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Art. 59 GG - Völkerrechtliche Vertretung des Bundes (Kommentar)
(1) ¹Der Bundespräsident vertritt den Bund völkerrechtlich. ²Er schließt im Namen des Bundes die Verträge mit auswärtigen Staaten. ³Er beglaubigt und empfängt die Gesandten.
(2) ¹Verträge, welche die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung oder der Mitwirkung der jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. ²Für Verwaltungsabkommen gelten die Vorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend.
- 1. Absatz 1
- 1.1. Einführung zu Artikel 59 Abs. 1 GG
- 1.2. Historische Entwicklung
- 1.3. Verfassungsrechtliche Einordnung und Funktionen
- 1.4. Satz 1: Völkerrechtliche Vertretung des Bundes
- 1.5. Satz 2: Abschluss von Verträgen
- 1.6. Satz 3: Beglaubigung und Empfang von Gesandten
- 1.7. Kompetenzabgrenzung zur Bundesregierung
- 1.8. Völkerrechtliche Implikationen
- 1.9. Praxisbeispiele und protokollarische Bedeutung
- 1.10. Bindung des Bundespräsidenten an die Weisungen der Bundesregierung
- 1.11. Protokollarische Bedeutung und diplomatisches Protokoll
- 2. Absatz 2
1. Absatz 1
1.1. Einführung zu Artikel 59 Abs. 1 GG
Artikel 59 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) regelt die völkerrechtliche Vertretung des Bundes und beschreibt die Aufgaben und Kompetenzen des Bundespräsidenten im Zusammenhang mit dem Abschluss völkerrechtlicher Verträge und der Beglaubigung sowie dem Empfang von Gesandten. Dieser Kommentar beleuchtet die Norm im Einzelnen, indem er ihre historische Entwicklung, ihre verfassungsrechtliche Einordnung und ihre praktische Bedeutung analysiert.
Der Artikel 59 Abs. 1 GG besteht aus drei Sätzen, die jeweils verschiedene völkerrechtliche Kompetenzen des Bundespräsidenten definieren:
Satz 1 – Völkerrechtliche Vertretung des Bundes,
Satz 2 – Abschluss völkerrechtlicher Verträge im Namen des Bundes,
Satz 3 – Beglaubigung und Empfang von Gesandten.
1.2. Historische Entwicklung
Die Norm der völkerrechtlichen Vertretung hat ihre Wurzeln in der Weimarer Reichsverfassung (WRV) von 1919. In der WRV war die völkerrechtliche Vertretung des Deutschen Reichs dem Reichspräsidenten vorbehalten (Art. 45 WRV). Der Reichspräsident nahm eine starke Stellung im Verfassungsgefüge ein und verfügte, ähnlich wie der Bundespräsident im Grundgesetz, über das Recht zur Vertretung des Staates in völkerrechtlichen Angelegenheiten sowie zum Abschluss von Verträgen. Im Grundgesetz hingegen ist die Rolle des Bundespräsidenten als Staatsoberhaupt und völkerrechtlicher Repräsentant im Rahmen einer parlamentarischen Demokratie gestaltet und sieht eine klare Begrenzung seiner politischen Macht vor.
1.3. Verfassungsrechtliche Einordnung und Funktionen
Die Rolle des Bundespräsidenten gemäß Art. 59 Abs. 1 GG ist in der verfassungsrechtlichen Systematik des Grundgesetzes als repräsentativ und symbolisch zu verstehen. Obwohl dem Bundespräsidenten wichtige Aufgaben in völkerrechtlichen Angelegenheiten zukommen, beschränken sich seine Befugnisse größtenteils auf formelle und protokollarische Funktionen. Die eigentliche politische Entscheidungsgewalt liegt bei der Bundesregierung, insbesondere beim Bundeskanzler und dem Auswärtigen Amt.
1.4. Satz 1: Völkerrechtliche Vertretung des Bundes
Der erste Satz des Art. 59 Abs. 1 GG definiert die Funktion des Bundespräsidenten als völkerrechtlicher Vertreter des Bundes. Dies bedeutet, dass er den Staat in allen Angelegenheiten der Außenpolitik gegenüber anderen Staaten und internationalen Organisationen repräsentiert. Diese Vertretung wird allgemein als „Formalkompetenz“ bezeichnet und dient primär der staatsrechtlichen und protokollarischen Außenwirkung.
Die Kompetenz zur völkerrechtlichen Vertretung beinhaltet jedoch keine eigenständige Entscheidungsmacht in außenpolitischen Angelegenheiten. Tatsächlich handelt der Bundespräsident im Bereich der auswärtigen Gewalt gemäß Art. 59 Abs. 1 GG im Namen und auf Weisung der Bundesregierung. Die inhaltliche Verantwortung für die Außenpolitik liegt bei der Bundesregierung, die gemäß Art. 65 Satz 1 GG die Richtlinien der Politik bestimmt.
1.5. Satz 2: Abschluss von Verträgen
Der zweite Satz des Art. 59 Abs. 1 GG legt fest, dass der Bundespräsident im Namen des Bundes Verträge mit auswärtigen Staaten abschließt. Dies bedeutet, dass der Bundespräsident als Staatsoberhaupt die Unterzeichnung und damit den formellen Abschluss völkerrechtlicher Verträge vornimmt.
Der Abschluss eines Vertrags durch den Bundespräsidenten ist jedoch keine unabhängige Entscheidung, sondern setzt voraus, dass die Bundesregierung diesen Vertrag politisch verhandelt und abgeschlossen hat. Tatsächlich ist die Ausgestaltung des Verhandlungsergebnisses – und damit die Entscheidung über den Inhalt des Vertrags – Sache der Bundesregierung. In der Praxis werden Verhandlungen meist durch das Auswärtige Amt oder die zuständigen Fachministerien geführt. Der Bundespräsident setzt letztlich den Vertrag durch seine Unterschrift formal in Kraft.
Die Rolle des Bundestages – Zustimmung und Transformation: Zu beachten ist, dass Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG vorsieht, dass bei Verträgen, die die politischen Beziehungen des Bundes regeln oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, der Bundestag in das Verfahren eingebunden ist. Hier bedarf es der Zustimmung des Bundestages in Form eines Zustimmungsgesetzes, das der Vertragstransformation dient und die innerstaatliche Wirksamkeit sicherstellt.
1.6. Satz 3: Beglaubigung und Empfang von Gesandten
Der dritte Satz des Art. 59 Abs. 1 GG überträgt dem Bundespräsidenten die Kompetenz, Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen. Dies umfasst sowohl die Akkreditierung von deutschen Diplomaten bei auswärtigen Staaten und internationalen Organisationen als auch die Entgegennahme von Akkreditierungsschreiben ausländischer Diplomaten in Deutschland. Hierbei handelt es sich um eine protokollarische Pflicht, die die Funktion des Bundespräsidenten als Repräsentant Deutschlands auf internationaler Ebene unterstreicht.
1.7. Kompetenzabgrenzung zur Bundesregierung
Die Formulierung des Art. 59 Abs. 1 GG legt nahe, dass der Bundespräsident als Staatsoberhaupt die völkerrechtliche Vertretung des Bundes formell übernimmt, ohne jedoch inhaltliche Entscheidungen zu treffen. Dies ist Ausdruck des verfassungsrechtlichen Prinzips der Gewaltenteilung und der politischen Neutralität des Bundespräsidenten. Die Entscheidungsmacht über die Ausgestaltung der auswärtigen Beziehungen Deutschlands und die Richtlinienkompetenz in der Außenpolitik obliegt der Bundesregierung. Diese duale Struktur stellt sicher, dass die politische Verantwortung für außenpolitische Entscheidungen nicht beim Bundespräsidenten liegt.
Das Bundesverfassungsgericht hat in verschiedenen Entscheidungen betont, dass der Bundespräsident an die politischen Vorgaben der Bundesregierung gebunden ist und in außenpolitischen Fragen keine eigenständige Entscheidungsbefugnis hat. Seine Rolle ist vielmehr auf die Durchführung und Umsetzung der von der Bundesregierung beschlossenen Politik begrenzt.
1.8. Völkerrechtliche Implikationen
Der Bundespräsident repräsentiert Deutschland auch im völkerrechtlichen Sinne. Da der Bundespräsident als höchster Repräsentant Deutschlands fungiert, ist sein Handeln im Rahmen des Art. 59 Abs. 1 GG grundsätzlich geeignet, dem Staat Deutschland gegenüber anderen Staaten zu verpflichten. Dies verdeutlicht die völkerrechtliche Dimension des Art. 59 Abs. 1 GG: Der Bundespräsident handelt auf internationaler Ebene als Vertreter des deutschen Staates und kann durch die Ausübung seiner Befugnisse völkerrechtliche Rechtsfolgen auslösen.
1.9. Praxisbeispiele und protokollarische Bedeutung
Die praktische Umsetzung der Kompetenzen des Bundespräsidenten nach Art. 59 Abs. 1 GG zeigt sich in der alltäglichen protokollarischen Arbeit. So ist es in der diplomatischen Praxis üblich, dass der Bundespräsident Staatsbesuche empfängt, Botschafter beglaubigt und selbst Staatsbesuche im Ausland durchführt. Auch die feierliche Unterzeichnung völkerrechtlicher Verträge gehört zu den Aufgaben des Bundespräsidenten. Dabei handelt es sich meist um formal-protokollarische Akte, bei denen die tatsächliche politische Bedeutung oft im Hintergrund steht.
Ein bekanntes Beispiel für die Bedeutung der Rolle des Bundespräsidenten im Sinne des Art. 59 Abs. 1 GG war die Unterzeichnung der Zwei-plus-Vier-Verträge zur Deutschen Einheit im Jahr 1990, bei der der Bundespräsident den völkerrechtlich verbindlichen Abschluss vollzog.
1.10. Bindung des Bundespräsidenten an die Weisungen der Bundesregierung
Die Rolle des Bundespräsidenten gemäß Art. 59 Abs. 1 GG ist nicht völlig autonom, sondern erfolgt innerhalb der Richtlinien der Politik, die die Bundesregierung vorgibt. Der Bundespräsident ist in dieser Hinsicht nicht berechtigt, außenpolitische Entscheidungen selbstständig zu treffen oder abweichende Positionen zu vertreten. Seine Aufgabe ist die völkerrechtliche Vertretung des Bundes im Rahmen der von der Bundesregierung festgelegten Außenpolitik.
Der Bundespräsident kann daher nicht aus eigener Initiative außenpolitische Verhandlungen beginnen oder Verträge schließen. Auch die Entscheidung, ob bestimmte Verträge abgeschlossen werden sollen, obliegt allein der Bundesregierung. Der Bundespräsident führt diese Entscheidungen lediglich auf der völkerrechtlichen Ebene aus und wirkt als formeller Vertreter Deutschlands.
1.11. Protokollarische Bedeutung und diplomatisches Protokoll
Die Beglaubigung und der Empfang von Gesandten ist eine bedeutende Aufgabe, die den Bundespräsidenten als oberste Repräsentationsfigur Deutschlands in internationalen Beziehungen hervorhebt. Diese Aufgabe ist nicht nur verfassungsrechtlich von Bedeutung, sondern auch ein wichtiges Element des diplomatischen Protokolls. Der Empfang und die Akkreditierung von Gesandten, Botschaftern und Diplomaten wird vom Bundespräsidenten oder in seinem Namen vorgenommen und symbolisiert die Anerkennung und den freundschaftlichen Umgang zwischen Staaten.
2. Absatz 2
2.1. Einführung zu Artikel 59 Abs. 2 GG
Artikel 59 Abs. 2 GG bezieht sich auf die völkerrechtliche Vertretung des Bundes und legt die innerstaatliche Handhabung völkerrechtlicher Verträge fest, die politische Beziehungen des Bundes betreffen oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen. Die Norm implementiert eine parlamentarische Kontrolle und stellt sicher, dass Verträge, die das Innenverhältnis des Bundes wesentlich beeinflussen, nur unter parlamentarischer Beteiligung wirksam werden. Artikel 59 Abs. 2 GG baut damit ein Schutzsystem gegen eine unkontrollierte Exekutivdiplomatie auf und verankert die Notwendigkeit der Zustimmung durch das Parlament in diesen Bereichen.
2.2. Historische Entwicklung und Systematik
Die Regelungen in Artikel 59 Abs. 2 GG gehen auf die Weimarer Reichsverfassung (WRV) zurück. Artikel 45 WRV enthielt eine ähnliche Regelung, wonach völkerrechtliche Verträge der Zustimmung des Reichstags bedurften, wenn sie Gesetze in der Form eines Reichsgesetzes betrafen. In der Bundesrepublik übernahm das Grundgesetz die Kernidee, erweiterte aber die Anforderungen für die parlamentarische Beteiligung.
Artikel 59 Abs. 2 GG steht in engem Zusammenhang mit den Grundsätzen der Gewaltenteilung und demokratischen Legitimation und ist daher eine wichtige Ergänzung zu Artikel 59 Abs. 1 GG, der die völkerrechtliche Vertretung des Bundes durch den Bundespräsidenten regelt. Abs. 2 erweitert diese völkerrechtliche Kompetenzregelung und ergänzt sie durch eine zwingende Zustimmungspflicht des Bundestages und ggf. des Bundesrates für Verträge, die wesentliche Interessen des Bundes berühren.
2.3. Inhalt des Artikel 59 Abs. 2 GG
2.3.1. Verträge, die „politische Beziehungen des Bundes“ regeln
Der Begriff der „politischen Beziehungen des Bundes“ ist zentral für die Interpretation von Artikel 59 Abs. 2 GG. Unter politische Beziehungen fallen völkerrechtliche Verträge, die grundlegende Angelegenheiten der Außenpolitik betreffen und insbesondere das Verhältnis des Bundes zu anderen Staaten oder internationalen Organisationen regeln. Klassische Beispiele sind Friedensverträge, Bündnisverträge oder internationale Sicherheitsabkommen. Diese Verträge haben oft eine tiefgreifende Wirkung auf das Außenverhältnis des Staates und berühren die Kernbereiche der Außenpolitik.
Die Abgrenzung, welche Verträge als „politisch“ im Sinne von Artikel 59 Abs. 2 GG zu betrachten sind, ist in der Praxis schwierig und bedarf einer genauen Einzelfallanalyse. Politische Verträge betreffen in der Regel grundlegende politische Interessen und Ziele des Bundes und haben potenziell weitreichende Auswirkungen auf die Staatspolitik. Hierzu zählen Verträge, die die Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Außenwirtschaftspolitik und die grundsätzliche Außenpolitik der Bundesrepublik betreffen. Ein Vertrag wird dann als „politisch“ eingestuft, wenn er den Charakter hat, die Position oder das Verhältnis des Bundes in der Staatengemeinschaft signifikant zu beeinflussen. So wird etwa ein Truppenstationierungsabkommen als politischer Vertrag betrachtet.
2.3.2. Verträge, die sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen
Ein Vertrag, der „Gegenstände der Bundesgesetzgebung“ betrifft, ist ein solcher, der Bereiche regelt, die auch Gegenstand eines innerstaatlichen Gesetzes sein könnten oder müssten. Diese Vorschrift zielt auf solche Verträge ab, die sich nicht unmittelbar auf politische Grundsatzentscheidungen beziehen, sondern spezifische rechtliche oder wirtschaftliche Bereiche regeln, die im deutschen Recht der Normsetzung durch den Bundestag unterliegen. Ein Beispiel hierfür sind Wirtschaftsabkommen, Handelsverträge oder Verträge über den Umweltschutz, sofern sie innerstaatlich gesetzliche Regelungen erfordern.
Dabei ist wichtig, dass der Vertrag in einem Bereich liegt, in dem der Bund selbst gesetzgebungsbefugt ist. Die Abgrenzung erfolgt hier grundsätzlich entlang der Kompetenztitel des Bundes, wie sie in den Artikeln 70 ff. GG definiert sind. Ein Vertrag, der beispielsweise das Arbeitsrecht, Steuerrecht oder Strafrecht betrifft und hierzu neue Regelungen oder Verpflichtungen für Deutschland schafft, fällt unter Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 GG, da diese Bereiche der Bundesgesetzgebung unterliegen.
2.3.3. Zustimmung oder Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften
Die Vorschrift verlangt, dass Verträge, die die „politischen Beziehungen des Bundes“ betreffen oder sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung beziehen, nur mit „Zustimmung oder Mitwirkung“ der gesetzgebenden Körperschaften in Form eines Bundesgesetzes wirksam werden. Damit ist eine doppelte demokratische Legitimation durch den Bundestag und, je nach Vertragstyp, auch durch den Bundesrat erforderlich. Die Mitwirkung der Legislative erfolgt in der Praxis durch ein Zustimmungsgesetz, das den Vertrag innerstaatlich in Kraft setzt und ihm Gesetzeskraft verleiht.
Durch dieses Erfordernis wird gewährleistet, dass der Bundestag und gegebenenfalls der Bundesrat als Vertretungsorgane der Bürger und der Länder an den für Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Verpflichtungen maßgeblich beteiligt sind. Die Notwendigkeit eines Bundesgesetzes zur Ratifizierung verleiht dem Parlament eine Kontroll- und Zustimmungsfunktion und sichert die demokratische Legitimation der völkerrechtlichen Vereinbarungen. Der Gesetzgeber hat somit ein Vetorecht, und ein Vertrag kann ohne ein solches Zustimmungsgesetz keine innerstaatliche Bindungskraft entfalten.
2.3.4. Form des Zustimmungsgesetzes
Die Form des Zustimmungsgesetzes ist als einfaches Bundesgesetz gestaltet, das im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren verabschiedet wird. Es unterliegt den allgemeinen Anforderungen an die Gesetzgebung, einschließlich der Beteiligung des Bundesrates, sofern der Vertrag auch Belange der Länder betrifft. In der Regel geht es dabei um eine „transformierende Ratifikation“: Das Zustimmungsgesetz erklärt den völkerrechtlichen Vertrag nicht nur für verbindlich, sondern transformiert ihn zugleich in das nationale Recht.
Das Zustimmungsgesetz ist jedoch strikt formell, was bedeutet, dass keine inhaltliche Regelung über den Vertragsinhalt hinausgehen darf. Es handelt sich um ein formales Umsetzungsgesetz, das nur dazu dient, den völkerrechtlichen Vertrag innerstaatlich verbindlich zu machen.
2.3.5. Verwaltungsabkommen und ihre Sonderstellung
Artikel 59 Abs. 2 Satz 2 GG stellt klar, dass für Verwaltungsabkommen, die zwischen der Bundesregierung und ausländischen Regierungen oder Organisationen geschlossen werden, die Vorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend gelten. Verwaltungsabkommen haben in der Regel keine gesetzesändernde Wirkung und werden oft auf der Basis bestehender gesetzlicher Ermächtigungen geschlossen. Sie dienen der pragmatischen Durchführung internationaler Verpflichtungen auf Verwaltungsebene und betreffen regelmäßig administrative oder technische Fragen, wie etwa den Austausch von Informationen oder die Zusammenarbeit bei Verwaltungsaufgaben.
Da sie keine grundlegenden politischen oder gesetzgebenden Fragestellungen regeln, benötigen Verwaltungsabkommen weder die Zustimmung des Bundestages noch ein Zustimmungsgesetz. Die Geltung der Vorschriften über die Bundesverwaltung stellt sicher, dass diese Abkommen im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen der Verwaltungstätigkeit stehen und somit der Kontrolle des Parlaments unterliegen, soweit die Verwaltung grundsätzlich parlamentarischer Kontrolle unterliegt.
2.4. Verhältnis zu anderen Vorschriften und der Gewaltenteilung
Artikel 59 Abs. 2 GG ist ein zentrales Instrument der Gewaltenteilung und unterstreicht das Prinzip der parlamentarischen Demokratie. Der Bundespräsident und die Bundesregierung sind bei der Außenpolitik grundsätzlich an die Zustimmung des Bundestages gebunden, wenn völkerrechtliche Verträge wesentliche innenpolitische Konsequenzen haben oder gesetzgeberische Befugnisse betreffen. Das Zustimmungsgesetz ist Ausdruck der Rückkopplung der Exekutive an die Legislative und sichert eine fortwährende demokratische Legitimierung der außenpolitischen Entscheidungen des Bundes.
Die Verpflichtung zur Beteiligung des Bundestages und ggf. des Bundesrates zeigt die Bedeutung des Parlamentes in außenpolitischen Angelegenheiten und stellt sicher, dass keine weitreichenden internationalen Verpflichtungen eingegangen werden, ohne dass die demokratisch gewählten Vertreter des Volkes beteiligt sind. Die Regelung steht damit in engem Bezug zum Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1, 2 GG) und betont die Kontrollfunktion des Parlaments gegenüber der Exekutive, insbesondere in außenpolitischen Angelegenheiten.
Artikel 59 Abs. 2 GG konkretisiert darüber hinaus die Grundsätze der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes (vgl. Art. 25 GG) und verknüpft sie mit einer demokratietheoretischen Komponente, indem er die politische Repräsentation der Bevölkerung in völkerrechtlichen Angelegenheiten sicherstellt.
Durch die Einbindung des Parlaments stellt Artikel 59 Abs. 2 GG eine ausgewogene Teilhabe der Gewalten sicher und schützt die Bundesrepublik Deutschland vor völkerrechtlichen Verpflichtungen, die wesentliche Aspekte der innenpolitischen Gesetzgebung beeinflussen, ohne dabei demokratisch legitimiert zu sein.