BVerwG, 18.12.1990 - 4 NB 8.90

Daten
Fall: 
Negativplanung
Fundstellen: 
NVwZ 1191, 875; NVwZ 1991, 875; DVBl 1991, 445; DÖV 1991, 744; BauR 1991, 165; ZfBR 1991, 123
Gericht: 
Bundesverwaltungsgericht
Datum: 
18.12.1990
Aktenzeichen: 
4 NB 8.90
Entscheidungstyp: 
Urteil
Richter: 
Schlichter, Sommer, Berkemann, Hien, Lemmel
Instanzen: 
  • VGH Bayern, 08.12.1989 - 20 N 89.376

In der Normenkontrollsache
...
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. Dezember 1990
durch
den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Schlichter und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht B. Sommer, Prof. Dr. Dr. Berkemann, Hien und Dr. Lemmel
beschlossen:

Tenor:

I.

Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind als "Negativplanung" nicht schon dann wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB nichtig, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind nur dann unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern.

II.

Die Normenkontrollsache, in der der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 8. Dezember 1989 dem Antrag stattgegeben hat, wird zur erneuten Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.

Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.

III.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50.000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich im Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan "Graßlfing, Josef-Kistler-Weg" der Antragsgegnerin vom 22. Dezember 1987, der am 13. September 1988 bekanntgemacht worden ist.

Das Plangebiet besteht ausschließlich aus Grundstücken, die dem Antragsteller gehören. Sie werden gegenwärtig landwirtschaftlich genutzt und sind Teil landwirtschaftlicher Flächen. An das Plangebiet schließen in nordwestlicher Richtung der Ampersee mit einem Campingplatz, eine Kläranlage und eine Müllverbrennungsanlage an. Dahinter befinden sich die unter Landschaftsschutz stehenden und im Regionalplan als regionaler Grünzug dargestellten Amperauen.

Der Bebauungsplan setzt das gesamte Plangebiet als "Fläche für die Landwirtschaft" fest und schreibt im übrigen vor, daß um die beiden Teilflächen des Gebiets Feldhecken zu erhalten bzw. zu pflanzen sind.

Im Juli 1986 hatte ein Unternehmer ("SASAG") die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens zur Errichtung einer Recyclinganlage für aluminiumhaltige Salzschlacke auf der Teilfläche B des Plangebiets beantragt. Am 24. August 1987 wurde das Verfahren durch die Regierung von Oberbayern im wesentlichen positiv abgeschlossen. Auf der Teilfläche A möchte ein anderer Unternehmer Kies abbauen; hierfür ist ein Raumordnungsverfahren beantragt. Die Antragsgegnerin lehnt beide Vorhaben ab.

Mit Beschluß vom 8. Dezember 1989 hat das Normenkontrollgericht den Bebauungsplan "Graßlfing, Josef-Kistler-Weg" antragsgemäß für nichtig erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Bebauungsplan verstoße gegen das Verbot der "Negativplanung". Für den Begriff der Negativplanung sei zwischen den hauptsächlich gewollten Wirkungen und den Nebenwirkungen einer Planung zu unterscheiden. Verhinderungsziele seien zwar nicht schlechthin verboten, sie durften aber nicht den Hauptzweck einer Planung bilden. Dies bedeute, daß die positiven Ziele einer Planung über die in ihnen etwa enthaltenen Verhinderungsziele in ihrer Tragweite nicht unwesentlich hinausgehen müßten. Im vorliegenden Fall liege ein verhältnismäßig klarer Fall einer Verhinderungsplanung vor. Der Bebauungsplan enthalte nahezu ausschließlich Festsetzungen mit negativer Zielrichtung. Der von der Antragsgegnerin genannte Planungszweck, die landwirtschaftlichen Erzeugungsbedingungen zu sichern, sei wenig überzeugend. Auch hinsichtlich der hauptsächlich geltend gemachten Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege lasse sich der Vorwurf der Negativplanung nicht ausräumen. Das Vorhaben, den Grünzug der Amperauen und sein Umfeld zu erhalten und einen Biotopverbund mit dem Landschaftsschutzgebiet Graßlfinger Moos zu schaffen, scheine zwar inhaltlich und räumlich über eine bloße Projektverhinderung hinauszugehen. Im Inhalt des Bebauungsplans schlage sich dies jedoch nicht nieder. Weder enthalte dieser einen großflächigen Ausgleich zwischen den Belangen des Naturschutzes und anderen Belangen noch werde eine auf Naturschutzbelange beschränkte Planung für ein größeres Gebiet ins Werk gesetzt. Wenn das "Verhinderungsgebiet" genau mit dem Plangebiet zusammenfalle, lasse sich der Verdacht, die Gemeinde habe lediglich die Verhinderung von Projekten im Auge gehabt, kaum widerlegen. Dafür spreche auch der ad-hoc-Charakter der vorliegenden Planung. Das gelte vor allem für den Bezug zum Vorhaben der SASAG, der schon durch den zeitlichen Ablauf deutlich werde.

Mit der Nichtvorlagebeschwerde macht die Antragsgegnerin geltend, das Normenkontrollgericht hätte die Sache dem Bundesverwaltungsgericht vorlegen müssen, weil es von insgesamt vier näher bezeichneten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen sei und die Entscheidung zudem eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfe. Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen.

II.

Die Beschwerde gegen die Nichtvorlage der Rechtssache gemäß § 47 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und 2 VwGO ist nach § 47 Abs. 7 Satz 1 VwGO statthaft. Sie kann allerdings nicht zur Aufhebung der Normenkontrollentscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht führen. Sofern die Beschwerde zulässig und begründet ist, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht allein über die Rechtsfrage und verweist die Sache an das Normenkontrollgericht zurück, wenn es die Rechtsfrage abweichend vom Normenkontrollgericht beantwortet und die Entscheidung des Normenkontrollgerichts auf der Abweichung beruht. Das Normenkontrollgericht hat seine Entscheidung dann aufzuheben und neu zu entscheiden (vgl. § 47 Abs. 7 Sätze 5 und 6 VwGO).

Zweifelhaft ist, ob die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde durchdringen kann, soweit sie eine Verletzung der Vorlagepflicht des Normenkontrollgerichts nach § 47 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 VwGO wegen Abweichung von den Urteilen des Senats vom 14. Juli 1972 - BVerwG 4 C 8.70 - (BVerwGE 40, 258), vom 16. Februar 1973 - BVerwG 4 C 66.69 - (BVerwGE 42, 5), vom 7. Februar 1986 - BVerwG 4 C 43.83 - (NVwZ 1986, 556 = ZfBR 1986, 189) und vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 C 48.86 - (BVerwGE 81, 111 = NVwZ 1989, 655 = DVBl. 1989, 458) geltend macht. Es bestehen bereits Bedenken, ob die Beschwerde insoweit den Anforderungen des § 47 Abs. 7 Satz 3 VwGO an die Darlegung der Abweichung genügt. Eine Abweichung im Sinne des § 47 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 VwGO ist nur gegeben, wenn das Normenkontrollgericht in einer Rechtsfrage anderer Auffassung ist als das Bundesverwaltungsgericht. In der Nichtvorlagebeschwerde muß deshalb ein die Entscheidung des Normenkontrollgerichts tragender Rechtssatz bezeichnet werden, der mit einem Rechtssatz aus einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Widerspruch steht. Die Abweichensrüge ist deshalb nur zulässig, wenn sie die - angeblich - widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze herausarbeitet und einander gegenüberstellt. Ob dies hier in hinreichendem Maße geschehen ist und ob die geltend gemachten Widersprüche tatsächlich bestehen oder ob insbesondere den Entscheidungen des Senats vom 14. Juli 1972 und 16. Februar 1973 (jeweils a.a.O.) nur andere Sachverhalte zugrunde lagen, kann jedoch offenbleiben. Denn die Beschwerde ist zumindest insoweit zulässig und begründet, wie sie eine Verletzung der Vorlagepflicht nach § 47 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 VwGO rügt.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 47 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache, wenn zu erwarten ist, daß die Entscheidung im Vorlageverfahren dazu dienen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Die Beschwerde der Antragsgegnerin macht geltend, die Rechtssache habe insofern grundsätzliche Bedeutung, als sie zur Bestimmung des Begriffs der "Negativplanung" nach der Neufassung des Baugesetzbuchs beitragen könne. Dabei geht es der Antragsgegnerin, wie sich aus ihren weiteren Darlegungen in der Beschwerdeschrift ergibt, insbesondere um eine Portentwicklung des in den Entscheidungen des Senats vom 14. Juli 1972 und vom 16. Februar 1973 entwickelten Begriffs der Negativplanung. Die Beschwerde wendet sich gegen den tragenden Rechtssatz des Normenkontrollgerichts, daß "die positiven Ziele einer Planung über die in ihnen etwa enthaltenen Verhinderungsziele in ihrer Tragweite nicht unwesentlich hinausgehen müssen" und daß anderenfalls eine unzulässige Verhinderungsplanung vorliege. Nach ihrer Auffassung ist die unzulässige Negativität der Planung durch ihren "ausschließlichen Einsatz für andere Zwecke" gekennzeichnet. Mit diesen Darlegungen wird eine für die Entscheidung des vorliegenden Normenkontrollverfahrens erhebliche konkrete Rechtsfrage mit hinreichender Deutlichkeit aufgeworfen. Die Frage geht sinngemäß dahin, ob eine Bauleitplanung nur dann im Sinne von § 1 Abs. 3 BBauG/BauGB erforderlich ist, wenn ihre positiven Ziele ihren Hauptzweck bilden, also über die in ihnen etwa enthaltenen Verhinderungsziele wesentlich hinausgehen, oder ob es genügt, daß das Verhinderungsziel nicht der alleinige Zweck der Planung ist. Diese Frage hat über den vorliegenden Rechtsstreit hinaus allgemeine Bedeutung. Aus den Entscheidungen des Senats vom 14. Juli 1972 und vom 16. Februar 1973 (a.a.O.) kann sie nicht ohne weiteres beantwortet werden. Denn dort ist nur - fallbezogen - ausgeführt worden, daß ein Bebauungsplan mangels Erforderlichkeit nichtig ist, wenn er eine Festsetzung trifft, die allein der Förderung eines außerhalb dieser Festsetzung stehenden Zieles dienen soll: Die Möglichkeit einer Festsetzung land- und forstwirtschaftlicher Nutzung biete keine Handhabe, eine gar nicht auf die Land- und Forstwirtschaft ausgerichtete, sondern allein fremden Zwecken, nämlich der Gewinnung von Braunkohle dienende Bausperre zu verhängen (BVerwGE 40, 258 <262 f.>).

III.

Die Rechtsfrage ist wie folgt zu beantworten:

Festsetzungen in einem Bebauungsplan sind als "Negativplanung" nicht schon dann wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 3 BauGB nichtig, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen besteht. Sie sind nur dann unzulässig, wenn sie nicht dem planerischen Willen der Gemeinde entsprechen, sondern nur vorgeschoben sind, um eine andere Nutzung zu verhindern.

Das Normenkontrollgericht hält den streitigen Bebauungsplan, der das gesamte Plangebiet als Fläche für die Landwirtschaft festsetzt, wegen Verstoßes gegen das Verbot der "Negativplanung" für unwirksam. Dabei knüpft der Gesichtspunkt der "Negativität" nach Auffassung des Normenkontrollgerichts an die Planungszwecke, nicht an den unmittelbaren Inhalt der Festsetzung an, so daß aus der positiven Formulierung der Festsetzung - "Fläche für die Landwirtschaft" - allein noch keine Schlüsse auf das (Nicht-)Vorliegen einer (verbotenen) Negativplanung gezogen werden könnten. Diesem Ansatz ist grundsätzlich zu folgen. Ein generelles Verbot negativer Festsetzungen gibt es nicht. In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, daß positive Planungsziele nicht nur durch positive, sondern auch durch negative Beschreibungen, etwa zur Abgrenzung und zur genaueren Beschreibung des Gewollten, festgesetzt werden können (vgl. z.B. Urteil vom 14. April 1989 - BVerwG 4 C 52.87 - ZfBR 1989, 225 <227> und Beschluß vom 7. September 1984 - BVerwG 4 N 3.84 - ZfBR 1985, 44). Auch die Gliederungsmöglichkeiten des § 1 Abs. 4 bis 9 BauNVO gestatten den Ausschluß bestimmter Nutzungen durch negative Festsetzungen.

Unzutreffend ist dagegen, daß eine Bauleitplanung nur dann zulässig ist, wenn ihre positiven Ziele über die in ihr enthaltenen Verhinderungsziele nicht unwesentlich hinausgehen, wenn also die Verhinderungsziele nicht den Hauptzweck der Planung bilden. Das Normenkontrollgericht geht zwar zu Recht davon aus, daß auch die Ziele einer Planung gleichzeitig einen positiven und einen negativen Inhalt haben können. So ist es schon im Regelfall einer Bauleitplanung: Wenn die Gemeinde beabsichtigt, einen Teilbereich des Gemeindegebiets einer bestimmten baulichen Nutzung zuzuführen, so bedeutet dies zugleich, daß andere Nutzungen ausgeschlossen sein sollen. Derartige negative Zielvorstellungen sind nicht von vornherein illegitim. Sie können aber sogar den Hauptzweck einer konkreten Planung bilden. Die Gemeinde darf mit den Mitteln, die ihr insbesondere das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung zur Verfügung stellen - und unter Beachtung ihrer Grenzen - grundsätzlich auch städtebauliche Ziele verfolgen, die mehr auf Bewahrung als auf Veränderung der vorhandenen Situation zielen. Der Senat hat zwar in seinem Urteil vom 6. Oktober 1989 - BVerwG 4 C 28.86 - (Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 258 = ZfBR 1990, 41) Zweifel geäußert, ob ein Interesse der Gemeinde, bestimmte Teile ihres Gebiets von jeder auf Veränderung des Bestehenden zielenden Planung auszunehmen und für die noch Ungewisse künftige Entwicklung offenzuhalten (sog. "Freihaltebelang"), mit dem Mittel einer Darstellung als Fläche für die Landwirtschaft in einem Flächennutzungsplan in den Rang eines öffentlichen Belanges erhoben werden könne, der einem im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert zulässigen Vorhaben entgegengehalten werden darf. Auch wenn man diese Frage verneinen wollte, folgt daraus aber nicht, daß die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft unzulässig sein muß, wenn die Erhaltung dieser bestehenden Nutzung gewollt, aktueller Anlaß der Planung aber der Wunsch ist, bestimmte andere Nutzungen zu verhindern. Denn indem eine solche Planung der Bewahrung einer - nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 a BauGB - planungsrechtlich festsetzbaren Nutzung dient, geht sie über das Offenhalten von Planungsmöglichkeiten, für die allenfalls die - zeitlich begrenzte - Veränderungssperre zur Verfügung steht, hinaus. Dementsprechend hat der Senat bereits zu § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB entschieden, daß sich der Inhalt eines Bebauungsplans darin erschöpfen kann, Flächen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft auszuweisen.

Denn die Aufstellung eines Bebauungsplans mit dem Ziel der Ausweisung von Flächen für die in § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB genannten Maßnahmen hat - auch wenn ein solcher Plan letztlich auf die Erhaltung des Bestehenden gerichtet sein mag - insoweit eine positive planerische Aussage über die zukünftige Funktion der betreffenden Fläche im städtbaulichen Gesamtkonzept der Gemeinde zum Inhalt und beschränkt sich nicht auf die bloße Abwehr jeglicher Veränderung durch Aufnahme bestimmter Nutzungen (BVerwG, Beschluß vom 27. Juli 1990 - BVerwG 4 B 156.89 - ZfBR 1990, 302 <303>). Ebenso hat der Senat die Festsetzung einer (privaten) Grünfläche gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB als angemessenes Gestaltungsmittel für eine Art "Auffangplanung" in einer Übergangssituation gebilligt, in der eine Einbettung von neu in die gemeindliche Planungshoheit hineinwachsenden ehemaligen Bahnhofsflächen in das Plangefüge für das gesamte Gemeindegebiet noch mit Unsicherheiten belastet ist (Urteil vom 16. Dezember 1988 - BVerwG 4 C 48.86 -, DVBl. 1989, 458 <463>).

Zur Beantwortung der Frage, wann eine unzulässige Verhinderungsplanung vorliegt, ist der Gegensatz von positiven und negativen Planungszielen letztlich wenig hilfreich. Gerade in kritischen Fällen wird es oft nur schwer möglich sein, das wahre Motiv und den wirklichen Zweck der Planung zu ermitteln. Nicht selten wird eine konkrete Planung erst dadurch ausgelöst, daß Bauanträge für Grundflächen gestellt werden, die die Gemeinde nicht in der beantragten Weise nutzen lassen möchte. Der Gemeinde ist es aber keineswegs verwehrt, auf derartige Bauanträge mit der Aufstellung eines Bebauungsplans zu reagieren, der ihnen die materielle Rechtsgrundlage entzieht. Der Zweck der Einvernehmensregelung des § 36 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BauGB besteht (auch) gerade darin, der Gemeinde aus Anlaß eines konkreten Bauantrages die Möglichkeit zu geben, die rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit des Vorhabens noch zu verändern (BVerwG, Urteil vom 7. Februar 1986 - BVerwG 4 C 43.83 - NVwZ 1986, 556 = Buchholz 406.11 § 36 BBauG Nr. 35 ). Im Gegensatz zur Auffassung des Normenkontrollgerichts lassen sich deshalb aus dem Umstand, daß ein Bebauungsplan "nach seiner Entstehungsgeschichte einen ad-hoc-Bezug auf ein zu verhinderndes Vorhaben" aufweist und räumlich auf den Grundbesitz eines einzelnen begrenzt ist, keinerlei Schlüsse auf die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Planung herleiten.

Vielmehr kommt es darauf an, ob eine bestimmte Planung - auch wenn sie durch den Wunsch, ein konkretes Vorhaben zu verhindern, ausgelöst worden ist - für die städtbauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB ist. § 1 Abs. 3 BauGB erkennt die gemeindliche Planungshoheit an und räumt der Gemeinde ein Planungsermessen ein. Ein Bebauungsplan ist deshalb "erforderlich" im Sinne dieser Vorschrift, soweit er nach der planerischen Konzeption der Gemeinde erforderlich ist (BVerwG, Urteil vom 7. Mai 1971 - BVerwG 4 C 76.68 - NJW 1971, 1626 = Buchholz 406.11 § 2 BBauG Nr. 7 ). Dabei ist entscheidend, ob die getroffene Festsetzung "in ihrer eigentlichen gleichsam positiven Zielsetzung - heute und hier - gewollt und erforderlich ist" (BVerwGE 40, 258 <262>). Sie darf nicht nur das vorgeschobene Mittel sein, um einen Bauwunsch zu durchkreuzen (BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1988, a.a.O., DVBl. 1989, 458 [BVerwG 16.12.1988 - BVerwG 4 C 48.86] <462>). Letzteres kann aber nicht schon dann angenommen werden, wenn die negative Zielrichtung im Vordergrund steht. Auch eine zunächst nur auf die Verhinderung einer - aus der Sicht der Gemeinde - Fehlentwicklung gerichtete Planung kann einen Inhalt haben, der rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin dient der hier streitige Bebauungsplan vornehmlich landespflegerischen Zwecken: Die Amperauen und die angrenzenden Bereiche sollten von weiteren negativen Eingriffen freigehalten werden. Es solle verhindert werden, daß durch Erweiterungen der Bebauung im Anschluß an die Kläranlage und die Müllverbrennungsanlage ein Riegel zwischen zwei Landschaftsschutzgebieten entstehe. Die Planung bilde einen ersten Schritt zur Schaffung eines Biotop-Verbundsystems zwischen den Landschaftsschutzgebieten. Ein solcher Vortrag kann die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft als gerechtfertigt erscheinen lassen. Landespflegerische Zwecke können grundsätzlich auch mit den Mitteln der Bauleitplanung verfolgt werden. Dies ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB, nach dem sowohl Maßnahmen als auch Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der Natur und Landschaft festgesetzt werden können. Der Unterstützung landespflegerischer Zwecke kann auch die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft dienen, wenn sie der Bewahrung einer vorhandenen landwirtschaftlichen Nutzung und dadurch zugleich der Vernetzung der Schutzgebiete dient. Sofern es der Gemeinde tatsächlich um die Erhaltung der landwirtschaftlichen Nutzung im Plangebiet geht, darf sie deshalb Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 18 a BauGB treffen, ohne eine unzulässige Verhinderungsplanung zu betreiben. Ob die Festsetzung einer Fläche für die Landwirtschaft dem wahren Willen der Gemeinde entspricht, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles und läßt sich nur anhand aller konkreter Umstände beantworten. Soweit das Normenkontrollgericht im vorliegenden Verfahren allerdings aus der räumlichen Begrenzung des Bebauungsplans auf das Grundeigentum des Antragstellers im Zeitpunkt der Planaufstellung ableitet, es sei der Antragsgegnerin allein um die Verhinderung konkreter Projekte gegangen, berücksichtigt es nicht hinreichend, daß die Gemeinde eine planerische Konzeption nicht notwendig auf einmal verwirklichen muß. Ebenso, wie sie auf eine sich abzeichnende Fehlentwicklung mit der Aufstellung einer Veränderungssperre zur Sicherung ihrer planerischen Vorstellungen nur für das jeweils gefährdete Gebiet reagieren kann, kann sie auch einen Bebauungsplan nur für den Bereich aufstellen, in welchem sie eine ihrer Planungskonzeption zuwiderlaufende Entwicklung befürchtet. Zumindest dann, wenn für andere Flächen in der Nachbarschaft wegen fehlender Veränderungswünsche der Eigentümer kein akuter planerischer Handlungsbedarf besteht, ist der räumliche Umgriff der Planung kein aussagekräftiges Indiz zur Ermittlung des planerischen Willens der Gemeinde.

Die Entscheidung des Normenkontrollgerichts, mit der es dem Antrag stattgegeben hat, beruht darauf, daß es abweichend von der vorstehend dargelegten Auffassung des beschließenden Senats eine unzulässige "Negativplanung" schon dann angenommen hat, wenn Verhinderungsziele den Hauptzweck der Planung bilden. Die Sache ist deshalb an das Normenkontrollgericht zurückzuverweisen. Dieses wird unter Aufhebung seines Beschlusses neu über den Normenkontrollantrag zu entscheiden haben (§ 47 Abs. 7 Satz 6 VwGO).

IV.

Da die Beschwerde gegen die Nichtvorlage zulässig und begründet ist, sind Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren nicht zu erheben (§ 1 Abs. 1 c, § 11 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nr. 1271 des Kostenverzeichnisses ). Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens richtet sich nach der vom Normenkontrollgericht zu treffenden neuen Entscheidung über den Antrag.

Streitwertbeschluss:

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50.000 DM festgesetzt.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.