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AG Spandau, 11.9.2023 - 10 C 58/23

Daten
Fall: 
Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters
Fundstellen: 
NZI 2023, 943; BeckRS 2023, 24729; ZRI 2023, 1016; ZVI 2024, 184; LSK 2023, 24729 (Ls.); ZInsO 2024, 38; ZIP 2023, 2593; DuD 2024, 135
Gericht: 
Amtsgericht Spandau
Datum: 
11.09.2024
Aktenzeichen: 
10 C 58/23
Entscheidungstyp: 
Urteil
Stichwörter: 
  • Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Insolvenzrecht, Insolvenzverwalter, Prozessführungsbefugnis, datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch, Insolvenzmasse

Das AG Spandau hat den Einspruch des Insolvenzverwalters gegen ein Versäumnisurteil mangels Prozessführungsbefugnis als unzulässig verworfen. Der vom Kläger geltend gemachte Auskunftsanspruch war nicht vermögensrechtlicher Natur und daher nicht Teil der Insolvenzmasse.

Tenor

  1. Der gegen das Versäumnisurteil vom 12.07.2023 eingelegte Einspruch wird als unzulässig
    verworfen.
  2. Der Insolvenzverwalter der Beklagten hat die Kosten seines Einspruchs sowie die insoweit
    angefallenen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Mit Beschluss des AG ... vom 1.6.2023 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Bekl. eröffnet und ... als Insolvenzverwalter bestellt worden. Die auf Auskunftsansprüchen nach der DSGVO gegen die Beklagte basierende Klage ist dieser am 23.6.2023 zugestellt worden. Das Versäumnisurteil vom 12.7.2023 sowie der Berichtigungsbeschluss vom 14.7.2023 sind der Bekl. am 24.7.2023 zugestellt worden. Am 3.8.2023, Eingang bei Gericht am 4.8.2023, hat der Insolvenzverwalter der Beklagten in seiner Funktion als Insolvenzverwalter Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 12.7.2023 eingelegt. Binnen der gerichtlich gesetzten Frist wurde im Nachgang keine über die Insolvenzverwalterstellung hinausgehende Befugnis zur Wahrnehmung der gerichtlichen Vertretung der Bekl. angezeigt. Die Einspruchsfrist endete am 7.8.2023.

Entscheidungsgründe

Der Einspruch ist unzulässig und daher gem. § 341 ZPO zu verwerfen. Innerhalb der Einspruchsfrist hat die Beklagte einen Einspruch nicht eingelegt. Mangels Vertretungsbefugnis des Insolvenzverwalters konnte dieser für die Bekl. den Einspruch nicht wirksam einlegen. Zwar geht gem. § 80 InsO durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über, was auch die Prozessvertretung umfasst. Allerdings liegt ein solcher Fall hier nicht vor, da der streitgegenständliche – und erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtshängig gewordene und somit bereits nicht einer Unterbrechung nach § 240 S. 1 ZPO unterliegende – Klageanspruch in Form der Auskunftserteilung nach Art. 15 DSGVO die Insolvenzmasse i. S. d. § 80 InsO nicht betrifft. Denn die Wirkung des § 80 InsO bezieht sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen (BeckOK InsR/Riewe/Kaubisch, 32. Ed. 15.7.2023, InsO § 80 Rn. 10). Der Anspruch auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO beruht auf dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers und dient primär dazu, dem Anspruchsteller die Wahrnehmung der weiteren Rechte aus der DS-GVO zu ermöglichen, also insbesondere das Recht auf Berichtigung nach Art. 16 DSGVO, auf Löschung nach Art. 17 DSGVO und auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 DSGVO (vgl. LAG Baden-Württemberg B. v. 23.1.2020 – 5 Ta 123/19). Dass der Auskunftsanspruch vorliegend dazu dient, die Durchsetzung vermögensrechtlicher Ansprüche vorzubereiten, ist nicht ersichtlich, so dass auch mittelbar das Vermögen als Insolvenzmasse nicht betroffen ist (vgl. Zöller ZPO, 23. Aufl. 2022, § 240 Rn. 8). Eine über die Insolvenzverwalterstellung hinausgehende Vertretung wurde auch nachträglich nicht dargetan.