Steuern in Höhe von 323.750,72 EUR. Dabei war ihm die genaue Höhe der durch ihn bewusst verursachten Steuerverkürzung nicht bekannt. Er rechnete aber mit einer Steuerverkürzung etwa in dieser Höhe.

10.

Der Angeklagte war bezogen auf die Veranlagungszeiträume 2007 und 2008 beim Finanzamt P unter der Steuernummer (…) steuerlich erfasst. (…)

a.

Für den Veranlagungszeitraum 2007 gab (…) der steuerberatene Angeklagte (…) nach entsprechender Fristverlängerung am 20.03.2009 eine (…) Einkommensteuererklärung und Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages ab. Aufgrund dieser Erklärung ergab sich für den Veranlagungszeitraum 2007 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von (…) EUR. Dieses lag dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamts P vom 18.06.2009 zugrunde.

Bewusst verschwieg der Angeklagte jegliche Einkünfte aus Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgeschäften sowie sonstige Einkünfte, die er im gleichen Veranlagungszeitraum bei der Bank A AG erwirtschaftet hatte. Dabei handelte es sich um folgende Einkünfte:

  • (…).

(…)

Zwar kannte der Angeklagte die genauen Beträge seiner Gewinne und Verluste aus bei der Bank A AG getätigten Geschäften infolge seines planmäßigen Verzichts auf Vermögensentwicklungsübersichten oder gar jährliche Steuerberichte der Bank A AG nicht. Er wusste aber, dass er aus Aktien, Sparguthaben und festverzinslichen Wertpapieren nach Abzug der Werbungskosten und Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens Erträge im unteren siebenstelligen Bereich erzielte, die aufgrund einkommensteuerrechtlicher Regelungen mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht verrechnet werden konnten.

In Unkenntnis der wahren Besteuerungsgrundlagen setzte das Finanzamt P mit Bescheid vom 18.06.2009 Einkommensteuer in Höhe von (…) EUR und Solidaritätszuschlag in Höhe von (…) EUR, mithin – und wie vom Angeklagten beabsichtigt – erheblich zu niedrig fest.

Tatsächlich verkürzte der Angeklagte damit durch sein planmäßiges Handeln für den Veranlagungszeitraum 2007 Einkommensteuer in Höhe von1.083.884,00 EUR und Solidaritätszuschlag in Höhe von 65.290,90 EUR, insgesamt Steuern in Höhe von 1.149.174,90 EUR. Dabei war ihm die genaue Höhe der durch ihn bewusst verursachten Steuerverkürzung nicht bekannt. Errechnete aber mit einer Steuerverkürzung etwa in dieser Höhe.

b.

Für den Veranlagungszeitraum 2008 gab (…) der steuerberatene Angeklagte(…) nach entsprechender Fristverlängerung am 24.02.2010 eine (…) Einkommensteuererklärung und Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages ab. Aufgrund dieser Erklärung ergab sich für den Veranlagungszeitraum 2008 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von (…) EUR. Dieses lag dem Einkommensteuerbescheid des Finanzamts P vom 30.04.2010 zugrunde.

Bewusst verschwieg der Angeklagte jegliche Einkünfte aus Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgeschäften sowie sonstige Einkünfte, die er im gleiche n Veranlagungszeitraum bei der Bank A AG erwirtschaftet hatte. Dabei handelte es sich um folgende Einkünfte:

  • (…).

(…)

Zwar kannte der Angeklagte die genauen Beträge seiner Gewinne und Verluste aus bei der Bank A AG getätigten Geschäften infolge seines planmäßigen Verzichts auf Vermögensentwicklungsübersichten oder gar jährliche Steuerberichte der Bank A AG nicht. Er wusste aber, dass er aus Aktien, Sparguthaben und festverzinslichen Wertpapieren nach Abzug der Werbungskosten und Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens Erträge im unteren siebenstelligen Bereicherzielte, die aufgrund einkommensteuerrechtlicher Regelungen mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht verrechnet werden konnten.

In Unkenntnis der wahren Besteuerungsgrundlagen setzte das Finanzamt P mit Bescheid vom 30.04.2010 Einkommensteuer in Höhe von (…) EUR und Solidaritätszuschlag in Höhe von (…) EUR, mithin – und wie vom Angeklagtenbeabsichtigt – erheblich zu niedrig fest.

Tatsächlich verkürzte der Angeklagte damit durch sein planmäßiges Handeln für den Veranlagungszeitraum 2008 Einkommensteuer in Höhe von847.597,00 EUR und Solidaritätszuschlag in Höhe von 46.889,47 EUR, insgesamt Steuern in Höhe von 894.486,47 EUR. Dabei war ihm die genaue Höhe der durch ihn bewusst verursachten Steuerverkürzung nicht bekannt. Er rechnete aber mit einer Steuerverkürzung etwa in dieser Höhe.

11.

Der Angeklagte war bezogen auf den Veranlagungszeitraum 2009 beim Finanzamt P unter der Steuernummer (…) steuerlich erfasst. (…)

Für den Veranlagungszeitraum 2009 gab der steuerberatene Angeklagte nach entsprechender Fristverlängerung am 25.05.2011 eine Einkommensteuererklärung und Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages ab. Aufgrund dieser Erklärung erließ das Finanzamt P am 13.07.2011 für den Veranlagungszeitraum 2009 einen Bescheid über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag.

Hinsichtlich der Berechnung der Kapitalerträge und sonstigen Einkünfte, die der Steuerberechnung gemäß § 32 d Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes unterlagen, lagen diesem Steuerbescheid die vom Angeklagten erklärten sowie die sich aus früheren Bescheiden hinsichtlich der Vorjahre ergebenden folgenden Werte zugrunde:

  • (…).

(…)

Bewusst verschwieg der Angeklagte jegliche Einkünfte aus Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgeschäften sowie sonstige Einkünfte, die er im gleichen Veranlagungszeitraum bei der Bank A AG erwirtschaftet hatte. Dabei handelte es sich um folgende Einkünfte:

  • (…).

(…)

Angesichts der geltenden Verlustverrechnungsschranke bei Einkünften im Sinne des § 32 d Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes waren daher nach Abzug sämtlicher verrechenbarer Verluste tatsächlich Einkünfte in Höhe von (…) EUR der Steuerberechnung nach dieser Vorschrift zu unterwerfen.

Zwar kannte der Angeklagte die genauen Beträge seiner Gewinne und Verluste aus bei der Bank A AG getätigten Geschäften infolge seines planmäßigen Verzichts auf Vermögensentwicklungsübersichten oder gar jährliche Steuerberichte der Bank A AG nicht. Er wusste aber, dass er aus Aktien, Sparguthaben und festverzinslichen Wertpapieren nach Abzug der Werbungskosten und Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens Erträge im unteren siebenstelligen Bereich erzielte, die aufgrund einkommensteuerrechtlicher Regelungen mit Verlusten aus privaten Veräußerungsgeschäften nicht vollständig verrechnet werden konnten.

In Unkenntnis der wahren Besteuerungsgrundlagen setzte das Finanzamt P mit Bescheid vom 13.07.2011 – wie vom Angeklagten dem Grunde nach beabsichtigt – die Einkommensteuer um 254.314,38EUR und den Solidaritätszuschlag um 13.987,29 EUR zu niedrig fest. Insgesamt verkürzte der Angeklagte damit für den Veranlagungszeitraum 2009 Steuern in Höhe von 268.301,67 EUR. Dabei war ihm die genaue Höhe der durch ihn bewusst verursachten Steuerverkürzung nicht bekannt. Er rechnete aber mit einer Steuerverkürzung etwa in dieser Höhe.

12.

Mit Anklage legte die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten neben den Taten, die diesem Urteil zugrunde liegen, zur Last, durch die jeweils selben Handlungen ungerechtfertigte Vermögensvorteile in Form von zu hoch festgestellten Verlustvorträgenerlangt zu haben wie folgt:

Veranlagungszeitraum Zu hoher Verlustvortrag
2003 (…),
2004 (…),
2005 (…),
2006 (…),
2007 (…),
2008 (…),
2009 (…),
insgesamt 5.519.7339,20 EUR.

Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft hat das Gericht insoweit die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat beschränkt gemäß § 154 a Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 StPO.

III.

1.

Spätestens seit dem Jahr 2010 wurde auch öffentlich über ein deutschschweizerisches Steuerabkommen diskutiert.

Ziel eines solchen Steuerabkommens war es, der deutschen Einkommensteuer unterliegende Kapitalerträge auf Geldanlagen deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz für vergangene Veranlagungszeiträume zuzuführen. Dabei hätte sich der Steuerpflichtige zwischen einer Offenlegung seiner Vermögensdaten durch die Bank, einer Selbstanzeige nach deutschem Recht oder einer Einmalzahlung entscheiden können.

Für zukünftige Veranlagungszeiträume sollte die Abgeltungsbesteuerung wie durch eine deutsche Bank durchgeführt oder für eine Offenlegung der Bankverbindung gegenüber den deutschen Finanzbehörden optiert werden können.

Als Folge des Abkommens hätten in Deutschland Steuerpflichtige, die in unverjährter Zeit Steuern durch Nichterklärung von Einkünfte aus Kapitalanlagen in der Schweiz hinterzogen hatten, eine – im Vergleich zur finanziellen Belastung einer strafbefreienden Selbstanzeige – unter Umständen wirtschaftlich günstigere Möglichkeit gehabt, ihre steuerlichen Verhältnisse zu regulieren und einer Strafverfolgung in Deutschland zu entgehen.

Zwar wurde das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt am 21.09.2011 unterzeichnet. Gegen Ende März 2012 wurde jedoch bereits kolportiert, dass die von den Parteien SPD, Bündnis 90 / Die Grünen und DIE LINKE geführten Bundesländer mit ihrer Mehrheit im Bundesrat dem zustimmungsbedürftigen Abkommen auch in der Form nicht zustimmen würden, die es durch ein letztlich am 05.04.2012 unterzeichnetes Änderungsabkommen erhalten würde.

Am 23.11.2012 verweigerte der Bundesrat dem Gesetz zum Abkommen die Zustimmung. Ein im Vermittlungsausschuss erarbeitetes Vermittlungsergebnis lehnten die Bundesregierung und der Bundesrat am 17.01.2013 bzw. am 01.02.2013 ab. Eine Aussicht auf ein solches oder ähnliches Abkommen bestand damit jedenfalls mittelfristig nicht mehr.

Diese Entwicklung erkannte der Angeklagte für sich spätestens im Dezember 2012. Zu diesem Zeitpunkt erfuhr er von der Ablehnung des Abkommens im Bundesrat. Es war ihm nunmehr bewusst, dass – insbesondere angesichts des Entdeckungsrisikos im Rahmen von Ankäufen sogenannter Steuer-CDs durch deutsche Finanzbehörden – eine wirksame strafbefreiende Selbstanzeige nach deutschem Recht der einzige gesicherte Weg in die Straffreiheit für ihn wäre. Er trug sich mit dem Gedanken, eine Selbstanzeige zu machen, wurde aber dennoch nicht umgehend tätig.

2.

Am 15.01.2013 kontaktierte ein Mitarbeiter der Bank A AG den Angeklagten kurz nach Mittag und teilte ihm mit, ein Journalist habe sich nach einer Bankverbindungeiner [Persönlichkeit der Branche des Angeklagten] erkundigt. Diese Nachricht erschreckte den Angeklagten. Er rief daraufhin seinen Steuerberater (…) sowie etwa gegen 18:30 Uhr den ihm bekannten, sich im passiven Teil der Altersteilzeit befindlichen Steuerfahnder Y an und bat beide, sich noch am gleichen Abend mit ihm und(...) in seinem Haus in (...) zu treffen.

3.

Tatsächlich hatte bereits im Sommer 2012 der für das Magazin F tätige Journalist Z den Oberamtsrat U, Finanzamt M – Steuerfahndungsstelle –, telefonisch kontaktiert. Konkret erkundigte sich der Journalist danach, ob Gewinne aus Devisenspekulationen steuerpflichtig seien. Er habe Informationen über ein Bankkonto in der Schweiz. Die Spekulationen hätten ein Volumen von mehreren 100.000.000,00 EUR erreicht. Von Bedeutung war diese Frage für den Journalisten Z, weil nach Auskunft der Rechtsabteilung des Magazins F eine Veröffentlichung nur zulässig wäre, wenn wenigstens der Anfangsverdacht einer Straftat vorliege.

Einen Anzeigewillen hatte der Journalist Z zu diesem Zeitpunkt nicht.

4.

Am Abend des 15.01.2013 traf sich der Angeklagte mit seinem Steuerberater (…), (…) und dem ehemaligen Steuerfahnder Y in seinem Haus in (…). Dort erklärte der Angeklagte den Anwesenden, er habe ein Konto in der Schweiz, dessen Erträge er bislang nicht versteuert habe. Er habe hierfür keine Unterlagen. Zwischen dem Steuerberater (...) und dem ehemaligen Steuerfahnder Y bestand Einigkeit, dass die Unterlagen zur Erarbeitung einer Selbstanzeige erforderlich wären.

Eine solche Selbstanzeige empfand der Angeklagte angesichts der Erkundigungen des Journalisten Z als dringlich. Er bat daher den Steuerberater (…), sogleich am nächsten Morgen nach Zürich zu fliegen und dort die entsprechenden Unterlagen bei der Bank A AG zu holen. Im Beisein des Steuerberaters (…) und des ehemaligen Steuerfahnders Y rief der Angeklagte bei der Bank an, um seinen Steuerberater dort anzukündigen und die Erstellung der entsprechenden Unterlagen anzufordern.

5.

Am Morgen des 16.01.2013 traf der Steuerberater (…) in Zürich bei der Bank A AG ein. Dort wurde er über eine neuerliche, konkretere Anfrage des Journalisten Z informiert. Die Bank informierte telefonisch auch den Angeklagten.

Um 11:40 Uhr veröffentlichte das Magazin F vorab auf seiner Internetpräsenz den Artikel (…) des Journalisten Z. Danach habe ein "Spitzenvertreter der" [Branche des Angeklagten] "ein Vermögen in dreistelliger Millionenhöhe auf einem Schweizer Nummernkonto versteckt", welches bei der "Privatbank A geführt" werde. Es gebe"konkrete Hinweise zu dem Konto mit dem Nummernkürzel (…) selbst".

In Kenntnis des online vorab erschienenen Artikels des Journalisten Z und der Information durch die Bank A AG bat der Angeklagte den Steuerberater (…), umgehend mit ihm zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Unterlagen aus Zürich zurückzukehren. Hierbei handelte es sich jedoch lediglich um nach den Konten (...)((…).001) und (...) M ((…).002) getrennte Aufstellungen, die jeweils das Vermögen zum Schluss des Vorjahres, den Saldo der Eingänge und Ausgänge, die bezahlte Quellensteuer sowie das Vermögen zum Schluss des betreffenden Jahres und einen daraus errechneten Gesamterfolg auswiesen. Nach Art der getätigten Geschäfte und erwirtschafteten Erträge unterschiedene Einkünfte waren in diesen Aufstellungen nicht ausgewiesen. Auch Einzelbelege für mehrere Zehntausend Geschäfte, welche der Angeklagte, wie er wusste, im zu diesem Zeitpunkt nicht verjährten Zeitraum2001 bis 2012 getätigt hatte, enthielten die Unterlagen nicht.

6.

Gegen 21:00 Uhr trafen sich der Angeklagte, sein Sohn, der ehemalige Steuerfahnder Y, der Steuerberater (...) und dessen Kanzleikollege, der Rechtsanwalt V im Haus des Angeklagten. Der Steuerberater (…) verdeutlichte dem Angeklagten, dass eine Selbstanzeige auf Grundlage dieser äußerst begrenzten und wenig aussagekräftigen Unterlagen ein "worst case" sei. Unter dem Druck der Veröffentlichung im Magazin F und aus Angst vor einer, wie er befürchtete, unmittelbar bevorstehenden Entdeckung, entschied der Angeklagte sich für die Abfassung einer Selbstanzeige auf dieser Grundlage.

7.

Ebenfalls am 16.01.2013 zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt nach der Veröffentlichung gegen 11:40 Uhr rief der Journalist Z erneut den Finanzbeamten Uan. Nunmehr machte der Journalist konkretere Angaben. Es solle sich bei dem Kontoinhaber um [ein großes Unternehmen der Branche des Angeklagten] handeln. Möglich seien einerseits Devisenspekulationen, andererseits aber auch lediglich eine Bevorratung von Devisen für [Geschäfte des Unternehmens]. Eine Kontonummer oder auch den Namen seines Hinweisgebers nannte der Journalist nicht. Er verwies auf den online veröffentlichen Artikel, der jedoch nur einen Teil der Kontonummer enthielt.

Der Finanzbeamte U empfahl dem Journalisten Z daraufhin, den bei der Steuerfahndung des Finanzamts N tätigen Finanzbeamten W zu kontaktieren, nachdem er mit diesem kurz telefonische Rücksprache gehalten hatte.

Erneut hatte der Journalist Z zu diesem Zeitpunkt nicht die Absicht, eine konkrete Steuerstraftat anzuzeigen.

8.

Am 17.01.2013 gegen 08:15 Uhr gaben der Steuerberater und der Rechtsanwalt V das nachfolgende Schreiben vom 16.01.2013 mit Anlagen persönlich beim Finanzamt O in der Bußgeld- und Strafsachenstelle ab:

"(…)Steuernummer (…)
hier: Selbstanzeige gem. 371 AO für die Jahre 2001 – 2010

Sehr geehrte Damen und Herren,

namens und im Auftrags [sic] unseres o.g. Mandanten zeigen wir für die Jahre 2001 – 2010 bisher nicht erklärte Gewinne und Verluste aus Einkünften aus Kapitalvermögen und Spekulationsgeschäften an.

Die Selbstanzeige war für unseren Mandanten unumgänglich, da das beabsichtigte Steuerabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz nicht zustande gekommen ist.

Diese Geschäfte sind in der Vergangenheit ausschließlich über ein Konto des Bankhauses A erfolgt. Alleiniger Kontoinhaber war unser o.a. Mandant. Für den Todesfall hat unser Mandant siener Ehefrau eine Kontovollmacht eingeräumt. Die Ehefrau ging davon aus, dass die Ergebnisse aus den nachfolgen benannten Konten in den Steuererklärungen erfasst sind. Aufgrund der umfangreichen Einkünfte aus Kapitalvermögen und Spekulationsgeschäften war ihr eine Einzelüberprüfung nicht möglich.

Die Gewinne und Verluste der einzelnen Jahre sind aus den diesem Schreiben beigefügten Anlagen 1 und 2 ersichtlich. Das Konto 001 betrifft den Zeitraum ab 2001 und das Konto 2002 betrifft den Zeitraum ab 2004. Die in der Anlage rechts ausgewiesenen Beträge sind jeweils zu addieren bzw. aufzurechnen und stellen die vollständigen Erträge aus vorgenannten Konten dar.

Die Ergebnisse beinhalten auch steuerfreie Spekulationsgewinne, die noch separat ermittelt werden müssen.

Aus der Anlage 3 sind die durch das Finanzamt rechtskräftigen [sic] Verlustvorträge ersichtlich. Diese Verluste werden unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorschriften mit positiven Einkünften verrechnet und ein Verlustrücktrag bzv. Verlustvortrag ist zur Zeit [sic] nicht angesetzt worden.

Wir weisen darauf hin, dass im Jahr 2001 Überweisungen zugunsten und zu Lasten des Kontos 001 von der C erfolgten. Hierzu verweisen wir auf Anlage 4 (6 Kopien der Gutschriften und Belastungen).

Wir haben das Bankhaus A angewiesen, die entsprechenden Beträge mit den einzelnen Belegen nachzuweisen. Darüber hinaus haben wir das Bankhaus A aufgefordert, die aus den Anlagen 1 und 2 ersichtlichen Quellensteuern nachzuweisen.

Selbstverständlich bieten wir Ihnen an, nach Eingang der Bankbelege die Überprüfungsmöglichkeit so einfach wie möglich zu gestalten.

Grundsätzlich erklären wir uns für unseren Mandanten bereit, dass der nach der neuen Gesetzesfassung der §§ 371, 398a AO Zuschlag [sic] in Höhe von 5 % geleistet wird.

Unser Mandant wird die dann fällige Steuer, die auf die Steuer festzusetzenden Zinsen und den 5prozentigen Zuschlag bei Fälligkeit selbstverständlich entrichten.

Unser Mandant hat seine Bank angewiesen, einen Vorabbetrag in Höhe von 10.000.000,00 Euro auf die o.a. Steuernummer zu leisten. Wir bitten auf dem Konto eine entsprechende Erstattungssperre einzurichten.

Wir bitten Sie den Erhalt der Selbstanzeige auf der beigefügten Durchschrift zu bestätigen. (…)"

Aus den Anlagen 1 und 2 zu diesem Schreiben ergaben sich die folgenden Werte:

Konto 001
Steuerjahr Anfangsvermögen Saldo Ein-/Ausgänge Bezahlte Quellensteuer Endvermögen Gesamterfolg
2001 (…) (…) (…) (…) 8.726.940,00
2002 (…) (…) (…) (…) 25.650.013,00
2003 (…) (…) (…) (…) 51.956.660,72
2004 (…) (…) (…) (…) -17.127.986,00
2005 (…) (…) (…) (…) 78.362.716,00
2006 (…) (…) (…) (…) -28.481.560,00
2007 (…) (…) (…) (…) -38.012.936,00
2008 (…) (…) (…) (…) -58.075.551,00
2009 (…) (…) (…) (…) -3.788.560,45
2010 (…) (…) (…) (…) -11.449.707,55
2011 (…) (…) (…) (…) (…)
2012 (…) (…) (…) (…) (…)
TOTAL (…) (…) (…) (…) (…)
Konto 002
Steuerjahr Anfangsvermögen Saldo Ein-/Ausgänge Bezahlte Quellensteuer Endvermögen Gesamterfolg
2004 (…) (…) (…) (…) -339.426,00
2005 (…) (…) (…) (…) 8.180.142,00
2006 (…) (…) (…) (…) 12.310.380,00
2007 (…) (…) (…) (…) 943.949,00
2008 (…) (…) (…) (…) -13.132.472,00
2009 (…) (…) (…) (…) 3.530.721,33
2010 (…) (…) (…) (…) 9.326,87
2011 (…) (…) (…) (…) (…)
2012 (…) (…) (…) (…) (…)
TOTAL (…) (…) (…) (…) (…)

Beide Tabellen wiesen für die Berechnung des Gesamterfolgs die Formel "Endvermögen +/- Ein-/Ausgänge +/- bezahlte Quellensteuer – Anfangsvermögen" aus. Zudem enthielten beide Tabellen den folgenden Warnhinweis:

"Disclaimer:
Die nachfolgend aufgeführten Daten wurden manuell und mit größtmöglicher Sorgfalt zusammengetragen. Für die Korrektheit, Qualität und Vollständigkeit kann keine Gewähr übernommen werden. Wir bitten Sie, die vorliegende Aufstellung mit einem qualifizierten Steuerberater zu überprüfen."

9.

Am Nachmittag des 17.01.2013 rief der Journalist Z bei dem Steuerfahnder W an. Dabei gab er an, es könne sich bei dem gegenständlichen Konto um das Konto eines[großen Unternehmens der Branche des Angeklagten] oder dessen Aufsichtsratsvorsitzenden, auf den das Konto 2008 oder 2009 übertragen worden sei, handeln. Weitere Informationen gab der Journalist Z nicht.

Wie zuvor hatte der Journalist Z zu diesem Zeitpunkt nicht die Absicht, eine konkrete Steuerstraftat anzuzeigen.

Erst darauf rief auch der Steuerfahnder U bei dem Steuerfahnder W an. Zu diesem Zeitpunkt formulierten beide die Arbeitshypothese, es könne sich bei dem besagten[Unternehmen] angesichts der hohen Beträge und der sich aus der Existenz eines Aufsichtsratsvorsitzenden ergebenden Rechtsform nur um G handeln.

Der Steuerfahnder W wollte deshalb die Steuerakten des G prüfen und bemühte sich um eine Einsichtnahmemöglichkeit für den 18.01.2013. Zeitnah erhielt er aber die Mitteilung, dass sich in diesem Zusammenhang bereits eine Person angezeigt habe und seine örtliche Zuständigkeit damit nicht mehr gegeben sei.

10.

Zur Prüfung der Wirksamkeit der Selbstanzeige des Angeklagten leitete die Bußgeld- und Strafsachenstelle mit Verfügung vom 18.01.2013 ein Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2010 ein und erweiterte dieses mit Verfügung vom 31.01.2013 auf die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2006. Die Staatsanwaltschaft München II zog das Steuerstrafverfahren sofort an sich und beauftragte die Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt O mit der Überprüfung der Selbstanzeige.

11.

Sowohl die Einleitung des Steuerstrafverfahrens als auch dessen Erweiterung wurden dem Angeklagten umgehend bekanntgegeben. Die Staatsanwaltschaft München II ging zu diesem Zeitpunkt von einer gestuften Selbstanzeige aus. Mangels hinreichender Unterlagen seien auf erster Stufe Schätzwerte angegeben worden. Diese müssten mittels der nach der Abgabe dieser ersten Stufe eingegangener Unterlagen auf zweiter Stufe konkretisiert werden.

12.

Am 21.02.2013 übergab der Steuerberater (...) im Auftrag des Angeklagten im Rahmen einer Besprechung in den Räumen der Staatsanwaltschaft München II, an welcher auch der ermittelnde Staatsanwalt und die sachbearbeitende Steuerfahnderin R teilnahmen, einen Ordner mit 519 Blatt Unterlagen. Dieser enthielt vermeintlich berichtigte Anlagen KAP und SO für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2010 mit zugehörigen Belegen und Ertragsaufstellungen der Bank A AG. Jedoch waren in diesen Anlagen – wie auch in den jeweils zugehörigen Belegen und Ertragsaufstellungen – lediglich Dividenden, Zinsen, Einkünfte aus Securities Lending und private Veräußerungsgewinne aus Aktien und Money Market Notes enthalten, nicht aber Gewinne aus nicht-strategischen Devisentermingeschäften. Dies wusste der Angeklagte.

13.

Mit Schreiben vom 27.02.2013 an die Staatsanwaltschaft München II teilte der Steuerberater (...) im Auftrag des Angeklagten erneut mit, dass dieser das Bankhaus A angewiesen habe, alle von der Staatsanwaltschaft gewünschten Unterlagen zur Verfügung zu stellen und ihre Ermittlungen in allen Belangen zu unterstützen. Zum Zweck der Aufarbeitung der Devisentermingeschäfte habe der Angeklagte die Fa. H GmbH mit Sitz in München beauftragt. Diese sei für den Angeklagten bereits bei der steuerlichen Aufbereitung der gleichartigen Geschäfte beim Bankhaus B tätig.

14.

Bereits ein kursorischer Vergleich der am 21.02.2013 übergebenen Anlagen KAP und SO mit den zuvor mit Schreiben vom 17.01.2013 ausgewiesenen Gewinnen und Verlusten ergab, dass es sich hierbei nicht um eine Konkretisierung der Selbstanzeige vom 17.01.2013 handelte, sondern eine Berichtigung. Folgte man den Werten im Schreiben vom 17.01.2013 ergäben sich nur für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2003 und 2005 Gewinne, im Übrigen Verluste. Aus den am 21.02.2013 übergebenen Unterlagen ergaben sich hingegen auch für die Jahre 2004 und 2006 bis 2009 Einkünfte, die angesichts der im Einkommensteuerrecht geltenden horizontalen Verrechnungsschranken nicht mit etwaigen Verlusten aus nach Umfang und Betrag vollkommen unbekannten Devisentermingeschäften des Angeklagten in den betreffenden Zeiträumen verrechnet werden konnten. Die Staatsanwaltschaft München II ging daher nunmehr von einer unwirksamen "Stufenanzeige" bzw. von einer wegen Unvollständigkeit unwirksamen Selbstanzeige aus und forderte keine weiteren Unterlagen aktiv an.

15.

Der Angeklagte wurde am 20.03.2013 aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts München vom 12.03.2013 (s. o. W 3.) festgenommen. Ab diesem Zeitpunkt wusste der Angeklagte, dass die Staatsanwaltschaft, wie sich aus den Gründen des Haftbefehls ergab, nicht von einer wirksamen strafbefreienden Selbstanzeige ausging. Die gleichzeitigen Durchsuchungen der Wohn- und Geschäftsräume des Angeklagten, der Geschäftsräume des G e. V. und der G AG sowie der Wohnräume des ehemaligen Steuerfahnders Y brachten keinen wesentlichen neuen Erkenntnisse für das Verfahren.

16.

Mit Antwort vom 02.05.2013 auf ein Rechtshilfeersuchen der Generalstaatsanwaltschaft München vom 24.04.2013 lehnte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement, Bundesamt für Justiz – Fachbereich Rechtshilfe – der Schweizerischen Eidgenossenschaft das Ersuchen um Rechtshilfe ab. Damit waren sämtliche Ansatzpunkte für weitere Ermittlungen des Sachverhalts durch die Staatsanwaltschaft München II mit Ausnahme der weiteren Kooperation des Angeklagten vorerst erschöpft.

17.

Mit Schreiben vom 17.05.2013 an den ehemaligen Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Dr. S, kündigte die Staatsanwaltschaft München II für den Fall, dass die in Aussicht gestellten Unterlagen zu Devisentermingeschäften nicht bis zum 10.06.2013 vorlägen, an, das Verfahren mit Rücksicht auf das angesichts des außer Vollzug gesetzten Haftbefehls geltende Beschleunigungsgebot auf der vorhandenen Tatsachenbasis abschließen zu müssen. Zugleich wies der ermittelnde Staatsanwalt – "aus Gründen der Vollständigkeit" – darauf hin, dass nach seiner Ansicht die Spekulationsgeschäfte eine steuerlich erhebliche Tatsache darstellten.

18.

Mit am 30.07.2013 bei Gericht eingegangener Anklageschrift erhob die Staatsanwaltschaft München II gegen den Angeklagten Anklage wegen Steuerhinterziehung in sieben tatmehrheitlichen Fällen, ohne dass Unterlagen zu unterjährigen Devisentermingeschäften vorgelegt worden waren.

Auf Grundlage der bisher vom Angeklagten vorgelegten Unterlagen errechnete die Staatsanwaltschaft einen Verkürzungserfolg in Höhe von insgesamt 3.545.939,70 EUR sowie einen Gesamtbetrag zu Unrecht festgestellter Verlustvorträge aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 5.519.739,20 EUR. Zudem wies sie im Anklagesatz darauf hin, dass nicht bekannt sei, ob, und wenn ja, in welchem Umfange weitere Devisentermingeschäfte steuerpflichtig waren. Weiter führte die Staatsanwaltschaft im Wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen aus, zum Umfang der Geschäfte mit Laufzeiten unter einem Jahr lägen gar keine Angaben vor. Selbst eine Schätzung sei, da jegliche Anhaltspunkte fehlten, nicht möglich. Der Komplex der Devisentermingeschäfte sei daher insgesamt nicht Gegenstand der Anklage.

19.

Auch im neben dem Steuerstrafverfahren laufenden Besteuerungsverfahren erfolgte eine Vorlage von Unterlagen zu unterjährigen Devisentermingeschäften bis Mitte Januar 2014 trotz Aufforderung durch die sachbearbeitende Steuerfahnderin R nicht.

20.

Erst am 27.02.2014 legte der Angeklagte über seine Verteidiger der Steuerfahndung beim Finanzamt O einen USB-Stick vor, auf dem sich in zwei Ordnern getrennt nach Konten nach Jahren sortierte Dateien im PDF-Format befanden. In diesen PDF-Dateien enthalten waren Zehntausende von Einzelbelegen und Kontoaufstellungen, die teilweise von Papiervorlagen eingescannt, teilweise in Textform erstellt worden waren. In einem weiteren Ordner "FX" befanden sich elf weitere PDF-Dateien ähnlichen Umfangs.

Sämtlichen Unterlagen war gemein, dass jeweils diagonal der Vermerk "Copy" aufgebracht war. Dieser verhinderte, ohne dass dies vom Angeklagten oder der Verteidigung beabsichtigt war, das automatisierte Einlesen der enthaltenen Daten mittels der von der Finanzverwaltung verwendeten Software IDEA. Eine Erklärung der sich aus diesen Unterlagen ergebenden Tatsachen bzw. eine Auswertung dieser Unterlagen enthielt der USB-Stick nicht.

21.

Am 05.03.2014 legte der Angeklagte über seine Verteidiger der Steuerfahndung beim Finanzamt O zwei weitere USB-Sticks vor.

Der erste USB-Stick enthielt im Wesentlichen die gleichen Unterlagen wie der am 27.02.2014 vorgelegte USB-Stick, jedoch ohne den Vermerk "Copy". Diese Daten konnten mit IDEA ausgelesen werden.

Der zweite USB-Stick enthielt in einer Excel-Datei eine Auflistung sämtlicher über die Jahre getätigten Devisentermingeschäfte. Dabei wurden jedoch zu Strategien gehörige Geschäfte nicht gruppiert, sondern sämtliche Geschäfte chronologisch geordnet aufgeführt.

Eine Erklärung der sich aus diesen Unterlagen ergebenden Tatsachen bzw. eine Auswertung dieser Unterlagen enthielten die USB-Sticks hingegen erneut nicht.

IV.

1.

Das Urteil beruht nicht auf einer Verständigung im Sinne des § 257 c StPO. Gespräche zur Anbahnung einer solchen Verständigung im Sinne der §§ 202 a, 212 StPO haben nicht stattgefunden.

2.

Die Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten unter I. 1. beruhen auf seinen glaubhaften, widerspruchsfreien Angaben, die zudem im Wesentlichen allgemein bekannt sind. (…)

(…)

Die Feststellungen zur Straffreiheit unter I. 2. und [zu] (…) I. 3. beruhen auf dem in die Hauptverhandlung eingeführten Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 25.01.2013, welchen der Angeklagte bestätigte, und auf (…).

3.

Die Feststellungen zum Sachverhalt unter II. beruhen im Wesentlichen auf den insoweit ohne Umschweife geständigen Angaben des Angeklagten zur Verwirklichung des Steuerhinterziehungstatbestandes in den Jahren 2003 bis 2009. Dabei räumte der Angeklagte gleich zu Anfang der Hauptverhandlung die ihm mit der Anklage zur Last gelegten Taten ein. Darüber hinaus räumte er für die Jahre 2003 und 2005 Gewinne aus Devisenspekulationen ein, die er zunächst nicht genau bezifferte. Er gab jedoch an, daraus kämen Mehrsteuern im zweistelligen Millionenbereich auf ihn zu. Sein Verteidiger Rechtsanwalt T hatte bereits zuvor den Betrag von jedenfalls 15.000.000,00 EUR an Mehrsteuern gegenüber dem Wert der Anklage genannt.

Zwar gab der Angeklagte an, er habe hinsichtlich der Höhe und Zahl der Geschäfte keinen Überblick gehabt, da er auf eine ordentliche Dokumentation der Geschäfte keinen Wert gelegt habe. Jedoch gab er auch zu, dass die strategischen Devisentermingeschäfte automatisch verlängert wurden, solange er der Bank A AG keine gegenteilige Weisung gegeben habe und die Geschäfte hinreichend besichert waren. Über Vermögensstände war der Angeklagte, wie er angab, aber über den Bankier L informiert. Und neue Geschäfte, Aktien- und Wertpapierkäufe und -verkäufe und festverzinsliche Anlagen konnte die Bank A AG nicht ohne ausdrückliche Anweisung des Angeklagten tätigen.

a.

Die Angaben des Angeklagten wurden hinsichtlich der Kontoeröffnung und Vollmachtenregelung, wie unter II. 1. festgestellt, und der Mittelherkunft, wie unter II. 3. bis II. 5. festgestellt, durch die im Wesentlichen von ihm im Verfahren vorgelegten Unterlagen bestätigt, die sämtlich in die Hauptverhandlungeingeführt wurden. Im Einzelnen handelt es sich um

  • den Kontoeröffnungsantrag vom 31.07.1975,
  • die Unterschriftenregelung vom 01.07.2003 sowie zwei Schreiben der Bank A AG an den Angeklagten vom 08.04.2013 und vom 24.02.2014,
  • die mit dem Schreiben vom 16.01.2013 am 17.01.2013 vorgelegten 11Belege über Geldzu- und -abflüsse von und zu einem Konto bei der Cim Jahr 2001 sowie zu einem Konto bei der E – die Angabe im Schreiben, es handele sich um 6 Kopien war falsch; die auf den Rückseitenenthaltenen weiteren 5 Belegkopien waren übersehen worden – und
  • das Schreiben der Bank A AG vom 20.02.2013, mit welchem sämtlicheGeldzu- und –abflüsse von der C in den Jahren 2001 und 2003 sowie die Fremdmittel aus Geldeingängen von einem Konto bei der E sowie aus einer Bankgarantie belegt und zudem erklärt wurde, weitere Geldzu- und -abflüsse (von Bankkonten fremder Banken) habe es nicht gegeben.

b.

Die Feststellungen zur Art und zum Umfang der vom Angeklagten getätigten Geschäfte unter II. 2., 6. und 7. beruhen auf den geständigen Angaben des Angeklagten, die durch die Zeugin R und eine Vielzahl von objektiven Beweismitteln bestätigt wurden.

Den Umfang der vom Angeklagten getätigten Geschäfte bestätigte die Zeugin R. Diese gab an, sie habe die auf den von der Verteidigung übergebenen USB-Sticks gesichtet. Insgesamt handele es sich um 52.000 Belege und Kontoaufstellungen. In den Belegen seien die vom Angeklagten angegebenen Geschäftsarten sowie Barabhebungen enthalten.

Bereits in den Unterlagen zur vermeintlichen Konkretisierung der Selbstanzeige vom 17.01.2013, die am 21.02.2013 übergeben worden waren und vollständig in die Hauptverhandlung eingeführt wurden, waren Ertragsaufstellungen der Bank A AG für die Kapitalerträge, Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften mit Ausnahme der Devisentermingeschäfte und sonstige Einkünfte aus Securities Lending für die Jahre 2001 bis 2010 enthalten.

Mit Schreiben vom 20.02.2013 bestätigte die Bank A AG, der Angeklagte habe mit Ausnahme von Devisentermingeschäften in erheblichem, von der Bank noch nicht vollständig überblickbarem Umfang keine weiteren Geschäfte oder Anlagen getätigt. Mit gleichem Schreiben sowie mit zwei Schreiben vom04.03.2013 und 05.03.2013 teilte die Bank A AG zudem mit, dass sie insgesamt 14 Devisenstrategien – mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr, mithinsteuerfrei – feststellen konnte. Nur elf von diesen Devisenstrategien seien erfolgreich verlaufen. Die Bank teilte diesbezüglich die unter II. 7. geschilderten Währungspaare, Strategiesummen, Gewinne und – hinsichtlich einerEUR/USD-Strategie mit einem Volumen von 150.000.000,00 EUR die exakten Einzelgeschäfte zwischen dem 29.01.2002 und dem 31.01.2003 mit, hinsichtlich einer EUR/CHF-Strategie mit einem Volumen von 90.000.000,00 EUR zumindest eine Zuordnung zu den Jahren 2003 und 2004. Im Übrigen gab die Bank lediglich an, die Strategien seien in den Jahren 2001 bis 2005 durchgeführt worden. Das Gericht hat unter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes eine zeitliche Zuordnung derjenigen Strategien vorgenommen, für welche die BankA AG eine solche unterlassen hat (dazu ausführlich unter IV. 4.).

c.

Die Feststellungen zum Inhalt der einzelnen Geschäfts- und Anlagetypen unter II. 7. traf das Gericht auf der Grundlage der Zeugenaussage des Zeugen T. und objektiver Beweismittel.

Hinsichtlich des genauen Ablaufs von strategischen und nicht-strategischen Devisentermingeschäften konnte der Angeklagte nur rudimentäre Angaben machen. Was für Wertpapiere Money Market Notes eigentlich sind, wusste der Angeklagte nicht.

Insoweit hat die Kammer auf Grundlage einer von der Bank A AG erstellten und – wenn auch nicht vollständig – belegten Devisenstrategie für das Währungspaar EUR/USD mit einem Mindestbetrag von 150.000.000,00 EUR zwischen dem 29.01.2002 und dem 31.01.2003 die Feststellungen zum Ablauf, der Prolongation und der Glattstellung eines Devisentermingeschäfts unter II. 7. getroffen. Dieses wurde durch den Zeugen T. bestätigt. Der Zeuge T. ist der Betriebsprüfer, der für die Veranlagungszeiträume 2007 bis 2010 die Außenprüfung des Angeklagten für das Finanzamt P durchführte. In der Hauptverhandlung schilderte er den Ablauf der Devisentermingeschäfte des Angeklagten, so wie dieser sie auch bei dem Bankhaus B bzw. B durchführte.

Die Feststellungen zu Money Market Notes der Bank A AG beruhen auf einer bankeigenen, werbenden Darstellung, welche online frei zugänglich ist und ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführt wurde.

d.

Die Feststellungen zu den ursprünglich erklärten und festgesetzten Einkommensteuern unter II. 8. bis II. 11. beruhen auf den in den Einkommensteuerakten des Angeklagten enthaltenen Steuererklärungen des Angeklagten und seiner Ehefrau für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2008 und seiner getrennten Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2009, jeweils mit Anlagen. Diese wurden sämtlich in die Hauptverhandlung eingeführt.

e.

Die Feststellungen unter II. 8. bis II. 11. zu den ursprünglich bewusst nicht erklärten Kapitalerträgen, Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften mit Ausnahme der Devisentermingeschäfte und Einkünften aus Securities Lending beruhen auf den Unterlagen, welche der Angeklagte am 21.02.2013 vorlegte und die vollständig in die Hauptverhandlung eingeführt wurden. Dabei handelte es sich insbesondere um folgende Unterlagen:

  • Jahressteuerbericht 2009 der Bank A AG für das Konto (...).001/000(...)vom 21.12.2011 mit Aufbereitung der Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend Anlage KAP und der Sonstigen Einkünfte entsprechend Anlage SO mit Ertragsaufstellungen,
  • Jahressteuerbericht 2009 der Bank A AG für das Konto (...).002/000(...) M vom 15.12.2011 mit Aufbereitung der Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend Anlage KAP und der Sonstigen Einkünfte entsprechend Anlage SO mit Ertragsaufstellungen,
  • Aufbereitung der Bank A AG der Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend Anlage KAP und der Sonstigen Einkünfte entsprechend Anlage SO für das Jahr 2008 vom 17.01.2013 mit Ertragsaufstellungen für das Konto (...).001/000(...) vom 17.01.2013,
  • Aufbereitung der Bank A AG der Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend Anlage KAP und der Sonstigen Einkünfte entsprechend Anlage SO für das Jahr 2008 vom 11.02.2013 mit Ertragsaufstellungen für das Konto (...).002/000(...) M vom 16.01.2013,
  • Aufbereitung der Bank A AG der Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend Anlage KAP und der Sonstigen Einkünfte entsprechend Anlage SO für das Jahr 2007 vom 16.01.2013 mit Ertragsaufstellungen für das Konto (...).001/000(...) vom 16.01.2013,
  • Aufbereitung der Bank A AG der Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend Anlage KAP und der Sonstigen Einkünfte entsprechend Anlage SO für das Jahr 2007 vom 11.02.2013mit Ertragsaufstellungen für das Konto (...).002/000(...) M vom 16.01.2013,
  • Aufbereitung der Bank A AG der Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend Anlage KAP und der Sonstigen Einkünfte entsprechend Anlage SO für das Jahr 2006 vom 16.01.2013 mit Ertragsaufstellungen für das Konto (...).001/000(...) vom 16.01.2013,
  • Aufbereitung der Bank A AG der Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend Anlage KAP und der Sonstigen Einkünfte entsprechend Anlage SO für das Jahr 2006 vom 11.02.2013 mit Ertragsaufstellungen für das Konto (...).002/000(...) M vom 16.01.2013,
  • Aufbereitung der Bank A AG der Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend Anlage KAP und der Sonstigen Einkünfte entsprechend Anlage SO für das Jahr 2005 vom 16.01.2013 mit Ertragsaufstellungen für das Konto (...).001/000(...) vom 16.01.2013,
  • Aufbereitung der Bank A AG der Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend Anlage KAP und der Sonstigen Einkünfte entsprechend Anlage SO für das Jahr 2005 für das Konto (...).002/000(...) M vom 11.02.2013,
  • Aufbereitung der Bank A AG der Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend Anlage KAP und der Sonstigen Einkünfte entsprechend Anlage SO für das Jahr 2004 vom 16.01.2013 mit Ertragsaufstellungen für das Konto (...).001/000(...) vom 16.01.2013,
  • Aufbereitung der Bank A AG der Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend Anlage KAP und der Sonstigen Einkünfte entsprechend Anlage SO für das Jahr 2004 für das Konto (...).002/000(...) M vom 11.02.2013,
  • Aufbereitung der Bank A AG der Einkünfte aus Kapitalvermögen entsprechend Anlage KAP und der Sonstigen Einkünfte entsprechend Anlage SO für das Jahr 2003 vom 16.01.2013 mit Ertragsaufstellungen für das Konto (...).001/000(...) vom 16.01.2013.

4.

Die Feststellungen unter II. 8. und II. 9. zu den Gewinnen und Verlusten aus nichtstrategischen Devisentermingeschäften traf das Gericht in freier Würdigung der Angaben des Angeklagten, der Aussage der Zeugin R und der in der Selbstanzeige vom 17.01.2013 enthaltenen oder am 21.02.2013 und im Laufe des Verfahrens übergebenen Schreiben und Auskünfte der Bank A AG, die sämtlich in die Hauptverhandlung eingeführt wurden.

Dabei ging das Gericht in der nachfolgend ausführlich beschriebenen Weise so vor, dass es zunächst als Ausgangspunkt der Schätzung belastbare Gesamtvermögensmehrungen des Angeklagten für die Jahre 2002 bis 2006 ermittelte (Schritt 1 – dazu IV. 4. (...) bis e.) und hiervon alle bekannten sonstigen Erträge – also die Kapitalerträge und Einkünfte aus Securities Lending bei der Bank A AG – abzog (Schritt 2 – dazu IV. 4. f.). Sodann ordnete die Kammer die Gewinne aus den mitgeteilten strategischen Devisentermingeschäften (s. oben II. 7.) den einzelnen Jahren zu und zog diese ebenfalls von den bisher ermittelten Ergebnissen ab (Schritt 3 – dazu IV. 4. g.).

a.

Bereits aus einer kursorischen Prüfung der Selbstanzeige vom 17.01.2013 und der dieser anliegenden tabellarischen Aufstellungen, die vollständig in die Hauptverhandlung eingeführt wurden und deren Inhalt vollständig unter III. 8. wiedergegeben ist, ergab sich, dass die darin enthaltenen Zahlen für sich genommen nicht belastbar waren.

Zu Recht waren die vorgelegten Gesamterfolgstabellen mit einem Warnhinweis("Disclaimer") versehen. In der Tabelle zu Konto 001 stimmten die Jahresendvermögen 2006 bzw. 2008 nicht mit den Jahresanfangsvermögen 2007 bzw. 2009 überein, ohne dass dies erklärt oder belegt war. Auch die ausgewiesenen Gesamterfolge für die Jahre 2009 bis 2012 stimmten nicht mit dem Ergebniseiner Berechnung des Gesamterfolgs nach der angegebenen Formel überein. (…)

Zudem enthielt die Selbstanzeige den Hinweis, diese Ergebnisse beinhalteten auch steuerfreie Spekulationsgewinne.

Mit Schreiben vom 20.02.2013 teilte die Bank A AG schließlich mit, der am 16.01.2013 übermittelte Vermögenswert könne nicht als Grundlage für die Besteuerung von positiven oder negativen Werten verwendet werden.

Bei Würdigung nur dieser Werte konnte die Kammer daher nicht zweifelsfrei feststellen, dass diese lediglich existierende Eigenmittel des Angeklagten widerspiegelten. Genauso möglich war es, dass darin Fremdmittel in erheblicher Höhe enthalten waren. Auch war es angesichts der Art der getätigten Geschäfte, insbesondere der Devisentermingeschäfte, möglich, dass es sich lediglich um gehebelte Werte handelte, also Beträge, die lediglich durch eine erheblich geringere Sicherheit des Angeklagten in Höhe von zwischen 5 % und 10 % des jeweiligen Betrages gedeckt waren.

b.

An dieser Wertung der mit der Selbstanzeige mitgeteilten Zahlen änderten auch die beigefügten Anlagen nichts.

Zwar lagen der Selbstanzeige vom 17.01.2013 elf Belege für Zu- und Abflüsse auf Konten bei der C und bei der E bei. Jedoch enthielt die Selbstanzeige hinsichtlich der Abflüsse an die E keine Erklärung. Erst mit Schreiben vom 20.02.2013 teilte die Bank A AG mit, dass es sich hierbei um Rückzahlungen von Fremdmitteln und die Zahlung von Zinsen hieraus handelte. Die Möglichkeit, dass es sich um gehebelte Beträge handelte bzw. dass diese Beträge sich teilweise aus Bewertungseffekten offener Finanztransaktionen ergaben, ließ die Bank A AG offen.

Die übrigen Werte der Selbstanzeige vom 17.01.2013 hielten einer Überprüfung anhand der am 21.02.2013 vorgelegten Unterlagen nicht stand. Die in der Selbstanzeige ausgewiesenen Zu- und Abflüsse nach 2003 waren nicht belegt. Auch die Werte der bezahlten Quellensteuern waren nicht vollständig anhand der vorgelegten Ertragsaufstellungen nachvollziehbar. So war es vielmehr möglich, dass es sich hierbei teilweise um ausländische Kapitalertragsteuern handelte.

So ergab sich aus den für das Jahr 2009 am 21.02.2013 vorgelegten Ertragsaufstellungen anrechenbare Kapitalertragsteuer und anrechenbarer Solidaritätszuschlag aus Dividenden aus inländischen (deutschen) Aktien in Höhe von 115.164,63 EUR und 6.334,05 EUR. In der Ertragsaufstellung zu Dividenden aus ausländischen (nicht-deutschen) Aktien war eine Quellensteuer in Höhe von 8.351,68 EUR ausgewiesen, die nur in Höhe von 3.645,52 EUR auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen sein sollte. Selbst bei Addition sämtlicher Werte ergäben sich Steuern in Höhe von insgesamt 129.850,36 EUR statt der in der Tabelle zu Konto 001 in der Selbstanzeige vom 17.01.2013 ausgewiesenen 129.975,64 EUR.

c.

Auch die Zeugin R, die sachbearbeitende Steuerfahnderin, gab in der Hauptverhandlung an, sie habe frühzeitig im Verfahren mitgeteilt, dass sich aus den mit der Selbstanzeige vorgelegten Jahresendständen tatsächlich keine Rückschlüsse auf die erreichten Gewinne ziehen ließen.

d.

Die Zeugin R gab in der Hauptverhandlung weiter an, sie habe unmittelbar nach Erhalt beginnen können, die auf den durch die Verteidigung am 27.02.2014 und am 05.03.2014 übergebenen USB-Sticks enthaltenen Unterlagen zu sichten und auszuwerten. Mit beiliegendem Schreiben hatte die Bank A AG erstmals bestätigt, sämtliche Unterlagen vollständig vorgelegt zu haben.

Die Zeugin R gab an, sich zunächst darauf konzentriert zu haben, die Belastbarkeit der in der Selbstanzeige vom 17.01.2013 aufgeführten Werte zu überprüfen. Denn sollten sich diese Werte nunmehr doch als belastbar erweisen, wäre eine Schätzung der Einkünfte aus Devisentermingeschäften auf konkreter Tatsachengrundlage unter Anwendung des Zweifelsgrundsatzes streng zugunsten des Angeklagten möglich.

Die Auswertung der Unterlagen habe die Zeugin R, wie sie angab, nicht alleine getätigt. Es seien dazu mehrere Kollegen hinzugezogen worden. Dabei sei zunächst bei Auswertung der Metadaten zu den PDF-Dateien in den beiden Kontenordnern mit einer forensischen Software aufgefallen, dass deren Erstellung bereits am 18.01.2013 begonnen worden war. Dies bestätigte der Zeuge Q, der IT-Spezialist der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt O, bei Vernehmung in der Hauptverhandlung.

Zwar seien die Unterlagen in den PDF-Dateien nicht vollständig sortiert gewesen. Jedoch habe die Zeugin R zusammen mit ihren Kollegen eine Auswertung anhand von Suchläufen durchführen und so – anhand der enthaltenen Quartalsvermögensaufstellungen – die Vermögensentwicklung auf den Konten (...).001 und (...).002 nachvollziehen können, ohne hierzu jedes einzelne übergebene Blatt auswerten zu müssen. Zudem habe sie bei manueller Suche auch eingescannte Belege von Bareinzahlungen und Barabhebungen finden können.

Anhand dieser Unterlagen habe die Zeugin R die Vermögensstände zum jeweiligen Jahresende im Wesentlichen bestätigen können. Hierbei handelte es sich gerade nicht um gehebelte Werte, sondern um die Summe sämtlicher bei der Bank A AG für den Angeklagten verwalteten Wertpapiere und Guthaben. Zwar habe die Zeugin auch Devisenterminkonten mit erheblich höheren Werten im deutlich neunstelligen Bereich festgestellt. In einem Fall habe die Zeugin in den Unterlagen auf einem Devisenterminkonto einen Spitzenwert von 350.000.000,00 EUR gesehen. Die hier verzeichneten gehebelten Werte seien, so konnte sich die Zeugin aber versichern, nicht in die Vermögensentwicklungsübersichten eingeflossen.

Zudem habe sie folgende Ein- und Auszahlungen in bar festgestellt:

  • für das Jahr 2001 eine Einzahlung am 21.03.2001 in Höhe von20.000,00 CHF bzw. 13.029,00 EUR,
  • für das Jahr 2003 vier Auszahlungen in Höhe von insgesamt 443.321,00 EUR,
  • für das Jahr 2004 drei Auszahlungen in Höhe von insgesamt 140.083,00 EUR,
  • für das Jahr 2005 neun Auszahlungen in Höhe von insgesamt 552.027,00 EUR,
  • für das Jahr 2006 eine Auszahlung in Höhe von 81.630,00 USD bzw. 63.605,00 EUR,
  • für das Jahr 2007 drei Auszahlungen in Höhe von insgesamt 220.000,00 EUR sowie eine Auszahlung in Höhe von 42.140,00 USD bzw. 30.582,00 EUR,
  • für das Jahr 2008 eine Auszahlung in Höhe von 50.000,00 EUR und
  • für das Jahr 2009 eine Auszahlung in Höhe von 30.000,00 CHF bzw. 19.819,00 EUR,
  • insgesamt also 1.506.409,00 EUR.

Legte man diese Werte sowie die ebenfalls ermittelten Fremd- und Eigenmittelzu- und -abflüsse sowie aus diesen neuen Unterlagen nachvollzogene Verschiebungen von Mitteln zwischen den beiden Konten (...).001 und (...).002 zugrunde, so erklärten sich die in der Selbstanzeige vom 17.01.2013 enthaltenen Werte zu Zu- und Abflüssen auf den beiden Konten.

Damit habe sich für die Zeugin R ergeben, dass die in der Selbstanzeige vom 21.03.2001 ausgewiesenen positiven Gesamterfolge für die Jahre 2001 bis 2003 und 2005 tatsächliche Vermögensmehrungen des Angeklagten darstellten. Auf dieser Grundlage sei eine Schätzung unter strenger Beachtung des Zweifelsgrundsatzes möglich gewesen.

Diese Ausführungen trug die Zeugin ohne jeglichen erkennbaren Belastungseifer vor. Sie waren widerspruchsfrei und anhand der bereits vorliegenden objektiven Beweismittel nachvollziehbar. Auch der Angeklagte selbst hatte angegeben über die Jahre immer wieder Barabhebungen getätigt zu haben. Auch er räumte diesen Betrag von etwa 1.500.000,00 EUR ein.

Die Werte der Tabelle zu Konto 001 aus der Selbstanzeige vom 17.01.2013 stimmten zudem im Wesentlichen mit Einzeldarstellungen überein, die bei der Durchsuchung des Wohnhauses des Angeklagten am 20.03.2013 gefunden und ebenfalls vollumfänglich in die Hauptverhandlung eingeführt wurden. Diese deckten für das Konto 000(...) M die Jahre 2005 (einschließlich des Jahresendvermögens zum 31.12.2004) bis 2008 und für das Konto 000(...) die Jahre 2001(einschließlich des Jahresendvermögens zum 29.12.2000) bis 2008 ab. Dabeiergab sich aus diesen Einzeldarstellungen im Unterschied zu der Tabelle zu Konto 001 (000(...)) ein Vermögen per 29.12.2006 als Endvermögen 2006 und Anfangsvermögen 2007 in Höhe von 130.268.806,00, welches zudem in der Währung EUR ausgewiesen war.

Dem Grunde nach stand für die Kammer aufgrund der Angaben des Angeklagten und der bereits gewürdigten Auskünfte der Bank A AG fest, dass sämtliche ungeklärten Vermögensmehrungen des Angeklagten bei der Bank A AG auf Devisentermingeschäfte zurückzuführen waren.

Die Kammer ist in freier Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass sie die Endvermögen aus der Tabelle zu Konto 001 aus der Selbstanzeige vom 17.01.2013 als EUR-Werte einer schätzenden Berechnung der Gewinne und Verluste aus den unterjährigen Devisentermingeschäften des Angeklagten zugrunde legen konnte; dies mit der Maßgabe, dass das Endvermögen des Angeklagten im Jahr 2006 130.268.806,00 EUR betrug.

e.

Die Kammer ging bei der weiteren Schätzung der Gewinne und Verluste aus Devisentermingeschäften vor wie folgt:

Zugunsten des Angeklagten errechnete die Kammer zunächst für die Konten (...).001 und (...).002 getrennt die Jahresvermögensmehrungen für die Jahre 2003 bis 2006.

Angesichts des beschränkten Verlustrücktrags aus Devisentermingeschäften – es war nur eine Verrechnung mit Gewinnen des Vorjahres, dies nur bis zu einer Höhe von 1.023.000,00 EUR zulässig – waren für die Schätzung die Verluste aus Devisentermingeschäften in den Jahren nach 2006 nicht relevant. Denn schon eine kursorische Überprüfung der am 17.01.2013 vorgelegten Tabellen hatte ergeben, dass diese in der Summe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum nur für die Jahre 2003 und 2005 – und daneben im relevanten, aber nicht verfahrensgegenständlichen Zeitraum 2002 - eine positive Vermögensentwicklung und damit überhaupt mögliche Gewinne aus Devisentermingeschäften auswiesen.

Zwar konnte die Kammer der Zeugin R folgend von zutreffenden Mittelzu- und -abflusswerten in den Tabellen vom 17.01.2013 ausgehen. Die gleichzeitig mitgeteilten Quellensteuern konnte sie aber nicht verifizieren. Insoweit legte die Kammer diese Werte in Anwendung des Zweifelsgrundsatzes zugunsten des Angeklagten zugrunde. Dies wirkte sich deswegen zugunsten des Angeklagten aus, weil dadurch die Vermögensmehrung je Jahr und damit auch die möglichen Gewinne je Jahr gemindert wurden.

Sodann summierte die Kammer die Vermögensmehrungen auf den Konten(...).001 und (...).002. Dabei gelangte sie zu folgenden Werten:

  • für das Jahr 2002 ein Gesamterfolg von 25.650.013,00 EUR,
  • für das Jahr 2003 ein Gesamterfolg von 51.956.660,72 EUR,
  • für das Jahr 2004 ein Gesamterfolg von -17.467.412,00 EUR,
  • für das Jahr 2005 ein Gesamterfolg von 86.569.858,00 EUR und
  • für das Jahr 2006 ein Gesamterfolg von -17.891.723,00 EUR.

f.

Von diesen Werten zog die Kammer sämtliche bereits bekannten Vermögensmehrungen – aus Dividenden, Guthabenzinsen und Securities Lending, jeweils nach Abzug der betreffenden Werbungskosten – ab, welche der Angeklagte unter Vorlage von Belegen am 21.02.2013 nacherklärt hatte. Erträge aus privaten Veräußerungsgeschäften waren hingegen nicht abzuziehen. Hier traten anstelle der zuvor in die Vermögensbewertung eingeflossen Aktien und Wertpapiere die Veräußerungserlöse als Guthaben.

Damit ergaben sich für die Jahre 2002 bis 2006 folgende Rechenwerte:

  • für das Jahr 2002 ein Betrag von 25.485.400,00 EUR,
  • für das Jahr 2003 ein Betrag von 50.974.518,70 EUR,
  • für das Jahr 2004 ein Betrag von -18.639.162,00 EUR,
  • für das Jahr 2005 ein Betrag von 83.285.501,00 EUR und
  • für das Jahr 2006 ein Betrag von -22.766.402,00 EUR.

g.

Aufgrund der Angaben des Angeklagten, er habe keine weiteren Geschäfte außer Devisentermingeschäften getätigt, die sich mit den Auskünften der Bank AAG in den Schreiben vom 20.02.2013, 04.03.2013 und 05.03.2013 deckten, und bezüglich derer auch die Zeugin R nach Sichtung der seit dem 27.02.2014ihr vorliegenden Unterlagen nichts Gegenteiliges berichtete, ging die Kammer davon aus, dass es sich bei den hieraus ergebenden Werten ausschließlich um Gewinne und Verluste aus Devisentermingeschäften des Angeklagten handelte.

Darin waren damit aber auch Gewinne (und Verluste) aus strategischen Devisentermingeschäften enthalten, Spekulationsgeschäften also, die aufgrund ihrer Laufzeit von über einem Jahr steuerfrei waren.

Der Angeklagte selbst machte keine Angaben zum Umfang der strategischen Geschäfte, sondern berief sich auf die von der Bank A AG hierzu abgegebenen Erklärungen in den Schreiben vom 20.02.2013, 04.03.2013 und 05.03.2013. Die Kammer schloss aus der Tatsache, dass die Bank A jeweils bei Auffinden weiterer Strategien weitere Auskünfte erteilte (so mit Schreiben vom 04.03.2013), sowie aus der Tatsache, dass solche Auskünfte nach dem 05.03.2013 nicht mehr erfolgten, dass es jedenfalls andere als die bereits gemeldeten erfolgreichen Strategien nicht gab. Anhaltspunkte für unvollständige oder unzutreffende Angaben der Bank A AG ergaben sich nicht.

Die Kammer würdigte zudem zugunsten des Angeklagten die Mitteilung der Bank A AG, es habe auch drei Devisen-Strategien mit (nicht bezifferten) Verlusten gegeben in der Weise, dass sie diese bei der Schätzung nicht berücksichtigte. Denn eine Berücksichtigung jedweder Verluste aus strategischen Devisentermingeschäften hätte sich auf die Gewinne aus nicht-strategischen Devisentermingeschäften zulasten des Angeklagten erhöhend ausgewirkt.

Im folgenden Schritt zog die Kammer die mit Buchungsdatum 31.01.2003 bekannte Buchung eines Differenzgewinns aus der bekannten Strategie EUR/USD über 150.000.000,00 EUR in Höhe von 2.834.900,00 EUR von dem für 2003 errechneten Wert ab. Die weiteren aus dieser Strategie bekannten Buchungen, die sämtlich im Jahr 2002 lagen und einen Gesamtbetrag von 20.975.769,59 EUR erreichten, zog die Kammer von dem für 2002 errechneten Wert ab.

Zugunsten des Angeklagten zog die Kammer zudem den vollständigen - möglichen - Gewinn von 11.100.000,00 EUR aus einer Strategie EUR/CHF über 90.000.000,00 EUR in den Jahren 2003 und 2004 von dem für das Jahr 2003 verbleibenden Wert ab. Denn eine Anrechnung auch nur eines Teils dieser Summe auf das Jahr 2004 hätte dort lediglich den steuerlich nur beschränkt anrechenbaren Verlust erhöht. Gleichzeitig wäre auch der steuerpflichtige Gewinn aus Devisentermingeschäften in 2003 höher geblieben. Letztlich hätte sich dadurch zulasten des Angeklagten insgesamt ein höheres zu versteuerndes Einkommen und damit ein höherer Hinterziehungsbetrag ergeben.

Die übrigen neun erfolgreichen Devisenstrategien, welche die Bank A AG mitgeteilt hatte, konnte die Kammer zeitlich nicht hinreichend eingrenzen. Hierzu teilte die Bank A AG lediglich mit, diese wären in den Jahren 2001 bis 2005durchgeführt worden. Die Kammer ordnete die Gewinne aus diesen Strategien zugunsten des Angeklagten vollständig dem Jahr 2005, dem Jahr mit den höchsten insgesamt erzielten Erträgen, zu und zog sie daher von dem für 2005errechneten Wert ab. Dabei achtete die Kammer insbesondere darauf, dass der Angeklagte durch diese Zuordnung im Vergleich zur Zuordnung zum Jahr 2003 nicht benachteiligt würde. Mit Rücksicht auf die geltenden Verlustverrechnungsschranken war aber in dieser Konstellation ein voller Abzug der aus dem Jahr 2004 vortragbaren Verluste möglich (zur Berechnung des zu versteuernden Einkommens unter V. 2.).

Damit ergaben sich Gewinne und eingeschränkt vor- und rücktragbare Verluste aus steuerpflichtigen – nicht-strategischen – Devisentermingeschäften wie folgt:

  • für das Jahr 2002 ein Gewinn in Höhe von 4.509.603,41 EUR,
  • für das Jahr 2003 ein Gewinn in Höhe von 37.039.618,72 EUR,
  • für das Jahr 2004 ein Verlust in Höhe von 18.639.176,00 EUR,
  • für das Jahr 2005 ein Gewinn in Höhe von 37.276.212,75 EUR und
  • für das Jahr 2006 ein Verlust in Höhe von 22.766.402,00 EUR.

5.

Die Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten unter II. 8. bis II. 11., insbesondere dazu, dass dem Angeklagten bei Tatbegehung die Steuerverkürzung dem Grunde nach bewusst und diese beabsichtigt war und dass der Angeklagte mit Erträgen in der unter II. 8. bis II. 11. für seinen Vorsatz aufgeführten Höhe rechnete, traf die Kammer in freier Würdigung sämtlicher Beweise. Dabei stützte sich die Kammer auf die insoweit glaubwürdigen Angaben des Angeklagten, er habe sich von den genauen Erträgen kein Bild machen können, da er konsequent Belege oder Jahresaufstellungen der Bank A AG abgelehnt habe, und habe zudem keinen vollständigen Überblick über die steuerlichen Verrechnungsmöglichkeiten bei Kapitalerträgen, privaten Veräußerungserlösen und sonstigen Einkünften gehabt.

Dass der Angeklagte wusste, dass er bei der Bank A AG Erträge in der unter II. 8. bis II. 11. jeweils in seinen Vorsatz gestellten Höhe erzielte, ergab sich neben der geständigen Einlassung des Angeklagten auch daraus, dass der Angeklagte seine Geschäfte in der jeweils entsprechenden Höhe fortsetzte. Wie er auch selbst wusste, hätte die Bank A AG Geschäfte nur mit Fremdmitteln nicht gestattet. Der Angeklagte wusste also, dass er zumindest über ausreichend Kapital bei der Bank A AG verfügte, um das Risiko seiner Geschäfte weiter abzusichern, und er kannte auch die Größenordnung dieser Geschäfte. Zudem kannte er seine ursprünglichen Einlagen. Schließlich war ihm auch bewusst, dass er als mehrfacher Einkommensmillionär seine Einkünfte in Deutschland aus dem strafbefangenen Zeitraum 2003 bis 2009 einem hohen persönlichen Durchschnittssteuersatz unterwerfen musste.

6.

Die Feststellungen unter III. zu den Umständen der Selbstanzeige vom 17.01.2013, zur Motivation des Angeklagten bei der Selbstanzeige vom 17.01.2013 und zum weiteren Verhalten des Angeklagten im Laufe der steuerstrafrechtlichen Ermittlungen beruhen auf den im Wesentlichen glaubhaften Angaben des Angeklagten, welche durch die weiteren in die Hauptverhandlung eingeführten objektiven Beweismittel und die Angaben der Zeugin R bestätigt und ergänzt wurden.

a.

Die Feststellungen zum Abwarten des deutsch-schweizerischen Steuerabkommens unter III. 1. beruhen auf den Angaben des Angeklagten sowie auf den allgemein bekannten Umständen des Scheiterns des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland über Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt vom 21.09.2011.

Der Angeklagte schilderte über die Umstände, so wie sie unter III. 1. festgehalten sind, hinaus, zunächst auf ein deutsch-schweizerisches Steuerabkommen gehofft zu haben. Gegen Ende 2012 sei diese Hoffnung mit der Ablehnung der SPD-, Grünen- und Linke-geführten Bundesländer im Bundesrat jedoch zerstört worden. Ab diesem Zeitpunkt habe sich der Angeklagte mit dem Gedanken an eine Selbstanzeige getragen. Der für ihn zuständige Bankier L habe sich jedoch im Weihnachtsurlaub befunden. Die Übermittlung der erforderlichen Daten habe sich daher verzögert.

Die Kammer folgte den Angaben des Angeklagten weitgehend. Jedoch sprachen die weiteren Angaben, der Angeklagte habe den Steuerberater (...) am Abend des 15.01.2013 dringlich gebeten, noch am nächsten Morgen die Bank A in Zürich aufzusuchen, um die für eine Selbstanzeige erforderlichen Unterlagen und Informationen zu erlangen, sowie die Qualität der am 21.02.2013 vorgelegten Unterlagen – einschließlich der jeweils auf den 16.01.2013 oder den 17.01.2013 datierten Ertragsaufstellungen – gegen die Schilderung des Angeklagten, ausschließlich der Bankier L habe diese Informationen beschaffen können. Die Kammer ist aus diesen Gründen in freier Beweiswürdigung zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte sich zwar mit dem Gedanken trug, eine Selbstanzeige einzureichen, aber insoweit bis zum 15.01.2013 nicht tätig wurde.

b.

Die Vorgänge vom 15. bis zum 17.01.2013 schilderte der Angeklagte so, wie sie unter III. 2. und 4. bis 6. festgehalten sind. Diese Angaben waren widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Sie deckten sich zudem im Wesentlichen mit den Angaben des Zeugen Y im Ermittlungsverfahren, welche in die Hauptverhandlung durch Verlesung der diesbezüglichen Niederschrift eingeführt wurden. Dieser hatte lediglich abweichend angegeben, der Angeklagte habe ihm bereits am Abend des 15.01.2013 einen Vorabdruck des im F veröffentlichten Artikels des Journalisten Z. Insoweit geht die Kammer davon aus, dass der Zeuge die Daten bzw. die Reihenfolge der Vorgänge verwechselt hat. Die Angaben des Angeklagten werden auch insoweit durch die ebenfalls in die Hauptverhandlung eingeführten Online- und Printversionen des Artikels bestätigt.

Anhaltspunkte, dass der Angeklagte tatsächlich bereits am 15.01.2013 über einen Vorabdruck des Artikels verfügte, fand die Kammer nicht.

c.

Die Feststellungen zu den Telefonaten des Journalisten Z mit den Steuerfahndern U und W unter III. 3., 7. und 9. beruhen auf deren in der Hauptverhandlung gemachten glaubwürdigen und widerspruchsfreien Angaben.

d.

Die Feststellungen zur Einleitung und Erweiterung des Steuerstrafverfahrens unter III. 10. und 11. beruhen auf den entsprechenden Angaben der Zeugin R, die durch die entsprechenden Vermerke und Mitteilungen an den Angeklagten, die in die Hauptverhandlung eingeführt wurden, bestätigt wurden.

e.

Die Feststellungen zu den im Februar vorgelegten Unterlagen unter III. 12. bis 14. beruhen auf den jeweiligen Schreiben und Unterlagen, die vollumfänglich in die Hauptverhandlung eingeführt wurden, sowie auf den Angaben der Zeugin R. Die Zeugin R schilderte die erste Auswertung der Unterlagen so wie unter III. 14. erfasst.

f.

Die Feststellungen zur Festnahme und zur sich daraus ergebenden Kenntnis des Angeklagten von der Einschätzung der Selbstanzeige durch die Staatsanwaltschaft unter III. 15. ergab sich aus dem Haftbefehl des Amtsgerichts München vom 12.03.2013, den glaubhaften Angaben des Angeklagten und den Angaben der Zeugin R.

g.

Die Feststellungen zum weiteren Verfahrensgang unter III. 16. bis 18. beruhen auf den dort genannten und zitierten Urkunden, die sämtlich in die Hauptverhandlung eingeführt wurden, und aus dem Anklagesatz der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft.

h.

Die Feststellungen unter III. 19. bis 21. dazu, dass bis Ende Februar 2014 keine weiteren Unterlagen mehr durch die Verteidigung vorgelegt wurden, und dazu, was für Unterlagen am 27.02.2014 und am 05.03.2014 vorgelegt wurden, beruhen auf den Angaben der Zeugin R und den Angaben des Zeugen G.. Dabei schilderte der Zeuge Q, der IT-Spezialist der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt Rosenheim, dass mit der Erstellung der in den Kontenordnern enthaltenen, nach Jahren getrennten PDF-Dateien bereits am 18.01.2013 jedenfalls begonnen worden und dass das PDF-Format an sich für ein Editieren nach Erstellung schlecht geeignet sei.

i.

Die weiteren für die Steuerverkürzungsberechnung (unten V. 1. a.) relevanten Beträge hat die Kammer aufgrund der Angaben der Zeugin R, der durch den Angeklagten vorgelegten und in die Hauptverhandlung eingeführten Unterlagen und der in die Hauptverhandlung eingeführten Probeberechnungen des Finanzamtes P für die Festsetzung der Einkommenssteuer für die strafbefangenen Veranlagungszeiträume 2003 bis 2008 festgestellt wie folgt:

(…)

Dabei hat die Kammer die Angaben des Angeklagten in den von ihm vorgelegten Unterlagen zu ausländischen Kapitalertragssteuern und bereits gezahltem Solidaritätszuschlag auch ohne die im Besteuerungsverfahren gegebenenfalls erforderlichen Einzelbelege zugunsten des Angeklagten seiner Berechnung zugrunde gelegt.

Für den Veranlagungszeitraum 2009 hat die Kammer aufgrund der vom Angeklagten vorgelegten Unterlagen anrechenbare und angerechnete ausländische Kapitalertragsteuer in Höhe von (…) und einen Kirchensteuersatz von 0,08 zugrunde gelegt. (…)

V.

1.

Der Angeklagte hat sich damit – bezogen auf Einkommensteuer und den Solidaritätszuschlag für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2009 – 7 tatmehrheitlicher Fälleder Steuerhinterziehung gemäß §§ 369 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 53 StGB strafbar gemacht.

Er hat vorsätzlich gegenüber den jeweils zuständigen Finanzämtern N bzw. P über steuerlich erhebliche Tatsachen unvollständige Angaben gemacht und dadurch Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2009 verkürzt (dazu V. 13. a.). Aufgrund seiner Selbstanzeige vom 17.01.2013 kam Straffreiheit gemäß § 371 AO (dazu V. 13. b.) nicht in Betracht.

a.

Die in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen verkürzten Steuern errechnen sich aufgrund der unter II. 8. bis 11. festgestellten, zuvor nicht erklärten Einkünfte aus Kapitalerträgen, privaten Veräußerungsgewinnen und sonstigen Einkünften wie folgt:

[Die Veröffentlichung der Berechnung der Steuer gemäß Ziffern 1) bis 7) unterbleibt im Hinblick auf das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO.]

b.

Einer Bestrafung gemäß § 370 Abs. 1 AO steht § 371 Abs. 1 AO hier nicht entgegen, weil keine der Erklärungen des Angeklagten einschließlich der ursprünglichen Erklärung vom 17.01.2013 eine wirksame Selbstanzeige im Sinne des § 371 Abs. 1 AO darstellt.

Für eine wirksame Selbstanzeige stellt § 371 AO in Absätzen 1 und 3 positive und in Absatz 2 negative Tatbestandsvoraussetzungen auf.

Die Erklärungen des Angeklagten konnten hier schon deswegen keine wirksame Selbstanzeige darstellen, weil die negative Tatbestandsvoraussetzung des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO hier erfüllt war. Die nach § 370 Abs. 1 AO durch den Angeklagten vorsätzlich verkürzten Steuern überstiegen für jede Tat einen Betrag von 50.000,00 EUR. Tat im Sinne des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO ist dabei jeweils die Hinterziehung von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für einen Veranlagungszeitraum durch eine (einheitliche) bewusst unvollständige Erklärung des Angeklagten.

2.

Die Ahndung der festgestellten Steuerhinterziehungstaten des Angeklagten ist nicht aufgrund einer Verfolgungsverjährung im Sinne der §§ 78 ff. StGB ausgeschlossen.

Zwar begann die Verjährung für jede der Taten grundsätzlich mit der Beendigung der jeweiligen Steuerhinterziehung, § 78 a S. 1 StGB. Die Taten des Angeklagten waren hier jeweils mit dem Erlass des ersten Steuerbescheids durch das zuständige Finanzamt aufgrund der unvollständigen Angaben des Angeklagten beendet. Der früheste Steuerbescheid erging hier für den Veranlagungszeitraum 2003 am 29.07.2004.

Abweichend von § 78 Abs. 3, 4 StGB beträgt die Verjährungsfrist für sämtliche festgestellten Steuerhinterziehungstaten des Angeklagten gemäß § 376 Abs. 1 AO zehn Jahre.

Die gegenüber der früheren, sich aus § 78 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 StGB ergebenden Verjährungsfrist von fünf Jahren längere Verjährungsfrist von zehn Jahren des § 376 Abs. 1 AO findet auf alle Steuerhinterziehungstaten Anwendung, die bei in Kraft treten des § 376 Abs. 1 AO am 25.12.2008 noch nicht verjährt waren gemäß Art 97 § 23 EGAO. Selbst die früheste Tat des Angeklagten, die Hinterziehung von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag für 2003 war erst am 29.07.2004 beendet und wäre damit erst am 29.07.2009 verjährt.

Gemäß § 376 Abs. 1 AO gilt eine Verjährungsfrist von zehn Jahren stets dann, wenn die Tat eines der Regelbeispiele einer besonders schweren Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 bis 5 AO erfüllt. Es kommt dabei allein darauf an, ob eine der namentlich aufgezählten Begehungsweisen der besonders schweren Steuerhinterziehung vorliegt, nicht aber, ob sich die Tat nach der gebotenen Gesamtwürdigungaller Umstände im konkreten Einzelfall als besonders schwer darstellt (Jäger in Klein, Abgabenordnung, 11. Auflage 2012, § 376 AO, Rz. 11). Es kommt aufgrund des klaren Wortlauts des Art. 97 § 23 EGAO auch nicht darauf an, ob der Täter bei Tatbegehung ein Regelbeispiel verwirklicht hat, sondern allein darauf, ob die Tat den aktuellen Tatbestand eines Regelbeispiels erfüllt, auch wenn dieses bei Begehung der Tat nicht oder nicht in gleicher Weise existierte (vgl. aaO, Rz. 14). Damit kommt es auch für Taten, welche der Angeklagte vor Inkrafttreten des Gesetz vom 21.12.2007,BGBl. 2007 I, 3198, begangen hat, nicht darauf an, ob über das Merkmal des "großen Ausmaßes" hinaus für das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO (alter Fassung) zudem subjektiv das Merkmal des "groben Eigennutzes" erfüllt war.

Jede der Steuerhinterziehungstaten des Angeklagten erfüllt das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO in der aktuell gültigen Fassung. Durch sein Handeln hat der Angeklagte für jeden der Veranlagungszeiträume 2003 bis 2009 Steuern in großem Ausmaß verkürzt. Die Kammer hat die Wertgrenze für das große Ausmaß in Übereinstimmung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH vom 02.12.2008, Az. 1 StR 416/08, NJW 2009, 528) für den Fall eines Verschweigens von Einkünften bei einer Steuerverkürzung von 100.000,00 EUR angesetzt. Diese Wertgrenze war für jede der Steuerhinterziehungstaten des Angeklagten überschritten.

Damit wäre selbst für die früheste diesem Urteil zugrundeliegende Tat des Angeklagten Verjährung erst am 29.07.2014 eingetreten, sodass sich Ausführungen zur Verjährungsunterbrechung und zur Verjährung der zeitlich danach liegenden weiteren Taten des Angeklagten erübrigen.

VI.

1.

Auch ein Absehen von Verfolgung gemäß § 398 a AO kam hier nicht in Betracht. Gemäß § 398 a AO wird von der Verfolgung einer Steuerstraftat in Fällen, in denen Straffreiheit nur deswegen nicht eintritt, weil der Hinterziehungsbetrag 50.000,00EUR übersteigt, abgesehen, wenn der Täter innerhalb einer ihm bestimmten angemessenen Frist die aus der Tat zu seinen Gunsten hinterzogenen Steuern entrichtet und einen Geldbetrag in Höhe von 5 Prozent der hinterzogenen Steuer zugunsten der Staatskasse zahlt. Voraussetzung des § 398 a AO ist also eine – denkt man das negative Tatbestandsmerkmal des § 371 Abs. 2 Nr. 3 AO hinweg – gültige Selbstanzeige. Eine solche lag hier aber nicht vor.

2.

Zwar übergab der Angeklagte dem Finanzamt P am Morgen des 17.01.2013 das oben unter III. 8. wiedergegebene Schreiben mit Anlagen. Die darin angegebenen Beträge betrafen ausweislich der dem Schreiben anliegenden Tabellen die Steuerjahre 2001 bis einschließlich 2012, mithin sämtliche bei Abgabe der Erklärung unverjährten Steuerstraftaten. Hinsichtlich der Steuerart bezog sich das Schreiben auf Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag.

3.

Voraussetzung einer wirksamen Selbstanzeige ist jedoch gemäß § 371 Abs. 1 AO, dass gegenüber der Finanzbehörde zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt und die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachgeholt werden. Ist dem Steuerpflichtigen – wie hier dem Angeklagten – auf Grund unzureichender Buchhaltung oder fehlender Belege eine genau bezifferte Selbstanzeige nicht möglich, so ist er gehalten, von Anfang an, also bereits auf der ersten Stufe einer sog. "gestuften" Selbstanzeige, alle erforderlichen Angaben über die steuerlich erheblichen Tatsachen, notfalls auf der Basis einer Schätzung anhand der ihm bekannten Informationen, zu berichtigen, zu ergänzen oder nachzuholen (BGH vom 20.05.2010, Az. 1 StR 577/09, NStZ 2010, 642). Diese Angaben müssen in jedem Fall so geartet sein, dass die Finanzbehörde auf ihrer Grundlage in der Lage ist, ohne langwierige Nachforschungen den Sachverhalt vollends aufzuklären und die Steuer richtig festzusetzen (BGH aaO mit weiteren Nachweisen).

Diese Voraussetzung erfüllte weder das Schreiben vom 17.01.2013, noch erfüllten diese Voraussetzung die weiteren im Februar und März 2013 vorgelegten Unterlagen und Erklärungen.

a)

Mit dem Schreiben vom 17.01.2013 wurden als bisher verschwiegene Einkünfte die sich aus einer Addition der mit Gesamterfolg überschriebenen Beträge aus den rechten Spalten der beiden dem Schreiben anliegenden Tabellen bezeichnet. Eine Addition dieser Beträge ergab jedoch für die Veranlagungszeiträume 2004 und 2006 bis 2009 keine Gewinne, sondern Verluste in erheblicher Höhe. Angesichts der Feststellungen dieser Kammer zu den für diese Veranlagungszeiträume verschwiegenen Einkünften aus Kapitalerträgen, privaten Veräußerungsgeschäften und Securities Lending fehlte es also für die Zeiträume 2004 und 2006 bis 2009 an jeglicher Berichtigung unrichtiger, Ergänzung unvollständiger oder Nachholung unrichtiger Angaben.

b)

Entgegen der wiederholt geäußerten Auffassung der Verteidigung reichte es für eine wirksame Selbstanzeige nicht aus, über den gesamten Erklärungszeitraum– vorliegend immerhin 12 Jahre – Gewinne in einer Höhe zu erklären, dass darin sämtliche tatsächliche, bisher nicht erklärte steuerpflichtige Einkünfte enthalten wären.

Wiederholt hatte die Verteidigung im Rahmen der Hauptverhandlung erklärt, die Selbstanzeige habe über den gesamten vom Schreiben vom 17.01.2013 erfassten Zeitraum von 12 Jahren Erträge in Höhe von insgesamt etwa130.000.000,00 EUR nacherklärt. Darin seien die später von der Bank A AG mitgeilten etwa 70.000.000,00 EUR steuerfreie Spekulationsgewinne aus strategischen Devisentermingeschäften ebenso enthalten wie sämtliche steuerpflichtigen bisher nicht erklärten Einkünfte für den gesamten Zeitraum. Angesichts des beim Angeklagten ohnehin jeweils erreichten Spitzensteuersatzes wäre damit die Einkommensteuer für den gesamten Zeitraum in zutreffender Höhe festzusetzen gewesen. Es stelle mit Rücksicht auf die Intention des Gesetzgebers, das Steueraufkommen zu verbessern, einen – mehr oder minderlässlichen – Formfehler dar, Einkünfte den Veranlagungszeiträumen unzutreffend zuzuordnen.

Ausgangspunkt der Beurteilung der Selbstanzeige muss aber der Wortlaut des Gesetzes bleiben. Gemäß § 371 Abs. 1 AO kommt es auf die Berichtigung falscher, die Ergänzung unvollständiger und die Nachholung bisher unterlassener Angaben an. Die unrichtige Zuordnung von Einkünften stellt gerade keine Berichtigung oder Ergänzung von früheren Angaben dar, sondern eine weitere wahrheitswidrige Angabe. Schon dem Wortlaut des Gesetzes nach ist eine falsche Zuordnung also für die Wirksamkeit der Selbstanzeige schädlich.

Dabei handelt es sich nicht lediglich um einen Formfehler. Die Zuordnung von Einkünften zu Veranlagungszeiträumen hat rechtliche Folgen, was die steuerliche Behandlung, die Anrechenbarkeit, den Vor- und Rücktrag von Verlusten, den anwendbaren Steuersatz und die Verjährung angeht. Eine falsche Zuordnung von Einkünften, bleibt sie durch die Finanzverwaltung unentdeckt, führt zu einer falschen Festsetzung von Einkommensteuer, welche finanzverwaltungsrechtlich und finanzgerichtlich angegriffen werden kann; dies, während der tatsächliche Steueranspruch möglicherweise – etwa durch Verjährung – undurchsetzbar wird.

c)

Die Verteidiger des Angeklagten haben zudem die Rechtsauffassung vorgetragen, dass dem Steuerpflichtigen eine eigene Schätzung im Rahmen der Selbstanzeige nicht abzuverlangen sei. Es stelle einen reinen Formalismus dar, vom Steuerpflichtigen eine eigene – ausdrückliche – Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zu verlangen. Sie haben vorgeschlagen, dass auf Grundlage des Schreibens vom 17.01.2013 das Finanzamt P die Besteuerungsgrundlagen der Einkommensteuer und des Solidaritätszuschlags des Angeklagten für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2009 hätte schätzen können gemäß § 162 AO. Eine solche Schätzung könne eine Steuerfestsetzung begründen, so wie sie auch vom BGH im Urteil vom 20.05.2010 gefordert werde.

Zum Beleg haben die Verteidiger des Angeklagten auf Probeberechnungen des Finanzamts P für die Veranlagungszeiträume 2001 bis 2003 und 2005 verwiesen, welche in die Hauptverhandlung eingeführt wurden.

Der Vortrag der Verteidiger überzeugt nicht.

1)

Gemäß § 162 Abs. 1 S. 1 AO hat die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wenn sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dies gilt gemäß § 162 Abs. 2 S. 1 AO insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO verletzt.

Voraussetzung einer Schätzung im Sinne des § 162 AO ist also gerade, dass die Angaben des Steuerpflichtigen jedenfalls nicht so geartet sind, dass die Finanzbehörde auf ihrer Grundlage in der Lage ist, ohne langwierige Nachforschungen den Sachverhalt vollends aufzuklären und die Steuer richtig festzusetzen. Eine wirksame Selbstanzeige nach § 371 Abs. 1 AO würde eine Schätzung durch die Finanzbehörde gemäß § 162 Abs. 1 AO damit ausschließen.

2)

Es stellt auch keinen Formalismus dar, dem Steuerpflichtigen eine ausdrückliche Schätzung "aufzubürden". Vielmehr ist es die Pflicht des Steuerpflichtigen, im Besteuerungsverfahren vollständige und wahrheitsgemäße Angaben über sämtliche steuerlich erhebliche Tatsachen zu machen. Die Möglichkeit, eine solche Erklärung – bei vorheriger Begehung einer Steuerstraftat für den betreffenden Veranlagungszeitraum – zu berichtigen bzw. nachzuholen und dabei auf Schätzwerte zurückzugreifen, wenn gesetzlich ausdrücklich eine vollständige Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung gefordert ist, stellt keine Erschwerung, sondern eine Erleichterung der Selbstanzeige dar.

3)

Die geäußerte Rechtsauffassung ist auch nicht mit den Ausführungen des BGH im Urteil vom 20.05.2010 vereinbar, welches aber auch nach der – nicht zuletzt durch die Entscheidung ausgelösten – Reform des § 371 Abs. 1 AO das Recht der Selbstanzeige weiterhin prägt. Denn der BGH verlangt, dass auf Grundlage der Selbstanzeige ohne langwierige Nachforschungen den Sachverhalt vollends aufzuklären und die Steuer richtig festzusetzen sein muss. Eine Schätzung stellt keine vollständige Aufklärung dar.

d)

Selbst wenn man aber der Rechtsauffassung der Verteidiger folgen wollte, müsste man feststellen, dass eine gesetzeskonforme Schätzung auf Grundlage der im Schreiben vom 17.01.2013 enthaltenen Angaben des Angeklagten nach § 162 AO nicht in einer Weise möglich gewesen wäre, die den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen auch nur nahe gekommen wäre.

Gemäß § 162 Abs. 1 S. 2 AO sind im Rahmen der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind, insbesondere auch das Vorbringen des Steuerpflichtigen (Rüsken in Klein, Abgabenordnung, 11. Auflage 2012, § 162 AO, Rz. 37). Die Schätzung muss schlüssig und leicht nachvollziehbar sein (aaO, Rz. 41). Für die Veranlagungszeiträume 2004 und 2006 bis 2009 trug der Angeklagte aber keine Gewinne, sondern negative Gesamterfolge vor. Bei Berücksichtigung dieses Vorbringens des Steuerpflichtigen war der Weg zu einer Schätzung positiver Besteuerungsgrundlagen versperrt.

Zudem erklärte sich das Schreiben vom 17.01.2013 nicht zur Natur dieser Einkünfte, sondern bezeichnete diese lediglich pauschal als "bisher nicht erklärte Gewinne und Verluste aus Einkünften aus Kapitalvermögen und Spekulationsgeschäften". Desweiteren sollten die ausgewiesenen Beträge auch steuerfreie Spekulationsgewinne enthalten. Auf Grundlage dieser unvollständigen, undifferenzierten und mit zahlreichen Einschränkungen behafteten Angaben, war damit auch für die Veranlagungszeiträume 2003 und 2005 eine auf konkreten Anhaltspunkten beruhende, schlüssige und leicht nachvollziehbare Schätzung nicht möglich.

e)

Entgegen des Vortrags der Verteidigung wäre auch mittels der vorgeschlagenen Schätzmethode der pauschalen Rückrechnung der Besteuerungsgrundlagen aus den in den Tabellen in Anlage zum Schreiben vom 17.01.2013 ausgewiesen Quellensteuerbeträgen eine schätzungsmäßige Annäherung an die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen hier nicht möglich gewesen. Nähme man zum Beispiel für den Veranlagungszeitraum 2008 – statt des von der Verteidigung im Rahmen der Hauptverhandlung genannten Schweizer Verrechnungssteuersatzes von ca. 30 % – zugunsten des Angeklagten einen durchschnittlichen Quellensteuersatz auf Kapitalerträge in der Schweiz von nur 5 % an, so betrüge für dieses Jahr der so geschätzte Betrag der Einkünfte aus Kapitalerträgen 60.288,00 EUR / 5 % = 1.205.760,00 EUR.

Tatsächlich erzielte der Angeklagte im Jahr 2008 bisher nicht erklärte Einkünfte aus Kapitalerträgen in Höhe von 1.719.999,00 EUR sowie bisher nicht erklärte sonstige Einkünfte aus Securities Lending in Höhe von 237.617,00 EUR. Selbst bei dieser Schätzmethode wäre also die Besteuerungsgrundlage um 751.856,00 EUR oder 38,4 % zu niedrig geschätzt worden.

Bei Zugrundelegung des von der Verteidigung genannten Steuersatzes von 30 % hätte sich bei einer Quellensteuer von 60.288,00 EUR rechnerisch ein Schätzbetrag der Kapitalerträge von 60.288,00 EUR / 30 % = 200.960,00 EUR ergeben. In diesem Fall wäre die Besteuerungsgrundlage um 1.756.656,00 EUR oder 89,7 % zu niedrig geschätzt worden.

f)

Auf Grundlage der am 17.01.2013 mitgeteilten Zahlen wäre damit der Finanzbehörde eine Schätzung, die den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen, wie sie die Kammer ermittelt hat, auch nur nahe gekommen wären, nur unter völliger Außerachtlassung der Erklärung des Angeklagten möglich gewesen. Notwendig wäre eine solche Schätzung nur als Strafe für die mangelnde Kooperation zu erklären gewesen. Für die Veranlagungszeiträume 2004 und 2006 bis 2009hätte sich jegliche Positivschätzung von Besteuerungsgrundlagen als mutwilligüberhöht dargestellt. Eine solche Strafschätzung wäre, wenn wie hier der Verdacht einer Steuerstraftat vorliegt, wenn schon nicht als gemäß § 393 Abs. 1S. 2 AO verbotenes Zwangsmittel, so doch wegen eines sich daraus ergebenden Verstoßes gegen den nemo-tenetur-Grundsatz unzulässig (vgl. Schleifer, Zum Verhältnis von Besteuerungs- und Steuerstrafverfahren, wistra 1986, 250, 252; Jäger in Klein, Abgabenordnung, 11. Auflage 2012, § 393 AO, Rz. 20, 21).

g)

Damit stellte das Schreiben vom 17.01.2013 mit Anlagen für sich genommen keine wirksame Selbstanzeige im Sinne des § 371 Abs. 1 AO dar.

h)

Vielmehr handelte es sich hierbei lediglich um die – zudem lediglich oberflächliche – Offenlegung einer Quelle bisher nicht erklärter Einkünfte ohne zureichende Angaben zur Höhe oder Art dieser Einkünfte. So fehlte ein Hinweis auf sonstige Einkünfte aus Securities Lending völlig. Hinsichtlich der in den Jahren 2003 bis 2008 unterschiedlich zu behandelnden privaten Veräußerungsgewinne und Kapitalerträge fehlte es zudem an jeglichen Angaben zur Verteilung des für jedes Jahr ausgewiesenen Gesamterfolgs. Aus der heutigen Perspektive stellt sich das Schreiben vom 17.01.2013 als Ankündigung einer Selbstanzeige dar, welche eine Umgehung der negativen Tatbestandsmerkmale des § 371 Abs. 2 AO gerade nicht ermöglicht (vgl. Jäger in Klein, Abgabenordnung, 11. Auflage 2012, § 371 AO, Rz. 22), und zudem zur Folge haben kann, dass für die Zukunft die darin bezeichneten Steuerhinterziehungstaten als entdeckt gewertet werden im Sinne des § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO.

4.

Jedoch kam aus der damaligen Perspektive der Ermittlungsbehörden in Betracht, dass es sich bei dem Schreiben vom 17.01.2013 um die erste Stufe einer gestuften Selbstanzeige im Sinne der Rechtsprechung des BGH handelte. Damit war grundsätzlich eine angemessene Frist zuzuwarten und dem Angeklagten die Gelegenheit einzuräumen, seine Selbstanzeige durch geeignete weitere Erklärungen und Belege zu konkretisieren.

5.

Die im Februar und März 2013 namens und im Auftrag des Angeklagten den Finanzbehörden und der Staatsanwaltschaft vorgelegten weiteren Erklärungen und Belege stellten aber keine Konkretisierung des Schreibens vom 17.01.2013 dar. Voraussetzung einer solchen Konkretisierung ist, dass dadurch die zuvor nicht erfüllten Voraussetzungen der Selbstanzeige – vollständige Berichtigung, Ergänzung oder Nachholung von Angaben – nunmehr erfüllt werden und die in der Konkretisierung erklärten Werte von den auf erster Stufe genannten Beträgen höchstens geringfügig nach oben abweichen. Von einer nicht nur geringfügigen Abweichung ist bei einer Abweichung von mehr als 5 % auszugehen (BGH vom 25.07.2011, Az. 1 StR 631/10, NZWiSt 2012, 117). Solche Abweichungen ergaben sich für jeden erkennbar für die Veranlagungszeiträume 2004 und 2006 bis 2009, für die nunmehr ebenfalls positive Einkünfte aus Kapitalerträgen und sonstigen Einkünften ausgewiesen wurden.

6.

Der Behandlung der im Februar und März 2013 vorgelegten Erklärungen und Unterlagen als eigenständig wirksame Selbstanzeige stünden die Tatentdeckung aufgrund des Schreibens vom 17.01.2013 sowie die auf dieser Grundlage erfolgte Einleitung und Erweiterung des Steuerstrafverfahrens am 18.01.2013 und am 31.01.2013, welche dem Angeklagten umgehend bekannt gegeben worden waren (s. oben III. 10. und 11.), gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b), Nr. 2 AO entgegen.

7.

Auch die im Februar und März 2014 vorgelegten Unterlagen würden – selbst bei isolierter Betrachtung – keine wirksame Selbstanzeige im Sinne des § 371 Abs. 1 AO darstellen. Denn sie enthalten nach den auch insoweit glaubhaften Angaben der Zeugin R ausschließlich Belege, aber keine Auswertungen in einer Form, dass diese als Berichtigung und Ergänzung von bisher unrichtigen oder unvollständigen Angaben gewertet werden könnten. Ohnehin ist eine solche isolierte Betrachtung ausgeschlossen, da dem die Sperrgründe gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 1 lit. b), Nr. 2 AO entgegenstehen.

Auch verging seit dem ursprünglichen Schreiben vom 17.01.2013 mehr als ein Jahr. Damit kann hier von einer Konkretisierung innerhalb angemessener Frist nicht gesprochen werden. Weiterhin gilt, dass es sich hier nicht um eine Konkretisierung handeln kann, weil die im Schreiben vom 17.01.2013 aufgeführten Werte um mehr als 5 % von den tatsächlich festzustellenden Besteuerungsgrundlagen abweichen.

8.

Unter diesen Umständen wäre ein Absehen von Verfolgung gemäß § 398 a AO selbst dann nicht in Betracht gekommen, wenn der Angeklagte noch vor Ende der Hauptverhandlung die durch die Kammer ermittelten verkürzten Steuern zuzüglich einerfreiwilligen Zahlung von 5 % an die Staatskasse vollständig vor Schluss der Hauptverhandlung gezahlt hätte.

VII.

1.

Der Strafrahmen war für sämtliche Fälle der Steuerhinterziehung dem § 371 Abs. 1AO zu entnehmen. In sämtlichen Fällen ging die Kammer nicht von einem besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung aus.

Für die Veranlagungszeiträume 2003 bis 2005 konnte die Kammer die Verwirklichung des Regelbeispiels des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO alter Fassung mangels groben Eigennutzes nicht feststellen. Der Angeklagte handelte nicht mit einem Gewinnstreben, welches das bei jedem Steuerstraftäter vorhandene Gewinnstreben deutlich und in anstößiger Weise überstieg. Er hat zwar in erheblicher Höhe spekuliert, aber er hat keine über das für Steuerstraftäter übliche Maß hinausgehenden Maßnahmen zur Verschleierung seiner Einkünfte ergriffen oder über den tatbestandsmäßigen Schaden hinausgehende Schäden verursacht oder vertieft.

Für die weiteren Veranlagungszeiträume wäre das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO neuer Fassung zwar jeweils verwirklicht. Eine Steuerverkürzung großen Ausmaßes ist bei einer Gefährdung des Steueraufkommens durch Verschweigen von Einkünften ab einem Betrag von 100.000,00 EUR anzunehmen (s. oben V. 2.).

Dies war bezogen auf die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2009 jeweils der Fall. Die Kammer hat nach Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalles – und dabei maßgeblich des Nachtatverhaltens des Angeklagten – von der Annahme von besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 3 S. 1 AO abgesehen. Denn die Verurteilung des Angeklagten beruht im Wesentlichen auf im Laufe des Strafverfahrens von diesem vorgelegten Unterlagen. Ohne diese Unterlagen wäre eine Verurteilung wegen Steuerhinterziehungen für die Jahre 2006 bis 2009, für die auch das Schreiben vom 17.01.2013 gerade keine Erträge auswies, zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich gewesen. Auch hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 2006 bis 2009 war damit nicht von besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung auszugehen.

2.

Zugunsten des Angeklagten würdigte die Kammer die von Anfang an geständige und von erkennbarer Schuldeinsicht und Reue getragene Einlassung des Angeklagten. Er trat mit seinen Taten erstmals strafrechtlich in Erscheinung. Er hat den von der Kammer ermittelten Verkürzungsschaden bereits in einem erheblichen Maße wiedergutgemacht. Hinsichtlich der Steuerhinterziehungen für die Veranlagungszeiträume2003 bis 2005 würdigte die Kammer, dass auch insoweit die Verurteilung im Wesentlichen auf den im Laufe des Verfahrens vom Angeklagten vorgelegten Unterlagen beruhte. Zudem war zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Erträge, die zur Steuerpflicht führten, durch nachfolgende Verluste aufgezehrt wurden, ohne dass dies steuerlich zu einer Kompensation führen konnte.

3.

Die Kammer hat auch den Versuch des Angeklagten zu seinen Gunsten gewürdigt, am 17.01.2013 eine Selbstanzeige abzugeben und zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren. Hierdurch wurde das Steuerstrafverfahren erst ins Rollen gebracht. Jedoch hat die Kammer diesen Versuch nicht in dem Maße zugunsten des Angeklagten gewürdigt, wie sie es hätte, wenn der Angeklagte aus völlig freien Stücken die Selbstanzeige veranlasst hätte und diese lediglich aufgrund einer Beratungsschlechtleistung unwirksam abgegeben worden wäre.

Die Frage, in welchem Maße die Selbstanzeige des Angeklagten vom 17.01.2013, in der Form, die sie durch die späteren Erklärungen und Vorlagen von Belegen genommen haben mag, für den Fall einer Verurteilung zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen ist, hat das Strafverfahren gegen den Angeklagten beherrscht. Dabei stand die Wertung, es handele sich um eine lediglich "missglückte" Selbstanzeige, die – wäre der Angeklagte nicht durch seinen Steuerberater fehlerhaft beraten worden – wirksam abgegeben hätte werden können, der Wertung gegenüber, der Angeklagte habe übereilt, aus Angst, eine Tatentdeckung – mit Sperrwirkung gemäß § 371 Abs. 2 Nr. 2 AO – stehe unmittelbar bevor, gehandelt.

Die Kammer hat bei der Strafzumessung die Frage der Verursachung der Ungeeignetheit der als Selbstanzeige intendierten Erklärung vom 17.01.2013 (s. VII. 3. a.) und die Motivation des Angeklagten bei der Abgabe der Erklärung vom 17.01.2013 (s. VII. 3. b.) wie folgt gewürdigt.

a.

Grundsätzlich trägt allein der Steuerpflichtige die Verantwortung für das Ge- oder Misslingen einer Selbstanzeige.

Eine unwirksame Selbstanzeige ist aber regelmäßig strafmildernd zu berücksichtigen. Ist eine unwirksame Selbstanzeige erkennbar vom Willen zur Rückkehr zur Steuerehrlichkeit getragen, kann dieser Umstand auch zu einer deutlichen Strafmilderung führen. Dies soll insbesondere in Fällen gelten, in denen der Täter versehentlich eine fehlerhafte Zuordnung von Erträgen zu den einzelnen Veranlagungszeiträumen vorgenommen hat (Jäger in Klein, Abgabenordnung, 11. Auflage 2012, § 371 AO, Rz. 29). Dies müsste umso mehr gelten, wenn das Fehlschlagen der Selbstanzeige nicht dem Steuerpflichtigen selbst, sondern seinem Steuerberater zuzuschreiben ist.

Dass dem Angeklagten eine wirksame Selbstanzeige am 17.01.2013 nicht gelang, ist aber seinem eigenen, über Jahre beibehaltenen Verhalten geschuldet, nicht einer fehlerhaften Beratung durch seinen Steuerberater. Er hat eine Darstellung seiner Geschäfte in der Weise, wie sie etwa für die Erklärung von Erträgen aus Geschäften beim Bankhaus B erstellt wurde, bei der Bank A AG nicht veranlasst, und sich Belege nicht zuschicken lassen. Dieses Verhalten war systematisch und planmäßig. Der Angeklagte hatte ursprünglich gerade nicht vor, seine Einkünfte aus Anlagen der Bank A AG zu dokumentieren und damit Steuererklärungen möglich zu machen. Er hat, wie er selbst in der Hauptverhandlung zugab, konsequent jegliche Dokumentation und Aufbereitung seiner ausufernden Devisenspekulationen abgelehnt. Bankbelege hat er nicht bei sich zuhause aufbewahrt. Soweit solche vor dem 15.01.2013 durch die Bank A AG erstellt wurden, wurden diese banklagernd verwahrt.

So fehlten am 17.01.2013 insbesondere jegliche Informationen über die Art der Einkünfte des Angeklagten abgesehen davon, dass es sich vermeintlich um Kapitalerträge und Einkünfte aus Spekulationsgeschäften handelte. Informationen über weitere sonstige Einkünfte (Securities Lending) lagen in Papierform nicht vor.

Auf der Grundlage der dem Angeklagten zur Verfügung stehenden Unterlagen war eine wirksame Selbstanzeige daher nicht möglich. Selbst wenn also der Steuerberater des Angeklagten versucht hätte, für sämtliche vom Angeklagten mitgeteilte Einkünfte die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wäre dies erfolglos geblieben. Denn für solch eine Schätzung fehlten jegliche konkrete Anhaltspunkte. Notwendigerweise wären am 17.01.2013 Einkünfte aus Securities Lending gar nicht geschätzt worden. Bei Kapitalerträgen wäre es nachgerade aussichtslos gewesen, zwischen dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden und voll steuerpflichtigen Kapitalerträgen zu unterscheiden. Es fehlten auch jegliche Informationen zur Dauer und Zahl der einzelnen Spekulationsgeschäfte.

Selbst wenn man der Verteidigung insoweit folgen wollte, dass hier Einkünfte lediglich falsch den Veranlagungszeiträumen zugeordnet wurden, war daher diese fehlerhafte Zuordnung nicht versehentlich, sondern angesichts des vom Angeklagten zuvor bewusst gering gehaltenen Belegmaterials, geradezu unausweichlich.

b.

Entgegen dem ursprünglichen Vortrag des Angeklagten übergab dieser sein Schreiben vom 17.01.2013 nicht unbeeinflusst von äußeren Umständen allein aufgrund seines Wunsches, zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren, dem Finanzamt P.

Die Kammer ist in freier Würdigung der Umstände der Selbstanzeige, so wie sie der Angeklagte zuletzt erklärte und so wie diese vom Zeugen Y in seiner eingeführten Vernehmung im Rahmen der Ermittlungen und den in die Hauptverhandlung eingeführten Artikeln im [Magazin] F bestätigt wurden, zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte getrieben von der Angst handelte, eine Tatentdeckung stehe aufgrund der Berichterstattung des [Magazins] F unmittelbar bevor. Anders lässt sich angesichts der deutlichen Warnung, welche der Angeklagte von seinem Steuerberater erhielt, es handele sich bei dem Schreiben vom 17.01.2013 um den "worst case" einer Selbstanzeige, die Überstürzung, mit welcher der Angeklagte vorging, nicht erklären.

Dabei hielt die Kammer die ursprüngliche Behauptung des Angeklagten, er habe auf das Gelingen des Deutsch-Schweizerischen Steuerabkommens gehofft und, nachdem das Scheitern des Abkommens für ihn ab Dezember 2012 absehbar war, unmittelbar eine Selbstanzeige vorbereiten wollen, lediglich der Urlaub seines Bankberaters habe eine Selbstanzeige zu einem früheren Zeitpunkt verhindert, nicht für glaubhaft. Denn ein Großteil der für die vermeintliche Konkretisierung der Selbstanzeige im Februar 2013 vorgelegten Ertragsaufstellungen wurden ausweislich des auf ihnen vermerkten Datums am 16. und 17.01.2013 erstellt, nachdem der Steuerberater des Angeklagten die Bank A AG am Morgen des 16.01.2013 in Zürich aufsuchte und um die entsprechenden Dokumente ersuchte.

Die Kammer ging vielmehr davon aus, dass der Angeklagte sich zwar mit dem Gedanken trug, die nötigen Schritte zu ergreifen, um sich Straffreiheit zu sichern, dass er dazu jedoch konkrete Maßnahmen erst unter dem Druck einer in seinen Augen vermeintlich bestehenden erheblichen Gefahr der Tatentdeckung ergriff.

4.

Zulasten des Angeklagten hat die Kammer die Zahl und Dauer der Taten, die Höhe der durch die Einzeltaten verkürzten Steuern und den Gesamtschaden gewürdigt.

5.

Unter Abwägung sämtlicher für und wider den Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer die folgenden tat- und schuldangemessenen und erforderlichen Einzelstrafen festgesetzt:

Jahr Steuerverkürzung Strafe
2003 14.934.493,49 EUR 2 Jahre und 6 Monate Freiheitsstrafe,
2004 142.151,30 EUR 6 Monate Freiheitsstrafe,
2005 10.749.872,65 EUR 2 Jahre und 6 Monate Freiheitsstrafe,
2006 323.750,72 EUR 7 Monate Freiheitsstrafe,
2007 1.149.174,90 EUR 1 Jahre und 3 Monate Freiheitsstrafe,
2008 894.486,47 EUR 1 Jahre und 3 Monate Freiheitsstrafe,
2009 268.301,67 EUR 7 Monate Freiheitsstrafe.

6.

Dabei ist die Kammer in erheblichem Maße von den durch den BGH in seinem Urteil vom 02.12.2008 entwickelten Grundsätzen zur Strafzumessung bei Steuerhinterziehung abgewichen, weil dies angesichts der außerordentlichen Umstände des Einzelfalles geboten war. Der Angeklagte hat sich mit seiner – überstürzten – Selbstanzeigeselbst steuerstrafrechtlichen Ermittlungen ausgeliefert. Mangels einer Rechtshilfe in Fällen "einfacher" Hinterziehung direkter Steuern durch die Schweizerische Konföderation wären Ermittlungen aber voraussichtlich nicht mit einem vergleichbaren Erfolg geführt worden, wenn sich der Angeklagte durch seine – insbesondere zuletzt – rückhaltlose Kooperation nicht geradezu "ans Messer geliefert" hätte.

7.

Mit Rücksicht auf den engen zeitlichen, örtlichen und inhaltlichen Zusammenhang der Taten und nach nochmaliger Abwägung sämtlicher für und wider den Angeklagten sprechender Gesichtspunkte hat die Kammer unter maßvoller Erhöhung der höchsten Einzelstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten Freiheitsstrafe gemäß §§ 53, 54StGB eine Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten festgesetzt, welche tat- und schuldangemessen und erforderlich ist.

VIII.

Die Kammer hat keinen Verfall des Wertersatzes im Sinne der §§ 73 Abs. 1 S. 1, 73 a S. 1StGB erwogen, da der Finanzverwaltung mit ihren eigenen Sicherungs- und Vollstreckungsmöglichkeiten ein ausreichendes Instrumentarium zur Sicherung des Steueranspruchs gegen den Angeklagten zur Verfügung steht und die Ersatzansprüche des Fiskus als Geschädigtem einem Verfall ohnehin gemäß § 73 Abs. 1 S. 2 StGB ohnehin entgegenstünden.

IX.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1, Abs. 2, 465 Abs. 1 StPO.

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Justiz_Bayern_Urteil_Ulrich_H._30_10_2014.pdf248.97 KB