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Deutscher Anwaltverein: Aktuelle Pressemitteilungen
PM 23/25: DAV: Ukraine als „Best-Friends-Staat“ anerkennen
Berlin (DAV). Der Deutsche Anwaltverein (DAV) spricht sich für die Aufnahme der Ukraine in die Liste der sogenannten „Best Friends“-Staaten im Sinne der Beschäftigungsverordnung aus. Der erleichterte Zugang ukrainischer Arbeitskräfte zum deutschen Arbeitsmarkt würde nicht nur für die Betroffenen sichere Zukunftsperspektiven eröffnen; zugleich würden auch Verwaltung und Gerichte entlastet. Auch die politische Signalwirkung wäre bedeutsam.
Mit einer Initiativstellungnahme plädiert der DAV für die Aufnahme der Ukraine in § 26 Abs. 1 der Beschäftigungsverordnung (BeschV). „Die Aufnahme der Ukraine als ‚Best Friends‘-Staat wäre nicht nur ein Gebot der Solidarität, sondern auch ein dringend benötigter Schritt zur Stabilisierung unseres Arbeitsmarkts“, betont Rechtsanwältin Gisela Seidler, Vorsitzende des DAV-Ausschusses Migrationsrecht. Es sei eine pragmatische Regelung, die sowohl Arbeitgebern als auch den Betroffenen Planungssicherheit und Perspektiven biete.
Laut Ausländerzentralregister leben derzeit über 1,2 Millionen ukrainische Kriegsflüchtlinge in Deutschland. Ab 2026 drohen massenhaft Rückkehrentscheidungen – mit erheblichen Belastungen nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Verwaltung. „Viele Ukrainerinnen und Ukrainer haben sich in den letzten Jahren mit großem Engagement in den deutschen Arbeitsmarkt integriert. Ein plötzlicher Ausschluss dieser Menschen wäre nicht nur menschlich hart, sondern auch wirtschaftlich kurzsichtig“, mahnt Seidler.
Der Spurwechsel in eine Aufenthaltserlaubnis zur Beschäftigung setzt aktuell eine qualifizierte Beschäftigung sowie einen anerkannten beruflichen oder akademischen Bildungsabschluss voraus. Durch die angestrebte Neuregelung könnte auch für geringer qualifizierte Arbeitsverhältnisse oder bei fehlendem anerkannten Abschluss die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. „Der erleichterte Spurwechsel sichert Integration, entlastet die Behörden und stabilisiert die sozialen Sicherungssysteme“, erläutert die Rechtsanwältin.
Nicht zuletzt würde die Maßnahme auch ein klares politisches Signal senden: Deutschland steht weiterhin fest an der Seite der Ukraine – nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten. Ein erleichterter Zugang zum Arbeitsmarkt würde auch das Bekenntnis zu einer gemeinsamen europäischen Zukunft unterstreichen.
Details können Sie der DAV-Initiativstellungnahme Nr. 12/2025 entnehmen.
PM 22/25: Migrationspolitik: DAV unterzeichnet Appell an die neue Regierung
Berlin (DAV). Zum Amtsantritt der neuen Bundesregierung fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis eine verantwortungsvolle Migrations- und Asylpolitik und einen neuen Ton in der Debatte über Zuwanderung. Zusammen mit fast 300 anderen Organisationen setzt sich der DAV gegen Ausgrenzung und für eine Versachlichung der Diskussion ein.
„In Zeiten, in denen es welt- und europaweit besonders gilt, sich klar zur Rechtsstaatlichkeit zu positionieren, sollten auch im Bereich des Migrationsrechts nicht Ängste geschürt, sondern in sachlichen Debatten und im Rahmen des geltenden Europarechts konstruktive und praktikable Lösungen für die grossen Herausforderungen erarbeitet werden, die sich aus den weltweiten Flüchtlingsbewegungen ergeben. Das wird nur mit Besonnenheit und in einem engen europäischen Zusammenhalt gelingen“, erklärt Rechtsanwalt Stefan von Raumer, Präsident des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Deshalb habe der DAV auch den Appell an die Bundesregierung unterzeichnet.
Die Ausgrenzung einzelner Gruppen schade dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und nutze nur den Feinden einer freiheitlichen Demokratie, so die Unterzeichnenden des Appells.
„Zugewanderte und hierher geflüchtete Menschen sind integraler Teil unserer Gesellschaft – sie gehören zu Deutschland“, erklärt das Bündnis. Nicht Geflüchtete und Zugewanderte spalteten die Gesellschaft, sondern eine Politik, die sich der strukturellen und sozialen Probleme zu lange nicht konsequent angenommen hat. Weiter kritisiert das Schreiben: „Für die hohe Belastung von Kommunen und einzelnen Berufsgruppen im Zusammenhang mit Migration werden allein Geflüchtete verantwortlich gemacht, anstatt die tatsächlichen sozialen, politischen und finanziellen Ursachen dieser Belastung anzugehen.“
Es brauche jetzt vor allem gute Konzepte für eine funktionierende Asyl-, Aufnahme- und Integrationspolitik, die Offenheit und Vielfalt schützt und stärkt. Hierzu zählen
- der Schutz individueller Rechte, insbesondere des Rechts auf Asyl, und damit auch ein Absehen von Zurückweisungen an der Grenze,
- der Erhalt legaler Zugangswege, wie Resettlement und Aufnahmeprogramme, und insbesondere des Familiennachzugs,
- Maßnahmen für eine erfolgreiche Integration aller, wie verlässliche und auskömmliche Investitionen in die Integrations- und Aufnahmestrukturen, beispielsweise die Entfristung des Chancen-Aufenthaltsrechts sowie ein Abbau der Hürden für die Arbeitsaufnahme Geflüchteter,
- die konsequente Nutzung aller vorhandenen Potentiale von hier ankommenden und lebenden Menschen zur Behebung des Fachkräftemangels.
Der Appell für eine menschenrechtsbasierte und verantwortungsvolle Migrationspolitik wurde vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), von PRO ASYL und vom Paritätischen Gesamtverband initiiert und von insgesamt 293 Organisationen und Verbänden unterzeichnet.
Zum gemeinsamen Appell
VerkR 18/25: Bemessung von Geldbußen bei wirtschaftlichem Vorteil
München/Berlin (DAV). Bei der Bemessung von Geldbußen wird auch der wirtschaftliche Vorteil aus dem Geschehen berücksichtigt. Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat am 6. März 2024 (AZ: 202 ObOWi 168/24) die Anforderungen an die Bemessung von Geldbußen bei Ordnungswidrigkeiten mit wirtschaftlichem Vorteil präzisiert. Das Gericht entschied, dass der wirtschaftliche Vorteil nach dem Nettoprinzip, also dem tatsächlichen Gewinn, zu berechnen ist und lediglich die Untergrenze der Geldbuße markiert. Eine Addition des wirtschaftlichen Vorteils zur eigentlichen Geldbuße ist unzulässig, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).
Das Amtsgericht hatte den Betroffenen wegen der vorsätzlichen Anordnung der Inbetriebnahme eines Lkw mit Anhänger verurteilt. Dabei wies das Gespann sowohl eine Überschreitung der zulässigen Achslast und des Gesamtgewichts auf als auch erhebliche Mängel an der Bereifung des Anhängers, die dessen Verkehrssicherheit maßgeblich beeinträchtigten. Das Amtsgericht verhängte eine Geldbuße von 2.450 Euro, wobei es zunächst eine für angemessen erachtete Buße festsetzte und anschließend den aus dem Transport erzielten Fuhrlohn von 525 Euro addierte. Der Betroffene legte gegen dieses Urteil Rechtsbeschwerde ein.
Das BayObLG stellte klar, dass der wirtschaftliche Vorteil, den der Täter durch die Ordnungswidrigkeit erzielt hat, lediglich die Untergrenze der Geldbuße darstellt. Die Vorgehensweise des Amtsgerichts, eine angemessene Geldbuße festzusetzen und darauf den wirtschaftlichen Vorteil zu addieren, sei fehlerhaft. Zudem dürfe das gesetzliche Höchstmaß der Geldbuße nur überschritten werden, wenn der wirtschaftliche Vorteil dieses übersteigt – was im vorliegenden Fall nicht gegeben war. Entscheidend für die Bemessung des wirtschaftlichen Vorteils ist der Reingewinn, nicht der Bruttoerlös. Im konkreten Fall wurde der wirtschaftliche Vorteil auf Basis des durchschnittlichen Reingewinns eines Fuhrunternehmens geschätzt. Das BayObLG reduzierte die Geldbuße daher auf 1.900 Euro.
Informationen: www.verkehrsanwaelte.de
VerkR 17/25: Kein Schmerzensgeld der Verkehrsopferhilfe bei unklarem Unfall
Berlin (DAV). Nicht immer kann nach einem Unfall im Straßenverkehr der Verursacher ermittelt werden. Besonders tragisch wird es, wenn Unfallopfer schwer verletzt sind – aber niemand zur Rechenschaft gezogen werden kann. Für genau solche Fälle gibt es in Deutschland eine Institution, die vielen unbekannt ist: die Verkehrsopferhilfe e.V. Für eine Ersatzpflicht der Verkehrsopferhilfe e.V. nach einem Unfall mit einem nicht ermittelbaren Fahrzeug müssen strenge Beweisanforderungen erfüllt werden. So hat das Landgericht Berlin II am 11. Januar 2024 (AZ: 44 O 282/22) die Klage eines verletzten Fußgängers gegen die Verkehrsopferhilfe e.V. abgewiesen, wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert.
Der Kläger hatte an einem Abend im August an den Allgäuer Festwochen teilgenommen. Gegen 0:30 Uhr wurde er mit multiplen schweren Verletzungen – Schädelbruch, Beckenfrakturen und Atemstörungen – auf einem Gehweg neben einer etwa 2 bis 2,5 Meter hohen Steinmauer aufgefunden. Im Krankenhaus wurde bei ihm ein Blutalkoholwert von 2,33 Promille festgestellt.
Er behauptete, von einem flüchtigen, unbekannten Fahrzeug angefahren worden zu sein, und verlangte von der Verkehrsopferhilfe e.V. ein Schmerzensgeld von mindestens 200.000 Euro sowie den Ersatz weiterer Schäden. Diese lehnte den Anspruch ab – ebenso wie die vorgeschaltete Schiedsstelle. Es sei nicht bewiesen, dass ein Fahrzeug beteiligt gewesen sei.
Das Gericht folgte der Argumentation der Verkehrsopferhilfe e.V. und stellte klar: Für einen Anspruch müsse der Kläger den Nachweis erbringen, dass ein nicht ermittelbares Fahrzeug ursächlich für die Verletzungen war. Diesem strengen Beweismaßstab sei der Kläger nicht gerecht geworden.
Die vom Gericht beauftragte Sachverständige schloss eine Kollision mit einem Kraftfahrzeug aus: Die Art der Verletzungen passe vielmehr zu einem Sturz aus größerer Höhe. Die Kombination aus dem Verletzungsbild und dem hohen Alkoholkonsum lege nahe, dass der Kläger von der angrenzenden Steinmauer gefallen sei. Da somit keine Fahrzeugbeteiligung bewiesen werden konnte, sei die Verkehrsopferhilfe e.V. nicht eintrittspflichtig.
Informationen: www.verkehrsanwaelte.de
PM 21/25: Verschlüsselung: EU-Regulation nur mit Expertenbeteiligung!
Berlin (DAV). Mit der „Technology Roadmap on Encryption“ will die EU-Kommission Verschlüsselungstechnologien standardmäßig schwächen. Der DAV kritisiert das gemeinsam mit anderen Organisationen in einem Schreiben an die zuständige Vizepräsidentin der Kommission.
„Die ProtectEU-Strategie birgt große Gefahren“, erklärt Rechtsanwalt Dr. David Albrecht, Mitglied im Ausschuss Recht der Inneren Sicherheit des Deutschen Anwaltvereins. Ermittlungsbehörden Zugriff auf verschlüsselte Daten zu gewähren, sei nicht nur ein heftiger Eingriff in die Bürgerrechte.
„Wenn man bei einer Verschlüsselung Schlupflöcher für Behörden schafft, können diese auch von Kriminellen und anderen böswilligen Dritten ausgenutzt werden“, warnt Albrecht. Darüber herrsche große Einigkeit in der Wissenschaft. Auch die neuesten Verfahren – wie das Client-Side-Scanning – fielen bei Tests von Experten durch. „Digitale Massenüberwachung und das bewusste Kreieren von Schwachstellen schaffen nicht mehr Sicherheit. Im Gegenteil: Dadurch entstehen für die meisten Bürgerinnen und Bürger sogar mehr Risiken.“
Die Unterzeichner des Schreibens senden deshalb einen Appell an die EU-Kommission: An der Ausarbeitung von Gesetzgebung zur Cybersicherheit sollten dringend Vertreterinnen und Vertreter von Zivilgesellschaft und Wissenschaft, Technologieexperten sowie Digital- und Menschenrechtsanwält:innen beteiligt werden. „Gemeinsam können wir technische und nicht-technische, langfristige Lösungen für Probleme in der europäischen Cybersicherheit finden“, ist sich Rechtsanwalt Albrecht sicher.
Zum gemeinsamen Schreiben
ArbR 4/25: Kein Schmerzensgeld für versehentliche Namensnennung in Werbeflyer nach DSGVO
Koblenz/Berlin (DAV) – Die versehentliche Nennung des Namens einer ehemaligen Mitarbeiterin in einem Werbeflyer ihres früheren Arbeitgebers begründet keinen Anspruch auf Schmerzensgeld nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Auf diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. August 2024 (AZ: 5 SLa 66/24) weist die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) hin.
Eine Pflegedienstleiterin hatte nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses geklagt, weil ihr ehemaliger Arbeitgeber ihren Namen und ihre dienstliche Telefonnummer in einem Werbeflyer für seine Senioreneinrichtung verwendet hatte.
Das Gericht bejahte zwar einen Verstoß gegen die DSGVO, da die Einwilligung der Klägerin in die Datenverarbeitung mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses erloschen sei. Einen Anspruch auf Schmerzensgeld verneinte es jedoch, da der Klägerin durch die versehentliche Namensnennung kein konkreter Schaden entstanden sei. Insbesondere sei die Klägerin weder in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt noch in ihrer sozialen Geltung beeinträchtigt worden.
Informationen: www.dav-arbeitsrecht.de
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