EuGH, 09.06.2011 - C-87/10
Parteien
In der Rechtssache C‑87/10
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale ordinario di Vicenza (Italien) mit Entscheidung vom 30. Januar 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Februar 2010, in dem Verfahren
Electrosteel Europe SA
gegen
Edil Centro SpA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters D. Šváby, der Richterin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Juhász (Berichterstatter) und T. von Danwitz,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Edil Centro SpA, vertreten durch R. Campese, avvocatessa,
– der Europäischen Kommission, vertreten durch N. Bambara und M. Wilderspin als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 3. März 2011
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1. Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil‑ und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1, im Folgenden: Verordnung).
2. Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Electrosteel Europe SA (im Folgenden: Electrosteel) mit Sitz in Arles (Frankreich) und der Edil Centro SpA (im Folgenden: Edil Centro) mit Sitz in Piovene Rocchette (Italien) wegen Erfüllung eines Kaufvertrags über bewegliche Sachen.
Rechtlicher Rahmen
3. Art. 2 Abs. 1 in Kapitel II Abschnitt 1 („Allgemeine Vorschriften“) der Verordnung lautet:
„Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sind Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen.“
4. Der ebenfalls zu Abschnitt 1 der Verordnung gehörende Art. 3 Abs. 1 bestimmt:
„Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, können vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nur gemäß den Vorschriften der Abschnitte 2 bis 7 dieses Kapitels verklagt werden.“
5. Art. 5 in Kapitel II Abschnitt 2 („Besondere Zuständigkeiten“) der Verordnung lautet:
„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:
1. a) wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;
b) im Sinne dieser Vorschrift – und sofern nichts anderes vereinbart worden ist – ist der Erfüllungsort der Verpflichtung
– für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen;
– für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen;c) ist Buchstabe b) nicht anwendbar, so gilt Buchstabe a);
…“
6. Art. 23 Abs. 1 in Kapitel II Abschnitt 7 („Vereinbarung über die Zuständigkeit“) der Verordnung lautet:
„Haben die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vereinbart, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Mitgliedstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig. Dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats sind ausschließlich zuständig, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung muss geschlossen werden
a) schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung,
b) in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder
c) im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.“
7. Art. 60 Abs. 1 in Kapitel V („Allgemeine Vorschriften“) der Verordnung bestimmt:
„Gesellschaften und juristische Personen haben für die Anwendung dieser Verordnung ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich
a) ihr satzungsmäßiger Sitz,
b) ihre Hauptverwaltung oder
c) ihre Hauptniederlassung
Sachverhalt und Vorlagefrage
8. Aus der dem Gerichtshof vorgelegten Akte geht hervor, dass Edil Centro als Verkäuferin und Electrosteel als Käuferin einen Kaufvertrag über bewegliche Sachen abgeschlossen haben. Infolge eines Rechtsstreits wegen Vertragserfüllung beantragte die Verkäuferin beim Tribunale ordinario di Vicenza, die Käuferin zur Zahlung von 36 588,26 Euro für die erworbenen Waren zu verurteilen.
9. Die Käuferin machte zunächst einredeweise geltend, das angerufene italienische Gericht sei nach der Verordnung unzuständig. Sie begründete die Einrede damit, dass sie ihren Sitz in Frankreich habe und daher vor einem Gericht dieses Mitgliedstaats hätte verklagt werden müssen.
10. Edil Centro wandte hiergegen ein, dass der Vertrag, der an ihrem Sitz in Italien geschlossen worden sei, die Klausel „Resa: Franco ns. [nostra] sede“ (Übergabe: frei Sitz [der Verkäuferin]) bezüglich des Lieferorts der Ware enthalte und folglich die italienischen Gerichte für die Entscheidung über den Rechtsstreit zuständig seien.
11. Edil Centro verwies auf die von der in Paris ansässigen Internationalen Handelskammer formulierten und unter dem Namen „Incoterms“ („International commercial terms“) bekannten Klauseln in ihrer im Jahr 2000 veröffentlichten Fassung (im Folgenden: Incoterms), die in englischer Sprache, der offiziellen Sprache der Internationalen Handelskammer, verfasst sind. Die Klausel „Resa: Franco nostra sede“ entspreche der Incoterm-Klausel „EXW“ („Ex Works“ [ab Werk]), genauer den Punkten A4 und B4, die den Lieferort der Waren bestimmten.
12. Diese Punkte der Incoterm-Klausel „Ex Works“ lauten:
„A4 Delivery
The seller must place the goods at the disposal of the buyer at the named place of delivery, not loaded on any collecting vehicle, on the date or within the period agreed or, if no such time is agreed, at the usual time for delivery of such goods. If no specific point has been agreed within the named place, and if there are several points available, the seller may select the point at the place of delivery which best suits his purpose.[Der Verkäufer hat die Ware dem Käufer an dem benannten Lieferort zu dem vereinbarten Zeitpunkt oder innerhalb der vereinbarten Frist oder, mangels Vereinbarung über die Zeit, zu der für die Lieferung solcher Waren üblichen Zeit zur Verfügung zu stellen, und zwar ohne Verladung auf das abholende Beförderungsmittel. Wurde keine bestimmte Stelle am benannten Ort vereinbart und kommen mehrere Stellen in Betracht, kann der Verkäufer die ihm am besten zusagende Stelle am Lieferort auswählen.]
B4 Taking delivery
The buyer must take delivery of the goods when they have been delivered in accordance with A4 …[Der Käufer hat die Ware abzunehmen, wenn sie gemäß A4 … geliefert worden ist.]“
13. Aus der Akte geht hervor, dass der Käuferin die vertragsgegenständliche Ware von einem Beförderungsunternehmen geliefert wurde, das die Ware in Italien, am Sitz der Verkäuferin, übernommen und nach Frankreich an den Sitz der Käuferin geliefert hat.
14. Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass der Begriff „Lieferort“ als „Erfüllungsort der Verpflichtung“ im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung in Italien sowohl von den Gerichten des ersten Rechtszugs als auch von der Corte suprema di cassazione unterschiedlich ausgelegt worden sei.
15. Aufgrund dieser unterschiedlichen Auslegungen hat das Tribunal ordinario di Vicenza beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Sind Art. 5 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung und allgemein das Gemeinschaftsrecht, wonach der Erfüllungsort für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort ist, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen, in dem Sinne auszulegen, dass der für die Bestimmung des zuständigen Gerichts maßgebende Ort der Lieferung der endgültige Bestimmungsort der Waren ist, die Gegenstand des Vertrags sind, oder in dem Sinne, dass dies der Ort ist, an dem sich der Verkäufer auf der Grundlage des im Einzelfall anwendbaren materiellen Rechts von seiner Lieferpflicht befreit, oder muss die angeführte Norm anders ausgelegt werden?
Zur Vorlagefrage
16. Zunächst ist festzustellen, dass der Gerichtshof nach Eingang des Vorabentscheidungsersuchens des vorlegenden Gerichts am 25. Februar 2010 das Urteil Car Trim (C‑381/08, Slg. 2010, I‑0000) erlassen und dort in Nr. 2 des Tenors festgestellt hat, dass Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung dahin auszulegen ist, dass bei Versendungskäufen der Ort, an dem die beweglichen Sachen nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen, auf der Grundlage der Bestimmungen dieses Vertrags zu bestimmen ist. Lässt sich der Lieferort auf dieser Grundlage ohne Bezugnahme auf das auf den Vertrag anwendbare materielle Recht nicht bestimmen, ist dieser Ort derjenige der körperlichen Übergabe der Waren, durch die der Käufer am endgültigen Bestimmungsort des Verkaufsvorgangs die tatsächliche Verfügungsgewalt über diese Waren erlangt hat oder hätte erlangen müssen.
17. Die Auslegung dieser Vorschrift durch den Gerichtshof im Urteil Car Trim ist auf das Ausgangsverfahren in dieser Rechtssache übertragbar und beantwortet die vom Tribunale ordinario di Vicenza vorgelegte Frage fast vollständig.
18. Jedoch bleibt noch zu klären, wie der Begriff „nach dem Vertrag“ in Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung auszulegen ist, insbesondere, inwiefern Vertragsbestimmungen und ‑klauseln berücksichtigt werden können, die nicht unmittelbar und ausdrücklich einen Lieferort bezeichnen, der das für die Streitigkeiten zwischen den Parteien zuständige Gericht bestimmt.
19. Wie aus Art. 23 der Verordnung hervorgeht, kann eine Gerichtsstandvereinbarung nicht nur schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung, sondern auch in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder im internationalen Handel in einer Form geschlossen werden, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.
20. Es besteht kein Grund zu der Annahme, dass der Unionsgesetzgeber die Berücksichtigung solcher Handelsbräuche für die Auslegung anderer Vorschriften der Verordnung, insbesondere für die Bestimmung des gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung zuständigen Gerichts, hat ausschließen wollen.
21. Handelsbräuche, insbesondere wenn sie von anerkannten Berufsvereinigungen zusammengestellt, präzisiert und veröffentlicht und von den meisten Wirtschaftsteilnehmer in der Praxis beachtet werden, spielen eine wichtige Rolle bei der nichtstaatlichen Regelung des internationalen Handels. Sie erleichtern den Wirtschaftsteilnehmern die Ausgestaltung des Vertrags, weil sie durch die Verwendung kurzer und einfacher Klauseln einen Großteil ihrer Geschäftsbeziehungen regeln können. Die von der Internationalen Handelskammer erarbeiteten Incoterms, die den Inhalt bestimmter, im internationalen Handelsverkehr üblicher Bestimmungen und Klauseln definiert und diese zusammengestellt haben, genießen eine besonders hohe Anerkennung und sind in der Praxis besonders weit verbreitet.
22. Das nationale Gericht muss also bei der Prüfung eines Vertrags für die Bestimmung des Lieferortes im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung alle einschlägigen Bestimmungen und Klauseln dieses Vertrags, gegebenenfalls einschließlich der allgemein anerkannten und im internationalen Handelsverkehr üblichen Bestimmungen und Klauseln wie der Incoterms berücksichtigen, wenn sie eine eindeutige Bestimmung dieses Ortes ermöglichen.
23. Enthält der fragliche Vertrag solche Bestimmungen oder Klauseln, muss möglicherweise geprüft werden, ob sie nur eine Regelung über die Gefahrtragung bei der Beförderung der Waren oder über die Aufteilung der Kosten zwischen den Vertragsparteien darstellen, oder ob durch sie auch der Lieferort der Waren bestimmt wird. Die im Rahmen des Ausgangsverfahrens angeführte Incoterm-Klausel „Ex Works“ enthält, wie die Generalanwältin in Nr. 40 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, nicht nur die Punkte A5 und B5 („Transfer of risks“), die den Gefahrübergang betreffen, und die Punkte A6 und B6 („Division of costs“) über eine Kostenteilung, sondern ausdrücklich auch die Punkte A4 und B4 („Delivery“ und „Taking delivery“ [Lieferung und Abnahme]), die auf denselben Ort verweisen und dadurch eine Bestimmung des Lieferorts der Waren ermöglichen.
24. Wird dagegen die vertragsgegenständliche Ware nur durch einen Mitgliedstaat hindurch befördert, in dem sich weder der Sitz einer der Parteien noch der Ausgangs‑ oder der Bestimmungsort der Ware befindet, ist insbesondere zu prüfen, ob der Ort, der sich in einem solchen Mitgliedstaat befindet, im Vertrag nur zur Kostenteilung oder zur Regelung der Gefahrtragung bei der Beförderung der Ware angegeben worden ist oder ob er auch den Lieferort der Ware darstellt.
25. Das vorlegend e Gericht wird zu beurteilen haben, ob die in dem im Ausgangsverfahren fraglichen Vertrag enthaltene Klausel „Resa: Franco [nostra] sede“ der Incoterm-Klausel „Ex Works“, Punkte A4 und B4, oder einer anderen handelsüblichen Klausel oder Gepflogenheit entspricht, die es ermöglicht, den vertragsgemäßen Lieferort der Ware ohne Bezugnahme auf das auf den Vertrag anwendbare materielle Recht eindeutig zu bestimmen.
26. Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung dahin auszulegen ist, dass bei Versendungskäufen der Ort, an dem die beweglichen Sachen nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen, auf der Grundlage der Bestimmungen dieses Vertrags zu bestimmen ist. Bei der Prüfung, ob der Lieferort „nach dem Vertrag“ bestimmt ist, muss das angerufene nationale Gericht alle einschlägigen Bestimmungen und Klauseln dieses Vertrags, einschließlich der allgemein anerkannten und im internationalen Handelsverkehr üblichen Bestimmungen und Klauseln wie der von der Internationalen Handelskammer formulierten Incoterms in der im Jahr 2000 veröffentlichten Fassung berücksichtigen, die eine eindeutige Bestimmung dieses Ortes ermöglichen. Lässt sich der Lieferort auf dieser Grundlage ohne Bezugnahme auf das auf den Vertrag anwendbare materielle Recht nicht bestimmen, ist dieser Ort derjenige der körperlichen Übergabe der Waren, durch die der Käufer am endgültigen Bestimmungsort des Verkaufsvorgangs die tatsächliche Verfügungsgewalt über diese Waren erlangt hat oder hätte erlangen müssen.
Kosten
27. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Tenor
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass bei Versendungskäufen der Ort, an dem die beweglichen Sachen nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen, auf der Grundlage der Bestimmungen dieses Vertrags zu bestimmen ist.
Bei der Prüfung, ob der Lieferort „nach dem Vertrag“ bestimmt ist, muss das angerufene nationale Gericht alle einschlägigen Bestimmungen und Klauseln dieses Vertrags, einschließlich der allgemein anerkannten und im internationalen Handelsverkehr üblichen Bestimmungen und Klauseln wie der von der Internationalen Handelskammer formulierten Incoterms („international commercial terms“) in der im Jahr 2000 veröffentlichten Fassung berücksichtigen, die eine eindeutige Bestimmung dieses Ortes ermöglichen.
Lässt sich der Lieferort auf dieser Grundlage ohne Bezugnahme auf das auf den Vertrag anwendbare materielle Recht nicht bestimmen, ist dieser Ort derjenige der körperlichen Übergabe der Waren, durch die der Käufer am endgültigen Bestimmungsort des Verkaufsvorgangs die tatsächliche Verfügungsgewalt über diese Waren erlangt hat oder hätte erlangen müssen.