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BVerfG, 20.02.1957 - 1 BvR 441/53

Daten
Fall: 
Gesetzgeberisches Unterlassen
Fundstellen: 
BVerfGE 6, 257; DÖV 1957, 237; DVBl 1957, 389; JZ 1957, 267; NJW 1957, 584
Gericht: 
Bundesverfassungsgericht
Datum: 
20.02.1957
Aktenzeichen: 
1 BvR 441/53
Entscheidungstyp: 
Beschluss

1. Führt der Gesetzgeber den Verfassungsauftrag zum Erlaß eines bestimmten Gesetzes infolge unrichtiger Auslegung des Grundgesetzes nur teilweise aus und verletzt er durch die Nichtberücksichtigung eines bestimmten Bevölkerungskreises Grundrechte aus Art. 3 GG, so kann auch gegen sein teilweises Unterlassen eine Verfassungsbeschwerde erhoben werden. Eine solche Verfassungsbeschwerde kann nur zu der Feststellung führen, daß der Gesetzgeber durch sein Unterlassen Grundrechte verletzt habe. Eine deshalb ergänzungsbedürftige Teilregelung ist dann nicht verfassungswidrig, wenn das Grundgesetz zeitlich aufeinander folgende Teilregelungen zuläßt und eine dem Art. 3 GG entsprechende Ergänzung des Gesetzes noch möglich ist.
2. § 93 BVerfGG setzt Fristen zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde nur für den Fall, daß die öffentliche Gewalt durch positive Handlungen Grundrechte verletzt hat.
3. Art. 131 GG will denjenigen Personen eine besondere staatliche Fürsorge zuteil werden lassen, die im Dienste des öffentlichen Gemeinwesens gestanden hatten, nicht jedoch denjenigen, die bei privaten Arbeitgebern tätig gewesen waren.

Inhaltsverzeichnis 

Beschluß

des Ersten Senats vom 20. Februar 1957
– 1 BvR 441/53 –
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde des Hauptabteilungsleiters a.D. Max H. gegen § 2 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 19. August 1953 (BGBl. I S. 980) in Verbindung mit Anlage A zu dieser Bestimmung,
Entscheidungsformel:

Der Antrag auf Bewilligung des Armenrechts wird zurückgewiesen.

Gründe

A.

1. Der Beschwerdeführer war seit 1906 als Bürohilfsarbeiter beim Zentralkomitee des Preußischen Landesvereins vom Roten Kreuz in Berlin tätig. Am 1. April 1916 wurde er seiner Behauptung nach "unter Berufung als Beamter auf Lebenszeit in eine planmäßige Beamtenstellung eingereiht." Außer seinen Pflichten für den Preußischen Landesverein hatte er auch die in die Zuständigkeit des Preußischen Landesvereins fallenden Arbeiten des "Zentralkomitees der deutschen Vereine vom Roten Kreuz" zu erledigen. Seine Besoldung richtete sich nach dem Preußischen Beamtenbesoldungsgesetz. Durch Erlaß vom 27. März 1916 – M. 5525 – hatte der Preußische Minister des Innern folgendes bestimmt:

"Im Anschluß an den Erlaß vom 13. Juni 1913 – M. 6262 – treffe ich auf Grund des § 9 Abs. 3 des Versicherungsgesetzes für Angestellte vom 20. Dezember 1911 (Reichs-Gesetzbl. S. 989) dahin Entscheidung, daß den Inhabern der beiden von dem Zentralkomitee des Preußischen Landesvereins vom Roten Kreuz neu geschaffenen Sekretärstellen (zurzeit Richard Apt und Max Haack), denen bei der Anstellung ausdrücklich ein Anspruch auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung nach § 15 der zurzeit geltenden Dienst- und Besoldungsordnung zugebilligt ist, Anwartschaften auf Ruhegeld und Hinterbliebenenrenten im Mindestbetrage nach den Sätzen der vom Bundesrat festgesetzten Gehaltsklassen gemäß §9 Abs. 1 des angezogenen Gesetzes gewährleistet sind."

Der Beschwerdeführer wurde später von dem durch Gesetz vom 9. Dezember 1937 (RGBI. I S. 1330) gebildeten Deutschen Roten Kreuz übernommen und am 1. April 1944 auf seinen Antrag wegen 80%iger Erwerbsminderung "in den Ruhestand versetzt." Er bezog unter Zugrundelegung eines Diensteinkommens nach der Besoldungsordnung A, Besoldungsgruppe 2 d, Dienstaltersstufe 6 ein Bruttoruhegehalt von 538.94 RM, das ihm bis 30. Juni 1945 ausgezahlt wurde. Seitdem wird ihm kein Ruhegehalt gezahlt, da das Deutsche Rote Kreuz nach der Kapitulation von der Militärregierung aufgelöst und sein Vermögen nach dem Gesetz Nr. 52 gesperrt wurde. Seit dem 1. Juli 1951 gewährt das neugebildete Deutsche Rote Kreuz dem Beschwerdeführer ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs eine Beihilfe von monatlich 100.- DM. Außerdem erhält er nach einem Bescheid des Deutschen Roten Kreuzes, Landesverband Württemberg-Baden, (Vermögensverwaltung – Altersversorgung) vom 10. Dezember 1951 infolge einer Rentenaufwertung einen Monatsbetrag von 123.50 DM mit Rückwirkung vom 1. April 1951. Das Deutsche Rote Kreuz hatte nämlich mit einer Lebensversicherungsgesellschaft einen Firmengruppenvertrag abgeschlossen, nach welchem seinen Angestellten eine Zusatzrente gesichert wurde; auch für die an seine "Beamten" zu zahlenden Pensionen hatte sich das Deutsche Rote Kreuz bei derselben Versicherungsgesellschaft versichert. Nach Fortfall des durch Gesetz vom 9. Dezember 1937 geschaffenen Deutschen Roten Kreuzes zahlt nunmehr der Treuhänder die Beträge unmittelbar an die betreffenden Beamten.

2. Der Beschwerdeführer glaubt, nach der Art seiner früheren Tätigkeit zum Kreise der nach Art. 131 GG zu berücksichtigenden Personen zu gehören, die am 8. Mai 1945 aus früherer Tätigkeit im öffentlichen Dienst versorgungsberechtigt sind. Das durch Gesetz vom 19. Dezember 1937 errichtete Deutsche Rote Kreuz sei eine Körperschaft des öffentlichen Rechts gewesen. Auch der Preußische Landesverein vom Roten Kreuz habe auf Grund landesherrlicher Genehmigung vom 7. Mai 1866 Korporationsrechte erhalten und Steuer-, Stempel- und Gerichtsgebührenfreiheit genossen. Ebenso habe die erste bayerische Rote Kreuz-Organisation, der im Jahre 1866 gegründete Bayerische Invalidenunterstützungsverein, am 28. Mai 1867 Körperschaftsrechte erhalten. Schließlich sei dem Bayerischen Landesverein vom Roten Kreuz durch Ministerialerlaß vom 21. Januar 1921 die Rechtsfähigkeit einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Wirkung vom 1. April 1921 verliehen worden.

Im übrigen habe man die Tätigkeit beim Roten Kreuz allgemein als öffentlichen Dienst betrachtet, ganz abgesehen davon, daß der Staat die Mittel für das Rote Kreuz vollständig zur Verfügung gestellt habe; nachdem dessen Mittel durch Inflation entwertet gewesen seien. Auch der Bundesminister der Finanzen habe im Erlaß vom 30. August 1952 – I B – Ba 4101 – 68/51 anerkannt, daß die Tätigkeit beim Deutschen Roten Kreuz öffentlicher Dienst sei. In dem Erlaß ist folgendes ausgeführt:

"Das Deutsche Rote Kreuz kann nicht als ein bloßer in den Formen des Privatrechts erfolgter Zusammenschluß rechtsfähiger oder nichtrechtsfähiger juristischer Personen des Privatrechts aufgefaßt werden.

Nach dem Gesetz vom 9.12. 1937 (RGBl. I S. 1330) waren dem Deutschen Roten Kreuz nachstehende Merkmale verliehen
1) die Rechtsfähigkeit (§ 1 Abs. 2)
2) die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben (§ 3)
3) der Personenverband (§ 4 Abs. 1)
4) staatliche Aufsicht (§§ 5 und 6).
Nach der herrschenden Lehre ist ein mit diesen Rechten ausgestatteter Personenverband als Körperschaft des öffentlichen Rechts anzusehen.
Ich werde daher künftig die beim Deutschen Roten Kreuz hauptberuflich zugebrachten Zeiten als Dienstzeit im Sinne des § 7 ATO anrechnen und habe entsprechend die obersten Bundesbehörden unterrichtet."

Der Beschwerdeführer verweist ferner auf einen Erlaß des Reichsarbeitsministers vom 5. Oktober 1939, nach welchem das Deutsche Rote Kreuz unter das Gesetz zur Ordnung der Arbeit in öffentlichen Verwaltungen und Betrieben falle (Wittland, Beamtenrechtliche Gesetze, 2. Aufl. 1943 A S. 237). Er betont, daß er während seines Dienstes beim Roten Kreuz unter die drei Gehaltskürzungsnotverordnungen vom 1. Dezember 1930, 5. Juni 1931 und 8. Dezember 1931 gefallen, also als Angehöriger einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft behandelt worden sei. Aus allen diesen Gründen folgert er, daß er im Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 11. Mai 1951 (BGBI. I S. 307; im folgenden: G 131) hätte berücksichtigt werden müssen. Die Beschränkung der Regelung des G 131 auf öffentlich-rechtliche Körperschaften stehe im Widerspruch zum Grundgesetz; im übrigen sei das Deutsche Rote Kreuz vor und nach dem 30. Januar 1933 als öffentlich-rechtliche Körperschaft anzusehen und daher auch nach der im G 131 getroffenen Abgrenzung zu berücksichtigen. Die Nichtaufnahme des Deutschen Roten Kreuzes in Anlage A zu § 2 G 131 verstoße daher gegen Art. 131 GG und verletze sein Grundrecht aus Art. 3 GG. Der Beschwerdeführer hat beantragt, "zu erkennen, daß der Bundesgesetzgeber durch § 2 des Gesetzes zur Änderung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen vom 19. August 1953 (BGBl. I S. 980) in Verbindung mit Anlage A ihm gegenüber das Grundrecht (Art. 3, 14 und 131 GG) verletzt habe." Zur Durchführung seiner Verfassungsbeschwerde hat er um Bewilligung des Armenrechts gebeten und die Beiordnung eines Armenanwalts für seine Vertretung in der mündlichen Verhandlung beantragt.

3. Das Bundesverfassungsgericht hat im Armenrechtsverfahren dem Bundesminister des Innern Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Hinsichtlich der Frage nach der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde ist dieser in Übereinstimmung mit dem Bundesjustizminister der Auffassung, daß eine Verfassungsbeschwerde auch gegen ein "Unterlassen" des Gesetzgebers zulässig sei. Werde ein Vorgehen des Gesetzgebers aus dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG gefordert, weil er bewußt eine Teilregelung unter Ausschluß bestimmter Bevölkerungsgruppen getroffen habe, so brauche die Verfassungsbeschwerde sich nicht gegen eine positive (Teil)Regelung zu richten, weil sie angeblich unter Verstoß gegen Art. 3 GG (Nichtberücksichtigung bestimmter Gruppen) erlassen worden sei. Vielmehr könne die Verfassungsbeschwerde sich grundsätzlich auch gegen die unterbliebene (Teil)Regelung, also gegen das "relative" Unterlassen (Nichtberücksichtigung bestimmter Gruppen) richten und insofern bezwecken, daß ein etwaiges verfassungswidriges Verhalten des Gesetzgebers – sein Unterlassen – "festgestellt" werde. Die Gültigkeit der positiven Teilregelung werde dadurch nicht unmittelbar betroffen. Das sei vielmehr nur dann der Fall, wenn die "Vergleichsnorm", die unter Nichtberücksichtigung einer Bevölkerungsgruppe erlassen worden sei, ohne die korrespondierende Lücke – die unterlassene Teilregelung – nicht bestehen könne. Ein solcher logischer und funktioneller Zusammenhang werde sich aber schwerlich jemals nachweisen lassen und sei auch im vorliegenden Falle nicht gegeben.

In sachlicher Hinsicht verneint der Bundesminister des Innern einen Verstoß gegen Art. 3 GG. Weder der Preußische Landesverein noch das Deutsche Rote Kreuz hätten vor 1933 die Eigenschaft öffentlich-rechtlicher Körperschaften besessen. Bei der Verleihung der "Korporationsrechte" an den Preußischen Landesverein habe es sich lediglich um die Verleihung privatrechtlicher Rechtsfähigkeit gehandelt. Darüber hinaus sei das Deutsche Rote Kreuz auch nach dem Gesetz vom 9. September 1937 zwar rechtsfähig, nicht jedoch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts gewesen. Das habe die Gesetzesbegründung – Reichsanzeiger 1937 Nr. 293 S. 1 – ausdrücklich hervorgehoben. Die gegenüber dem Beschwerdeführer durchgeführten Gehaltskürzungen sprächen nicht eindeutig für die öffentlich-rechtliche Rechtsfähigkeit des Deutschen Roten Kreuzes. Denn nach Kap. II § 6 des 2. Teiles – Sicherung des Haushalts – der Verordnung vom 1. Dezember 1930 (RGBI. I S. 517/523) sollten zu den Körperschaften des öffentlichen Rechts im Sinne dieses Kapitels auch die Unternehmungen gehören, "deren Gesellschaftskapital sich mit mehr als der Hälfte im Eigentum von Körperschaften des öffentlichen Rechts befindet und die Vereinigungen und Einrichtungen, deren Einkünfte mit mehr als der Hälfte von solchen Unternehmungen oder von Körperschaften des öffentlichen Rechts herrühren." Der Bundesgesetzgeber habe daher ohne Verstoß gegen das Grundgesetz die Aufnahme des Deutschen Roten Kreuzes in das G 131, insbesondere in die Anlage A, abgelehnt.

B.

Das Armenrechtsgesuch ist zulässig (BVerfGE 1, 109 ff.), jedoch nicht begründet, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).

I.

Gegen die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde bestehen keine grundsätzlichen Bedenken:

1. Der Beschwerdeführer rügt, der Gesetzgeber habe den Verfassungsauftrag des Art. 131 GG, die Rechtsverhältnisse aller dort bezeichneten Personen zu regeln, die am 8. Mai 1945 "im öffentlichen Dienst" standen, nur teilweise ausgeführt. Eine Regelung für die Angehörigen des früheren Deutschen Roten Kreuzes sei unterblieben, obgleich diese öffentlichen Dienst geleistet hätten. Es sei auch nicht etwa eine negative Regelung- Ausschluß des Deutschen Roten Kreuzes – im Gesetz getroffen worden; der Gesetzgeber habe vielmehr insoweit jede Regelung unterlassen, da er den Verfassungsauftrag irrigerweise einschränkend ausgelegt habe. Dadurch sei der Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 3 und 14 GG verletzt worden.

Der Beschwerdeführer wendet sich mithin gegen ein "Unterlassen" des Gesetzgebers. Von dem in BVerfGE 1, 97 ff. behandelten Fall unterscheidet sich der vorliegende dadurch, daß der Beschwerdeführer sich auf einen ausdrücklichen Auftrag des Grundgesetzes beruft, der Inhalt und Umfang der Gesetzgebungspflicht im wesentlichen umgrenzt hat. Wenn bei dieser Voraussetzung der Gesetzgeber den Verfassungsauftrag unrichtig auslegt, demzufolge seiner Gesetzgebungspflicht nur unvollständig nachkommt und durch das Unterlassen einer erschöpfenden Regelung zugleich ein Grundrecht verletzt, ist die Verfassungsbeschwerde auch gegen dieses Unterlassen des Gesetzgebers zulässig. Aus der Fassung des § 95 BVerfGG lassen sich keine durchschlagenden Bedenken gegen diese Auffassung herleiten. Nach Sinn und Zweck der Bestimmungen der §§ 90 bis 95 BVerfGG, insbesondere aus § 92 und § 95 Abs. 1 BVerfGG ergibt sich, daß Gesetze als "Handlungen" eines Verfassungsorgans, nämlich des Gesetzgebers, angesehen werden sollen (vgl. auch BVerfGE 1, 208 ff. [220]), durch die Grundrechte verletzt werden können. Ist der Gesetzgeber verfassungsmäßig verpflichtet, eine solche Handlung vorzunehmen, also ein Gesetz zu erlassen, so kann er durch einen Verstoß gegen seine Handlungspflicht, also durch Unterlassen, ebenfalls Grundrechte verletzen. Hat er den Verfassungsauftrag nur teilweise erfüllt und dadurch den Gleichheitssatz verletzt, so kann eine auf Art. 3 Abs. 1 GG gestützte Verfassungsbeschwerde sich auch gegen das teilweise Unterlassen des Gesetzgebers richten. Die Annahme, ein solcher Verstoß des Gesetzgebers gegen Art. 3 GG müsse zur Nichtigkeit der positiven Teilregelung führen, die Verfassungsbeschwerde sei also hiergegen – nämlich gegen die den Gleichheitssatz verletzende Begünstigung einer bestimmten Personengruppe – zu richten, ist jedenfalls dann nicht gerechtfertigt, wenn der Verfassungsauftrag nicht nur eine Regelung überhaupt vorschreibt, sondern wegen des Umfanges der zu regelnden Materie offensichtlich nicht ein einheitliches Gesetz verlangt, sondern sinngemäß zeitlich einander folgende Teilregelungen zuläßt. Unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 GG wären also solche Teilregelungen zwar als ergänzungsbedürftig, bis zu einer möglichen Ergänzung aber nicht als rechtsunwirksam zu behandeln.

Bedenken gegen die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen ein solches (teilweises) Unterlassen lassen sich auch nicht daraus herleiten, daß Gesetze in einer parlamentarischen Demokratie nur durch das Zusammenwirken mehrerer Verfassungsorgane zustande kommen und daß der Gesetzgeber wegen der Notwendigkeit freier Abstimmung und des weiten Spielraums parlamentarischen Ermessens wohl zum Erlaß bestimmter Gesetze, nicht aber zum Erlaß von Gesetzen eines ganz bestimmten Inhalts verpflichtet werden könne. Wenn der Gesetzgeber auch bei seiner politischen Entscheidung über den Inhalt der Gesetze grundsätzlich frei ist, so hat er doch stets das Grundgesetz, im besonderen die Grundrechte, zu beachten. Wenn daher der von einer gesetzlichen Regelung zu erfassende Personenkreis unmittelbar durch die Verfassung bestimmt ist, muß der Gesetzgeber dem bei seiner politischen Entscheidung unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG Rechnung tragen. Die ihn hinsichtlich des gesamten Personenkreises unmittelbar bindende Verpflichtung folgt dann aus Art. 3 Abs. 1 GG und damit gerade aus einem der tragenden Konstitutionsprinzipien der freiheitlich-demokratischen Verfassung selbst.

Eine auf Art. 3 GG gestützte Verfassungsbeschwerde, die bei einem entsprechenden Verfassungsauftrag gegen ein teilweises Unterlassen des Gesetzgebers zulässig ist, kann jedoch ihrer Natur nach gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG nur zu der Feststellung führen, daß das Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt worden ist. Dem Gesetzgeber bleibt es als dann überlassen, innerhalb angemessener Frist seine bisherige Regelung auf den unter Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG übergangenen Personenkreis zu erstrecken oder aber den gesamten von dem Verfassungsauftrag ergriffenen Bereich neu zu regeln, sofern ihm das ohne Verletzung anderer Grundrechte oder Verfassungsbestimmungen noch möglich ist. Weitere Einwirkungsmöglichkeiten auf den Gesetzgeber stehen dem Bundesverfassungsgericht nicht zu. Seine Entscheidung in derartigen Fällen bleibt deshalb gleichwohl nicht eine rein theoretische Deklaration. Von jeher hat man auch bei Feststellungsklagen im Zivilprozeßverfahren gegen den Staat das Feststellungsinteresse in besonders weitgehendem Maße bejaht in der Erkenntnis, daß der Staat sich einer von seinen Gerichten festgestellten Rechtspflicht nicht entziehen werde (vgl. Stein-Jonas, 18. Aufl. 1953, § 256 Anm. III 5 b). Im verfassungsgerichtlichen Verfahren, das ohnehin wegen der beschränkten Vollstreckungsmöglichkeiten die loyale Zusammenarbeit der verschiedenen staatlichen Gewalten geradezu voraussetzt, darf angenommen werden, daß diese "moralische" Wirkung auf den Gesetzgeber dem Spruch des höchsten und gerade zur Auslegung der Verfassung berufenen Gerichts in erhöhtem Maße zukommen wird. Die Frage, ob dann, wenn der Gesetzgeber die verfassungsmäßigen Folgerungen aus einer solchen verfassungsgerichtlichen Feststellung in angemessener Frist nicht ziehen sollte, eine "endgültige" Ablehnung jeder Ergänzungsregelung anzunehmen sei, die dann zur Nichtigkeit auch der positiven Teilregelung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG führen müsse, braucht daher nicht erörtert zu werden.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist rechtzeitig erhoben worden, da § 93 BVerfGG besondere Fristen nur bei Verfassungsbeschwerden gegen positive Akte der öffentlichen Gewalt vorsieht. Das erklärt sich daraus, daß ein verfassungswidriges Unterlassen fortwirkt, so daß es hier kaum möglich wäre, einen Zeitpunkt für den Beginn einer Rechtsmittelfrist festzulegen. Im vorliegenden Falle wäre übrigens die Beschwerdefrist selbst dann gewahrt, wenn man annehmen wollte, daß sie mit Verkündung der ergänzungsbedürftigen Teilregelung begonnen habe.

II.

Die Verfassungsbeschwerde bietet jedoch keine Aussicht auf Erfolg.

1. Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluß vom 20. Februar 1957 (1 BvR 413 und 422/53) dargelegt hat, versteht der Bundesgesetzgeber unter "öffentlichem Dienst" im Sinne des Art. 131 GG eine Tätigkeit bei sogenannten "Nichtgebietskörperschaften" nur dann, wenn diese die Körperschaftsrechte bereits vor dem 30. Januar 1933 erhalten hatten: Entsprechendes soll auch bei Verschmelzungen oder Umbenennungen von Nichtgebietskörperschaften während des nationalsozialistischen Regimes gelten.

Mit dieser Abgrenzung hat der Bundesgesetzgeber den Verfassungsauftrag zutreffend ausgelegt (vgl. Anders, Gesetz zu Art. 131 GG, 3. Aufl. § 1 Anm. 3; Bachof in DRZ 49, 553; Giese, Kommentar zum Grundgesetz, 2. Aufl. Art. 131 Anm. 2). Nach Sinn und Entstehungsgeschichte des Art. 131 GG sollte denjenigen Personen eine besondere staatliche Fürsorge zuteil werden, die im Dienste des öffentlichen Gemeinwesens gestanden hatten, nicht jedoch denjenigen, die bei privatrechtlichen Arbeitgebern tätig gewesen waren. Wenn daher der Bundesgesetzgeber den Auftrag des Grundgesetzes über die Gebietskörperschaften hinaus auf andere öffentlich-rechtliche Einrichtungen erstreckt hat, so hat er ihm damit die weitestmögliche Auslegung gegeben, die in Betracht kommen konnte. Das Grundgesetz wollte durch Art. 131 GG den Staat nicht verpflichten, besondere Fürsorgepflichten anstelle privater Arbeitgeber zu übernehmen oder deren Pflichten gegenüber ihren Bediensteten in Abweichung vom allgemeinen Recht neu zu regeln, selbst dann nicht, wenn die privaten Arbeitgeber im öffentlichen Interesse tätig gewesen sein sollten. Soweit der Beschwerdeführer sich also darauf beruft, daß seine Tätigkeit beim Roten Kreuz ihrem Gehalte nach als öffentlicher Dienst anzusehen sei, treffen seine Ausführungen nicht den hier wesentlichen Gesichtspunkt. Es kommt nicht darauf an, ob eine solche Betrachtungsweise in anderem Zusammenhang – etwa bei der Berechnung von Vordienstzeiten – gerechtfertigt oder erforderlich sein oder gewesen sein mag. Die aus sich selbst heraus auszulegende Vorschrift des Art. 131 GG erfaßt derartigen "öffentlichen Dienst" jedenfalls nicht. Den abweichenden Ausführungen Fischbachs (DÖV 55, 709) vermag das Bundesverfassungsgericht nicht zu folgen.

2. Dem Sinn und Zweck des Art. 131 GG entspricht es auch, daß die Bediensteten derjenigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften von der Regelung im G 131 ausgenommen worden sind, die erst nach dem 30. Januar 1933 Körperschaftsrechte erhalten hatten (vgl. BVerfGE 3, 162 [184/185] und Beschluß vom 20. Februar 1957 -1 BvR 413 und 422/53 _). Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob das Deutsche Rote Kreuz nach dem nationalsozialistischen Gesetz vom 9. Dezember 1937 eine juristische Person des öffentlichen Rechts war. Wenn auch einige Bestimmungen dieses Gesetzes entgegen der Regierungsbegründung für die öffentlich-rechtliche Rechtsfähigkeit sprechen mögen (vgl. den oben mitgeteilten Erlaß des Bundesfinanzministers vom 30. August 1952), so hat doch das Deutsche Rote Kreuz weder vor 1933 noch nach 1945 öffentlich-rechtliche Rechtsfähigkeit gehabt; das gilt sowohl für die Zentrale wie für die Landesorganisationen, mit alleiniger Ausnahme Bayerns.

3. Wenn der Beschwerdeführer sich darauf beruft, daß der preußische Landesverein, in dessen Diensten er stand, bereits im Jahre 1866 Korporationsrechte erhalten habe, so übersieht er, daß nach Preußischem Allgemeinem Landrecht (§ 25 II 6) Korporationen sowohl private wie öffentlich-rechtliche Rechtsfähigkeit ausschließlich durch königliche "Verleihung" erwerben konnten. Angesichts dieser einheitlichen Rechtsgrundlage läßt die Tatsache der Verleihung von Korporationsrechten keinen Rückschluß auf deren privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Natur zu (vgl. auch Hubrich, "über die Entstehung öffentlich-rechtlicher Korporationen in Preußen", Archiv für Bürgerliches Recht, Band 33 S. 22 ff. ÄS. 43Ü). Da im übrigen alle "moralischen Personen" (ALR § 81 II 6) nach preußischem Recht einer besonders weitgehenden staatlichen Aufsicht und Einwirkung unterworfen waren, kann "öffentlich-rechtliche Rechtsfähigkeit" – wenn sie nicht bei der Verleihung ausdrücklich als solche bezeichnet worden ist nur angenommen werden, wenn sich ihre Merkmale aus dem Inhalt des genehmigten Statuts eindeutig ergeben. Das ist jedoch bei dem Preußischen Landesverein vom Roten Kreuz nicht der Fall.

Aus dem "Statut des Preußischen Vereins zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger" – veröffentlicht im Preußischen Ministerialblatt der gesamten inneren Verwaltung, 1866 S. 128 ff. – geht hervor, daß dem Staate nur die nach Allgemeinem Landrecht gegenüber jeder "moralischen Person" unerläßliche Aufsicht und Einwirkungsbefugnis vorbehalten war. Lediglich die Bestellung von drei staatlichen "Kommissarien" stellt eine Besonderheit dar. Sie erklärt sich aus dem Zweck des Vereins, die militärischen Sanitätsbehörden zu unterstützen. Aber auch diese Kommissarien hatten nur beratende und vermittelnde Funktion. Eine Zwangsmitgliedschaft – auch nur bestimmter Berufsgruppen – bestand nicht. Auch die Bestimmungen über Geschäftsführungs- und Vertretungsmacht, über die Beziehungen zu den "Behörden" und die Rechnungsprüfung ergeben, daß es sich um einen privatrechtlichen Verein gehandelt hat. Das wird bestätigt durch den Zweck des Vereins, durch freiwillige Krankenpflege die staatlichen Einrichtungen zu unterstützen, nicht aber sie zu ersetzen. Es handelte sich um eine für den Staat zweckmäßige und erwünschte, nicht aber um eine "daseinsnotwendige" Einrichtung. Daß sie "gemeinnützigen Zwecken" diente, war nach ALR § 25 II 6 notwendige Voraussetzung der Rechtsfähigkeit überhaupt, nicht aber der öffentlich- rechtlichen Rechtsfähigkeit.

Durch die Verleihung der Korporationsrechte am 7. Mai 1866 (Ministerialblatt der gesamten inneren Verwaltung 1866,S. 130) hat der Preußische Landesverein vom Roten Kreuz mithin nicht die öffentlich-rechtliche Rechtsfähigkeit erhalten.

4. Am 20. April 1869 haben "die unter verschiedener Bezeichnung bestehenden deutschen Landesvereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger" eine "Gesamtorganisation der deutschen Vereine zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger" geschaffen. Auch ihre Satzung (vgl. Grüneisen, Das Deutsche Rote Kreuz in Vergangenheit und Gegenwart, 1939, S. 253 255) ergibt eindeutig, daß es sich hier um eine Organisation auf zivilrechtlicher Ebene gehandelt hat.

Bei Beginn des ersten Weltkrieges bestanden folgende Rote-Kreuz-Vereine:

"6 300 Vereine vom Roten Kreuz mit 1080 000 Mitgliedern, davon 1 007 Zweig-Männervereine mit 195 000 Mitgliedern, 3 000 Zweig-Frauenvereine mit 800 000 Mitgliedern, 2 200 Sanitätskolonnen mit 74 000 Mitgliedern, 80 Verbände der Genossenschaft freiwilliger Krankenpfleger mit 12 000 Mitgliedern, 10 Samaritervereine mit 2 000 Mitgliedern." (Vgl. Grüneisen a.a.O. S. 139).

Nach dem ersten Weltkrieg bildeten die Landesmänner- und Landesfrauenvereine vom Roten Kreuz am 25. Januar 1921 das "Deutsche Rote Kreuz" als eingetragenen Verein. Nach dem Vorwort der Satzung schließen sich "die deutschen Landesvereine und Landesfrauenvereine vom Roten Kreuz . . . zu einer Vereinigung zusammen, die alle Kräfte des Roten Kreuzes im Reiche zu gemeinsamer Wohlfahrtsarbeit zusammenfassen und dahin wirken soll, daß alle deutschen Männer und Frauen ohne Unterschied des Standes, des religiösen Bekenntnisses und der politischen Gesinnung sich als Mitarbeiter an dem gemeinsamen Wirken des Deutschen Roten Kreuzes beteiligen". Die Aufgaben grenzte § 2 der Satzung folgendermaßen ab:

"Das Deutsche Rote Kreuz ist ein Glied der Weltgemeinschaft des Roten Kreuzes und betätigt sich als solches auf allen Arbeitsgebieten deren Zweck die Verhütung, Bekämpfung und Linderung gesundheitlicher, wirtschaftlicher und sittlicher Not bildet. Insbesondere liegen ihm nachstehende Aufgaben ob:

1. die Vertretung der Gesamtorganisation
a) innerhalb der Weltgemeinschaft des Roten Kreuzes,
b) bei ausländischen Zusammenkünften,
c) im Verkehr mit den Reichs- und Staatsbehörden in Angelegenheiten der Gesamtheit,
d) in allen Angelegenheiten, die das Gesamtinteresse der Vereinigung betreffen,
2. die Veranstaltung von Vereinstagen des Deutschen Roten Kreuzes,
3. die Hilfeleistung bei deutschen und ausländischen außerordentlichen Notständen,
4. die Veranstaltung von Sammlungen für allgemeine Zwecke des Deutschen Roten Kreuzes im In- und Auslande,
5. die Hebung der Volksgesundheit und die Bekämpfung von Seuchen und Volkskrankheiten,
6. die Förderung der Gewinnung sowie der einheitlichen Ausbildung und Ausrüstung männlicher und weiblicher Kräfte und Hilfskräfte des Roten Kreuzes,
7. die Beteiligung an dem allgemeinen Rettungs- und Hilfsdienst und der Lösung verwandter Aufgaben,
8. die Ergänzung, der amtlichen Fürsorge für Kriegsbeschädigte und Kriegshinterbliebene,
9. die Vorbereitung und Erfüllung der Aufgaben, die dem Deutschen Roten Kreuz als Glied der Weltvereinigung des Roten Kreuzes auf dem Gebiete der Fürsorge für die im Felde Verwundeten, Erkrankten und Gefangenen sowie im Bereiche der Kriegswohlfahrtspflege obliegen." (Vgl. Grüneisen a.a.O. S. 160-161).

Eingetragener Verein blieb das Deutsche Rote Kreuz auch, als es sich am 29. November 1933 eine neue nationalsozialistisch geprägte Satzung gab.

Der Preußische Landesverein vom Deutschen Roten Kreuz hatte sich ebenfalls unter nationalsozialistischer Einwirkung am 28. Februar 1934 eine neue, vom preußischen Innenminister am 13. März 1935 genehmigte Satzung gegeben. Ihr Vorwort lautet:

"Der Verein ist entstanden aus dem am 17. Februar 1864 gegründeten "Preußischen Verein zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger" der später den Namen ,Preußischer Landesverein vom Roten Kreuz (Männerverein)' annahm. Er besitzt als Rechtsnachfolger dieses Vereins durch Königliche Verleihung vom 7. Mai 1866 Korporationsrechte. Der Preußische Landes-Männerverein ist ein Glied des Deutschen Roten Kreuzes.

Ziel, Aufgaben und Organisation des Vereins sollen in Übereinstimmung mit der Satzung des Deutschen Roten Kreuzes vom 29. November 1933 stehen. Der Verein erhält auf Grund der in der Mitgliederversammlung vom 22. Juni 1933 erteilten Ermächtigung an Stelle der bisherigen die nachstehende Satzung."

Die Satzung nennt als Organe den Präsidenten, den Verwaltungsrat und den Landesrat. Dieser wird nach § 8 der Satzung als "Mitgliederversammlung im Sinne des BGB" bezeichnet. Nach § 13 ist der Generalsekretär oder sein Stellvertreter "neben dem Präsidenten Vorstand im Sinne des BGB mit der Befugnis, den Verein allein zu vertreten."

Aus der Satzung geht eindeutig hervor, daß der Verein nicht als juristische Person des öffentlichen Rechts, sondern als privatrechtlicher Verein angesehen wurde, auf den gemäß Art. 163 EGBGB die Vorschriften der §§ 25 bis 53, 85 bis 89 BGB anzuwenden waren. Die ministerielle Genehmigung der Satzungsänderung erklärt sich daraus, daß sie nach § 13 des Statuts erforderlich war (vgl. Art. 82 EGBGB); sie deutet mithin nicht auf eine öffentlich- rechtliche Rechtsfähigkeit hin.

Somit waren also weder der Preußische Landesverein noch das Deutsche Rote Kreuz vor 1933 Körperschaften des öffentlichen Rechts. Dasselbe gilt für die übrigen Landesvereine mit Ausnahme des Bayerischen Landesvereins. Hierzu hat das Bayerische Staatsministerium des Innern auf eine Erklärung des Präsidenten des Bayerischen Roten Kreuzes hingewiesen, die folgendes ausführt:

"Bereits 1921 war bei der Vereinigung des früheren ,Bayerischen Landeshilfsvereins vom RK' mit dem ,Bayerischen Frauenverein vom RK' die Gründung des neugebildeten ,Bayerischen Landesvereins vom RK' in der Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erfolgt. Durch die Wahl der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts kam dabei zum Ausdruck, daß die neugebildete Vereinigung bestimmte öffentliche Aufgaben erfüllen sollte. Die Verleihung der Körperschaftsrechte bedeutete aber keineswegs, daß damit der Bayerische Landesverein vom Roten Kreuz nun etwa Träger staatlicher Hoheitsrechte oder ein Teil der staatlichen Verwaltung geworden wäre. Die Verleihung der Körperschaftsrechte wird in Süddeutschland bekanntlich wesentlich häufiger vorgenommen als etwa in den ehemals preußischen Teilen des Bundesgebietes. Diese Körperschaften des öffentlichen Rechts unterscheiden sich in vielen Fällen von Vereinen des privaten Rechts nur durch den Entstehungsakt, nicht aber durch ihren inneren Aufbau und durch die Art ihrer Tätigkeit."

Nach 1949 sind alle Landesvereine vom Deutschen Roten Kreuz – mit Ausnahme des bayerischen – und das Deutsche Rote Kreuz selbst wieder als eingetragene Vereine gegründet worden.

5. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers beim Preußischen und Deutschen Roten Kreuz kann deshalb nicht als öffentlicher Dienst im Sinne des Art. 131 GG angesehen werden. Der Beschwerdeführer kann also seine Gleichstellung mit dem von Art. 131 GG erfaßten Personenkreis auch nicht unter Berufung auf Art. 3 GG verlangen; denn der Gesetzgeber hat sich im Ausführungsgesetz an die von der Verfassung selbst bestimmte Abgrenzung gehalten.

Soweit § 2 Abs. 1 Nr. 1 G 131 in Verbindung mit der Anlage A "sonstige Einrichtungen" berücksichtigt, handelt es sich lediglich um einige in selbständiger Rechtsform geführte Kommunalbetriebe, insbesondere Verkehrs- und Versorgungsbetriebe, deren Aufgaben überwiegend als kommunale Selbstverwaltungsaufgaben betrachtet werden. Wenn der Gesetzgeber in diesem engen Rahmen Organisationen ohne öffentlich-rechtliche Rechtsfähigkeit berücksichtigt hat, so kann der Beschwerdeführer auch insoweit keine Rechte unter Berufung auf Art. 3 GG für sich herleiten; denn das Rote Kreuz ist keine Einrichtung, die Staat oder Gemeinden geschaffen haben, um staatliche oder kommunale Aufgaben von ihm ausführen zu lassen.

Eine Verletzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 14 ist nicht ersichtlich.