EuGH, 03.09.2008 - C-402/05 P; C-415/05 P
- Leitsätze
- Parteien
- Entscheidungsgründe
- Rechtlicher Rahmen
- Vorgeschichte der Rechtsstreite
- Klagen vor dem Gericht und angefochtene Urteile
- Zur Zuständigkeit des Rates für den Erlass der streitigen Verordnung
- Zur Beachtung von Art. 249 EG
- Zur Achtung bestimmter Grundrechte
- Rechtsmittelanträge der Verfahrensbeteiligten
- Für die Aufhebung der angefochtenen Urteile geltend gemachte Gründe
- Zu den Rechtsmitteln
- Zu den Klagen vor dem Gericht
- Kosten
- Tenor
Leitsätze
1. Der Auslegung der Art. 60 EG und 301 EG, wonach es genügen soll, dass sich die in der Resolution 1390 (2002) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vorgesehenen und mit der Verordnung Nr. 881/2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, umgesetzten Restriktionen gegen Personen oder Organisationen richten, die sich in einem Drittland befinden oder in anderer Art und Weise mit diesem verbunden sind, zu folgen hieße, diesen Bestimmungen einen zu weiten Anwendungsbereich zu geben und nicht zu berücksichtigen, dass, wie sich aus ihrem Wortlaut ausdrücklich ergibt, die auf der Grundlage dieser Bestimmungen beschlossenen Maßnahmen gegenüber Drittländern getroffen werden müssen.
Zum einen wäre die Auslegung von Art. 301 EG, wonach dieser ein prozedurales Bindeglied zwischen der Gemeinschaft und der Europäischen Union schaffe, so dass er so weit auszulegen sei wie die einschlägigen Gemeinschaftszuständigkeiten, darunter die Zuständigkeiten für die gemeinsame Handelspolitik und für den freien Kapitalverkehr, geeignet, seinen Anwendungsbereich und dementsprechend seine praktische Wirksamkeit einzuschränken, da diese Bestimmung schon ihrem Wortlaut nach den Erlass von Maßnahmen betrifft, die sich auf die Wirtschaftsbeziehungen zu potenziell sehr unterschiedlichen Drittländern auswirken und daher nicht von vornherein auf die Bereiche begrenzt sein dürfen, die unter andere sachliche Gemeinschaftszuständigkeiten wie diejenigen auf dem Gebiet der gemeinsamen Handelspolitik oder des freien Kapitalverkehrs fallen. Diese Auslegung findet im Übrigen keine Stütze im Wortlaut von Art. 301 EG, der der Gemeinschaft eine sachliche Zuständigkeit überträgt, deren Umfang grundsätzlich autonom gegenüber demjenigen anderer Gemeinschaftszuständigkeiten ist.
Zum andern kann im Hinblick auf das Ziel und den Inhalt der betreffenden Verordnung nicht davon die Rede sein, dass sie speziell den internationalen Warenaustausch betrifft, weil sie im Wesentlichen den Handelsverkehr fördern, erleichtern oder regeln soll; sie konnte daher nicht auf die Gemeinschaftszuständigkeit auf dem Gebiet der gemeinsamen Handelspolitik gestützt werden. Denn ein Rechtsakt der Gemeinschaft fällt nur dann in die Zuständigkeit für die gemeinsame Handelspolitik nach Art. 133 EG, wenn er speziell den internationalen Warenaustausch betrifft, weil er im Wesentlichen den Handelsverkehr fördern, erleichtern oder regeln soll und sich direkt und sofort auf den Handel mit den betroffenen Erzeugnissen auswirkt. Es lässt sich auch nicht vertreten, dass die Verordnung in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des EG‑Vertrags betreffend den freien Kapital‑ und Zahlungsverkehr falle, weil sie die Übertragung wirtschaftlicher Ressourcen an Einzelpersonen in Drittländern verbiete. Was zunächst Art. 57 Abs. 2 EG angeht, so fallen die in Rede stehenden Restriktionen nicht unter eine der Kategorien von Maßnahmen, die in dieser Bestimmung aufgeführt sind. Sodann kann auch Art. 60 Abs. 1 EG die fragliche Verordnung nicht stützen, weil sein Anwendungsbereich durch den des Art. 301 EG festgelegt wird. Art. 60 Abs. 2 EG schließlich umfasst keine dahin gehende Gemeinschaftszuständigkeit, da er lediglich den Mitgliedstaaten erlaubt, aus bestimmten Gründen ausnahmsweise gegenüber einem Drittland einseitige Maßnahmen auf dem Gebiet des Kapital‑ und Zahlungsverkehrs zu treffen, sofern der Rat nicht von seiner Befugnis Gebrauch macht, einem Mitgliedstaat die Änderung oder Aufhebung solcher Maßnahmen aufzugeben.
(vgl. Randnrn. 168, 176-178, 183, 185, 187-191, 193)
2. Eine Konzeption, wonach gemäß Art. 308 EG im Rahmen des besonderen Zusammenhangs der Art. 60 EG und 301 EG Gemeinschaftsrechtsakte erlassen werden könnten, mit denen nicht ein Ziel der Gemeinschaft, sondern eines der Ziele des EU‑Vertrags im Bereich der auswärtigen Beziehungen verfolgt wird, zu denen auch die Gemeinsame Außen‑ und Sicherheitspolitik (GASP) zählt, verstößt schon gegen den Wortlaut des Art. 308 EG.
Zwar ist ein Bindeglied zwischen dem mit wirtschaftlichen Sanktionen verbundenen Handeln der Gemeinschaft gemäß den Art. 60 EG und 301 EG und den Zielen des EU‑Vertrags im Bereich der auswärtigen Beziehungen, darunter der GASP, geschaffen worden, doch stützen weder der Wortlaut der Bestimmungen des EG‑Vertrags noch dessen Systematik eine Konzeption, nach der sich dieses Bindeglied auf weitere Vorschriften des EG‑Vertrags und insbesondere auf Art. 308 EG erstrecken würde.
Ein Rückgriff auf Art. 308 EG verlangt, dass sich die vorgesehene Handlung der Gemeinschaft auf den „Gemeinsamen Markt“ bezieht und bezweckt, „eines ihrer Ziele“ zu verwirklichen. Die zuletzt angeführte Wendung lässt angesichts ihres klaren und eindeutigen Wortlauts keinen Zweifel daran, dass sie nicht die Ziele der GASP einschließt.
Die Koexistenz der Union und der Gemeinschaft als integrierte, aber verschiedene Rechtsordnungen sowie das konstitutionelle Gefüge der Pfeiler – beides von den Verfassern der derzeit geltenden Verträge gewollt – bilden zudem Erwägungen institutioneller Art, die gegen eine Erstreckung des betreffenden Bindeglieds auf andere Artikel des EG‑Vertrags als diejenigen sprechen, zwischen denen dieses Glied ausdrücklich eine Verbindung herstellt.
Außerdem kann Art. 308 EG als integraler Bestandteil einer auf dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung beruhenden institutionellen Ordnung keine Grundlage dafür bieten, den Bereich der Gemeinschaftsbefugnisse über den allgemeinen Rahmen hinaus auszudehnen, der sich aus der Gesamtheit der Bestimmungen des EG‑Vertrags und insbesondere aus denjenigen ergibt, die die Aufgaben und Tätigkeiten der Gemeinschaft festlegen.
Ebenso wenig kann Art. 3 EU, insbesondere dessen Abs. 2, als Grundlage für eine Ausdehnung der Gemeinschaftsbefugnisse über die Ziele der Gemeinschaft hinaus dienen.
(vgl. Randnrn. 197-204)
3. Art. 308 EG soll einen Ausgleich in Fällen schaffen, in denen den Gemeinschaftsorganen durch spezifische Bestimmungen des Vertrags ausdrücklich oder implizit verliehene Befugnisse fehlen, die gleichwohl erforderlich erscheinen, damit die Gemeinschaft ihre Aufgaben im Hinblick auf die Erreichung eines der vom Vertrag festgelegten Ziele wahrnehmen kann.
Soweit mit der Verordnung Nr. 881/2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al‑Qaida‑Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, wirtschaftliche und finanzielle Restriktionen verhängt werden, fällt sie offenkundig in den sachlichen Anwendungsbereich der Art. 60 EG und 301 EG. Da diese Artikel jedoch keine ausdrücklichen oder impliziten Befugnisse zur Verhängung solcher Maßnahmen gegen Adressaten vorsehen, denen wie den Adressaten der genannten Verordnung jegliche Verbindung zu dem Regime eines Drittlands fehlt, kann das auf die Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs der betreffenden Vorschriften zurückzuführende Fehlen einer Befugnis durch den Rückgriff auf Art. 308 EG als zusätzlicher Rechtsgrundlage zu den beiden zuerst genannten Artikeln, auf denen die Verordnung in sachlicher Hinsicht beruht, ausgeglichen werden, sofern die anderen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Art. 308 EG erfüllt sind.
Da das Ziel dieser Verordnung darin besteht, die mit Osama bin Laden, dem Al‑Qaida‑Netzwerk und den Taliban verbündeten Personen am Zugriff auf alle finanziellen und wirtschaftlichen Ressourcen zu hindern, damit der Finanzierung terroristischer Tätigkeiten Einhalt geboten wird, lässt es sich einem der Ziele der Gemeinschaft im Sinne von Art. 308 EG zuordnen. Indem die Art. 60 EG und 301 EG eine Gemeinschaftsbefugnis zur Verhängung wirtschaftlicher Restriktionen vorsehen, die der Umsetzung im Rahmen der Gemeinsamen Außen‑ und Sicherheitspolitik beschlossener Handlungen dienen, sind sie nämlich Ausdruck eines ihnen zugrunde liegenden impliziten Ziels, nämlich, den Erlass solcher Maßnahmen durch die wirksame Nutzung eines gemeinschaftsrechtlichen Instruments zu ermöglichen. Dieses Ziel kann als ein Ziel der Gemeinschaft im Sinne von Art. 308 EG betrachtet werden.
Die Durchführung solcher Maßnahmen mit Hilfe eines gemeinschaftsrechtlichen Instruments überschreitet nicht den allgemeinen Rahmen, der sich aus der Gesamtheit der Vertragsbestimmungen ergibt, da sie ihrer Natur nach auch einen Bezug zum Funktionieren des Gemeinsamen Markts aufweisen; dieser Bezug stellt eine weitere Voraussetzung für die Anwendung von Art. 308 EG dar. Würden nämlich wirtschaftliche und finanzielle Maßnahmen, wie sie mit der betreffenden Verordnung angeordnet werden, von jedem Mitgliedstaat einseitig verhängt, könnte ein vermehrtes Auftreten solcher nationaler Maßnahmen das Funktionieren des Gemeinsamen Markts beeinträchtigen.
(vgl. Randnrn. 211, 213, 216, 222, 225-227, 229-230)
4. Die Gemeinschaft ist eine Rechtsgemeinschaft, in der weder ihre Mitgliedstaaten noch ihre Organe der Kontrolle daraufhin, ob ihre Handlungen mit der Verfassungsurkunde der Gemeinschaft, dem Vertrag, im Einklang stehen, entzogen sind, und in der mit diesem Vertrag ein umfassendes System von Rechtsbehelfen und Verfahren geschaffen worden ist, das dem Gerichtshof die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe zuweist. Internationale Übereinkünfte können die in den Verträgen festgelegte Zuständigkeitsordnung und damit die Autonomie des Rechtssystems der Gemeinschaft, deren Wahrung der Gerichtshof aufgrund der ausschließlichen Zuständigkeit sichert, die ihm durch Art. 220 EG übertragen ist, einer Zuständigkeit, die zu den Grundlagen der Gemeinschaft selbst zählt, nicht beeinträchtigen.
Was einen Gemeinschaftsrechtsakt angeht, der wie die Verordnung Nr. 881/2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al‑Qaida‑Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, der Umsetzung einer Resolution des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta dient, ist der Gemeinschaftsrichter nicht befugt, im Rahmen der in Art. 220 EG vorgesehenen ausschließlichen Zuständigkeit die Rechtmäßigkeit einer solchen Resolution des Sicherheitsrats zu prüfen, und sei diese Prüfung auch auf die Frage beschränkt, ob die betreffende Resolution mit dem ius cogens vereinbar ist; er ist aber befugt, die Rechtmäßigkeit des zur Umsetzung erlassenen Gemeinschaftsrechtsakts zu kontrollieren.
Ein Urteil eines Gemeinschaftsgerichts, mit dem festgestellt würde, dass ein Gemeinschaftsrechtsakt zur Umsetzung einer solchen Resolution gegen eine höherrangige Norm der Gemeinschaftsrechtsordnung verstößt, würde nicht den völkerrechtlichen Vorrang der betreffenden Resolution in Frage stellen.
(vgl. Randnrn. 281-282, 286-288)
5. Die Grundrechte sind integraler Bestandteil der allgemeinen Rechtsgrundsätze, deren Wahrung der Gerichtshof sichert. Der Gerichtshof lässt sich dabei von den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten sowie von den Hinweisen leiten, die die völkerrechtlichen Verträge über den Schutz der Menschenrechte geben, an deren Abschluss die Mitgliedstaaten beteiligt waren oder denen sie beigetreten sind. Hierbei kommt der Europäischen Menschenrechtskonvention besondere Bedeutung zu. Die Achtung der Menschenrechte ist somit eine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Gemeinschaft, und Maßnahmen, die mit der Achtung dieser Rechte unvereinbar sind, können in der Gemeinschaft nicht als rechtens anerkannt werden.
Die Verpflichtungen aufgrund einer internationalen Übereinkunft können insoweit nicht die Verfassungsgrundsätze des EG‑Vertrags beeinträchtigen, zu denen auch der Grundsatz zählt, dass alle Handlungen der Gemeinschaft die Grundrechte achten müssen, da die Achtung dieser Rechte eine Voraussetzung für ihre Rechtmäßigkeit ist, die der Gerichtshof im Rahmen des umfassenden Systems von Rechtsbehelfen, das dieser Vertrag schafft, überprüfen muss.
Die Grundsätze, die für die durch die Vereinten Nationen entstandene Völkerrechtsordnung gelten, implizieren nicht, dass eine gerichtliche Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit der Verordnung Nr. 881/2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al‑Qaida‑Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, anhand der Grundrechte deshalb ausgeschlossen wäre, weil mit ihr eine Resolution des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta umgesetzt werden soll. Eine solche Nichtjustiziabilität eines Gemeinschaftsrechtsakts als Folge des Grundsatzes des völkerrechtlichen Vorrangs der Verpflichtungen aufgrund der UN‑Charta, insbesondere derjenigen in Bezug auf die Umsetzung der Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Charta, findet keine Grundlage im EG‑Vertrag. Art. 307 EG könnte es keinesfalls erlauben, die Grundsätze in Frage zu stellen, die zu den Grundlagen der Gemeinschaftsrechtsordnung selbst gehören, worunter auch die Grundsätze der Freiheit, der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten fallen, die in Art. 6 Abs. 1 EU als Grundlage der Union niedergelegt sind. Wäre Art. 300 Abs. 7 EG, der vorsieht, dass die nach Maßgabe dieses Artikels geschlossenen Abkommen für die Organe der Gemeinschaft und für die Mitgliedstaaten verbindlich sind, auf die UN‑Charta anwendbar, würde er dieser Vorrang vor den Bestimmungen des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts verleihen. Auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts würde sich dieser Vorrang jedoch nicht auf das Primärrecht und insbesondere die allgemeinen Grundsätze – zu denen die Grundrechte gehören – erstrecken.
Die Gemeinschaftsgerichte müssen daher im Einklang mit den Befugnissen, die ihnen aufgrund des EG‑Vertrags zustehen, eine grundsätzlich umfassende Kontrolle der Rechtmäßigkeit sämtlicher Handlungen der Gemeinschaft anhand der Grundrechte gewährleisten, und zwar auch in Bezug auf diejenigen Handlungen der Gemeinschaft, die wie die betreffende Verordnung der Umsetzung von Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta dienen sollen.
(vgl. Randnrn. 283-285, 299, 303-304, 306-308, 326)
6. Die Befugnisse der Gemeinschaft sind unter Beachtung des Völkerrechts auszuüben, wobei die Auslegung eines aufgrund dieser Befugnisse erlassenen Rechtsakts und die Festlegung seines Anwendungsbereichs im Licht des einschlägigen Völkerrechts zu erfolgen haben.
Bei der Ausübung ihrer Befugnis zum Erlass von Rechtsakten, die auf der Grundlage der Art. 60 EG und 301 EG ergehen, um Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta umzusetzen, muss die Gemeinschaft eine besondere Bedeutung dem Umstand beimessen, dass nach Art. 24 der UN‑Charta der Sicherheitsrat, indem er aufgrund von Kapitel VII der Charta Resolutionen beschließt, die Hauptverantwortung wahrnimmt, die ihm zur weltweiten Wahrung des Friedens und der Sicherheit übertragen ist, eine Verantwortung, die im Rahmen des Kapitels VII die Befugnis einschließt, zu bestimmen, was eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit darstellt, und die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um beide zu wahren oder wiederherzustellen.
Allerdings schreibt die UN‑Charta kein bestimmtes Modell für die Umsetzung der Resolutionen des Sicherheitsrats nach ihrem Kapitel VII Charta vor; vielmehr hat die Umsetzung nach den Modalitäten zu erfolgen, die insoweit in der nationalen Rechtsordnung des jeweiligen Mitglieds der UNO gelten. Denn die UN‑Charta lässt grundsätzlich den Mitgliedern der UNO die freie Wahl zwischen verschiedenen Modellen für die Übernahme solcher Resolutionen in ihre nationale Rechtsordnung.
(vgl. Randnrn. 291, 293-294, 298)
7. Was die Verteidigungsrechte und insbesondere den Anspruch auf rechtliches Gehör in Bezug auf Restriktionen wie die betrifft, die mit der Verordnung Nr. 881/2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al‑Qaida‑Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, verhängt werden, so kann von den Gemeinschaftsbehörden nicht verlangt werden, dass sie vor der erstmaligen Aufnahme einer Person oder Organisation in die Liste der von diesen Maßnahmen betroffenen Personen oder Organisationen die Gründe hierfür mitteilen. Eine solche vorherige Mitteilung könnte nämlich die Wirksamkeit der mit dieser Verordnung angeordneten Maßnahmen des Einfrierens von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen beeinträchtigen. Aus Gründen, die ebenfalls mit dem mit der betreffenden Verordnung verfolgten Ziel und der Wirksamkeit der darin vorgesehenen Maßnahmen zusammenhängen, waren die Gemeinschaftsbehörden auch nicht verpflichtet, die Rechtsmittelführer vor der erstmaligen Aufnahme ihrer Namen in die Liste in Anhang I dieser Verordnung anzuhören. Da es sich um einen Gemeinschaftsrechtsakt zur Umsetzung einer Resolution handelt, die der Sicherheitsrat im Rahmen der Bekämpfung des Terrorismus beschlossen hat, können darüber hinaus zwingende Gründe der Sicherheit oder der Gestaltung der internationalen Beziehungen der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten der Mitteilung bestimmter Umstände an die Beteiligten und daher deren Anhörung zu diesen Umständen entgegenstehen.
Die Verteidigungsrechte, insbesondere der Anspruch auf rechtliches Gehör, sind jedoch offenkundig nicht gewahrt, da weder die betreffende Verordnung noch der Gemeinsame Standpunkt 2002/402 betreffend restriktive Maßnahmen gegen Osama bin Laden, Mitglieder der Al‑Qaida‑Organisation und die Taliban sowie andere mit ihnen verbündete Personen, Gruppen, Unternehmen und Einrichtungen, auf den die Verordnung verweist, ein Verfahren für die Mitteilung der Umstände, die die Aufnahme der Namen der Betroffenen in Anhang I der Verordnung rechtfertigen, und für deren Anhörung – sei es gleichzeitig mit ihrer Aufnahme oder im Anschluss daran – vorsehen und da der Rat den Rechtsmittelführern weder die ihnen zur Last gelegten Umstände mitgeteilt hat, mit denen die gegen sie verhängten Restriktionen begründet werden, noch ihnen das Recht gewährt hat, innerhalb einer angemessenen Frist nach Anordnung der betreffenden Maßnahmen Auskunft über diese Umstände zu erhalten.
(vgl. Randnrn. 334, 338-339, 341-342, 345, 348)
8. Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ist ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, der sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt und in den Art. 6 und 13 der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert ist; er ist im Übrigen auch in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bekräftigt worden.
Die Erfüllung der Verpflichtung zur Mitteilung der Gründe, auf denen die Aufnahme des Namens einer Person oder einer Organisation in die Liste beruht, die den Anhang I der Verordnung Nr. 881/2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al‑Qaida‑Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, bildet, ist sowohl erforderlich, um es den Adressaten der Restriktionen zu ermöglichen, ihre Rechte unter den bestmöglichen Bedingungen zu verteidigen und in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob es für sie von Nutzen ist, den Gemeinschaftsrichter anzurufen, als auch, um den Gemeinschaftsrichter vollständig in die Lage zu versetzen, die ihm aufgrund des EG‑Vertrags obliegende Kontrolle der Rechtmäßigkeit des fraglichen Gemeinschaftsrechtsakts auszuüben.
Da die betreffenden Personen und Organisationen somit nicht über die ihnen zur Last gelegten Umstände unterrichtet werden, können sie in Anbetracht des Zusammenhangs zwischen den Verteidigungsrechten und dem Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz ihre Rechte bezüglich der genannten Umstände auch vor dem Gemeinschaftsrichter nicht unter zufrieden stellenden Bedingungen verteidigen, und dieser ist nicht in der Lage, die Rechtmäßigkeit der genannten Verordnung zu prüfen, soweit sie diese Personen oder Organisationen betrifft, so dass eine Verletzung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz festzustellen ist.
(vgl. Randnrn. 335-337, 349, 351)
9. Die Bedeutung der Ziele, die mit einem Gemeinschaftsrechtsakt verfolgt werden, kann selbst erhebliche negative Konsequenzen für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen, darunter auch für solche, die für die Situation, die zum Erlass der betreffenden Maßnahmen geführt hat, nicht verantwortlich sind, gleichwohl aber u. a. in ihren Eigentumsrechten berührt sind.
Angesichts eines für die Völkergemeinschaft derart grundlegenden Ziels wie des mit allen Mitteln gemäß der UN‑Charta geführten Kampfes gegen die Bedrohungen, die durch terroristische Handlungen auf dem Weltfrieden und der internationalen Sicherheit lasten, kann das Einfrieren von Geldern, Finanzvermögen und anderen wirtschaftlichen Ressourcen der Personen, die der Sicherheitsrat oder der Sanktionsausschuss als mit Osama bin Laden, dem Al‑Qaida‑Netzwerk und den Taliban verbunden identifiziert hat, für sich genommen nicht als unangemessen oder unverhältnismäßig angesehen werden. Insoweit handelt es sich bei den Restriktionen, die mit der Verordnung Nr. 881/2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al‑Qaida‑Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, verhängt werden, um Beschränkungen des Eigentumsrechts, die grundsätzlich gerechtfertigt werden können.
Allerdings müssen die anwendbaren Verfahren der betroffenen Person oder Organisation eine angemessene Gelegenheit bieten, ihr Anliegen den zuständigen Stellen vorzutragen, wie es Art. 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 zur Europäischen Menschenrechtskonvention verlangt.
Deshalb stellen die Restriktionen, die die betreffende Verordnung für eine Person oder Organisation durch ihre Aufnahme in die Liste in ihrem Anhang I mit sich bringt, eine ungerechtfertigte Beschränkung ihres Eigentumsrechts dar, da diese Verordnung erlassen worden ist, ohne der betreffenden Person oder Organisation irgendeine Garantie zu geben, dass sie ihr Anliegen den zuständigen Stellen vortragen kann, und dies in einer Situation, in der die Beschränkung ihrer Eigentumsrechte im Hinblick auf die umfassende Geltung und effektive Dauer der gegen sie verhängten Restriktionen als erheblich betrachtet werden muss.
(vgl. Randnrn. 361, 363, 366, 368-370)
10. Da eine Verordnung wie die Verordnung Nr. 881/2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al‑Qaida‑Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, für nichtig zu erklären ist, soweit sie die Rechtsmittelführer betrifft, weil Grundsätze verletzt worden sind, die im Rahmen des Verfahrens gelten, das beim Erlass der mit dieser Verordnung angeordneten Restriktionen befolgt worden ist, lässt sich nicht ausschließen, dass sich die Anordnung derartiger Maßnahmen gegenüber den Rechtsmittelführern in der Sache gleichwohl als gerechtfertigt erweisen kann.
Würde diese Verordnung mit sofortiger Wirkung für nichtig erklärt, könnte dies deshalb die Wirksamkeit der Restriktionen, die mit der Verordnung verhängt werden und für deren Umsetzung die Gemeinschaft zu sorgen hat, schwer und irreversibel beeinträchtigen, da in dem Zeitraum bis zu ihrer möglichen Ersetzung durch eine neue Verordnung die Rechtsmittelführer Maßnahmen treffen könnten, mit denen ein weiteres Einfrieren ihrer Gelder verhindert werden soll. Unter diesen Umständen sind in sachgerechter Anwendung von Art. 231 EG die Wirkungen der betreffenden Verordnung, soweit sie die Rechtsmittelführer betrifft, für einen Zeitraum von höchstens drei Monaten ab dem Tag der Verkündung des Urteils aufrechtzuerhalten.
(vgl. Randnrn. 373-374, 376)
Parteien
In den verbundenen Rechtssachen C‑402/05 P und C‑415/05 P
betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingereicht am 17. bzw. 21. November 2005,
Yassin Abdullah Kadi, wohnhaft in Jeddah (Saudi‑Arabien), vertreten durch I. Brownlie und D. Anderson, QC, sowie P. Saini, Barrister, im Auftrag von G. Martin, Solicitor, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Al Barakaat International Foundation mit Sitz in Spånga (Schweden), vertreten durch L. Silbersky und T. Olsson, advokater,
Rechtsmittelführer,
andere Verfahrensbeteiligte:
Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bishop, E. Finnegan und E. Karlsson als Bevollmächtigte,
Beklagter im ersten Rechtszug,
unterstützt durch
Königreich Spanien, vertreten durch J. Rodríguez Cárcamo als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues, E. Belliard und S. Gasri als Bevollmächtigte,
Königreich der Niederlande, vertreten durch H. G. Sevenster und M. de Mol als Bevollmächtigte,
Streithelfer in den Rechtsmittelverfahren,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Brown, J. Enegren und P. J. Kuijper als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
unterstützt durch
Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues, E. Belliard und S. Gasri als Bevollmächtigte,
Streithelfer in den Rechtsmittelverfahren,
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland , vertreten durch R. Caudwell, E. Jenkinson und S. Behzadi-Spencer als Bevollmächtigte im Beistand von C. Greenwood, QC, und A. Dashwood, Barrister, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans (Berichterstatter), A. Rosas und K. Lenaerts, des Richters J. N. Cunha Rodrigues, der Richterin R. Silva de Lapuerta, der Richter K. Schiemann, J. Makarczyk und P. Kūris, der Richterin P. Lindh sowie der Richter J.-C. Bonichot, T. von Danwitz und A. Arabadjiev,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: J. Swedenborg, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Oktober 2007,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in den Sitzungen vom 16. Januar 2008 (C‑402/05 P) und 23. Januar 2008 (C‑415/05 P)
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1. Mit ihren Rechtsmitteln beantragen Herr Kadi (C‑402/05 P) und die Al Barakaat International Foundation (im Folgenden: Al Barakaat) (C‑415/05 P) die Aufhebung der Urteile des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 21. September 2005, Kadi/Rat und Kommission (T‑315/01, Slg. 2005, II‑3649) sowie Yusuf und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (T‑306/01, Slg. 2005, II‑3533) (im Folgenden: angefochtenes Urteil Kadi bzw. angefochtenes Urteil Yusuf und Al Barakaat sowie – zusammen – angefochtene Urteile).
2. Mit diesen Urteilen hat das Gericht die Klagen von Herrn Kadi und Al Barakaat abgewiesen, mit denen diese beantragt hatten, die Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan (ABl. L 139, S. 9, im Folgenden: streitige Verordnung) für nichtig zu erklären, soweit die streitige Verordnung sie betrifft.
Rechtlicher Rahmen
3. Gemäß Art. 1 Abs. 1 und 3 der am 26. Juni 1945 in San Francisco (Vereinigte Staaten) unterzeichneten Charta der Vereinten Nationen (im Folgenden: UN‑Charta) gehört zu den Zielen der Vereinten Nationen, „den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren“ sowie „eine internationale Zusammenarbeit herbeizuführen, um internationale Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Art zu lösen und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fördern und zu festigen“.
4. In Art. 24 Abs. 1 und 2 der UN‑Charta heißt es:
„(1) Um ein schnelles und wirksames Handeln der Vereinten Nationen [UNO] zu gewährleisten, übertragen ihre Mitglieder dem Sicherheitsrat [der Vereinten Nationen] die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit und erkennen an, dass der Sicherheitsrat bei der Wahrnehmung der sich aus dieser Verantwortung ergebenden Pflichten in ihrem Namen handelt. (2) Bei der Erfüllung dieser Pflichten handelt der Sicherheitsrat im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen. Die ihm hierfür eingeräumten besonderen Befugnisse sind in den Kapiteln VI, VII, VIII und XII aufgeführt.“
5. Nach Art. 25 der UN‑Charta kommen die „Mitglieder der [UNO] … überein, die Beschlüsse des Sicherheitsrats im Einklang mit dieser Charta anzunehmen und durchzuführen“.
6. Die Art. 39, 41 und 48 der UN‑Charta gehören zu deren Kapitel VII, das die Überschrift „Maßnahmen bei Bedrohung oder Bruch des Friedens und bei Angriffshandlungen“ trägt.
7. Art. 39 der UN‑Charta bestimmt:
„Der Sicherheitsrat stellt fest, ob eine Bedrohung oder ein Bruch des Friedens oder eine Angriffshandlung vorliegt; er gibt Empfehlungen ab oder beschließt, welche Maßnahmen auf Grund der Artikel 41 und 42 zu treffen sind, um den Weltfrieden und die internationale Sicherheit zu wahren oder wiederherzustellen.“
8. Art. 41 der UN‑Charta lautet:
„Der Sicherheitsrat kann beschließen, welche Maßnahmen – unter Ausschluss von Waffengewalt – zu ergreifen sind, um seinen Beschlüssen Wirksamkeit zu verleihen; er kann die Mitglieder der Vereinten Nationen auffordern, diese Maßnahmen durchzuführen. Sie können die vollständige oder teilweise Unterbrechung der Wirtschaftsbeziehungen, des Eisenbahn-, See- und Luftverkehrs, der Post-, Telegrafen- und Funkverbindungen sowie sonstiger Verkehrsmöglichkeiten und den Abbruch der diplomatischen Beziehungen einschließen.“
9. Nach Art. 48 Abs. 2 der UN‑Charta werden die Beschlüsse des Sicherheitsrats zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit von den Mitgliedern der UNO „unmittelbar sowie durch Maßnahmen in den geeigneten internationalen Einrichtungen durchgeführt, deren Mitglieder sie sind“.
10. Art. 103 der UN‑Charta bestimmt:
„Widersprechen sich die Verpflichtungen von Mitgliedern der Vereinten Nationen aus dieser Charta und ihre Verpflichtungen aus anderen internationalen Übereinkünften, so haben die Verpflichtungen aus dieser Charta Vorrang.“
Vorgeschichte der Rechtsstreite
11. Die Vorgeschichte der Rechtsstreitigkeiten ist in den Randnrn. 10 bis 36 des angefochtenen Urteils Kadi und 10 bis 41 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat dargelegt worden.
12. Für das vorliegende Urteil kann sie wie folgt zusammengefasst werden.
13. Am 15. Oktober 1999 verabschiedete der Sicherheitsrat die Resolution 1267 (1999), in der er u. a. verurteilte, dass afghanisches Hoheitsgebiet nach wie vor zur Beherbergung und Ausbildung von Terroristen und zur Planung terroristischer Handlungen benutzt wird, seine Überzeugung bekräftigte, dass die Unterbindung des internationalen Terrorismus für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit unerlässlich ist, und missbilligte, dass die Taliban Osama bin Laden weiterhin Zuflucht gewähren und es ihm und seinen Mithelfern ermöglichen, von dem durch die Taliban kontrollierten Gebiet aus ein Netz von Ausbildungslagern für Terroristen zu betreiben und Afghanistan als Stützpunkt für die Förderung internationaler terroristischer Operationen zu benutzen.
14. In Ziff. 2 dieser Resolution verlangte der Sicherheitsrat, dass die Taliban Osama bin Laden ohne weitere Verzögerung unmittelbar oder mittelbar an die zuständigen Behörden eines Landes übergeben, in dem gegen ihn Anklage erhoben worden ist, oder an die zuständigen Behörden eines Landes, in dem er festgenommen und gerichtlich belangt wird. Zur Durchsetzung dieser Verpflichtung bestimmt Ziff. 4 Buchst. b der Resolution, dass alle Staaten „Gelder und andere Finanzmittel, einschließlich Gelder, die aus Vermögenswerten stammen oder erzeugt wurden, die den Taliban gehören oder direkt oder indirekt ihrer Verfügungsgewalt oder der eines Unternehmens im Eigentum oder unter der Kontrolle der Taliban unterstehen, soweit von dem Ausschuss nach Ziffer 6 bezeichnet, einfrieren und sicherstellen werden, dass weder diese noch andere so bezeichnete Gelder oder Finanzmittel von ihren Staatsangehörigen oder von auf ihrem Hoheitsgebiet befindlichen Personen den Taliban oder einem Unternehmen im Eigentum der Taliban oder unter ihrer direkten oder indirekten Kontrolle unmittelbar oder zu deren Gunsten zur Verfügung gestellt werden, es sei denn, der Ausschuss genehmigt dies von Fall zu Fall aus humanitären Erwägungen“.
15. Ziff. 6 der Resolution sieht gemäß Art. 28 der vorläufigen Geschäftsordnung des Sicherheitsrats die Einsetzung eines Ausschusses dieses Rates (im Folgenden: Sanktionsausschuss) vor, der sich aus allen Mitgliedern des Sicherheitsrats zusammensetzt und der insbesondere für die Durchführung der in Abs. 4 der betreffenden Resolution vorgeschriebenen Maßnahmen durch die Staaten zu sorgen, die in diesem Absatz genannten Gelder oder anderen Finanzmittel zu identifizieren und Anträge auf Genehmigung einer Ausnahme von den Maßnahmen des Abs. 4 zu prüfen hat.
16. In der Erwägung, dass die Europäische Gemeinschaft tätig werden musste, um die Resolution 1267 (1999) umzusetzen, nahm der Rat der Europäischen Union am 15. November 1999 den Gemeinsamen Standpunkt 1999/727/GASP über restriktive Maßnahmen gegen die Taliban (ABl. L 294, S. 1) an.
17. Nach Art. 2 dieses Gemeinsamen Standpunkts werden die ausländischen Gelder und anderen Finanzmittel der Taliban nach Maßgabe der betreffenden Resolution eingefroren.
18. Am 14. Februar 2000 erließ der Rat auf der Grundlage der Art. 60 EG und 301 EG die Verordnung (EG) Nr. 337/2000 über ein Flugverbot und das Einfrieren von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan (ABl. L 43, S. 1).
19. Am 19. Dezember 2000 verabschiedete der Sicherheitsrat die Resolution 1333 (2000), mit der die Taliban u. a. aufgefordert wurden, der Resolution 1267 (1999) nachzukommen und insbesondere aufzuhören, internationalen Terroristen und deren Organisationen Zuflucht und Ausbildung zu gewähren, und Osama bin Laden den zuständigen Behörden zu übergeben, damit er gerichtlich belangt wird. Der Sicherheitsrat beschloss insbesondere eine Ausweitung des durch die Resolution 1267 (1999) verhängten Flugverbots und Einfrierens von Geldern.
20. So bestimmt Ziff. 8 Buchst. c der Resolution 1333 (2000) u. a., dass alle Staaten Maßnahmen zu ergreifen haben, „um die Gelder und sonstigen finanziellen Vermögenswerte [Osama bin] Ladens und der mit ihm verbundenen Personen und Einrichtungen, wie vom [Sanktionsausschuss] bezeichnet, namentlich derjenigen in der Organisation Al-Qaida, unverzüglich einzufrieren, einschließlich der Gelder, die aus Vermögenswerten stammen oder durch sie erzeugt wurden, die [Osama bin] Laden und mit ihm verbundenen Personen und Einrichtungen gehören oder ihrer direkten oder indirekten Kontrolle unterstehen, und um sicherzustellen, dass weder diese noch andere Gelder oder Finanzmittel von ihren Staatsangehörigen oder von in ihrem Hoheitsgebiet befindlichen Personen unmittelbar oder mittelbar zu Gunsten von [Osama bin] Laden, mit ihm verbundenen Personen oder Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, die [Osama bin] Laden oder mit ihm verbundenen Personen und Einrichtungen, einschließlich der Organisation Al-Qaida, gehören oder ihrer direkten oder indirekten Kontrolle unterstehen“.
21. In derselben Bestimmung ersuchte der Sicherheitsrat den Sanktionsausschuss, auf der Grundlage der von den Staaten und regionalen Organisationen bereitgestellten Informationen eine aktualisierte Liste der Personen und Einrichtungen, einschließlich derjenigen in der Organisation Al-Qaida, zu führen, die als mit Osama bin Laden verbunden bezeichnet wurden.
22. Nach Ziff. 23 der Resolution 1333 (2000) werden u. a. die in Ziff. 8 angeordneten Maßnahmen während eines Zeitraums von zwölf Monaten angewandt, nach dessen Ablauf der Sicherheitsrat bestimmt, ob die Maßnahmen unter denselben Bedingungen fortbestehen sollen.
23. In der Erwägung, dass die Europäische Gemeinschaft tätig werden musste, um diese Resolution umzusetzen, nahm der Rat am 26. Februar 2001 den Gemeinsamen Standpunkt 2001/154/GASP über weitere restriktive Maßnahmen gegen die Taliban und zur Änderung des Gemeinsamen Standpunkts 96/746/GASP (ABl. L 57, S. 1) an.
24. Art. 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/154 bestimmt:
„Die Gelder und sonstigen finanziellen Vermögenswerte [Osama] bin Ladens und der mit ihm assoziierten Personen und Körperschaften, wie vom [Sanktionsausschuss] bezeichnet, werden eingefroren werden; [Osama] bin Laden und mit ihm assoziierten Personen oder Körperschaften[,] wie vom [Sanktionsausschuss] bezeichnet, werden gemäß den in der [Resolution] 1333 (2000) genannten Bedingungen keine Gelder und sonstigen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden.“
25. Am 6. März 2001 erließ der Rat auf der Grundlage der Art. 60 EG und 301 EG die Verordnung (EG) Nr. 467/2001 über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 337/2000 (ABl. L 67, S. 1).
26. Nach dem dritten Erwägungsgrund dieser Verordnung fallen die in der Resolution 1333 (2000) vorgesehenen Maßnahmen „in den Geltungsbereich des Vertrags, und daher ist insbesondere zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen ein Rechtsakt der Gemeinschaft erforderlich, um die einschlägigen Beschlüsse des Sicherheitsrates umzusetzen, soweit sie das Gebiet der Gemeinschaft betreffen“.
27. In Art. 1 der Verordnung Nr. 467/2001 wird definiert, was unter „Geldern“ und „Einfrieren von Geldern“ zu verstehen ist.
28. Art. 2 der Verordnung Nr. 467/2001 lautet:
„(1) Alle Gelder und anderen Finanzmittel, die den von dem [Sanktionsausschuss] bezeichneten und in Anhang I genannten natürlichen oder juristischen Personen, Institutionen oder Einrichtungen gehören, werden eingefroren.
(2) Den von dem [Sanktionsausschuss] bezeichneten und in Anhang I aufgeführten Personen, Institutionen oder Einrichtungen dürfen Gelder und andere Finanzmittel weder direkt noch indirekt zur Verfügung gestellt werden oder zugute kommen.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für die Gelder und anderen Finanzmittel, für die der [Sanktionsausschuss] eine Ausnahmegenehmigung erteilt hat. Diese Ausnahmegenehmigungen werden über die in Anhang II aufgeführten zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten eingeholt.“
29. Anhang I der Verordnung Nr. 467/2001 enthält die Liste der Personen, Institutionen und Einrichtungen, die vom Einfrieren der Gelder nach Art. 2 betroffen sind. Nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung wird die Kommission der Europäischen Gemeinschaften ermächtigt, Anhang I auf der Grundlage der Entscheidungen des Sicherheitsrats oder des Sanktionsausschusses zu ändern oder zu ergänzen.
30. Am 8. März 2001 veröffentlichte der Sanktionsausschuss eine erste konsolidierte Liste der aufgrund der Resolutionen 1267 (1999) und 1333 (2000) vom Einfrieren der Gelder betroffenen Personen und Organisationen (vgl. Mitteilung AFG/131 SC/7028 des Ausschusses vom 8. März 2001) (im Folgenden: Konsolidierte Liste). Diese Liste wurde mehrfach geändert und ergänzt. In der Folge erließ die Kommission nach Art. 10 der Verordnung Nr. 467/2001 verschiedene Verordnungen zur Änderung oder Ergänzung des Anhangs I der Verordnung.
31. Am 17. Oktober und am 9. November 2001 veröffentlichte der Sanktionsausschuss zwei neue Ergänzungen seiner konsolidierten Liste, die u. a. die Namen folgender Person bzw. Organisation umfasste:
– „Al-Qadi, Yasin (alias Kadi, Shaykh Yassin Abdullah; alias Kahdi, Yasin), Jeddah, Saudi-Arabien“, und
– „Barakaat International Foundation, Box 4036, Spånga, Stockholm, Schweden; Rinkebytorget 1, 04 Spånga, Schweden“.
32. Durch die Verordnung (EG) Nr. 2062/2001 der Kommission vom 19. Oktober 2001 zur drittmaligen Änderung der Verordnung Nr. 467/2001 (ABl. L 277, S. 25) wurde Anhang I der Verordnung Nr. 467/2001 u. a. um den Namen des Herrn Kadi ergänzt.
33. Durch die Verordnung (EG) Nr. 2199/2001 der Kommission vom 12. November 2001 zur vierten Änderung der Verordnung Nr. 467/2001 (ABl. L 295, S. 16) wurde Anhang I der Verordnung Nr. 467/2001 u. a. um den Namen von Al Barakaat ergänzt.
34. Am 16. Januar 2002 verabschiedete der Sicherheitsrat die Resolution 1390 (2002), mit der Maßnahmen gegen Osama bin Laden, Mitglieder der Al-Qaida-Organisation und die Taliban sowie andere mit ihnen verbündete Personen, Gruppen, Unternehmen und Einrichtungen festgelegt werden. Diese Resolution sieht u. a. in ihren Ziff. 1 und 2 im Wesentlichen vor, dass das in Ziff. 4 Buchst. b der Resolution 1267 (1999) und in Ziff. 8 Buchst. c der Resolution 1333 (2000) angeordnete Einfrieren von Geldern fortgesetzt wird. Nach Ziff. 3 der Resolution 1390 (2002) überprüft der Sicherheitsrat diese Maßnahmen zwölf Monate nach ihrem Erlass und genehmigt dann entweder ihre Fortsetzung oder beschließt ihre Verbesserung.
35. In der Erwägung, dass die Gemeinschaft tätig werden musste, um diese Resolution umzusetzen, nahm der Rat am 27. Mai 2002 den Gemeinsamen Standpunkt 2002/402/GASP betreffend restriktive Maßnahmen gegen Osama bin Laden, Mitglieder der Al‑Qaida‑Organisation und die Taliban sowie andere mit ihnen verbündete Personen, Gruppen, Unternehmen und Einrichtungen und zur Aufhebung der Gemeinsamen Standpunkte 96/746, 1999/727, 2001/154 und 2001/771/GASP (ABl. L 139, S. 4) an. Art. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2002/402 schreibt u. a. das weitere Einfrieren der Gelder und sonstigen Vermögenswerte oder wirtschaftlichen Ressourcen der Personen, Gruppen, Unternehmen und Einrichtungen vor, die in der vom Sanktionsausschuss anhand der Resolutionen 1267 (1999) und 1333 (2000) erstellten Liste aufgeführt sind.
36. Am 27. Mai 2002 erließ der Rat auf der Grundlage der Art. 60 EG, 301 EG und 308 EG die streitige Verordnung.
37. Nach dem vierten Erwägungsgrund dieser Verordnung fallen die u. a. in der Resolution 1390 (2002) vorgesehenen Maßnahmen „in den Geltungsbereich des Vertrags, und daher ist insbesondere zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen ein Rechtsakt der Gemeinschaft erforderlich, um die einschlägigen Beschlüsse des Sicherheitsrates umzusetzen, soweit sie das Gebiet der Gemeinschaft betreffen“.
38. In Art. 1 der Verordnung Nr. 881/2002 werden die Begriffe „Gelder“ und „Einfrieren von Geldern“ im Wesentlichen ebenso definiert wie in Art. 1 der Verordnung Nr. 467/2001.
39. Art. 2 der streitigen Verordnung lautet:
„(1) Alle Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die einer vom Sanktionsausschuss benannten und in Anhang I aufgeführten natürlichen oder juristischen Person, Gruppe oder Organisation gehören oder in deren Eigentum stehen oder von ihr verwahrt werden, werden eingefroren.
(2) Den vom Sanktionsausschuss benannten und in Anhang I aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Gruppen oder Organisationen dürfen Gelder weder direkt noch indirekt zur Verfügung gestellt werden oder zugute kommen.
(3) Den vom Sanktionsausschuss benannten und in Anhang I aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Gruppen oder Organisationen dürfen weder direkt noch indirekt wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugute kommen, wodurch diese Personen, Gruppen oder Organisationen Gelder, Waren oder Dienstleistungen erwerben könnten.“
40. Anhang I der streitigen Verordnung enthält die Liste der Personen, Gruppen und Organisationen, die vom Einfrieren der Gelder nach Art. 2 der Verordnung betroffen sind. Auf dieser Liste stehen u. a. die Namen folgender Organisation und folgender natürlicher Person:
– „Barakaat International Foundation, Box 4036, Spånga, Stockholm, Schweden; Rinkebytorget 1, 04, Spånga, Schweden“, und
– „Al-Qadi, Yasin (alias KADI, Shaykh Yassin Abdullah; alias KAHDI, Yasin), Jeddah, Saudi‑Arabien“.
41. Am 20. Dezember 2002 verabschiedete der Sicherheitsrat die Resolution 1452 (2002), um die Erfüllung der Verpflichtungen zur Bekämpfung des Terrorismus zu erleichtern. Ziff. 1 dieser Resolution sieht eine Reihe von Abweichungen und Ausnahmen von dem nach den Resolutionen 1267 (1999) und 1390 (2002) vorgeschriebenen Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen vor; sie können von den Staaten vorbehaltlich der Zustimmung des Sanktionsausschusses aus humanitären Gründen zugelassen werden.
42. Am 17. Januar 2003 verabschiedete der Sicherheitsrat die Resolution 1455 (2003), um die Durchführung der mit Ziff. 4 Buchst. b der Resolution 1267 (1999), Ziff. 8 Buchst. c der Resolution 1333 (2000) und den Ziff. 1 und 2 der Resolution 1390 (2002) verhängten Maßnahmen zu verbessern. Nach Ziff. 2 der Resolution 1455 (2003) sollten diese Maßnahmen in zwölf Monaten, erforderlichenfalls auch früher, weiter verbessert werden.
43. In der Erwägung, dass die Gemeinschaft tätig werden musste, um die Resolution 1452 (2002) des Sicherheitsrats umzusetzen, nahm der Rat am 27. Februar 2003 den Gemeinsamen Standpunkt 2003/140/GASP betreffend Ausnahmen zu den restriktiven Maßnahmen aufgrund des Gemeinsamen Standpunkts 2002/402 (ABl. L 53, S. 62) an. Nach Art. 1 des Gemeinsamen Standpunkts 2003/140 wird die Gemeinschaft bei der Durchführung der Maßnahmen nach Art. 3 des Gemeinsamen Standpunkts 2002/402 die nach der betreffenden Resolution gestatteten Ausnahmen vorsehen.
44. Am 27. März 2003 erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 561/2003 zur Änderung der Verordnung Nr. 881/2002 im Hinblick auf Ausnahmen vom Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen (ABl. L 82, S. 1). Im vierten Erwägungsgrund dieser Verordnung führt der Rat aus, dass es in Anbetracht der Resolution 1452 (2002) erforderlich sei, die von der Gemeinschaft erlassenen Maßnahmen anzupassen.
45. Gemäß Art. 1 der Verordnung Nr. 561/2003 wird die streitige Verordnung um folgenden Artikel ergänzt:
„Artikel 2a
(1) Artikel 2 gilt nicht für Gelder und wirtschaftliche Ressourcen, wenn
a) eine der in Anhang II aufgeführten zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten auf Antrag einer betroffenen natürlichen oder juristischen Person entscheidet, dass diese Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen
i) für Grundausgaben, namentlich für die Bezahlung von Nahrungsmitteln, Mieten oder Hypotheken, Medikamenten und medizinischer Behandlung, Steuern, Versicherungsprämien und Gebühren öffentlicher Versorgungseinrichtungen notwendig sind;
ii) ausschließlich der Bezahlung angemessener Honorare und der Rückerstattung von Ausgaben im Zusammenhang mit der Bereitstellung rechtlicher Dienste dienen;
iii) ausschließlich der Bezahlung von Gebühren oder Kosten für die routinemäßige Verwahrung oder Verwaltung eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen dienen oder
iv) für die Deckung außerordentlicher Ausgaben erforderlich sind, und
b) der Sanktionsausschuss von dieser Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde und
c) i) der Sanktionsausschuss gegen eine Entscheidung gemäß Buchstabe a) Ziffern i), ii) oder iii) nicht innerhalb von 48 Stunden nach ihrer Notifizierung Einspruch erhebt, oder
ii) der Sanktionsausschuss eine Entscheidung gemäß Buchstabe a) Ziffer iv) billigt.
(2) Personen, die die Regelungen gemäß Absatz 1 in Anspruch nehmen möchten, stellen einen entsprechenden Antrag bei der in Anhang II aufgeführten zuständigen Behörde des betreffenden Mitgliedstaats.
Die in Anhang II aufgeführte zuständige Behörde unterrichtet den Antragsteller und jede andere Person, Gruppe oder Organisation, von der bekannt ist, dass sie unmittelbar betroffen ist, unverzüglich schriftlich darüber, ob dem Antrag stattgegeben wurde.
Die zuständige Behörde informiert auch die anderen Mitgliedstaaten darüber, ob dem Antrag auf eine derartige Ausnahme stattgegeben wurde.
(3) Gelder, die innerhalb der Gemeinschaft freigegeben oder überwiesen werden, um Ausgaben zu bestreiten, oder die gemäß diesem Artikel als Ausnahme anerkannt wurden, unterliegen keinen weiteren restriktiven Maßnahmen gemäß Artikel 2.
…“
Klagen vor dem Gericht und angefochtene Urteile
46. Mit bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschriften erhoben Herr Kadi und Al Barakaat Klagen, mit denen sie beantragten, die Verordnung Nr. 467/2001 sowie, was Herrn Kadi angeht, die Verordnung 2062/2001, und, was Al Barakaat angeht, die Verordnung Nr. 2199/2001 für nichtig zu erklären, soweit diese Verordnungen sie betreffen. Während des Verfahrens vor dem Gericht änderten die Rechtsmittelführer ihre Anträge und Klagegründe dahin, dass sie sich nunmehr auf die streitige Verordnung beziehen, soweit diese sie betrifft.
47. Durch Beschlüsse des Präsidenten der Ersten Kammer des Gerichts wurde das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Beklagten im ersten Rechtszug zugelassen.
48. In den angefochtenen Urteilen hat das Gericht zunächst entschieden, es sei davon auszugehen, dass sich beide Klagen nunmehr nur gegen den – von der Kommission und vom Vereinigten Königreich unterstützten – Rat richteten und allein die Nichtigerklärung der streitigen Verordnung, soweit sie die Rechtsmittelführer betreffe, zum Gegenstand habe (angefochtene Urteile Kadi, Randnr. 58, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnr. 77).
49. Zur Stützung seiner Anträge führte Herr Kadi in seiner Klageschrift drei Nichtigkeitsgründe an, mit denen er im Wesentlichen die Verletzung seiner Grundrechte rügte. Der erste Klagegrund betraf die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, der zweite die Verletzung des Rechts auf Achtung des Eigentums und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und der dritte die Verletzung des Rechts auf effektive gerichtliche Kontrolle.
50. Al Barakaat ihrerseits stützte ihre Anträge auf drei Nichtigkeitsgründe, von denen sich der erste auf die Unzuständigkeit des Rates für den Erlass der streitigen Verordnung, der zweite auf die Verletzung von Art. 249 EG und der dritte auf die Verletzung ihrer Grundrechte bezog.
Zur Zuständigkeit des Rates für den Erlass der streitigen Verordnung
51. In den angefochtenen Urteilen hat das Gericht zunächst die Frage geprüft, ob der Rat für den Erlass der streitigen Verordnung auf der Rechtsgrundlage der Art. 60 EG, 301 EG und 308 EG zuständig war, und in Randnr. 61 des angefochtenen Urteils Kadi ausgeführt, dass dieser Klagegrund zum Ordre public gehöre und deshalb vom Gemeinschaftsrichter von Amts wegen geprüft werden könne.
52. Im angefochtenen Urteil Yusuf und Al Barakaat hat das Gericht vorab die Rüge der Rechtsmittelführer zurückgewiesen, dass der Verordnung Nr. 467/2001 die Rechtsgrundlage fehle.
53. Obwohl diese Rüge aufgrund der Aufhebung der Verordnung Nr. 467/2001 durch die streitige Verordnung gegenstandslos geworden war, hat das Gericht in Randnr. 107 des betreffenden Urteils eine solche Vorgehensweise nämlich für angebracht gehalten, weil die Gründe für diese Zurückweisung zu den Prämissen seiner Erwägungen zur Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung zählten, auf die allein sich die Nichtigkeitsklage nunmehr beziehe.
54. In diesem Zusammenhang hat es zunächst in den Randnrn. 112 bis 116 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat das Vorbringen zurückgewiesen, wonach sich die in Rede stehenden Maßnahmen gegen Einzelne richteten, die zudem Angehörige eines Mitgliedstaats seien, während die Art. 60 EG und 301 EG den Rat nur ermächtigten, Maßnahmen gegenüber Drittländern zu ergreifen.
55. In Randnr. 115 dieses Urteils hat das Gericht entschieden, ebenso wie es zulässig sei, dass sich wirtschaftliche oder finanzielle Sanktionen speziell gegen die Machthaber eines Drittlands und nicht gegen dieses Land als solches richteten, müssten sie sich auch gegen Einzelpersonen und Organisationen – gleichgültig, wo sie sich befänden – richten können, die mit diesen Machthabern verbündet seien oder unmittelbar oder mittelbar von ihnen kontrolliert würden.
56. Randnr. 116 des betreffenden Urteils zufolge ist diese Auslegung, die nicht im Widerspruch zum Wortlaut der Art. 60 EG und 301 EG stehe, sowohl durch Wirksamkeitserwägungen als auch aus humanitären Gründen gerechtfertigt.
57. Das Gericht hat anschließend in den Randnrn. 117 bis 121 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat den Einwand zurückgewiesen, dass die fraglichen Maßnahmen nicht zur Aussetzung oder Einschränkung der Wirtschaftsbeziehungen zu einem Drittland dienten, sondern zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus und insbesondere von Osama bin Laden.
58. Schließlich hat es in den Randnrn. 122 und 123 desselben Urteils den Vorwurf zurückgewiesen, dass die betreffenden Maßnahmen außer Verhältnis zu dem mit den Art. 60 EG und 301 EG verfolgten Ziel stünden.
59. Was sodann die Rügen in Bezug auf die Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung angeht, hat das Gericht erstens entschieden, dass, wie der Rat und die Kommission ausgeführt hätten, die Art. 60 EG und 301 EG für sich genommen keine ausreichende Rechtsgrundlage für den Erlass der streitigen Verordnung darstellten (angefochtene Urteile Kadi, Randnrn. 92 bis 97, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnrn. 128 bis 133).
60. Es hat insbesondere festgestellt, dass mit dieser Verordnung sogenannte „intelligente Sanktionen“ (smart sanctions) neuen Typs umgesetzt werden sollten, die durch das Fehlen jeglicher Verbindung zwischen diesen Sanktionen und dem Hoheitsgebiet oder dem Regime eines Drittlands gekennzeichnet seien, da sich nach dem Zusammenbruch des Taliban‑Regimes die fraglichen Maßnahmen, wie sie in der Resolution 1390 (2002) vorgesehen gewesen seien, unmittelbar gegen Osama bin Laden, das Al‑Qaida‑Netzwerk und die mit ihnen verbündeten Personen und Organisationen gerichtet hätten.
61. Im Hinblick auf den Wortlaut der Art. 60 EG und 301 EG und insbesondere die dort gebrauchten Wendungen „mit den betroffenen Ländern“ und „zu einem oder mehreren dritten Ländern“ könnten diese Artikel nicht herangezogen werden, um Sanktionen dieses neuen Typs zu verhängen. Denn die betreffenden Artikel erlaubten nur Maßnahmen gegen ein Drittland einschließlich Maßnahmen gegen die Machthaber eines solchen Landes sowie Personen oder Organisationen, die mit diesen Machthabern verbündet seien oder unmittelbar oder mittelbar von ihnen kontrolliert würden. Habe das Regime, gegen das mit diesen Maßnahmen vorgegangen werden solle, aufgehört zu existieren, bestehe keine hinreichende Verbindung mehr zwischen diesen Personen oder Organisationen und dem betreffenden Drittland.
62. Das Gericht hat zweitens entschieden, der Rat habe zu Recht die Ansicht vertreten, dass Art. 308 EG für sich genommen keine ausreichende Rechtsgrundlage für den Erlass der streitigen Verordnung darstelle (angefochtene Urteile Kadi, Randnrn. 98 bis 121, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnrn. 134 bis 157).
63. Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus, insbesondere durch die Verhängung wirtschaftlicher und finanzieller Sanktionen, wie z. B. das Einfrieren von Geldern, gegenüber Personen und Organisationen, die im Verdacht stünden, zu seiner Finanzierung beizutragen, könnten mit keinem der Ziele in Verbindung gebracht werden, die die Art. 2 EG und 3 EG der Gemeinschaft ausdrücklich zuwiesen (angefochtene Urteile Kadi, Randnr. 116, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnr. 152).
64. Die in der streitigen Verordnung vorgesehenen Maßnahmen könnten nämlich nicht auf das Ziel der Schaffung einer gemeinsamen Handelspolitik (Art. 3 Abs. 1 Buchst. b EG) gestützt werden, da es in einem Zusammenhang wie dem der bei ihm anhängigen Rechtssachen nicht um die Wirtschaftsbeziehungen der Gemeinschaft zu einem Drittland gehe. Auch das Ziel der Schaffung eines Systems, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarktes vor Verfälschungen schütze (A rt. 3 Abs. 1 Buchst. g EG), könne u. a. deshalb nicht herangezogen werden, weil die dem Gericht unterbreiteten Beurteilungsfaktoren jedenfalls nicht die Annahme zuließen, dass die streitige Verordnung tatsächlich dazu beitrage, der Gefahr von Hemmnissen für den freien Kapitalverkehr oder von spürbaren Wettbewerbsverzerrungen vorzubeugen.
65. Das Gericht hat drittens entschieden, dass der Rat gleichwohl für den Erlass der streitigen Verordnung zuständig gewesen sei, mit der die im Gemeinsamen Standpunkt 2002/402 vorgesehenen wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen auf der gemeinsamen Grundlage der Art. 60 EG, 301 EG und 308 EG in der Gemeinschaft umgesetzt worden seien (angefochtene Urteile Kadi, Randnr. 135, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnr. 170).
66. Hierzu hat das Gericht festgestellt, dass das bei der Überarbeitung durch den Vertrag von Maastricht geschaffene spezielle Bindeglied zwischen dem mit wirtschaftlichen Sanktionen verbundenen Handeln der Gemeinschaft gemäß den Art. 60 EG und 301 EG und den Zielen des EU‑Vertrags im Bereich der auswärtigen Beziehungen zu berücksichtigen sei (angefochtene Urteile Kadi, Randnr. 123, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnr. 159).
67. Die Art. 60 EG und 301 EG seien ganz besondere Bestimmungen des EG‑Vertrags, da sie ausdrücklich vorsähen, dass sich ein Tätigwerden der Gemeinschaft nicht zur Verwirklichung eines der im EG‑Vertrag festgelegten Ziele der Gemeinschaft, sondern zur Verwirklichung eines der durch Art. 2 EU der Europäischen Union speziell zugewiesenen Ziele, nämlich einer gemeinsamen Außen‑ und Sicherheitspolitik (im Folgenden: GASP), als erforderlich erweisen könne (angefochtene Urteile Kadi, Randnr. 124, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnr. 160).
68. Im Rahmen der Art. 60 EG und 301 EG sei das Tätigwerden der Gemeinschaft in Wirklichkeit ein Tätigwerden der Union auf der Grundlage des Gemeinschaftspfeilers, nachdem der Rat im Rahmen der GASP einen gemeinsamen Standpunkt angenommen oder eine gemeinsame Aktion beschlossen habe (angefochtene Urteile Kadi, Randnr. 125, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnr. 161).
Zur Beachtung von Art. 249 EG
69. Im angefochtenen Urteil Yusuf und Al Barakaat hat das Gericht anschließend den ausschließlich in der diesem Urteil zugrunde liegenden Rechtssache geltend gemachten Klagegrund geprüft, wonach die streitige Verordnung, da sie unmittelbar in die Rechte des Einzelnen eingreife und die Anwendung individueller Sanktionen vorschreibe, keine allgemeine Geltung habe und daher gegen Art. 249 EG verstoße. Die streitige Verordnung sei folglich nicht als Verordnung anzusehen, sondern als ein Bündel von Einzelfallentscheidungen.
70. In den Randnrn. 184 bis 188 des betreffenden Urteils hat das Gericht diesen Klagegrund zurückgewiesen.
71. In Randnr. 186 des erwähnten Urteils hat es entschieden, dass die streitige Verordnung unbestreitbar allgemeine Geltung im Sinne von Art. 249 Abs. 2 EG habe, da sie jedermann verbiete, bestimmten Personen Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen.
72. Dass diese Personen in Anhang I der Verordnung namentlich aufgeführt und daher von ihr im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG unmittelbar und individuell betroffen seien, ändere nichts am allgemeinen Charakter dieses Verbots, das erga omnes gelte, wie insbesondere aus Art. 11 der Verordnung hervorgehe.
Zur Achtung bestimmter Grundrechte
73. Was schließlich die Klagegründe angeht, die in den beiden Rechtssachen auf die Verletzung der Grundrechte der Kläger gestützt wurden, hat es das Gericht für angebracht gehalten, zunächst die Verknüpfung zwischen der durch die Vereinten Nationen entstandenen Völkerrechtsordnung einerseits und den nationalen Rechtsordnungen oder der gemeinschaftlichen Rechtsordnung andererseits sowie das Ausmaß zu prüfen, in dem die Befugnisse der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten durch Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta gebunden sind. Diese Prüfung bestimme nämlich den Umfang der Rechtmäßigkeitskontrolle – insbesondere im Hinblick auf die Einhaltung der Grundrechte –, die das Gericht in Bezug auf Gemeinschaftsrechtsakte auszuüben habe, mit denen solche Resolutionen umgesetzt würden. Nur wenn das Gericht feststellen sollte, dass die behaupteten Verletzungen der geltend gemachten Grundrechte unter seine gerichtliche Kontrolle fielen und zur Nichtigerklärung der streitigen Verordnung führen könnten, habe es sich zu diesen Verletzungen zu äußern (angefochtene Urteile Kadi, Randnrn. 178 bis 180, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnrn. 228 bis 230).
74. Das Gericht hat sich deshalb in einem ersten Schritt mit der Verknüpfung zwischen der durch die Vereinten Nationen entstandenen Völkerrechtsordnung einerseits und den nationalen Rechtsordnungen oder der gemeinschaftlichen Rechtsordnung andererseits befasst und festgestellt, dass aus völkerrechtlicher Sicht die Mitgliedstaaten als Mitglieder der UNO an den Grundsatz des Vorrangs ihrer Verpflichtungen „aufgrund der Charta“ der Vereinten Nationen gebunden seien, der in deren Art. 103 der UN‑Charta verankert sei und u. a. zur Folge habe, dass die in Art. 25 dieser Charta vorgesehene Verpflichtung zur Durchführung der Beschlüsse des Sicherheitsrats allen anderen vertraglichen Verpflichtungen vorgehe, die die Mitgliedstaaten gegebenenfalls eingegangen seien (angefochtene Urteile Kadi, Randnrn. 181 bis 184, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnrn. 231 bis 234).
75. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Beachtung des Grundsatzes des Vorrangs der Verpflichtungen aufgrund der UN‑Charta werde durch den EG‑Vertrag nicht berührt, weil es sich um eine Pflicht aus einer Übereinkunft handele, die früher als dieser geschlossen worden sei und folglich unter Art. 307 EG falle. Darüber hinaus sorge Art. 297 EG dafür, dass diesem Grundsatz Rechnung getragen werde (angefochtene Urteile Kadi, Randnrn. 185 bis 188, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnrn. 235 bis 238).
76. Die Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta hätten daher bindende Wirkung für alle Mitgliedstaaten, die in dieser Eigenschaft alle erforderlichen Maßnahmen treffen müssten, um ihre Umsetzung zu gewährleisten, und berechtigt, ja sogar verpflichtet seien, jede Norm des Gemeinschaftsrechts – und wäre es eine Bestimmung des Primärrechts oder ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts – unangewendet zu lassen, die der ordnungsgemäßen Erfüllung der Verpflichtungen aufgrund der UN‑Charta entgegenstünde (angefochtene Urteile Kadi, Randnrn. 189 und 190, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnrn. 239 und 240).
77. Die durch eine völkerrechtliche Verpflichtung hervorgerufene Bindungswirkung der betreffenden Resolutionen gelte jedoch nicht für die Gemeinschaft, da diese als solche nicht unmittelbar durch die UN‑Charta gebunden sei, weil sie weder Mitglied der UNO noch Adressatin der Resolutionen des Sicherheitsrats, noch Nachfolgerin in die Rechte und Pflichten ihrer Mitgliedstaaten im Sinne des Völkerrechts sei (angefochtene Urteile Kadi, Randnr.192, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnr. 242).
78. Eine solche Bindungswirkung für die Gemeinschaft ergebe sich gleichwohl aus dem Gemeinschaftsrecht (angefochtene Urteile Kadi, Randnr.193, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnr. 243).
79. Hierzu hat das Gericht im Wege der Analogie unter Verweis insbesondere auf Randnr. 18 des Urteils vom 12. Dezember 1972, Fruit Company u. a. (21/72 bis 24/72, Slg. 1972, 1219) ausgeführt, soweit die Gemeinschaft aufgrund des EG‑Vertrags Befugnisse übernommen habe, die zuvor von den Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich der UN‑Charta ausgeübt worden seien, sei sie an die Bestimmungen dieser Charta gebunden (angefochtene Urteile Kadi, Randnr. 203, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnr.253).
80. In der jeweils folgenden Randnummer der angefochtenen Urteile hat das Gericht daraus geschlossen, dass die Gemeinschaft weder die Verpflichtungen, die ihren Mitgliedstaaten aufgrund der UN‑Charta oblägen, verletzen noch deren Erfüllung behindern dürfe und dass sie schon nach ihrem Gründungsvertrag bei der Ausübung ihrer Befugnisse alle erforderlichen Bestimmungen erlassen müsse, um es ihren Mitgliedstaaten zu ermöglichen, diesen Verpflichtungen nachzukommen.
81. Das Gericht hat sich dementsprechend in einem zweiten Schritt veranlasst gesehen, insbesondere im Hinblick auf die Grundrechte den Umfang der Rechtmäßigkeitskontrolle zu bestimmen, der es Gemeinschaftsrechtsakte, mit denen Resolutionen der Vereinten Nationen umgesetzt werden, wie z. B. die streitige Verordnung, zu unterziehen hat, und zunächst in Randnr. 209 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 260 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat ausgeführt, dass die Europäische Gemeinschaft nach der Rechtsprechung eine Rechtsgemeinschaft sei, in der weder ihre Mitgliedstaaten noch ihre Organe der Kontrolle der Kontrolle entzogen seien, ob ihre Handlungen mit der Verfassungsurkunde der Gemeinschaft, dem Vertrag, im Einklang stünden, und dass mit diesem Vertrag ein umfassendes System von Rechtsbehelfen und Verfahren geschaffen worden sei, das dem Gerichtshof die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe zuweise.
82. In Randnr. 212 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 263 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat hat das Gericht jedoch festgestellt, dass sich in den bei ihm anhängigen Rechtssachen die Frage stelle, ob es strukturelle, durch das allgemeine Völkerrecht oder den EG-Vertrag selbst vorgegebene Grenzen für die betreffende gerichtliche Kontrolle gebe.
83. Hierzu hat das Gericht in Randnr. 213 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 264 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat darauf hingewiesen, dass mit der streitigen Verordnung, die im Hinblick auf den Gemeinsamen Standpunkt 2002/402 ergangen sei, auf der Ebene der Gemeinschaft die Verpflichtung ihrer Mitgliedstaaten als Mitglieder der UNO erfüllt werde, gegebenenfalls durch eine Gemeinschaftshandlung den Sanktionen gegen Osama bin Laden, das Al-Qaida-Netzwerk und die Taliban sowie andere mit ihnen verbündete Personen, Gruppen, Unternehmen und Einrichtungen, die durch mehrere Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta beschlossen und dann verschärft worden seien, Wirkung zu verleihen.
84. In diesem Zusammenhang sei die Gemeinschaft aufgrund einer gebundenen Befugnis tätig geworden, bei deren Wahrnehmung sie nicht über einen eigenen Ermessensspielraum verfügt habe, so dass sie insbesondere weder den Inhalt der fraglichen Resolutionen unmittelbar habe ändern noch einen Mechanismus schaffen können, der zu einer solchen Änderung habe führen können (angefochtene Urteile Kadi, Randnr. 214, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnr. 265).
85. Folglich setze der von den Rechtsmittelführern geäußerte Zweifel an der materiellen Rechtmäßigkeit der streitigen Verordnung eine indirekte oder inzidente Kontrolle der Rechtmäßigkeit der mit der betreffenden Verordnung umgesetzten Resolutionen im Hinblick auf die durch die Rechtsordnung der Gemeinschaft geschützten Grundrechte durch das Gericht voraus (angefochtene Urteile Kadi, Randnrn. 215 und 216, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnrn. 266 und 267).
86. In den Randnrn. 217 bis 225 des angefochtenen Urteils Kadi, die denselben Wortlaut wie die Randnrn. 268 bis 276 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat haben, hat das Gericht ausgeführt:
„217 Die Gemeinschaftsorgane und das Vereinigte Königreich fordern das Gericht auf, grundsätzlich jede Zuständigkeit für eine solche indirekte Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieser Resolutionen abzulehnen, die als Regeln des Völkerrechts, die die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft binden, für das Gericht wie für alle Organe der Gemeinschaft Geltung hätten. Sie sind im Wesentlichen der Ansicht, dass sich die Kontrolle des Gerichts darauf beschränken müsse, ob die Form-, Verfahrens- und Zuständigkeitsvorschriften, die im vorliegenden Fall für die Gemeinschaftsorgane gelten, eingehalten worden seien und ob die fraglichen Gemeinschaftsmaßnahmen im Hinblick auf die mit ihnen umgesetzten Resolutionen des Sicherheitsrats angemessen und verhältnismäßig seien.
218 Es ist anzuerkennen, dass eine solche Zuständigkeitsbeschränkung als Konsequenz aus den oben im Rahmen der Prüfung der Verknüpfung der Verhältnisse zwischen der durch die Vereinten Nationen entstandenen Völkerrechtsordnung und der Gemeinschaftsrechtsordnung entwickelten Grundsätzen geboten ist.
219 Wie bereits ausgeführt, sind die fraglichen Resolutionen des Sicherheitsrats gemäß Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen verabschiedet worden. In diesem Zusammenhang fällt die Bestimmung dessen, was eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt, sowie der erforderlichen Maßnahmen zu ihrer Wahrung oder Wiederherstellung in den ausschließlichen Verantwortungsbereich des Sicherheitsrats und ist als solche der Zuständigkeit der nationalen oder gemeinschaftlichen Behörden und Gerichte entzogen, unter dem einzigen Vorbehalt des in Artikel 51 dieser Charta genannten naturgegebenen Rechts zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung.
220 Beschließt also der Sicherheitsrat nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen über seinen Sanktionsausschuss, dass die Gelder bestimmter Personen oder Organisationen einzufrieren sind, so gilt sein Beschluss gemäß Artikel 48 der Charta für alle Mitglieder der Vereinten Nationen.
221 Im Hinblick auf die oben in den Randnummern 193 bis 204 angestellten Erwägungen lässt sich eine Zuständigkeit des Gerichts für die inzidente Kontrolle der Rechtmäßigkeit eines solchen Beschlusses nach dem Standard des Schutzes der in der Gemeinschaftsrechtsordnung anerkannten Grundrechte somit weder auf der Grundlage des Völkerrechts noch auf der des Gemeinschaftsrechts herleiten.
222 Zum einen wäre eine solche Zuständigkeit mit den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aufgrund der Charta der Vereinten Nationen, insbesondere ihrer Artikel 25, 48 und 103, sowie mit Artikel 27 des [am 23. Mai 1969 in Wien geschlossenen] Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge unvereinbar.
223 Zum anderen würde eine solche Zuständigkeit sowohl gegen die Bestimmungen des EG-Vertrags, insbesondere die Artikel 5 EG, 10 EG, 297 EG und 307 Absatz 1 EG, als auch gegen die des EU‑Vertrags, insbesondere Artikel 5 EU, verstoßen, wonach der Gemeinschaftsrichter seine Befugnisse nach Maßgabe und im Sinne des EG-Vertrags und des EU-Vertrags ausübt. Sie wäre außerdem unvereinbar mit dem Grundsatz, dass die Befugnisse der Gemeinschaft und damit die des Gerichts unter Beachtung des Völkerrechts ausgeübt werden müssen (… Urteile [vom 24. November 1992] Poulsen und Diva Navigation [C‑286/90, Slg. 1992, I‑6019], Randnr. 9, und [vom 16. Juni 1998] Racke [C‑162/96, Slg. 1998, I‑3655], Randnr. 45).
224 Hinzuzufügen ist, dass insbesondere im Hinblick auf Artikel 307 EG und Artikel 103 der Charta der Vereinten Nationen die Berufung auf eine Verletzung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung geschützten Grundrechte oder der Grundsätze dieser Rechtsordnung die Gültigkeit einer Resolution des Sicherheitsrats oder deren Wirkung im Gebiet der Gemeinschaft nicht berühren kann (vgl. analog Urteile des Gerichtshofs vom 17. Dezember 1970 in der Rechtssache 11/70, Internationale Handelsgesellschaft, Slg. 1970, 1125, Randnr. 3, vom 8. Oktober 1986 in der Rechtssache 234/85, Keller, Slg. 1986, 2897, Randnr. 7, und vom 17. Oktober 1989 in den Rechtssachen 97/87 bis 99/87, Dow Chemical Ibérica u. a./Kommission, Slg. 1989, 3165, Randnr. 38).
225 Demnach ist davon auszugehen, dass die fraglichen Resolutionen des Sicherheitsrats grundsätzlich nicht der Kontrolle durch das Gericht unterliegen und dass das Gericht nicht berechtigt ist, ihre Rechtmäßigkeit im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht – und sei es auch nur inzident – in Frage zu stellen. Das Gericht ist vielmehr verpflichtet, das Gemeinschaftsrecht so weit wie möglich in einer Weise auszulegen und anzuwenden, die mit den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus der Charta der Vereinten Nationen vereinbar ist.“
87. In Randnr. 226 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 277 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat hat das Gericht entschieden, dass es dagegen ermächtigt sei, die Rechtmäßigkeit der fraglichen Resolutionen des Sicherheitsrats im Hinblick auf das ius cogens , verstanden als internationaler Ordre public, der für alle Völkerrechtssubjekte einschließlich der Organe der UNO gelte und von dem nicht abgewichen werden dürfe, inzident prüfen.
88. Hierzu hat das Gericht in den Randnrn. 227 bis 231 des angefochtenen Urteils Kadi, die denselben Wortlaut wie die Randnrn. 278 bis 282 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat haben, ausgeführt:
„227 Insoweit ist festzustellen, dass das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge, das das Völkergewohnheitsrecht kodifiziert (und das nach seinem Artikel 5 ‚auf jeden Vertrag Anwendung [findet], der die Gründungsurkunde einer internationalen Organisation bildet, sowie auf jeden im Rahmen einer internationalen Organisation angenommenen Vertrag‘), in Artikel 53 vorsieht, dass Verträge nichtig sind, die im Widerspruch zu einer zwingenden Norm des allgemeinen Völkerrechts (Ius cogens) stehen, d. h. zu einer ‚Norm, die von der internationalen Staatengemeinschaft in ihrer Gesamtheit angenommen und anerkannt wird als eine Norm, von der nicht abgewichen werden darf und die nur durch eine spätere Norm des allgemeinen Völkerrechts derselben Rechtsnatur geändert werden kann‘. Ebenso heißt es in Artikel 64 des Wiener Übereinkommens: ‚Entsteht eine neue zwingende Norm des allgemeinen Völkerrechts, so wird jeder zu dieser Norm im Widerspruch stehende Vertrag nichtig und erlischt. ‘
228 Im Übrigen setzt die Charta der Vereinten Nationen selbst die Existenz zwingender völkerrechtlicher Grundsätze und insbesondere den Schutz der Grundrechte des Menschen voraus. So haben die Völker der Vereinten Nationen in der Präambel der Charta ihre Entschlossenheit erklärt, ‚[ihren] Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit … zu bekräftigen‘. Aus Kapitel I der Charta, überschrieben mit ‚Ziele und Grundsätze‘, ergibt sich außerdem, dass die Vereinten Nationen u. a. das Ziel haben, die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten zu festigen.
229 Diese Grundsätze gelten sowohl für die Mitglieder der UNO als auch für deren Organe. So muss der Sicherheitsrat nach Artikel 24 Absatz 2 der Charta der Vereinten Nationen bei der Erfüllung der Pflichten aufgrund seiner Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit ‚im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen‘ handeln. Die Sanktionsbefugnisse, über die der Sicherheitsrat bei der Wahrnehmung dieser Verantwortung verfügt, müssen daher unter Beachtung des Völkerrechts und insbesondere auch der Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen ausgeübt werden.
230 Das Völkerrecht erlaubt also die Annahme, dass es eine Grenze für den Grundsatz der Bindungswirkung der Resolutionen des Sicherheitsrats gibt: Sie müssen die zwingenden fundamentalen Bestimmungen des Ius cogens beachten. Im gegenteiligen Fall, so unwahrscheinlich er auch sein mag, binden sie die Mitgliedstaaten der UNO nicht und damit auch nicht die Gemeinschaft.
231 Die inzidente Kontrolle, die das Gericht im Rahmen einer Klage auf Nichtigerklärung eines Gemeinschaftsrechtsakts ausübt, der ohne jede Ermessensausübung zur Umsetzung einer Resolution des Sicherheitsrats ergangen ist, kann sich daher ganz ausnahmsweise auf die Prüfung erstrecken, ob die zum Ius cogens gehörenden übergeordneten Regeln des Völkerrechts und insbesondere auch die zwingenden Normen zum universellen Schutz der Menschenrechte eingehalten wurden, von denen weder die Mitgliedstaaten noch die Organe der UNO abweichen dürfen, weil sie ‚unveräußerliche Grundsätze des Völkergewohnheitsrechts‘ darstellen (Gutachten des Internationalen Gerichtshofs vom 8. Juli 1996, Zulässigkeit der Drohung mit oder des Gebrauchs von Nuklearwaffen, I.C.J. Reports 1996, S. 226, Randnr. 79; vgl. in diesem Sinne auch Schlussanträge von Generalanwalt Jacobs zu dem … Urteil [vom 30. Juli 1996,] Bosphorus [C‑84/95, Slg. 1996, I‑3953], Nr. 65).“
89. Im Einzelnen hat das Gericht erstens zur behaupteten Verletzung des Rechts auf Achtung des Eigentums in Randnr. 237 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 288 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat ausgeführt, es sei zu prüfen, ob das Einfrieren von Geldern, das in der streitigen Verordnung in der durch die Verordnung Nr. 561/2003 geänderten Fassung und indirekt in den mit diesen Verordnungen umgesetzten Resolutionen des Sicherheitsrats vorgesehen sei, die Grundrechte des Rechtsmittelführers verletze.
90. In Randnr. 238 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 289 des angefochtenen Urteils Al Barakaat hat das Gericht entschieden, nach dem Standard des universellen Schutzes der zum ius cogens gehörenden Menschenrechte sei dies nicht der Fall.
91. Hierzu hat es in den Randnrn. 239 und 240 des angefochtenen Urteils Kadi sowie 290 und 291 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat festgestellt, die Ausnahmen und Befreiungen von der Verpflichtung zum Einfrieren von Geldern, die in der streitigen Verordnung infolge ihrer Änderung durch die Verordnung Nr. 561/2003, die ihrerseits die Resolution 1452 (2002) des Sicherheitsrats umsetze, vorgesehen seien, zeigten, dass diese Maßnahme weder bezwecke, die in der konsolidierten Liste eingetragenen Personen einer inhumanen oder erniedrigenden Behandlung auszusetzen, noch dies bewirke.
92. In den Randnrn. 243 bis 251 des angefochtenen Urteils Kadi und 294 bis 302 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat hat das Gericht ferner geurteilt, dass das Einfrieren von Geldern aus folgenden Gründen nicht den Tatbestand eines willkürlichen, unangemessenen und unverhältnismäßigen Eingriffs in das Recht auf privates Eigentum der Betroffenen erfülle und daher nicht als Verletzung des ius cogens betrachtet werden könne:
– Mit den fraglichen Maßnahmen werde ein grundlegendes, im allgemeinen Interesse der Völkergemeinschaft liegendes Ziel verfolgt, nämlich der Kampf gegen den internationalen Terrorismus, und die UNO sei legitimiert, Maßnahmen zum Schutz vor den Handlungen terroristischer Organisationen zu ergreifen;
– das Einfrieren von Geldern sei eine Sicherungsmaßnahme, die im Unterschied zu einer Beschlagnahme nicht in die Substanz des Rechts der Betroffenen am Eigentum ihrer Finanzmittel eingreife, sondern nur in deren Nutzung;
– die fraglichen Resolutionen des Sicherheitsrats sähen einen Mechanismus zur regelmäßigen Überprüfung der allgemeinen Sanktionsregelung vor;
– die betreffenden Resolutionen stellten ein Verfahren zur Verfügung, das es den Betroffenen ermögliche, ihren Fall jederzeit über den Mitgliedstaat, dem sie angehörten oder in dem sie wohnten, dem Sanktionsausschuss zur Überprüfung vorzulegen.
93. Zweitens hat das Gericht zur behaupteten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und insbesondere zum angeblichen Anspruch der Rechtsmittelführer auf Anhörung durch die Gemeinschaftsorgane vor Erlass der streitigen Verordnung in Randnr. 258 des angefochtenen Urteils Kadi, der Randnr. 328 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat mutatis mutandis entspricht, entschieden:
„Wie aus den oben formulierten Vorbemerkungen zur Verknüpfung zwischen der durch die Vereinten Nationen entstandenen Völkerrechtsordnung und der Gemeinschaftsrechtsordnung hervorgeht, waren die Gemeinschaftsorgane im vorliegenden Fall verpflichtet, in die Gemeinschaftsrechtsordnung Resolutionen des Sicherheitsrats und Beschlüsse des Sanktionsausschusses umzusetzen, die sie keineswegs ermächtigten, im Stadium ihrer konkreten Durchführung irgendeinen gemeinschaftlichen Mechanismus zur Prüfung oder erneuten Prüfung der individuellen Fälle vorzusehen, da sowohl der wesentliche Inhalt der fraglichen Maßnahmen als auch die Überprüfungsmechanismen (vgl. unten, Randnrn. 262 ff.) vollständig in die Zuständigkeit des Sicherheitsrats und seines Sanktionsausschusses fielen. Folglich verfügten die Gemeinschaftsorgane über keine Untersuchungsbefugnis, keine Möglichkeit einer Kontrolle der vom Sicherheitsrat und vom Sanktionsausschuss zugrunde gelegten Tatsachen, keinen Ermessensspielraum in Bezug auf diese Tatsachen und keine Beurteilungsfreiheit hinsichtlich der Zweckmäßigkeit des Erlasses von Sanktionen gegenüber dem Kläger. Das gemeinschaftsrechtliche Prinzip des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann unter solchen Umständen, unter denen eine Anhörung des Betroffenen das Organ keinesfalls veranlassen könnte, seinen Standpunkt zu revidieren, keine Anwendung finden.“
94. Das Gericht hat daraus in Randnr. 259 des angefochtenen Urteils Kadi gefolgert, dass der Rat nicht verpflichtet gewesen sei, den Rechtsmittelführer im Zusammenhang mit dem Erlass und der Durchführung der streitigen Verordnung zur Frage seines Verbleibs auf der Liste der von den Sanktionen betroffenen Personen und Organisationen anzuhören, und in Randnr. 329 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat, dass der Rat nicht verpflichtet gewesen sei, die Kläger im ersten Rechtszug vor dem Erlass der streitigen Verordnung anzuhören.
95. Was zum anderen die Verletzung des von den Rechtsmittelführern behaupteten Anspruchs darauf angeht, vom Sanktionsausschuss im Zusammenhang mit ihrer Aufnahme in die konsolidierte Liste angehört zu werden, hat das Gericht in Randnr. 261 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 306 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat festgestellt, dass ein solcher Anspruch in den fraglichen Resolutionen des Sicherheitsrats nicht vorgesehen sei.
96. Es hat ferner in Randnr. 307 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat geurteilt, dass keine zwingende Völkerrechtsnorm unter Umständen wie denen des vorliegenden Falles eine vorherige Anhörung der Betroffenen gebiete.
97. Das Gericht hat außerdem bemerkt, dass die fraglichen Resolutionen des Sicherheitsrats zwar kein Recht auf eine persönliche Anhörung vorsähen, dass sie und die aufeinander folgenden Verordnungen, mit denen sie in der Gemeinschaft umgesetzt worden seien, aber einen Mechanismus zur Überprüfung der individuellen Fälle einführten, wonach sich die Betroffenen über ihre nationalen Behörden an den Sanktionsausschuss wenden könnten, um ihre Streichung von der konsolidierten Liste oder eine Ausnahme vom Einfrieren der Gelder zu erreichen (angefochtene Urteile Kadi, Randnr. 262, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnr. 309).
98. Das Gericht hat in Randnr. 264 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 311 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat auf die am 7. November 2002 vom Sanktionsausschuss verabschiedeten und am 10. April 2003 geänderten „Leitlinien für die Arbeit [des Sanktionsausschusses]“ (im Folgenden: Leitlinien des Sanktionsausschusses) sowie in Randnr. 266 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 313 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat auf verschiedene Resolutionen des Sicherheitsrats verwiesen und in den zuletzt genannten Randnummern die Bedeutung festgehalten, die der Sicherheitsrat, so weit es ihm möglich sei, den Grundrechten der in der konsolidierten Liste verzeichneten Personen und insbesondere den Verteidigungsrechten beimesse.
99. In Randnr. 268 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 315 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat hat das Gericht entschieden, es könne nicht als unzulässig im Hinblick auf die zwingenden Normen der Völkerrechtsordnung angesehen werden, dass – wie das Gericht in der jeweils voranstehenden Randnummer der beiden Urteile festgestellt hat – das Überprüfungsverfahren den Betroffenen selbst keinen unmittelbaren Anspruch auf Anhörung durch den Sanktionsausschuss verleihe, der die einzige Stelle sei, die auf Antrag eines Staates eine Überprüfung ihres Falles vornehmen könne, so dass sie letztlich von dem diplomatischen Schutz abhängig seien, den die Staaten ihren Staatsangehörigen gewährten.
100. Hinzu komme, dass die Betroffenen die Möglichkeit hätten, gestützt auf das innerstaatliche Recht oder auch unmittelbar auf die streitige Verordnung und die mit ihr umgesetzten einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats Klage zu erheben gegen eine etwaige missbräuchliche Weigerung der zuständigen nationalen Behörde, ihren Fall dem Sanktionsausschuss zur Überprüfung vorzulegen (angefochtene Urteile Kadi, Randnr. 270, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnr. 317).
101. Unter Umständen wie denen der bei ihm anhängigen Rechtssachen, in denen es um eine Sicherungsmaßnahme gehe, die die Verfügbarkeit des Vermögens der Betroffenen einschränke, erfordere ferner die Beachtung ihrer Grundrechte nicht, dass ihnen die ihnen zur Last gelegten Tatsachen und Beweiselemente mitgeteilt würden, wenn der Sicherheitsrat oder der Sanktionsausschuss der Meinung seien, dass Gründe, die mit der Sicherheit der Völkergemeinschaft zusammenhingen, dem entgegenstünden (angefochtene Urteile Kadi, Randnr. 274, sowie Yusuf und Al Barakaat, Randnr. 320).
102. Aufgrund dieser Erwägungen ist das Gericht in Randnr. 276 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 330 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat zu dem Ergebnis gelangt, dass der auf die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gestützte Klagegrund zurückzuweisen sei.
103. Zuletzt hat das Gericht zum Klagegrund der Verletzung des Rechts auf effektive gerichtliche Kontrolle in den Randnrn. 278 bis 285 des angefochtenen Urteils Kadi, deren Wortlaut im Wesentlichen dem der Randnrn. 333 bis 340 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat entspricht, ausgeführt:
„278 Im vorliegenden Fall konnte der Kläger eine Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG beim Gericht erheben.
279 Im Rahmen dieser Klage prüft das Gericht die Rechtmäßigkeit der [streitigen] Verordnung umfassend daraufhin, ob die Gemeinschaftsorgane die Zuständigkeitsregeln sowie die Vorschriften über die formale Rechtmäßigkeit und die wesentlichen Formvorschriften beachtet haben, die für ihr Handeln gelten.
280 Das Gericht prüft ferner die Rechtmäßigkeit der [streitigen] Verordnung im Hinblick auf die Resolutionen des Sicherheitsrats, die mit ihr umgesetzt werden sollen, insbesondere unter dem Aspekt der formellen und materiellen Angemessenheit, der inneren Kohärenz und der Verhältnismäßigkeit der Verordnung gegenüber den Resolutionen.
281 Bei dieser Kontrolle stellt das Gericht fest, dass der Kläger unstreitig zu den natürlichen Personen gehört, die am 19. Oktober 2001 in die [konsolidierte] Liste … aufgenommen wurden …
282 Im Rahmen der vorliegenden Nichtigkeitsklage hat sich das Gericht außerdem für zuständig erklärt, die Rechtmäßigkeit der [streitigen] Verordnung und mittelbar die Rechtmäßigkeit der fraglichen Resolutionen des Sicherheitsrats anhand der zum Ius cogens gehörenden übergeordneten Normen des Völkerrechts und insbesondere auch der zwingenden Normen zum universellen Schutz der Menschenrechte zu prüfen.
283 Dagegen kann das Gericht, wie bereits oben in Randnummer 225 ausgeführt, nicht mittelbar die Vereinbarkeit der fraglichen Resolutionen des Sicherheitsrats selbst mit den durch die Gemeinschaftsrechtsordnung geschützten Grundrechten prüfen.
284 Das Gericht kann auch nicht feststellen, ob bei der Beurteilung der Tatsachen und Beweiselemente, auf die der Sicherheitsrat seine Maßnahmen gestützt hat, ein Fehler begangen wurde, oder, unbeschadet des oben in Randnummer 282 festgelegten begrenzten Rahmens, mittelbar kontrollieren, ob diese Maßnahmen zweckmäßig und verhältnismäßig sind. Eine solche Kontrolle könnte nicht vorgenommen werden, ohne in die Befugnisse des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen im Bereich der Feststellung einer Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit sowie der zu ihrer Bewältigung oder Beseitigung geeigneten Maßnahmen einzugreifen. Im Übrigen sind die Frage, ob eine Person oder eine Organisation eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit darstellt, wie auch die Frage, welche Maßnahmen gegenüber den Betroffenen zu ergreifen sind, um dieser Bedrohung zu begegnen, mit einer politischen Bewertung und mit Werturteilen verbunden, für die grundsätzlich allein die Stelle zuständig ist, der die Völkergemeinschaft die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit übertragen hat.
285 Demnach ist festzustellen, dass der Kläger in dem oben in Randnummer 284 genannten Umfang über keinen gerichtlichen Rechtsbehelf verfügt, da der Sicherheitsrat es nicht für angebracht gehalten hat, ein unabhängiges internationales Gericht zu schaffen, das in rechtlicher wie in tatsächlicher Hinsicht über Klagen gegen die Einzelfallentscheidungen des Sanktionsausschusses zu befinden hat.“
104. In Randnr. 286 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 341 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat hat das Gericht entschieden, dass eine derartige Lücke im gerichtlichen Rechtsschutz der Rechtsmittelführer jedoch nicht als solche gegen das Ius cogens verstoße.
105. Hierzu hat das Gericht in den Randnrn. 288 bis 290 des angefochtenen Urteils Kadi, deren Wortlaut im Wesentlichen dem der Randnrn. 343 bis 345 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat entspricht, ausgeführt:
„288 Im vorliegenden Fall ist das Gericht der Ansicht, dass die Beschränkung des Rechts des Klägers auf Zugang zu einem Gericht, das sich aus der Immunität von der Gerichtsbarkeit ergibt, von der in der innerstaatlichen Rechtsordnung der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen die Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen im Einklang mit den einschlägigen Grundsätzen des Völkerrechts (insbesondere den Artikeln 25 und 103 der Charta) grundsätzlich profitieren, diesem Recht, wie es durch das Ius cogens gewährleistet wird, immanent ist.
289 Eine solche Beschränkung ist sowohl aufgrund des Wesens der Entscheidungen, zu deren Erlass der Sicherheitsrat sich nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen veranlasst sieht, als auch aufgrund des verfolgten berechtigten Zieles gerechtfertigt. Unter den Umständen des vorliegenden Falles reicht das Interesse des Klägers daran, durch ein Gericht zur Sache gehört zu werden, nicht aus, um gegenüber dem wesentlichen allgemeinen Interesse an der Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit angesichts einer vom Sicherheitsrat gemäß den Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen eindeutig festgestellten Bedrohung zu überwiegen. Insoweit ist dem Umstand erhebliche Bedeutung beizumessen, dass die aufeinander folgenden Resolutionen des Sicherheitsrats keineswegs Maßnahmen von unbegrenzter oder unbestimmter Geltungsdauer vorgesehen, sondern immer einen Mechanismus zur Überprüfung der Zweckmäßigkeit der Aufrechterhaltung dieser Maßnahmen nach 12 oder 18 Monaten eingeführt haben …
290 Schließlich ist das Gericht der Auffassung, dass mangels eines für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Rechtsakte des Sicherheitsrats zuständigen internationalen Gerichts die Schaffung eines Organs wie des Sanktionsausschusses und die in den Vorschriften vorgesehene Möglichkeit, sich jederzeit zur Überprüfung jedes Einzelfalls in einem formalisierten Verfahren unter Einbeziehung sowohl der ‚angerufenen Regierung‘ als auch der ‚vorschlagenden Regierung‘ … an diesen Ausschuss zu wenden, einen anderen sachgerechten Weg für einen angemessenen Schutz der dem Kläger durch das Ius cogens zuerkannten Grundrechte darstellen.“
106. Dementsprechend hat das Gericht die auf eine Verletzung des Rechts auf effektive gerichtliche Kontrolle gestützten Klagegründe zurückgewiesen und die Klagen folglich in vollem Umfang abgewiesen.
Rechtsmittelanträge der Verfahrensbeteiligten
107. Mit seinem Rechtsmittel beantragt Herr Kadi,
– das angefochtene Urteil Kadi in vollem Umfang aufzuheben;
– die streitige Verordnung für nichtig zu erklären und
– dem Rat und/oder der Kommission die Kosten im vorliegenden Rechtsmittelverfahren und im Verfahren vor dem Gericht aufzuerlegen.
108. Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Al Barakaat,
– das angefochtene Urteil Yusuf und Al Barakaat aufzuheben;
– die streitige Verordnung für nichtig zu erklären und
– dem Rat und der Kommission die Kosten im vorliegenden Rechtsmittelverfahren und im Verfahren vor dem Gericht aufzuerlegen.
109. Der Rat beantragt in beiden Rechtssachen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und den Rechtsmittelführern die Kosten aufzuerlegen.
110. In der Rechtssache C‑402/05 P beantragt die Kommission,
– festzustellen, dass keiner der geltend gemachten Rechtsmittelgründe geeignet ist, den Tenor des angefochtenen Urteils Kadi in Frage zu stellen, die Begründung dieses Urteils jedoch wie in ihrer Rechtsmittelbeantwortung vorgeschlagen zu ersetzen;
– das Rechtsmittel folglich zurückzuweisen und
– dem Rechtsmittelführer die Kosten aufzuerlegen.
111. In der Rechtssache C‑415/05 P beantragt die Kommission,
– die Klage in vollem Umfang abzuweisen und
– der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.
112. Das Vereinigte Königreich legt ein Anschlussrechtsmittel ein und beantragt,
– die Rechtsmittel zurückzuweisen und
– den Teil der angefochtenen Urteile aufzuheben, der die Frage des ius cogens behandelt, nämlich die Randnrn. 226 bis 231 des angefochtenen Urteils Kadi und 277 bis 281 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat.
113. Das Königreich Spanien, das mit Beschlüssen des Präsidenten des Gerichtshofs vom 27. April 20 06 (Rechtssache C‑402/05 P) und 15. Mai 2006 (Rechtssache C‑415/05 P) als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden ist, beantragt,
– die Rechtsmittel in vollem Umfang zurückzuweisen und die angefochtenen Urteile in vollem Umfang zu bestätigen;
– den Rechtsmittelführern die Kosten aufzuerlegen;
– den Antrag der Kommission in Bezug auf den jeweils ersten Rechtsmittelgrund der beiden Rechtsmittel zurückzuweisen und die angefochtenen Urteile zu bestätigen sowie
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen;
– hilfsweise, für den Fall, dass der Gerichtshof die angefochtenen Urteile aufhebt und dementsprechend die streitige Verordnung für nichtig erklärt, gemäß Art. 231 EG anzuordnen, dass die Wirkungen dieser Verordnung bis zum Erlass einer neuen, die streitige Verordnung ersetzenden Verordnung als fortgeltend zu betrachten sind.
114. Die Französische Republik, die mit Beschlüssen des Präsidenten des Gerichtshofs vom 27. April 2006 (Rechtssache C‑402/05 P) und 15. Mai 2006 (Rechtssache C‑415/05 P) als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Rates und der Kommission zugelassen worden ist, beantragt,
– die Rechtsmittel zurückzuweisen, den Anschlussrechtsmitteln des Vereinigten Königreichs stattzugeben und die Begründung in Bezug auf den Teil der angefochtenen Urteile, der das ius cogens betrifft, zu ersetzen sowie
– den Rechtsmittelführern die Kosten aufzuerlegen.
115. Das Königreich der Niederlande, das mit Beschlüssen des Präsidenten des Gerichtshofs vom 27. April 2006 (Rechtssache C‑402/05 P) und 15. Mai 2006 (Rechtssache C‑415/05 P) als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen worden ist, beantragt in beiden Rechtssachen, das Rechtsmittel zurückzuweisen, sofern der Gerichtshof die Begründung in Bezug auf den Umfang der Rechtmäßigkeitskontrolle, hilfsweise auf die Frage, ob Normen des ius cogens verletzt worden sind, ersetzt.
Für die Aufhebung der angefochtenen Urteile geltend gemachte Gründe
116. Herr Kadi macht zwei Rechtsmittelgründe geltend, nämlich erstens das Fehlen einer Rechtsgrundlage für die streitige Verordnung sowie zweitens einen Verstoß gegen mehrere völkerrechtliche Regeln, den das Gericht begangen habe, und die Folgen, die dieser Verstoß für die Würdigung der Klagegründe betreffend die Verletzung einiger seiner Grundrechte gehabt habe, die er vor dem Gericht angeführt habe.
117. Al Barakaat stützt sich auf drei Rechtsmittelgründe, und zwar erstens das Fehlen einer Rechtsgrundlage für die streitige Verordnung, zweitens einen Verstoß gegen Art. 249 EG und drittens die Verletzung einiger ihrer Grundrechte.
118. Das Vereinigte Königreich führt im Rahmen seines Anschlussrechtsmittels einen einzigen Rechtsmittelgrund an, nämlich, dass das Gericht in den angefochtenen Urteilen rechtsfehlerhaft festgestellt habe, dass es für die Prüfung der Vereinbarkeit der fraglichen Resolutionen des Sicherheitsrats mit den Regeln des ius cogens zuständig sei.
Zu den Rechtsmitteln
119. Mit Beschluss vom 13. November 2007 hat der Präsident des Gerichtshof angeordnet, den Namen von Ahmed Ali Yusuf infolge der Rücknahme des Rechtsmittels, das er zusammen mit Al Barakaat in der Rechtssache C‑415/05 P eingereicht hatte, aus dem Register des Gerichtshofs zu streichen.
120. Nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten und des Generalanwalts sind die vorliegenden Rechtssachen gemäß Art. 43 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zu gemeinsamer Entscheidung zu verbinden, da sie miteinander in Zusammenhang stehen.
Zu den Rechtsmittelgründen betreffend die Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
121. Mit seinem ersten Rechtsmittelgrund macht Herr Kadi geltend, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, indem es in Randnr. 135 des angefochtenen Urteils Kadi entschieden habe, dass die streitige Verordnung auf der gemeinsamen Grundlage der Art. 60 EG, 301 EG und 308 EG habe erlassen werden können.
122. Dieser Rechtsmittelgrund ist in drei Teile unterteilt.
123. Mit dem ersten Teil trägt Herr Kadi vor, das Gericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die Art. 60 EG und 301 EG als Teilrechtsgrundlage für die streitige Verordnung angesehen werden könnten. Das Gericht erläutere im Übrigen nicht, inwiefern diese Bestimmungen, die nur Maßnahmen gegen Drittländer begründen könnten, in Verbindung mit Art. 308 EG als Rechtsgrundlage für die betreffende Verordnung betrachtet werden könnten, obwohl diese ausschließlich Maßnahmen gegen Einzelpersonen und nichtstaatliche Einrichtungen umfasse.
124. Mit dem zweiten Teil rügt Herr Kadi, wenn die Art. 60 EG und 301 EG gleichwohl als Teilrechtsgrundlage für die streitige Verordnung angesehen werden müssten, habe das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es Art. 301 EG und die darin vorgesehene Funktion eines „Bindeglieds“ falsch verstanden habe, da dieser Artikel keinesfalls zu Maßnahmen ermächtige, mit denen ein Ziel des EU‑Vertrags verwirklicht werden solle.
125. Mit dem dritten Teil wirft Herr Kadi dem Gericht vor, Art. 308 EG rechtsfehlerhaft dahin ausgelegt zu haben, dass er eine Rechtsgrundlage für eine Regelung bieten könne, für die die notwendigen Befugnisse nicht im Vertrag vorgesehen seien und die nicht erforderlich gewesen sei, um eines der Ziele der Gemeinschaft zu erreichen. In den Randnrn. 122 bis 134 des angefochtenen Urteils Kadi habe das Gericht zu Unrecht die Ziele der beiden integrierten, aber verschiedenen Rechtsordnungen gleichgesetzt, um die es sich bei der Union und der Gemeinschaft handele, und dadurch die Grenzen von Art. 308 EG verkannt.
126. Diese Konzeption sei zudem nicht mit dem Grundsatz der Einzelermächtigung gemäß Art. 5 EG vereinbar. Insoweit gehe aus den Randnrn. 28 bis 35 des Gutachtens 2/94 vom 28. März 1996 (Slg. 1996, I‑1759) hervor, dass die Erwähnung eines Ziels im EU‑Vertrag nicht das Fehlen dieses Ziels in der Aufzählung der Ziele des EG‑Vertrags heilen könne.
127. Der Rat und die Französische Republik weisen den ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes von Herrn Kadi zurück, indem sie u. a. geltend machen, die Erwähnung der Art. 60 EG und 301 EG in der Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung sei dadurch gerechtfertigt, dass diese Restriktionen vorsähen, deren Anwendungsbereich über den Rückgriff auf Art. 308 EG auf Einzelpersonen oder nichtstaatliche und daher nicht von den beiden zuerst genannten Artikeln erfasste Einrichtungen ausgeweitet werden müsse.
128. Das Vereinigte Königreich trägt vor, dass Art. 308 EG als Mechanismus zur Ergänzung der in den Art. 60 EG und 301 EG vorgesehenen instrumentellen Befugnisse verwendet worden sei, weshalb diese Artikel nicht die Teilrechtsgrundlage der streitigen Verordnung seien. Das Königreich Spanien führt im Wesentlichen das Gleiche aus.
129. Zum zweiten Teil dieses Rechtsmittelgrundes bemerkt der Rat, die Daseinsberechtigung des in Art. 301 EG vorgesehenen Bindeglieds liege gerade darin, ihm die Befugnis zum Erlass von Maßnahmen zur Erreichung eines Ziels des EU‑Vertrags zu verleihen.
130. Das Königreich Spanien, die Französische Republik und das Vereinigte Königreich führen aus, Art. 308 – und nicht die Art. 60 EG und 301 EG – habe es ermöglicht, Restriktionen gegen Einzelpersonen und nichtstaatliche Einrichtungen zu verhängen, und dadurch den Anwendungsbereich der beiden zuletzt genannten Artikel ergänzt.
131. Zum dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes von Herrn Kadi macht der Rat geltend, die Daseinsberechtigung für das Bindeglied in Art. 301 EG bestehe gerade darin, ausnahmsweise die der Gemeinschaft übertragenen Befugnis zur Verhängung wirtschaftlicher und finanzieller Sanktionen zur Erreichung eines Ziels der GASP und damit der Union anstelle eines Ziels der Gemeinschaft zu nutzen.
132. Das Vereinigte Königreich und die als Streithelfer beigetretenen Mitgliedstaaten teilen im Wesentlichen diesen Standpunkt.
133. Das Vereinigte Königreich führt zur Erläuterung seiner Position aus, die in der streitigen Verordnung vorgesehene Maßnahme könne dahin verstanden werden, dass sie nicht zur Erreichung eines Ziels der Union, sondern eines Ziels der Gemeinschaft beitrage, und zwar des impliziten, rein instrumentellen und den Art. 60 EG und 301 EG zugrunde liegenden Ziels, wirksame Mittel bereitzustellen, um ausschließlich mit wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen Rechtsakte durchzusetzen, die aufgrund der Befugnis der Union gemäß Titel V des EU‑Vertrags erlassen worden seien.
134. Erfordere die Erreichung dieses instrumentellen Ziels Formen wirtschaftlichen Zwangs, die über die Befugnisse hinausgingen, die dem Rat mit den Art. 60 EG und 301 EG ausdrücklich übertragen worden seien, sei es angebracht, zur Ergänzung dieser Befugnisse Art. 308 EG heranzuziehen.
135. Die Kommission erklärt zunächst, dass sie ihren Standpunkt überdacht habe, und macht dann als Hauptvorbringen geltend, dass die Art. 60 EG und 301 EG im Hinblick auf ihren Wortlaut und Zusammenhang schon für sich genommen geeignete und hinreichende Rechtsgrundlagen für den Erlass der streitigen Verordnung gewesen seien.
136. Hierzu trägt die Kommission im Wesentlichen vor:
– Der Wortlaut von Art. 301 EG sei weit genug, um wirtschaftliche Sanktionen gegen Einzelpersonen zu erfassen, sofern sie sich in einem Drittland befänden oder in anderer Art und Weise mit diesem verbunden seien. Der Begriff „Wirtschaftsbeziehungen“ umfasse eine große Bandbreite von Tätigkeiten. Jede wirtschaftliche Sanktion, auch wenn sie sich gegen ein Drittland richte, wie z. B. ein Embargo, wirke sich unmittelbar auf die betroffenen Einzelpersonen und nur mittelbar auf das betreffende Land aus. Nach dem Wortlaut von Art. 301 EG, insbesondere dem Ausdruck „einzuschränken“, müsse sich eine partielle Maßnahme nicht gegen ein bestimmtes Segment der betroffenen Länder, wie z. B. deren Regierung, richten. Da diese Bestimmung es der Gemeinschaft erlaube, die Wirtschaftsbeziehungen mit allen Ländern völlig einzustellen, müsse sie die Gemeinschaft auch dazu berechtigen, die Wirtschaftsbeziehungen mit einer begrenzten Zahl von Einzelpersonen in einer begrenzten Zahl von Ländern einzustellen.
– Die terminologische Übereinstimmung zwischen Art. 41 der UN‑Charta und Art. 301 EG lasse die eindeutige Absicht Verfasser der zuletzt genannten Bestimmung erkennen, eine Grundlage für die Umsetzung aller Maßnahmen des Sicherheitsrats, die ein Tätigwerden der Gemeinschaft erforderten, durch die Gemeinschaft bereitzustellen.
– Art. 301 EG schaffe ein prozedurales Bindeglied zwischen der Gemeinschaft und der Union, solle aber den Bereich, in dem die Gemeinschaft zuständig sei, weder erweitern noch einschränken. Folglich sei er ebenso weit zu verstehen wie die einschlägigen Gemeinschaftsbefugnisse.
137. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die fraglichen Maßnahmen wegen der Auswirkung des Einfrierens wirtschaftlicher Ressourcen auf den Handel unter die gemeinsame Handelspolitik fielen, ja sogar, dass es sich bei den betreffenden Maßnahmen um Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr handle, weil mit ihnen die Übertragung wirtschaftlicher Ressourcen auf Einzelpersonen in Drittländern verboten werde.
138. Außerdem ergebe sich aus Art. 56 Abs. 1 und 2 EG, dass für den Kapital‑ und Zahlungsverkehr zwischen der Gemeinschaft und Drittländern die Gemeinschaft zuständig sei und dass die Mitgliedstaaten nur im Rahmen von Art. 60 Abs. 2 EG und nicht nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. b EG Sanktionen in diesem Bereich beschließen könnten.
139. Folglich könne für den Erlass der streitigen Verordnung nicht auf Art. 308 EG zurückgegriffen werden, da in den Art. 60 EG und 301 EG eine Befugnis zum Tätigwerden vorgesehen sei. Die zuletzt genannten Artikel stellten die Grundlage für die hauptsächliche oder überwiegende Komponente dieser Verordnung bereit, der gegenüber andere Komponenten, wie z. B. das Einfrieren der Vermögenswerte von Personen, die gleichzeitig Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Union und Verbündete einer ausländischen Terrorgruppe seien, völlig nebensächlich seien, wobei die Kommission insoweit u. a. auf das Urteil vom 10. Januar 2006, Kommission/Rat (C−94/03, Slg. 2006, I‑1, Randnr. 35) verweist.
140. Hilfsweise macht die Kommission geltend, bevor auf Art. 308 EG zurückgegriffen werde, sei die Anwendbarkeit der Artikel des EG‑Vertrags im Bereich der gemeinsamen Handelspolitik und des freien Kapital‑ und Zahlungsverkehrs zu prüfen.
141. Höchst hilfsweise führt sie aus, wenn Art. 308 EG als Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung herangezogen werden müsste, dann als einzige Rechtsgrundlage, da sich der Rückgriff auf diese Bestimmung auf die Erwägung stützen müsste, dass das Tätigwerden der Gemeinschaft erforderlich sei, um eines ihrer Ziele zu erreichen, und nicht, wie das Gericht entschieden habe, um die Ziele des EU‑Vertrags, hier die der GASP, zu verwirklichen.
142. Es handle sich im vorliegenden Fall um das Gemeinschaftsziel der gemeinsamen Handelspolitik im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b EG und das des freien Kapitalverkehrs, das implizit in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c EG in Verbindung mit den einschlägigen Bestimmungen des EG‑Vertrags, nämlich denen des Art. 56 EG betreffend den freien Kapitalverkehr mit Drittländern, aufgeführt sei. Da die fraglichen Maßnahmen unabhängig davon, dass sie im Rahmen der Verfolgung außenpolitischer Ziele erlassen worden seien, Auswirkungen auf den Handel hätten, gehörten sie zu den erwähnten Zielen der Gemeinschaft.
143. Herr Kadi, das Königreich Spanien, die Französische Republik und das Vereinigte Königreich weisen das Hauptvorbringen der Kommission aus folgenden Gründen zurück:
– Es handele sich um eine extensive Auslegung der Art. 60 EG und 301 EG, die verkenne, dass die fraglichen, als „intelligent“ bezeichneten Sanktionen, da sie keinerlei Bezug mehr zu einem Drittland aufwiesen, völlig anders und neuartig seien; diese Auslegung sei gewagt, weil die betreffenden Artikel zu einer Zeit eingeführt worden seien, als die Sanktionen durch einen solchen Bezug gekennzeichnet gewesen seien;
– anders als die fraglichen intelligenten Sanktionen richte sich ein vollständiges Embargo hauptsächlich gegen die Machthaber eines Drittlands, auf die eine solche Maßnahme Druck auszuüben suche, und nur mittelbar gegen die Wirtschaftsteilnehmer des betreffenden Landes, weshalb sich nicht vertreten lasse, dass sich jede Sanktion einschließlich eines Embargos in erster Linie gegen Einzelne richte;
– anders als Art. 41 der UN‑Charta betreffe Art. 301 EG ausdrücklich die Aussetzung der Wirtschaftsbeziehungen „zu einem oder mehreren dritten Ländern“, so dass eine Berufung auf die Ähnlichkeit des Wortlauts dieser beiden Bestimmung ins Leere gehe;
– Art. 301 EG sei keine bloße Verfahrensvorschrift, sondern schaffe eine Rechtsgrundlage und ein eigenständiges Verfahren und übertrage der Gemeinschaft ganz offensichtlich eine materielle Zuständigkeit;
– die mit der streitigen Verordnung angeordneten Maßnahmen beträfen nicht die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Gemeinschaft und Drittländern und könnten daher nicht das Ziel der gemeinsamen Handelspolitik für sich beanspruchen;
– das Gericht habe zu Recht entschieden, dass die betreffenden Maßnahmen nicht dazu beitrügen, der Gefahr von Einschränkungen des freien Kapitalverkehrs zu begegnen, und dass Art. 60 Abs. 2 EG keine Restriktionen gegen Einzelpersonen oder Organisationen begründen könne. Da diese Bestimmung nur Maßnahmen gegenüber Drittländern betreffe, könnten die fraglichen Maßnahmen nicht im Rahmen von Art. 58 Abs. 1 Buchst. b EG erlassen wor den sein.
144. Die Hilfsvorbringen der Kommission wird von Herrn Kadi, dem Königreich Spanien und der Französischen Republik ebenfalls zurückgewiesen.
145. Ein Rückgriff auf die Art. 133 EG oder 57 Abs. 2 EG sei nicht zulässig, da die in der streitigen Verordnung vorgesehenen Maßnahmen weder die Wirtschaftsbeziehungen mit Drittländern beträfen noch in die Kategorie des Kapitalverkehrs im Sinne von Art. 57 Abs. 2 EG fielen.
146. Es könne auch nicht vertreten werden, dass mit der streitigen Verordnung die Erreichung von Zielen der Gemeinschaft im Sinne von Art. 308 EG angestrebt werde. So sei das Ziel des freien Kapitalverkehrs ausgeschlossen, da das in dieser Verordnung vorgesehene Einfrieren von Geldern nicht mit der plausiblen und ernsthaften Gefahr von Divergenzen zwischen den Mitgliedstaaten verbunden sei. Das Ziel der gemeinsamen Handelspolitik sei ebenfalls nicht einschlägig, weil das Einfrieren der Vermögenswerte einer Einzelperson, die keine Verbindungen zu der Regierung eines Drittlands habe, nicht den Handel mit einem solchen Land betreffe und kein handelspolitisches Ziel verfolge.
147. Für den Fall, dass ihrem Hauptvorbringen gefolgt wird, beantragt die Kommission, aus Gründen der Rechtssicherheit und zur ordnungsgemäßen Erfüllung der im Rahmen der Vereinten Nationen eingegangenen Verpflichtungen gemäß Art. 231 EG anzuordnen, dass die Wirkungen der streitigen Verordnung in vollem Umfang als fortgeltend zu betrachten sind.
148. Für diesen Fall stellen das Königreich Spanien und die Französische Republik ebenfalls einen entsprechenden Antrag.
149. Herr Kadi hingegen wendet sich gegen diese Anträge und führt zur Begründung aus, dass die streitige Verordnung eine schwere Verletzung von Grundrechten darstelle. Jedenfalls müsse eine Ausnahme für Personen vorgesehen werden, die wie er bereits eine Klage gegen diese Verordnung eingereicht hätten.
150. Al Barakaat macht mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund dem Gericht erstens zum Vorwurf, dass es in den Randnrn. 158 bis 179 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat entschieden habe, dass die streitige Verordnung auf der Grundlage der Art. 60 EG, 301 EG und 308 EG habe erlassen werden können.
151. Das Gericht habe in den Randnrn. 160 bis 164 des betreffenden Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt, dass sich die Art. 60 EG und 301 EG nicht ausschließlich auf ein Tätigwerden der Gemeinschaft bezögen, sondern auch eines der durch Art. 2 EU der Union speziell zugewiesenen Ziele, nämlich eine gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, betreffen könnten.
152. Zweitens rügt Al Barakaat, dass das Gericht in den Randnrn. 112, 113, 115 und 116 des angefochtenen Urteils entschieden habe, dass Sanktionen, die gegen Einzelpersonen beschlossen worden seien, um Einfluss auf die Wirtschaftsbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern zu nehmen, durch Art. 60 EG und 301 EG gedeckt seien und dass diese Auslegung sowohl durch Wirksamkeitserwägungen als auch aus humanitären Gründen gerechtfertigt sei.
153. Der Rat entgegnet, das Gericht habe in Randnr. 161 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat zu Recht festgestellt, dass wegen des Bindeglieds in den Art. 60 EG und 301 EG mit den Sanktionen, die nach der Annahme eines gemeinsamen Standpunkts oder dem Beschluss einer gemeinsamen Aktion zur Aussetzung oder Einschränkung der Wirtschaftsbeziehungen der Gemeinschaft mit einem oder mehreren Drittländern im Rahmen der GASP auf der Grundlage dieser Bestimmungen verhängt worden seien, das mit diesen Handlungen der Union verfolgte Ziel der GASP erreicht werden solle.
154. Außerdem habe das Gericht zu Recht entschieden, dass ein Rückgriff auf Art. 308 EG als ergänzende Rechtsgrundlage für die streitige Verordnung gerechtfertigt sei, da dieser Artikel ausschließlich dazu diene, die Ausweitung der bereits in den Art. 60 EG und 301 EG vorgesehenen wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen auf Einzelpersonen oder Organisationen zu ermöglichen, die keine hinreichende Verbindung zu einem bestimmten Drittland aufwiesen.
155. Schließlich sei die Kritik der Rechtsmittelführerin in Bezug auf die Effektivität und die Verhältnismäßigkeit der in der streitigen Verordnung vorgesehenen Sanktionen ohne Bedeutung für die Frage, ob diese Verordnung auf der richtigen Rechtsgrundlage beruhe.
156. Diese zweite Rüge hält auch das Vereinigte Königreich im Rahmen des Rechtsmittels von Al Barakaat für unerheblich, da das Gericht in Nr. 1 des Tenors des angefochtenen Urteils geurteilt habe, das über die Rechtmäßigkeit der Verordnung Nr. 467/2001 nicht mehr entschieden zu werden brauche.
157. Im Übrigen entspricht das Vorbringen des Königreichs Spanien, der Französischen Republik, des Vereinigten Königreichs und der Kommission im Wesentlichen den Ausführungen dieser Verfahrensbeteiligten im Rahmen des Rechtsmittels von Herrn Kadi.
Würdigung durch den Gerichtshof
158. Was erstens die Rügen von Al Barakaat betreffend die Randnrn. 112, 113, 115 und 116 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat angeht, ist festzustellen, dass diese Randnummern die Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 467/2001 betreffen.
159. Diese Verordnung wurde mit der streitigen Verordnung aufgehoben und durch diese ersetzt. Wie das Gericht in Randnr. 77 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat ausgeführt hat, ohne dass Al Barakaat dem in ihrem Rechtsmittel widersprochen hätte, hatte außerdem deren Klage vor dem Gericht nach Anpassung ihrer Anträge und Klagegründe an die streitige Verordnung allein die Nichtigerklärung der zuletzt genannten Verordnung, soweit sie Al Barakaat betrifft, zum Gegenstand.
160. Unter diesen Umständen können die betreffenden Rügen nicht zur Aufhebung des oben genannten Urteils führen und sind daher als ins Leere gehend anzusehen.
161. Die Erwägungen im angefochtenen Urteil Yusuf und Al Barakaat, auf die sich diese Rügen beziehen und die das Gericht als Prämissen seiner Ausführungen zur Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung bezeichnet hat, sind jedenfalls in den nachfolgenden Randnummern des erwähnten Urteils sowie im angefochtenen Urteil Kadi aufgenommen worden und werden im Rahmen der Würdigung der gegen diese Randnummern gerichteten Rechtsmittelgründe geprüft.
162. Deshalb sind die betreffenden Rügen nicht zu prüfen, soweit sie sich auf die Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 467/2001 beziehen.
163. Zweitens ist darüber zu entscheiden, ob das Hauptvorbringen der Kommission begründet ist, wonach die Art. 60 EG und 301 EG im Hinblick auf Wortlaut und Kontext für sich genommen eine geeignete und hinreichende Rechtsgrundlage für die streitige Verordnung darstellen.
164. Dieses Vorbringen richtet sich gegen die Randnrn. 92 bis 97 des angefochtenen Urteils Kadi und 128 bis 133 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat, in denen das Gericht dies verneint hat.
165. Das Vorbringen ist zurückzuweisen.
166. Das Gericht hat nämlich zu Recht entschieden, dass die Art. 60 EG und 301 EG im Hinblick auf ihren Wortlaut, insbesondere die Wendungen „mit den betroffenen dritten Ländern“ und „zu einem oder mehreren dritten Ländern“, den Erlass von Maßnahmen gegenüber Drittländern beträfen, wobei der zuletzt genannte Begriff die Machthaber eines solchen Landes sowie die mit diesen Machthabern verbündeten oder unmittelbar oder mittelbar von ihnen kontrollierten Personen oder Organisationen einschließen könne.
167. Bei den in der Resolution 1390 (2002) vorgesehenen Restriktionen, die mit der streitigen Verordnung umgesetzt werden sollen, handelt es sich jedoch um Maßnahmen, die durch das Fehlen jeglicher Verbindung mit dem Regime eines Drittlands gekennzeichnet sind. Denn nach dem Zusammenbruch des Taliban‑Regimes richten sich diese Maßnahmen unmittelbar gegen Osama bin Laden, das Al‑Qaida‑Netzwerk und die mit ihnen verbündeten Personen und Organisationen, wie sie in der konsolidierten Liste aufgeführt sind. Deshalb fallen sie als solche nicht in den Anwendungsbereich der Art. 60 EG und 301 EG.
168. Der von der Kommission befürworteten Auslegung der Art. 60 EG und 301 EG, wonach es genügen soll, dass sich die fraglichen Restriktionen gegen Personen oder Organisationen richten, die sich in einem Drittland befinden oder in anderer Art und Weise mit diesem verbunden sind, zu folgen hieße, diesen Bestimmungen einen zu weiten Anwendungsbereich zu geben und nicht zu berücksichtigen, dass, wie sich aus diesen Artikeln ausdrücklich ergibt, die auf der Grundlage dieser Bestimmungen beschlossenen Maßnahmen gegenüber Drittländern getroffen werden müssen.
169. Außerdem bestehen das grundlegende Ziel und der Gegenstand der streitigen Verordnung darin, den internationalen Terrorismus zu bekämpfen, insbesondere, ihn von seinen Finanzmitteln abzuschneiden, indem die Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen der Personen oder Organisationen eingefroren werden, die im Verdacht stehen, in damit verbundene Tätigkeiten verwickelt zu sein, und nicht darin, auf die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Gemeinschaft und allen Drittländern einzuwirken, in denen sich diese Personen oder Organisationen befinden, sofern ihr Aufenthaltsort überhaupt bekannt ist.
170. Die in der Resolution 1390 (2002) vorgesehenen und mit der streitigen Verordnung umgesetzten Restriktionen können nämlich nicht als Maßnahmen zur Einschränkung der Wirtschaftsbeziehungen mit allen Drittländern – ebenso wenig übrigens wie mit einigen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft – angesehen werden, in denen sich Personen oder Organisationen befinden, deren Name in der in Anhang I dieser Verordnung wiedergegebenen konsolidierten Liste enthalten ist.
171. Die Auffassung der Kommission kann auch nicht mit dem Ausdruck „einzuschränken“ in Art. 301 EG begründet werden.
172. Dieser Ausdruck bezieht sich nämlich auf eine mögliche Begrenzung des sachlichen oder persönlichen Anwendungsbereichs der Maßnahmen die gegebenenfalls im Rahmen dieser Bestimmung getroffen werden. Er besagt jedoch nichts über die Eigenschaft potenzieller Adressaten dieser Maßnahmen, und kann daher keine Ausweitung ihrer Anwendung auf Adressaten rechtfertigen, die keinerlei Verbindung mit dem Regime eines Drittlands haben und deshalb nicht in den Anwendungsbereich der betreffenden Bestimmung fallen.
173. Auch soweit die Kommission die terminologische Übereinstimmung des Art. 41 der UN‑Charta mit Art. 301 EG anführt, der sie entnimmt, dass die zuletzt genannte Bestimmung eine Grundlage für die Umsetzung aller Maßnahmen des Sicherheitsrats, die ein Tätigwerden der Gemeinschaft erforderten, durch die Gemeinschaft biete, kann ihr nicht gefolgt werden.
174. Art. 301 EG spricht nämlich ausdrücklich von der Aussetzung der Wirtschaftsbeziehungen „zu einem oder mehreren dritten Ländern“, während sich ein solcher Ausdruck in Art. 41 der UN‑Charta nicht findet.
175. Darüber hinaus fällt in anderer Hinsicht auch der Anwendungsbereich des Art. 41 der UN‑Charta nicht mit dem des Art. 301 EG zusammen, da nach der zuerst genannten Bestimmung eine Reihe anderer Maßnahmen zulässig ist als nach der zweiten, einschließlich Maßnahmen ganz anderer Art als die, die auf die Aussetzung oder Einschränkung der Wirtschaftsbeziehungen zielen, wie z. B. der Abbruch der diplomatischen Beziehungen.
176. Das Vorbringen der Kommission, wonach Art. 301 EG ein prozedurales Bindeglied zwischen der Gemeinschaft und der Union schaffe, so dass diese Bestimmung so weit auszulegen sei wie die einschlägigen Gemeinschaftszuständigkeiten, darunter die Zuständigkeit für die gemeinsame Handelspolitik und die für den freien Kapitalverkehr, ist ebenfalls zurückzuweisen.
177. Diese Auslegung von Art. 301 EG ist nämlich geeignet, den Anwendungsbereich und dementsprechend die praktische Wirksamkeit dieses Artikels einzuschränken, da die betreffende Bestimmung schon ihrem Wortlaut nach den Erlass von Maßnahmen betrifft, die sich auf die Wirtschaftsbeziehungen zu potenziell sehr unterschiedlichen Drittländern auswirken und daher nicht von vornherein auf die Bereiche begrenzt sein dürfen, die unter andere sachliche Gemeinschaftszuständigkeiten wie diejenige auf dem Gebiet der gemeinsamen Handelspolitik oder dem des freien Kapitalverkehrs fallen.
178. Die betreffende Auslegung findet im Übrigen keine Stütze im Wortlaut von Art. 301 EG, der der Gemeinschaft eine sachliche Zuständigkeit überträgt, deren Umfang grundsätzlich autonom gegenüber demjenigen anderer Gemeinschaftszuständigkeiten ist.
179. Drittens ist das Hilfsvorbringen der Kommission zu prüfen, wonach für den Fall, dass die streitige Verordnung nicht allein auf der Rechtsgrundlage der Art. 60 EG und 301 EG habe erlassen werden können, ein Rückgriff auf Art. 308 EG nicht gerechtfertigt sei, da die zuletzt genannte Bestimmung u. a. nur dann anwendbar sei, wenn sich aus keiner anderen Vorschrift des EG‑Vertrags die für den Erlass des betreffenden Rechtsakts erforderliche Befugnis ergebe. Die mit dieser Verordnung verhängten Restriktionen gehörten jedoch zu den Befugnissen der Gemeinschaft, insbesondere denen auf dem Gebiet der gemeinsamen Handelspolitik sowie des Kapital‑ und Zahlungsverkehrs.
180. Hierzu hat das Gericht in Randnr. 100 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 136 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat entschieden, dass keine Bestimmung des EG-Vertrags den Erlass von Maßnahmen ermögliche, die mit den in der streitigen Verordnung angeordneten Maßnahmen vergleichbar seien und die zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus und speziell zur Verhängung wirtschaftlicher und finanzieller Sanktionen wie des Einfrierens von Geldern gegenüber Einzelpersonen und Organisationen dienten, die im Verdacht stünden, zu seiner Finanzierung beizutragen, und keine Verbindung zu dem Regime eines Drittlands aufwiesen, so dass die erste Voraussetzung für die Anwendbarkeit von Art. 308 EG im vorliegenden Fall erfüllt sei.
182. Die Wahl der Rechtsgrundlage eines gemeinschaftlichen Rechtsakts muss sich nach ständiger Rechtsprechung auf objektive, gerichtlich nachprüfbare Umstände gründen, zu denen insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören (vgl. u. a. Urteile vom 23. Oktober 2007, Kommission/Rat, C‑440/05, Slg. 2007, I‑9097, Randnr. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung).
183. Zum einen fällt ein Rechtsakt der Gemeinschaft nur dann in die ausschließliche Zuständigkeit für die gemeinsame Handelspolitik nach Art. 133 EG, wenn er speziell den internationalen Warenaustausch betrifft, weil er im Wesentlichen den Handelsverkehr fördern, erleichtern oder regeln soll und sich direkt und sofort auf den Handel mit den betroffenen Erzeugnissen auswirkt (vgl. u. a. Urteil vom 12. Mai 2005, Regione autonoma Friuli-Venezia Giulia und ERSA, C‑347/03, Slg. 2005, I‑3785, Randnr. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).
184. Was ihr grundlegendes Ziel und ihren Gegenstand angeht, dient die streitige Verordnung, wie in Randnr. 169 des vorliegenden Urteils dargelegt, der Bekämpfung des Terrorismus und sieht sie zu diesem Zweck die Verhängung einer Reihe wirtschaftlicher und finanzieller Restriktionen vor, wie z. B. das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen gegenüber Personen und Organisationen, die im Verdacht stehen, zu seiner Finanzierung beizutragen.
185. Im Hinblick auf dieses Ziel und diesen Inhalt kann nicht davon die Rede sein, dass die streitige Verordnung speziell den internationalen Warenaustausch betrifft, weil sie im Wesentlichen den Handelsverkehr fördern, erleichtern oder regeln soll.
186. Zudem kann sich die betreffende Verordnung zwar auf den Handel oder den internationalen Warenaustausch auswirken, doch besteht ihr Zweck offenkundig nicht darin, direkte und sofortige Wirkungen dieser Art hervorzurufen.
187. Die streitige Verordnung konnte daher nicht auf die Gemeinschaftszuständigkeit auf dem Gebiet der gemeinsamen Handelspolitik gestützt werden.
188. Zum anderen soll die streitige Verordnung, da sie die Übertragung wirtschaftlicher Ressourcen an Einzelpersonen in Drittländern verbiete, nach Ansicht der Kommission in den Anwendungsbereich der Bestimmungen des EG‑Vertrags betreffend den freien Kapital‑ und Zahlungsverkehr fallen.
189. Auch dies ist zurückzuweisen.
190. Was zunächst Art. 57 Abs. 2 EG angeht, ist festzustellen, dass die mit der streitigen Verordnung verhängten Restriktionen nicht in eine der Kategorien von Maßnahmen fallen, die in dieser Bestimmung aufgeführt sind.
191. Sodann kann auch Art. 60 Abs. 1 EG die streitige Verordnung nicht stützen, weil sein Anwendungsbereich durch den des Art. 301 EG festgelegt wird.
192. Wie jedoch bereits in Randnr. 167 des vorliegenden Urteils entschieden worden ist, bezieht sich Art. 301 EG nicht auf den Erlass von Restriktionen wie den hier fraglichen, die durch Fehlen jeglicher Verbindung zu dem Regime eines Drittlands gekennzeichnet sind.
193. Zu Art. 60 Abs. 2 EG schließlich ist festzustellen, dass diese Bestimmung keine dahin gehende Gemeinschaftszuständigkeit umfasst, da sie lediglich den Mitgliedstaaten erlaubt, aus bestimmten Gründen ausnahmsweise gegenüber einem Drittland einseitige Maßnahmen auf dem Gebiet des Kapital‑ und Zahlungsverkehrs zu treffen, sofern der Rat nicht von seiner Befugnis Gebrauch macht, einem Mitgliedstaat die Änderung oder Aufhebung dieser Maßnahmen aufzugeben.
194. Viertens sind die Vorwürfe, die Herr Kadi im Rahmen des zweiten und des dritten Teils seines ersten Rechtsmittelgrundes gegen die Randnrn. 122 bis 135 des angefochtenen Urteils Kadi und Al Barakaat gegen die Randnrn. 158 bis 170 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat erhoben haben, sowie die Kritik der Kommission an denselben Randnummern der angefochtenen Urteile zu prüfen.
195. In diesen Randnummern hat das Gericht entschieden, dass die streitige Verordnung auf der Grundlage der Art. 60 EG und 301 EG in Verbindung mit Art. 308 EG habe erlassen werden können, weil wegen des Bindeglieds, das speziell zwischen dem mit wirtschaftlichen Sanktionen verbundenen Handeln der Gemeinschaft gemäß den Art. 60 EG und 301 EG einerseits und den Zielen des EU‑Vertrags im Bereich der auswärtigen Beziehungen andererseits geschaffen worden sei, im Rahmen des besonderen Zusammenhangs, auf den sich diese beiden Artikeln bezögen, ein Rückgriff auf Art. 308 EG zur Erreichung der betreffenden Ziele – hier das mit der streitigen Verordnung verfolgte Ziel der GASP, nämlich der Kampf gegen den internationalen Terrorismus und dessen Finanzierung – gerechtfertigt sei.
196. Insoweit sind die angefochtenen Urteile tatsächlich mit einem Rechtsfehler behaftet.
197. Dem Gericht ist zwar darin zuzustimmen, dass ein Bindeglied zwischen dem mit wirtschaftlichen Sanktionen verbundenen Handeln der Gemeinschaft gemäß den Art. 60 EG und 301 EG und den Zielen des EU‑Vertrags im Bereich der auswärtigen Beziehungen, darunter der GASP, geschaffen worden ist, doch stützen weder der Wortlaut der Bestimmungen des EG‑Vertrags noch dessen Systematik eine Konzeption, nach der sich dieses Bindeglied auf weitere Vorschriften des EG‑Vertrags und insbesondere Art. 308 EG erstrecken würde.
198. Was speziell Art. 308 EG angeht, könnten, schlösse man sich dem Standpunkt des Gerichts an, nach dieser Bestimmung im Rahmen des besonderen Zusammenhangs der Art. 60 EG und 301 EG Gemeinschaftsrechtsakte erlassen werden, mit denen nicht ein Ziel der Gemeinschaft, sondern eines der Ziele des EU‑Vertrags im Bereich der auswärtigen Beziehungen verfolgt wird, zu denen auch die GASP zählt.
199. Diese Konzeption verstößt jedoch schon gegen den Wortlaut des Art. 308 EG.
200. Ein Rückgriff auf diese Bestimmung verlangt nämlich, dass sich die vorgesehene Handlung der Gemeinschaft auf den „Gemeinsamen Markt“ bezieht und bezweckt, „eines ihrer Ziele“ zu verwirklichen.
201. Die zuletzt angeführte Wendung lässt angesichts ihres klaren und eindeutigen Wortlauts keinen Zweifel daran, dass sie nicht die Ziele der GASP einschließt.
202. Die Koexistenz der Union und der Gemeinschaft als integrierte, aber verschiedene Rechtsordnungen sowie das konstitutionelle Gefüge der Pfeiler, beides von den Verfassern der derzeit geltenden Verträge gewollt, wie das Gericht in Randnr. 120 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 156 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat zu Recht bemerkt hat, bilden zudem Erwägungen institutioneller Art, die gegen eine Erstreckung des betreffenden Bindeglieds auf andere Artikel des EG‑Vertrags als diejenigen sprechen, zwischen denen dieses Glied ausdrücklich eine Verbindung herstellt.
203. Außerdem kann Art. 308 EG als integraler Bestandteil einer auf dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung beruhenden institutionellen Ordnung keine Grundlage dafür bieten, den Bereich der Gemeinschaftsbefugnisse über den allgemeinen Rahmen hinaus auszudehnen, der sich aus der Gesamtheit der Vertragsbestimmungen und insbesondere denjenigen ergibt, die die Aufgaben und Tätigkeiten der Gemeinschaft festlegen (Gutachten 2/94, Randnr. 30).
204. Ebenso wenig kann Art. 3 EU, auf den das Gericht in den Randnrn. 126 bis 128 des angefochtenen Urteils Kadi und 162 bis 164 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat Bezug nimmt, insbesondere dessen Abs. 2, als Grundlage für einen Ausdehnung der Gemeinschaftsbefugnisse über die Ziele der Gemeinschaft hinaus dienen.
205. Wie sich dieser Rechtsfehler auf die Gültigkeit der angefochtenen Urteile auswirkt, wird später bei der Würdigung der anderen Rügen zu prüfen sein, die die in diesen Urteilen getroffenen Feststellungen zu der Frage betreffen, ob Art. 308 EG in Verbindung mit den Art. 60 EG und 301 EG in die Rechtsgrundlage für die streitige Verordnung einbezogen werden kann.
206. Diese anderen Rügen lassen sich zwei Kategorien zuordnen.
207. Die erste Kategorie umfasst u. a. den ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes von Herrn Kadi, mit dem dieser dem Gericht vorwirft, rechtsfehlerhaft angenommen zu haben, dass Art. 308 EG die durch die Art. 60 EG und 301 EG gebildete Rechtsgrundlage für die streitige Verordnung habe ergänzen können. Die beiden zuletzt genannten Artikel könnten jedoch nicht einmal eine partielle Rechtsgrundlage für die streitige Verordnung bilden, da nach der vom Gericht selbst vertretenen Auslegung Maßnahmen, die sich auf Personen oder Organisationen beziehen, denen jegliche Verbindung zu dem Regime eines Drittlands fehlt und die die einzigen Adressaten des streitigen Verordnung sind, nicht in den Anwendungsbereich dieser Artikel fallen.
208. Diese Beanstandung kommt der von der Kommission geltend gemachten nahe, die ausgeführt hat, falls der Rückgriff auf Art. 308 EG für zulässig befunden werden sollte, dann nur als einzige Rechtsgrundlage und nicht in Verbindung mit den Art. 60 EG und 301 EG.
209. Die zweite Kategorie umfasst die Beanstandungen der Feststellung des Gerichts in den Randnrn. 116 und 121 des angefochtenen Urteils Kadi sowie 152 und 157 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat durch die Kommission, dass im Rahmen der Anwendung des Art. 308 EG das Ziel der streitigen Verordnung, nämlich der Kampf gegen den internationalen Terrorismus und speziell die Verhängung wirtschaftlicher und finanzieller Sanktionen, wie z. B. das Einfrieren von Geldern, gegenüber Einzelpersonen und Organisationen, die im Verdacht stünden, zu seiner Finanzierung beizutragen, mit keinem der Ziele in Verbindung gebracht werden könne, die der EG‑Vertrag der Gemeinschaft zuweise.
210. Die Kommission führt hierzu aus, dass die Durchführungsmaßnahmen, die mit der streitigen Verordnung auf dem Gebiet der wirtschaftlichen und finanziellen Sanktionen angeordnet würden, ihrer Art nach unter die Ziele der Gemeinschaft fielen, und zwar die gemeinsame Handelspolitik und den freien Kapitalverkehr.
211. Was die oben genannte erste Kategorie von Rügen angeht, ist daran zu erinnern, dass Art. 308 EG einen Ausgleich in Fällen schaffen soll, in denen den Gemeinschaftsorganen durch spezifische Bestimmungen des Vertrags ausdrücklich oder implizit verliehene Befugnisse fehlen, die gleichwohl erforderlich erscheinen, damit die Gemeinschaft ihre Aufgaben im Hinblick auf die Erreichung eines der vom Vertrag festgelegten Ziele wahrnehmen kann (Gutachten 2/94, Randnr. 29).
212. Das Gericht hat jedoch zu Recht entschieden, dass Art. 308 EG mit den Art. 60 EG und 301 EG in die Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung einbezogen werden konnte.
213. Soweit mit dieser Verordnung wirtschaftliche und finanzielle Restriktionen verhängt werden, fällt sie nämlich offenkundig in den sachlichen Anwendungsbereich der Art. 60 EG und 301 EG.
214. Insoweit war die Einbeziehung dieser Artikel in die Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung daher gerechtfertigt.
215. Außerdem wird mit den betreffenden Vorschriften eine Praxis fortgesetzt, die vor Einfügung der Art. 60 EG und 301 EG durch den Vertrag von Amsterdam auf Art. 113 EG‑Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 133 EG) gestützt wurde (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 17. Oktober 1995, Werner, C‑70/94, Slg. 1995, I‑3189, Randnrn. 8 bis 10, und vom 14. Januar 1997, Centro‑Com, C‑124/95, Slg. 1997, I‑81, Randnrn. 28 und 29) und darin bestand, der Gemeinschaft die Durchführung von Handlungen zu übertragen, die im Rahmen der Europäischen Politischen Zusammenarbeit beschlossen worden waren und mit denen wirtschaftliche Restriktionen gegen Drittländer verhängt worden waren.
216. Da die Art. 60 EG und 301 EG jedoch keine ausdrücklichen oder impliziten Befugnisse zur Verhängung solcher Maßnahmen gegen Adressaten vorsahen, denen wie den Adressaten der streitigen Verordnung jegliche Verbindung zu dem Regime eines Drittlands fehlte, konnte das auf die Begrenzung des persönlichen Anwendungsbereichs der betreffenden Vorschriften zurückzuführende Fehlen einer Befugnis durch den Rückgriff auf Art. 308 EG als zusätzlicher Rechtsgrundlage zu den beiden zuerst genannten Artikeln, auf denen die Verordnung in sachlicher Hinsicht beruhte, ausgeglichen werden, sofern die anderen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Art. 308 EG erfüllt waren.
217. Daher sind die der ersten Kategorie zugeordneten Rügen zurückzuweisen.
218. Was die anderen Voraussetzungen für die Anwendbarkeit von Art. 308 EG angeht, ist nunmehr die zweite Kategorie von Rügen zu prüfen.
219. Die Kommission trägt vor, zwar werde mit dem Gemeinsamen Standpunkt 2002/402, den die streitige Verordnung umsetzen solle, das Ziel verfolgt, den internationalen Terrorismus zu bekämpfen, und damit ein Ziel, das unter die GASP falle, doch sei die Verordnung selbst als eine Durchführungsmaßnahme anzusehen, mit der wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen verhängt werden sollten.
220. Dieses Ziel gehöre zu den Zielen der Gemeinschaft im Sinne von Art. 308 EG, insbesondere denen, die sich auf die gemeinsame Handelspolitik und den freien Kapitalverkehr bezögen.
221. Das Vereinigte Königreich vertritt die Ansicht, das der streitigen Verordnung eigene, rein instrumentelle Ziel, nämlich die Einführung wirtschaftlicher Zwangsmaßnahmen, sei von dem ihr zugrunde liegenden Ziel zu unterscheiden, das unter die GASP falle und die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit betreffe. Dieses Ziel diene jedoch dem impliziten, den Art. 60 EG und 301 EG zugrunde liegenden Gemeinschaftsziel, wirksame Mittel bereitzustellen, um ausschließlich durch wirtschaftliche Zwangsmaßnahmen Handlungen umzusetzen, die im Rahmen der GASP beschlossen worden seien.
222. Insoweit ist daran zu erinnern, dass das mit der streitigen Verordnung verfolgte Ziel darin besteht, die mit Osama bin Laden, dem Al‑Qaida‑Netzwerk und den Taliban verbündeten Personen unverzüglich am Zugriff auf alle finanziellen und wirtschaftlichen Ressourcen zu hindern, damit der Finanzierung terroristischer Tätigkeiten Einhalt geboten wird (Urteil vom 11. Oktober 2007, Möllendorf und Möllendorf‑Niehuus, C‑117/06, Slg. 2007, I‑8361, Randnr. 63).
223. Anders als das Gericht in Randnr. 116 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 152 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat entschieden hat, lässt sich dieses Ziel den Zielen zuordnen, die der EG‑Vertrag der Gemeinschaft zugewiesen hat. Die angefochtenen Urteile sind also auch in diesem Punkt mit einem Rechtsfehler behaftet.
224. Wie in Randnr. 203 dargelegt, ist Art. 308 EG integraler Bestandteil einer auf dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung beruhenden institutionellen Ordnung und kann daher keine Grundlage dafür bieten, den Bereich der Gemeinschaftsbefugnisse über den allgemeinen Rahmen hinaus auszudehnen, der sich aus der Gesamtheit der Vertragsbestimmungen ergibt.
225. Das mit der streitigen Verordnung verfolgte Ziel lässt sich jedoch einem der Ziele der Gemeinschaft im Sinne von Art. 308 EG zuordnen, so dass mit dem Erlass dieser Verordnung der Bereich der Gemeinschaftsbefugnisse, wie er sich aus dem allgemeinen, durch die Gesamtheit der Vertragsbestimmungen gebildeten Rahmen ergibt, nicht überschritten worden ist.
226. Indem die Art. 60 EG und 301 EG eine Gemeinschaftsbefugnis zur Verhängung wirtschaftlicher Restriktionen vorsehen, die der Umsetzung im Rahmen der GASP beschlossener Handlungen dienen, sind sie nämlich Ausdruck eines ihnen zugrunde liegenden impliziten Ziels, nämlich, den Erlass solcher Maßnahmen durch die wirksame Nutzung eines gemeinschaftsrechtlichen Instruments zu ermöglichen.
227. Dieses Ziel kann als ein Ziel der Gemeinschaft im Sinne von Art. 308 EG betrachtet werden.
228. Diese Auslegung wird durch Art. 60 Abs. 2 EG bestätigt. Denn dessen Unterabs. 1 sieht zwar eine eng begrenzte Befugnis der Mitgliedstaaten vor, gegenüber Drittländern einseitige Maßnahmen auf dem Gebiet des Kapital‑ und Zahlungsverkehrs zu treffen, doch kann diese Befugnis demselben Unterabsatz zufolge nur ausgeübt werden, solange keine Gemeinschaftsmaßnahmen nach Art. 60 Abs. 1 EG ergriffen worden sind.
229. Die Durchführung im Rahmen der GASP beschlossener wirtschaftlicher Restriktionen mit Hilfe eines gemeinschaftsrechtlichen Instruments überschreitet nicht den allgemeinen Rahmen, der sich aus der Gesamtheit der Vertragsbestimmungen ergibt, da solche Maßnahmen ihrer Natur nach auch einen Bezug zum Gemeinsamen Markt aufweisen; dieser Bezug stellt eine weitere Voraussetzung für die Anwendung von Art. 308 EG dar, wie in Randnr. 200 des vorliegenden Urteils dargelegt worden ist.
230. Würden nämlich wirtschaftliche und finanzielle Maßnahmen, wie sie mit der streitigen Verordnung angeordnet werden und die darin bestehen, dass grundsätzlich alle Gelder und sonstigen wirtschaftlichen Ressourcen der betroffenen Personen und Organisationen eingefroren werden, von jedem Mitgliedstaat einseitig verhängt, könnte ein vermehrtes Auftreten solcher nationalen Maßnahmen den Gemeinsamen Markt beeinträchtigen. Solche Maßnahmen könnten insbesondere Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben, namentlich in Bezug auf den Kapital‑ und Zahlungsverkehr sowie auf die Wahrnehmung des Niederlassungsrechts durch die Wirtschaftsteilnehmer. Ferner könnten sich daraus Wettbewerbsverzerrungen ergeben, da gegebenenfalls vorhandene Unterschiede zwischen den von Mitgliedstaaten einseitig getroffenen Maßnahmen sich vorteil‑ oder nachteilhaft auf die Wettbewerbsstellung bestimmter Wirtschaftsteilnehmer auswirken könnten, ohne dass diese Vor‑ oder Nachteile wirtschaftlich begründet wären.
231. Die Aussage des Rates im vierten Erwägungsgrund der streitigen Verordnung, ein Rechtsakt der Gemeinschaft sei „insbesondere zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen“ erforderlich, erweist sich daher insoweit als treffend.
232. Nunmehr ist darüber zu befinden, wie sich die in den Randnrn. 196 und 223 des vorliegenden Urteils festgestellten Rechtsfehler auf die Gültigkeit der angefochtenen Urteile auswirken.
233. Lassen zwar die Gründe des Urteils des Gerichts eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts erkennen, erweist sich aber die Urteilsformel aus anderen Rechtsgründen als richtig, so ist nach der Rechtsprechung das Rechtsmittel gleichwohl zurückzuweisen (vgl. u. a. Urteil vom 21. September 2006, JCB Service/Kommission, C‑167/04 P, Slg. 2006, I‑8935, Randnr. 186 und die dort angeführte Rechtsprechung).
234. Es ist festzustellen, dass das Ergebnis, zu dem das Gericht in Randnr. 135 des angefochtenen Urteils Kadi und Randnr. 158 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat in Bezug auf die Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung gelangt ist, dass nämlich der Rat auf der Grundlage der Art. 60 EG und 301 EG in Verbindung mit Art. 308 EG für den Erlass dieser Verordnung zuständig gewesen sei, aus anderen Rechtsgründen richtig ist.
235. Wie in den Randnrn. 196 bis 204 des vorliegenden Urteils entschieden worden ist, kann zwar die Einbeziehung des Art. 308 EG in die Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung nicht damit gerechtfertigt werden, dass mit diesem Rechtsakt ein Ziel der GASP verfolgt werde, doch konnte diese Bestimmung gleichwohl zur Stützung der betreffenden Verordnung herangezogen werden, denn wie sich aus den Randnrn. 225 bis 231 des vorliegenden Urteils ergibt, ist die Annahme berechtigt, dass mit der Verordnung ein Ziel der Gemeinschaft verwirklicht werden soll und dass sie außerdem im Sinne von Art. 308 EG mit dem Gemeinsamen Markt in Verbindung steht. Zudem ermöglichte die Hinzufügung von Art. 308 EG zur Rechtsgrundlage der streitigen Verordnung dem Europäischen Parlament die Teilnahme am Entscheidungsprozess in Bezug auf die fraglichen, speziell Einzelpersonen betreffenden Maßnahmen, während im Rahmen der Art. 60 EG und 301 EK keine Rolle für dieses Organ vorgesehen ist.
236. Daher sind die Rechtsmittelgründe, die gegen die angefochtenen Urteile gerichtet werden, soweit das Gericht darin entschieden hat, dass die Art. 60 EG, 301 EG und 308 EG die Rechtsgrundlage für die streitige Verordnung bilden, in vollem Umfang als unbegründet zurückzuweisen.
Zum Rechtsmittelgrund eines Verstoßes gegen Art. 249 EG
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
237. Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund rügt Al Barakaat die Feststellung des Gerichts in Randnr. 188 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat, dass die streitige Verordnung wie nach Art. 249 EG erforderlich allgemeine Geltung habe, weil sie sich in allgemeiner und abstrakter Weise an alle Personen richte, die materiell über Mittel verfügen könnten, die einer oder mehreren der im Anhang dieser Verordnung erwähnten Personen gehörten.
238. Al Barakaat bezeichnet es als „falsch, die Person, deren Gelder eingefroren werden, nicht als Adressaten des betreffenden Rechtsakts anzusehen, da die Durchführung der Entscheidung vernünftigerweise auf einem Rechtsakt beruhen muss, der sich gegen denjenigen richtet, der über die Mittel verfügt“.
239. Außerdem sei es widersprüchlich, einerseits in Randnr. 112 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat auszuführen, dass es sich um Restriktionen handele, die unmittelbar Einzelpersonen oder Organisationen träfen, und andererseits in Randnr. 188 desselben Urteils festzustellen, dass die fraglichen Maßnahmen nicht auf diese Einzelpersonen oder Organisationen zielten, sondern eine Art Durchführungsbestimmungen bildeten, die an andere Personen gerichtet seien.
240. Das Königreich Spa nien, das Vereinigte Königreich, der Rat und die Kommission schließen sich im Wesentlichen der Würdigung des Gerichts an.
Würdigung durch den Gerichtshof
241. Das Gericht hat in den Randnrn. 184 bis 188 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat zu Recht entschieden, der Umstand, dass die Personen und Organisationen, die Gegenstand der mit der streitigen Verordnung verhängten Restriktionen seien, in deren Anhang I namentlich aufgeführt und daher im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG unmittelbar und individuell von ihr betroffen seien, bedeute nicht, dass dieser Rechtsakt keine allgemeine Geltung im Sinne von Art. 249 Abs. 2 EG habe und nicht als Verordnung eingestuft werden könne.
242. Mit der streitigen Verordnung werden zwar Restriktionen gegen die Personen oder Organisationen verhängt, deren Namen in der abschließenden Liste aufgeführt sind, die deren Anhang I bildet und im Übrigen regelmäßig durch Streichung oder Hinzufügung von Namen geändert wird, um weiterhin der konsolidierten Liste zu entsprechen, doch ist festzustellen, dass die Adressaten dieser Verordnung allgemein und abstrakt bestimmt sind.
243. Die streitige Verordnung enthält wie die Resolution 1390 (2002), deren Umsetzung sie bezweckt, ein besonders weit gefasstes Verbot, Gelder und wirtschaftliche Ressourcen den genannten Personen oder Organisationen zur Verfügung zu stellen (vgl. in diesem Sinne Urteil Möllendorf und Möllendorf-Niehuus, Randnrn. 50 bis 55).
244. Wie das Gericht in den Randnrn. 186 bis 188 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat zu Recht entschieden hat, richtet sich dieses Verbot an jeden, der materiell über die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen verfügen kann.
245. Deshalb findet das betreffende Verbot Anwendung unter Umständen wie denen der Rechtssache Möllendorf und Möllendorf‑Niehuus, in der es um die Frage ging, ob die streitige Verordnung die endgültige Umschreibung des Eigentums an einem Grundstück im Grundbuch nach Abschluss eines Kaufvertrags verbietet, wenn es sich bei einem der Käufer um eine natürliche Person handelt, die in der Liste in Anhang I der Verordnung eingetragen ist.
246. So hat der Gerichtshof in Randnr. 60 des genannten Urteils entschieden, dass eine Handlung wie die erwähnte Umschreibung nach Art. 2 Abs. 3 der streitigen Verordnung verboten ist, da sie bedeuten würde, dass einer Person, die in der betreffenden Liste aufgeführt ist, eine wirtschaftliche Ressource zur Verfügung gestellt wird, wodurch sie Gelder, Waren oder Dienstleistungen erwerben könnte.
247. Aufgrund dieser Erwägungen ist der Rechtsmittelgrund, mit dem Al Barakaat einen Verstoß gegen Art. 249 EG rügt, ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen.
Zu den Rechtsmittelgründen, mit denen die Verletzung bestimmter Grundrechte gerügt wird
Zu den Rügen betreffend den Teil der angefochtenen Urteile, der sich mit den Grenzen befasst, denen die Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit der streitigen Verordnung im Hinblick auf die Grundrechte durch den Gemeinschaftsrichter unterliegt
248. Im ersten Teil seines zweiten Rechtsmittelgrundes führt Herr Kadi aus, dass das angefochtene Urteil Kadi, indem es Feststellungen zum einen zu den Beziehungen zwischen der UNO und ihren Mitgliedstaaten und zum anderen zu den Modalitäten für die Durchführung der Resolutionen des Sicherheitsrats enthalte, mit Rechtsfehlern in Bezug auf die Auslegung der betroffenen Grundsätze des Völkerrechts behaftet sei, was zu weiteren Rechtsfehlern bei der Würdigung der Klagegründe geführt habe, mit denen die Verletzung einiger spezifischer Grundrechte des Rechtsmittelführers gerügt worden sei.
249. Dieser Teil umfasst fünf Rügen.
250. Mit der ersten Rüge macht Herr Kadi geltend, dass das Gericht in den Randnrn. 183 und 184 des Urteils Kadi einen Rechtsfehler begangen habe, indem es die Frage des Vorrangs der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aufgrund der UN‑Charta, der in deren Art. 103 verankert sei, mit der verwandten, aber davon zu unterscheidenden Frage der Verbindlichkeit der Beschlüsse des Sicherheitsrats verwechselt habe, die in Art. 25 der Charta geregelt sei.
251. Mit der zweiten Rüge wirft Herr Kadi dem Gericht vor, es sei in den Randnrn. 217 bis 225 des angefochtenen Urteils Kadi rechtsfehlerhaft von der Prämisse ausgegangen, dass die Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta wie die völkervertraglichen Verpflichtungen automatisch in die Rechts‑ und Zuständigkeitssphäre der Mitglieder der UNO eingefügt werden müssten.
252. Mit der dritten Rüge trägt Herr Kadi vor, das Gericht habe in den Randnrn. 212 bis 225 sowie 283 und 284 des angefochtenen Urteils Kadi rechtsfehlerhaft entschieden, dass es nicht befugt sei, die Rechtmäßigkeit der Resolutionen nach Kapitel VII der UN-Charta zu prüfen.
253. Mit der vierten Rüge beanstandet Herr Kadi, dass die Begründung des Gerichts in den Randnrn. 225 bis 232 des betreffenden Urteils zur Frage des ius cogens höchst widersprüchlich sei, denn wenn sie zuträfe, müsste der Grundsatz, dass die Resolutionen des Sicherheitsrats keiner gerichtlichen Kontrolle unterworfen werden dürften und in diesem Sinne nicht justiziabel seien, allgemein gelten, ohne dass die Fragen in Bezug auf das ius cogens eine Ausnahme von diesem Grundsatz bildeten.
254. Mit der fünften Rüge macht Herr Kadi geltend, der Umstand, dass der Sicherheitsrat kein unabhängiges internationales Gericht geschaffen habe, das in rechtlicher wie in tatsächlicher Hinsicht über Klagen gegen die Einzelfallentscheidungen des Sanktionsausschusses zu befinden habe, bedeute weder, dass die Mitgliedstaaten nicht berechtigt seien, mit geeigneten Mitteln die Feststellung der Tatsachen zu verbessern, die der Verhängung von Sanktionen und der Identifizierung der von ihnen betroffenen Personen zugrunde lägen, noch, dass es ihnen untersagt sei, aufgrund des Ermessens, über das sie bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen verfügten, einen geeigneten Rechtsbehelf zu schaffen.
255. In seiner Erwiderung trägt Herr Kadi unter Verweis auf das Urteil Bosphorus ferner vor, nach dem Gemeinschaftsrecht seien alle Rechtsvorschriften der Gemeinschaft der gerichtlichen Kontrolle des Gerichtshofs unterworfen, die sich auch auf die Beachtung der Grundrechte erstrecke, selbst wenn der Ursprung der fraglichen Maßnahme ein völkerrechtlicher Akt, wie z. B. eine Resolution des Sicherheitsrats, sei.
256. Solange das Recht der Vereinten Nationen denen, die eine Verletzung ihrer Grundrechte behaupteten, keinen angemessenen Schutz biete, müsse es eine Kontrolle der Rechtsakte geben, die die Gemeinschaft zur Umsetzung der Beschlüsse des Sicherheitsrats erlassen habe. Das auf dem diplomatischen Schutz beruhende Überprüfungsverfahren vor dem Sanktionsausschuss biete keinen Schutz der Menschenrechte, der dem Schutz durch die am 4. November 1950 in Rom unterzeichnete Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) gleichkomme, wie ihn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Urteil Hava Yolları Turizm ve Ticaret Anonim Şirketi (Bosphorus Airways)/Irland vom 30. Juni 2005 ( Reports of Judgements and Decisions 2005-VI, § 155) gefordert habe.
257. Herr Kadi erklärt, dieses Vorbringen, das gegenüber den auf das Völkerrecht gestützten Ausführungen subsidiär sei, gelte für den Fall, dass der Gerichtshof entscheiden sollte, dass ein Konflikt zwischen dem Ziel der getreuen Umsetzung der Resolutionen des Sicherheitsrats und den Grundsätzen des fairen Verfahrens oder des gerichtlichen Rechtsschutzes bestehe.
258. Außerdem handele es sich bei dieser Rüge nicht um ein neues Angriffs‑ oder Verteidigungsmittel, sondern um eine Weiterentwicklung der in der Rechtsmittelschrift formulierten Grundannahme, dass die Gemeinschaft bei der Entscheidung, zur Umsetzung einer Resolution des Sicherheitsrats gesetzgeberisch tätig zu werden, darauf achten müsse, dass die Rechtsvorschriften, die sie auf diese Art und Weise einführen wolle, als Bedingung für ihre Rechtmäßigkeit die Mindestanforderungen im Bereich der Menschenrechte erfüllten.
259. Mit dem ersten Teil ihres dritten Rechtsmittelgrundes beanstandet Al Barakaat die Vorbemerkungen des Gerichts im angefochtenen Urteil Yusuf und Al Barakaat zur Verknüpfung zwischen der durch die Vereinten Nationen entstandenen Völkerrechtsordnung einerseits und den nationalen Rechtsordnungen oder der gemeinschaftlichen Rechtsordnung andererseits sowie zum Umfang der Rechtmäßigkeitskontrolle, die das Gericht auszuüben habe.
260. Eine Resolution des Sicherheitsrats, die für sich genommen völkerrechtlich verbindlich sei, könne nur dann Rechtswirkungen gegenüber Einzelnen in einem Staat haben, wenn sie im Einklang mit dem geltendem Recht umgesetzt worden sei.
261. Es gebe keine Rechtsgrundlage für eine besondere Behandlung oder Ausnahme in Bezug auf die Umsetzung von Resolutionen des Sicherheitsrats in dem Sinne, dass eine zu diesem Zweck erlassene Gemeinschaftsverordnung nicht den gemeinschaftsrechtlichen Regelungen über den Erlass von Verordnungen entsprechen müsse.
262. Umgekehrt schließen sich die Französische Republik, das Königreich der Niederlande, das Vereinigte Königreich und der Rat im Wesentlichen der Würdigung an, die das Gericht insoweit in den angefochtenen Urteilen vorgenommen hat, und stimmen der von ihm daraus gezogenen Schlussfolgerung zu, dass die streitige Verordnung, soweit mit ihr Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta umgesetzt würden, in Bezug auf ihre materielle Rechtmäßigkeit grundsätzlich von jeder gerichtlichen Kontrolle – auch im Hinblick auf die Einhaltung der Menschenrechte – freigestellt und dementsprechend in diesem Umfang nicht justiziabel sei.
263. Anders als das Gericht vertreten diese Verfahrensbeteiligten allerdings die Auffassung, dass der Gemeinschaftsrichter keinerlei Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit von Resolutionen des Sicherheitsrats vornehmen dürfe. Sie werfen dem Gericht also dessen Entscheidung vor, dass eine solche Kontrolle im Hinblick auf das ius cogens möglich sei.
264. Soweit die angefochtenen Urteile eine Ausnahme in dieser Hinsicht zuließen, ohne hierfür jedoch die Rechtsgrundlage, insbesondere in den Vertragsbestimmungen, anzugeben, seien sie widersprüchlich, da die Argumente für einen generellen Ausschluss einer gerichtlichen Kontrolle der Resolutionen des Sicherheitsrats durch den Gemeinschaftsrichter auch dagegen sprächen, die Befugnis zur Ausübung einer solchen Kontrolle allein im Hinblick auf das ius cogens anzuerkennen.
265. Ferner ist nach Ansicht der Französischen Republik, des Königreichs der Niederlande, des Vereinigten Königreichs und der Kommission die Entscheidung des Gerichts rechtsfehlerhaft, dass die Grundrechte, um die es in den vorliegenden Rechtssachen gehe, zum ius cogens gehörten.
266. Ein Norm könne nur dann als ius cogens qualifiziert werden, wenn sie ausnahmslos gelte. Die hier angeführten Rechte – das Recht auf ein faires Verfahren und das Recht auf Achtung des Eigentums – unterlägen jedoch Einschränkungen und Ausnahmen.
267. Das Vereinigte Königreich legt insoweit ein Anschlussrechtsmittel ein, mit dem es beantragt, den Teil der angefochtenen Urteile aufzuheben, der das ius cogens behandle, und zwar die Randnrn. 226 bis 231 des angefochtenen Urteils Kadi und 277 bis 281 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat.
268. Die Französische Republik und das Königreich der Niederlande schlagen dem Gerichtshof vor, die Begründung zu ersetzen, und beantragen, die Rechtsmittelgründe von Herrn Kadi und von Al Barakaat zurückzuweisen, soweit sie das ius cogens betreffen, da den Gemeinschaftsgerichten auch insoweit jegliche Befugnis zur Kontrolle der Resolutionen des Sicherheitsrats fehle.
269. Die Kommission trägt vor, zwei Gründe könnten es rechtfertigen, der Verpflichtung zur Umsetzung von Resolutionen des Sicherheitsrats wie den hier fraglichen, deren strikte Formulierung den Gemeinschaftsbehörden keinen Raum zur Auslegung bei ihrer Umsetzung lasse, nicht nachzukommen, und zwar zum einen der Fall, dass die betreffende Resolution das ius cogens verletze, und zum anderen der Fall, dass diese Resolution aus dem Anwendungsbereich herausfalle oder gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen verstoße und dementsprechend ultra vires erlassen worden sei.
270. Da nämlich nach Art. 24 Abs. 2 der UN‑Charta der Sicherheitsrat an die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen gebunden sei, darunter gemäß Art. 1 Abs. 3 der Charta die Förderung und Festigung der Menschenrechte, sei die Ansicht vertretbar, dass ein vom Sicherheitsrat beschlossener Rechtsakt, der gegen diese Rechte, darunter auch die Grundrechte der betroffenen Einzelnen, verstoße, ultra vires erlassen worden und deshalb für die Gemeinschaft nicht bindend sei.
271. Gleichwohl habe das Gericht zu Recht entschieden, dass es dem Gemeinschaftsrichter grundsätzlich verwehrt sei, die Gültigkeit einer Resolution des Sicherheitsrats im Licht der Ziele und Grundsätze der UN‑Charta zu prüfen.
272. Wenn die Ausübung einer solchen Kontrolle im Einzelfall dennoch zugelassen werden müsste, könnte der Gerichtshof als Gericht einer von der UNO verschiedenen internationalen Organisation nur dann selbst über diese Frage befinden, wenn die Verletzung der Menschenrechte besonders schwerwiegend und offenkundig sei; die Kommission verweist hierzu auf das Urteil Racke.
273. Davon könne hier jedoch keine Rede sein, da es ein Verfahren zur Überprüfung vor dem Sanktionsausschuss gebe und die Vermutung gelte, dass der Sicherheitsrat die zwingenden Erfordernisse der internationalen Sicherheit, um die es gehe, und die betroffenen Grundrechte gegeneinander abgewogen habe.
274. Was die Folgerungen angehe, die aus dem Urteil Bosphorus zu ziehen seien, könne sich anders als in jener Rechtssache die Frage nach der Rechtmäßigkeit und gegebenenfalls Nichtigkeit der betreffenden Resolution im Hinblick auf die streitige Verordnung stellen, falls der Gerichtshof entscheiden sollte, dass die Gemeinschaft eine zwingende Resolution des Sicherheitsrat nicht umsetzen könne, weil die vom Sicherheitsrat angewandten Menschenrechtsstandards, insbesondere in Bezug auf den Anspruch auf rechtliches Gehör, unzureichend seien.
275. Nach Ansicht des Vereinigten Königreichs handelt es sich bei dem Vorbringen von Herrn Kadi, wonach die Rechtmäßigkeit aller Regelungen, die von den Gemeinschaftsorganen zur Umsetzung einer Resolution des Sicherheitsrat erlassen würden, unabhängig von ihrem Ursprung nach dem Gemeinschaftsrecht weiterhin in vollem Umfang der Kontrolle durch den Gerichtshof unterliege, um ein neues Angriffsmittel, da der Rechtsmittelführer die betreffenden Ausführungen erstmals in der Erwiderung gemacht habe. Deshalb sei dieses Vorbringen gemäß den Art. 42 § 2 und 118 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs zurückzuweisen.
276. Hilfsweise trägt das Vereinigte Königreich vor, der Sonderstatus der Resolutionen nach Kapitel VII der UN‑Charta, der sich aus der Wechselwirkung der Art. 25, 48 und 103 der Charta ergebe und durch Art. 297 EG anerkannt werde, bringe es mit sich, dass gegen Maßnahmen, die ein Mitgliedstaat ergreife, um seinen Verpflichtungen zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit nachzukommen, kein auf das Gemeinschaftsrecht gestützter Rechtsbehelf gegeben sei. Der Vorrang solcher Verpflichtungen erstrecke sich selbstverständlich auch auf die Grundsätze des Gemeinschaftsrechts, die verfassungsrechtlichen Charakter hätten.
277. Im Urteil Bosphorus habe sich der Gerichtshof nicht für befugt angesehen, die Gültigkeit einer Verordnung zur Umsetzung einer Resolution des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta zu prüfen, sondern sich darauf beschränkt, die betreffende Verordnung auszulegen, um festzustellen, ob eine in dieser Verordnung vorgesehene Maßnahme von den Behörden eines Mitgliedstaats in einem konkreten Fall angewandt werden müsse. Die Französische Republik teilt im Wesentlichen diese Auslegung des betreffenden Urteils.
Würdigung durch den Gerichtshof
278. Vorab ist die Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen, die das Vereinigte Königreich in Bezug auf das Vorbringen von Herrn Kadi in dessen Erwiderung erhoben hat, wonach die Rechtmäßigkeit aller von den Gemeinschaftsorganen erlassenen Regelungen, einschließlich derjenigen zur Umsetzung einer Resolution des Sicherheitsrats, unabhängig von ihrem Ursprung nach dem Gemeinschaftsrecht in vollem Umfang der Kontrolle durch den Gerichtshof unterworfen bleibe.
279. Wie Herr Kadi geltend macht, handelt es sich nämlich um ein ergänzendes Vorbringen, das eine Erweiterung eines bereits vorher wenigstens implizit in der Rechtsmittelschrift vorgetragenen Angriffsmittels darstellt und einen engen Zusammenhang mit diesem Mittel aufweist, dem zufolge die Gemeinschaft bei der Umsetzung der Resolution des Sicherheitsrats darauf hätte achten müssen, dass die Rechtsvorschriften, die sie auf diese Art und Weise einführen wollte, als Voraussetzung für ihre Rechtmäßigkeit die menschenrechtlichen Mindestanforderungen erfüllten (vgl. in diesem Sinne u. a. Beschluss vom 13. November 2001, Dürbeck/Kommission, C‑430/00 P, Slg. 2001, I‑8547, Randnr. 17).
280. Zu prüfen sind die Rügen, mit denen die Rechtsmittelführer dem Gericht vorwerfen, im Kern entschieden zu haben, dass aus den Grundsätzen, nach denen sich die Verknüpfung zwischen der durch die Vereinten Nationen entstandenen Völkerrechtsordnung und der Gemeinschaftsrechtsordnung richte, folge, dass die streitige Verordnung, da sie der Umsetzung einer Resolution des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta diene, die hierfür keinerlei Spielraum lasse, keiner gerichtlichen Kontrolle im Hinblick auf ihre materielle Rechtmäßigkeit unterliegen könne, soweit es nicht um ihre Vereinbarkeit mit den Normen des ius cogens gehe, und daher in diesem Umfang nicht justiziabel sei.
281. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Gemeinschaft eine Rechtsgemeinschaft ist, in der weder ihre Mitgliedstaaten noch ihre Organe der Kontrolle daraufhin, ob ihre Handlungen mit der Verfassungsurkunde der Gemeinschaft, dem Vertrag, im Einklang stehen, entzogen sind, und dass mit diesem Vertrag ein umfassendes System von Rechtsbehelfen und Verfahren geschaffen worden ist, das dem Gerichtshof die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Organe zuweist (Urteil vom 23. April 1986, Les Verts/Parlament, 294/83, Slg. 1986, 1339, Randnr. 23).
282. Außerdem können internationale Übereinkünfte nicht die in den Verträgen festgelegte Zuständigkeitsordnung und damit nicht die Autonomie des Rechtssystems der Gemeinschaft beeinträchtigen, deren Wahrung der Gerichtshof aufgrund der ausschließlichen Zuständigkeit sichert, die ihm durch Art. 220 EG übertragen ist, einer Zuständigkeit, die der Gerichtshof im Übrigen bereits zu den Grundlagen der Gemeinschaft selbst gezählt hat (vgl. in diesem Sinne Gutachten 1/91 vom 14. Dezember 1991, Slg. 1991, I‑6079, Randnrn. 35 und 71, und Urteil vom 30. Mai 2006, Kommission/Irland, C‑459/03, Slg. 2006, I‑4635, Randnr. 123 und die dort angeführte Rechtsprechung).
283. Zudem sind nach ständiger Rechtsprechung die Grundrechte integraler Bestandteil der allgemeinen Rechtsgrundsätze, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat. Der Gerichtshof lässt sich dabei von den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten sowie von den Hinweisen leiten, die die völkerrechtlichen Verträge über den Schutz der Menschenrechte geben, an deren Abschluss die Mitgliedstaaten beteiligt waren oder denen sie beigetreten sind. Hierbei kommt der EMRK besondere Bedeutung zu (vgl. u. a. Urteil vom 26. Juni 2007, Ordre des barreaux francophones et germanophone u. a., C‑305/05, Slg. 2007, I‑5305, Randnr. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).
284. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich auch, dass die Achtung der Menschenrechte eine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Gemeinschaft ist (Gutachten 2/94, Randnr. 34) und dass Maßnahmen, die mit der Achtung dieser Rechte unvereinbar sind, in der Gemeinschaft nicht als rechtens anerkannt werden können (Urteil vom 12. Juni 2003, Schmidberger, C‑112/00, Slg. 2003, I‑5659, Randnr. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).
285. Aus alledem folgt, dass die Verpflichtungen aufgrund einer internationalen Übereinkunft nicht die Verfassungsgrundsätze des EG‑Vertrag beeinträchtigen können, zu denen auch der Grundsatz zählt, dass alle Handlungen der Gemeinschaft die Menschenrechte achten müssen, da die Achtung dieser Rechte eine Voraussetzung für ihre Rechtmäßigkeit ist, die der Gerichtshof im Rahmen des umfassenden Systems von Rechtsbehelfen, das dieser Vertrag schafft, überprüfen muss.
286. Insoweit ist hervorzuheben, dass sich in einem Kontext wie dem der vorliegenden Rechtssachen die dem Gemeinschaftsrichter obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle auf den Gemeinschaftsrechtsakt bezieht, mit dem die betreffende internationale Übereinkunft umgesetzt werden soll, und nicht auf diese Übereinkunft als solche.
287. Was insbesondere einen Gemeinschaftsrechtsakt angeht, der wie die streitige Verordnung der Umsetzung einer Resolution des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta dient, ist der Gemeinschaftsrichter demnach nicht befugt, im Rahmen der in Art. 220 EG vorgesehenen ausschließlichen Zuständigkeit die Rechtmäßigkeit einer solcher Resolution des Sicherheitsrats zu prüfen, und sei diese Prüfung auf die Frage beschränkt, ob die betreffende Resolution mit dem ius cogens vereinbar ist.
288. Zudem würde ein Urteil eines Gemeinschaftsgerichts, mit dem festgestellt würde, dass ein Gemeinschaftsrechtsakt zur Umsetzung einer solchen Resolution gegen eine höherrangige Norm der Gemeinschaftsrechtsordnung verstößt, nicht den völkerrechtlichen Vorrang der betreffenden Resolution in Frage stellen.
289. So hat der Gerichtshof bereits einen Beschluss des Rates zur Genehmigung eines völkerrechtlichen Abkommens für nichtig erklärt, nachdem er dessen materielle Rechtmäßigkeit im Hinblick auf das fragliche Abkommen geprüft und einen Verstoß gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts – im konkreten Fall das allgemeine Diskriminierungsverbot – festgestellt hatte (Urteil vom 10. März 1998, Deutschland/Rat, C‑122/95, Slg. 1998, I‑973).
290. Daher ist zu prüfen, ob, wie das Gericht entschieden hat, nach den Grundsätzen, die für die Verknüpfung zwischen der durch die Vereinten Nationen entstandenen Völkerrechtsordnung und der Gemeinschaftsrechtsordnung gelten, eine gerichtliche Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit der streitigen Verordnung im Hinblick auf die Grundrechte grundsätzlich ausgeschlossen ist, obwohl, wie sich aus der in den Randnrn. 281 bis 284 des vorliegenden Urteils aufgeführten Rechtsprechung ergibt, eine solche Kontrolle eine verfassungsrechtliche Garantie darstellt, die zu den Grundlagen der Gemeinschaft selbst gehört.
291. Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Befugnisse der Gemeinschaft unter Beachtung des Völkerrechts auszuüben sind (Urteile Poulsen und Diva Navigation, Randnr. 9, und Racke, Randnr. 45), wobei der Gerichtshof in derselben Randnummer des ersten dieser beiden Urteile ferner klargestellt hat, dass die Auslegung eines aufgrund dieser Befugnisse erlassenen Rechtsakts und die Festlegung seines Anwendungsbereichs im Licht des einschlägigen Völkerrechts zu erfolgen haben.
292. Außerdem hat der Gerichtshof entschieden, dass die in den Art. 177 EG und 181 EG vorgesehenen Befugnisse der Gemeinschaft auf dem Gebiet der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung unter Beachtung der im Rahmen der Vereinten Nationen und anderer internationaler Organisationen gegebenen Zusagen ausgeübt werden müssen (Urteil vom 20. Mai 2008, Kommission/Rat, C‑91/05, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).
293. Die Beachtung der im Rahmen der Vereinten Nationen übernommenen Verpflichtungen ist auch im Bereich der Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit geboten, wenn die Gemeinschaft durch den Erlass von Rechtsakten, die auf der Grundlage der Art. 60 EG und 301 EG ergehen, Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta umsetzt.
294. Bei der Ausübung der zuletzt genannten Befugnis muss die Gemeinschaft nämlich eine besondere Bedeutung dem Umstand beimessen, dass nach Art. 24 der UN‑Charta der Sicherheitsrat, indem er aufgrund von Kapitel VII der Charta Resolutionen beschließt, die Hauptverantwortung wahrnimmt, die ihm zur weltweiten Wahrung des Friedens und der Sicherheit übertragen ist, eine Verantwortung, die im Rahmen des Kapitels VII die Befugnis einschließt, zu bestimmen, was eine Bedrohung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit darstellt, und die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um beide zu wahren oder wiederherzustellen.
295. Sodann ist festzustellen, dass die in den Art. 60 EG und 301 EG vorgesehenen Befugnisse erst ausgeübt werden können, wenn aufgrund der Bestimmungen des EU‑Vertrags über die GASP ein gemeinsamer Standpunkt angenommen oder eine gemeinsame Aktion beschlossen worden ist, die ein Tätigwerden der Gemeinschaft vorsehen.
296. Ist die Gemeinschaft aufgrund einer solchen Handlung verpflichtet, im Rahmen des EG‑Vertrags die danach gebotenen Maßnahmen zu ergreifen, impliziert diese Verpflichtung, wenn es um die Umsetzung einer Resolution des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta geht, dass die Gemeinschaft bei der Ausarbeitung der fraglichen Maßnahmen den Wortlaut und die Ziele der betreffenden Resolution sowie die maßgeblichen Verpflichtungen, die sich aus der UN‑Charta in Bezug auf eine solche Umsetzung ergeben, gebührend berücksichtigt.
297. Außerdem hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass bei der Auslegung der streitigen Verordnung auch der Wortlaut und das Ziel der Resolution 1390 (2002) des Sicherheitsrats zu berücksichtigen sind, die mit dieser Verordnung ausweislich ihres vierten Erwägungsgrundes umgesetzt werden soll (Urteil Möllendorf und Möllendorf-Niehuus, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).
298. Allerdings schreibt die UN‑Charta kein bestimmtes Modell für die Umsetzung der Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Charta vor, vielmehr hat die Umsetzung nach den Modalitäten zu erfolgen, die insoweit in der nationalen Rechtsordnung des jeweiligen Mitgliedstaats der UNO gelten. Denn die UN‑Charta lässt grundsätzlich den Mitgliedstaaten die freie Wahl zwischen verschiedenen Modellen für die Übernahme solcher Resolutionen in ihre nationale Rechtsordnung.
299. Nach alledem implizieren die Grundsätze, die für die durch die Vereinten Nationen entstandene Völkerrechtsordnung gelten, nicht, dass eine gerichtliche Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit der streitigen Verordnung im Hinblick auf die Grundrechte deshalb ausgeschlossen wäre, weil mit ihr eine Resolution des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta umgesetzt werden soll.
300. Eine solche Nichtjustiziabilität eines Gemeinschaftsrechtsakts wie der streitigen Verordnung als Folge des Grundsatzes des völkerrechtlichen Vorrangs der Verpflichtungen aufgrund der UN‑Charta, insbesondere derjenigen in Bezug auf die Umsetzung der Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der Charta, findet zudem keine Grundlage im EG‑Vertrag.
301. Zwar hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass Art. 234 EG‑Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 307 EG), wenn sein Tatbestand erfüllt ist, Abweichungen vom Primärrecht, z. B. von dem die gemeinsame Handelspolitik betreffenden Art. 113 EG‑Vertrag, zulassen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Centro-Com, Randnrn. 56 bis 61).
302. Zutreffend ist auch, dass Art. 297 EG implizit Beschränkungen des Gemeinsamen Markts erlaubt, die gegebenenfalls durch Maßnahmen verursacht werden, die ein Mitgliedstaat ergreift, um völkerrechtliche Verpflichtungen zu erfüllen, die er zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit eingegangen ist.
303. Die betreffenden Bestimmungen können aber nicht dahin verstanden werden, dass sie eine Abweichung von den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zulassen, die in Art. 6 Abs. 1 EU als Grundlage der Union niedergelegt sind.
304. Art. 307 EG könnte es nämlich keinesfalls erlauben, die Grundsätze in Frage zu stellen, die zu den Grundlagen der Gemeinschaftsrechtsordnung selbst gehören, worunter auch der Schutz der Grundrechte fällt, der die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Gemeinschaftsrechtsakte im Hinblick auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten durch den Gemeinschaftsrichter einschließt.
305. Eine Nichtjustiziabilität der streitigen Verordnung in Bezug auf die Prüfung ihrer Vereinbarkeit mit den Grundrechten, die in einem vermeintlich absoluten Vorrang der Resolutionen des Sicherheitsrats begründet liegen soll, deren Umsetzung diese Verordnung dient, könnte auch nicht auf den Rang gestützt werden, den die Verpflichtungen aus der UN‑Charta in der Normenhierarchie innerhalb der Gemeinschaftsrechtsordnung einnähmen, wenn sie in dieser Hierarchie eingestuft wären.
306. Nach Art. 300 Abs. 7 EG sind nämlich die nach Maßgabe dieses Artikels geschlossenen Abkommen für die Organe der Gemeinschaft und für die Mitgliedstaaten verbindlich.
307. Wäre Art. 300 Abs. 7 EG auf die UN‑Charta anwendbar, hätte diese danach Vorrang vor den Bestimmungen des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juni 2008, Intertanko u. a., C‑308/06, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
308. Dieser Vorrang auf der Ebene des Gemeinschaftsrechts würde sich jedoch nicht auf das Primärrecht und insbesondere die allgemeinen Grundsätze – zu denen die Grundrechte gehören – erstrecken.
309. Diese Auslegung wird durch Art. 300 Abs. 6 EG bestätigt, wonach ein völkerrechtliches Abkommen nicht in Kraft treten kann, wenn der Gerichtshof ein ablehnendes Gutachten über dessen Vereinbarkeit mit dem EG‑Vertrag abgegeben hat, es sei denn, dass dieser zuvor geändert worden ist.
310. Vor dem Gerichtshof ist allerdings insbesondere in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden, nach dem Vorbild des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der in mehreren kürzlich ergangenen Entscheidungen erklärt habe, dass er für die Kontrolle der Vereinbarkeit bestimmter Rechtsakte, die im Rahmen der Umsetzung von Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta ergangen seien, nicht zuständig sei, müssten die Gemeinschaftsgerichte davon absehen, die Rechtmäßigkeit der streitigen Verordnung im Hinblick auf die Grundrechte zu prüfen, da diese Verordnung ebenfalls der Umsetzung solcher Resolutionen diene.
311. Hierzu ist festzustellen, dass, wie im Übrigen der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte selbst festgestellt hat, ein fundamentaler Unterschied besteht zwischen der Natur der Rechtsakte, auf die sich diese Entscheidungen beziehen und in Bezug auf die dieser Gerichtshof erklärt hat, dass er für die Kontrolle ihrer Vereinbarkeit mit der EMRK nicht zuständig sei, und derjenigen anderer Rechtsakte, für die seine Zuständigkeit unstreitig erscheint (vgl. EGMR, Entscheidung Behrami und Behrami/Frankreich und Saramati/Frankreich, Deutschland und Norwegen vom 2. Mai 2007, noch nicht in den Reports of Judgements and Decisions veröffentlicht, § 151).
312. So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zwar in einigen Fällen, mit denen er befasst war, erklärt, er sei in persönlicher Hinsicht nicht zuständig, doch ging es darin um Handlungen, die unmittelbar der UNO als weltweit tätiger, zwingende Erfordernisse der kollektiven Sicherheit erfüllender Organisation zugerechnet werden konnten – insbesondere Handlungen eines im Rahmen von Kapitel VII der UN‑Charta errichteten Hilfsorgans der UNO oder Handlungen, die sich im Rahmen der Wahrnehmung von Befugnissen bewegten, die der Sicherheitsrat nach demselben Kapitel rechtswirksam delegiert hatte – und nicht um Handlungen, die sich den vor dem betreffenden Gericht beklagten Staaten zurechnen ließen, zumal diese Handlungen nicht im Hoheitsgebiet dieser Staaten erfolgt waren und ihnen auch keine Entscheidung ihrer Behörden zugrunde lag.
313. Demgegenüber hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in § 151 der Entscheidung Behrami und Behrami/Frankreich und Saramati/Frankreich, Deutschland und Norwegen ausgeführt, dass er in dem Fall, der seinem Urteil Bosphorus Hava Yolları Turizm ve Ticaret Anonim Şirketi/Irland zugrunde gelegen und eine Beschlagnahme betroffen habe, die die Behörden des beklagten Staates im Anschluss an eine Entscheidung eines Ministers dieses Staates in dessen Hoheitsgebiet durchgeführt hätten, seine Zuständigkeit namentlich in persönlicher Hinsicht gegenüber dem beklagten Staat bejaht habe, obwohl die fragliche Maßnahme auf der Grundlage einer Gemeinschaftsverordnung beschlossen worden sei, die ihrerseits aufgrund einer Resolution des Sicherheitsrat erlassen worden sei.
314. In der vorliegenden Rechtssache ist festzustellen, dass die streitige Verordnung nicht als ein Rechtsakt angesehen werden kann, der als Handlung, die von einem der im Rahmen von Kapitel VII der UN‑Charta errichteten Hilfsorgane der UNO ausgeht oder sich im Rahmen der Wahrnehmung von Befugnissen bewegt, die der Sicherheitsrat nach demselben Kapitel rechtswirksam delegiert hat, unmittelbar der UNO zuzurechnen ist.
315. Außerdem stellt sich die Frage nach der Zuständigkeit des Gerichtshofs, sich zur Gültigkeit der streitigen Verordnung zu äußern, jedenfalls in einem grundlegend anderen Rahmen.
316. Wie bereits in den Randnrn. 281 bis 284 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist die Kontrolle der Gültigkeit einer jeden Handlung der Gemeinschaft im Hinblick auf die Grundrechte durch den Gerichtshof nämlich als Ausdruck einer Verfassungsgarantie in einer Rechtsgemeinschaft zu betrachten, einer Garantie, die sich aus dem EG‑Vertrag als autonomem Rechtssystem ergibt und durch ein völkerrechtliches Abkommen nicht beeinträchtigt werden kann.
317. Die Frage nach der Zuständigkeit des Gerichtshofs stellt sich nämlich im Rahmen der internen und autonomen Rechtsordnung der Gemeinschaft, zu der die streitige Verordnung gehört und innerhalb deren der Gerichtshof dafür zuständig ist, die Gültigkeit der Handlungen der Gemeinschaft im Hinblick auf die Grundrecht zu überprüfen.
318. Es ist ferner vorgetragen worden, in Anbetracht des Respekts, den die Gemeinschaftsorgane den Organen der Vereinten Nationen schuldeten, müsse der Gerichtshof davon absehen, die Rechtmäßigkeit der streitige Verordnung im Hinblick auf die Grundrechte zu prüfen, selbst wenn eine solche Kontrolle möglich sein sollte, da im Rahmen der von den Vereinten Nationen geschaffenen Sanktionsregelung insbesondere unter Berücksichtigung des Verfahrens der Überprüfung in der kürzlich durch mehrere Resolutionen des Sicherheitsrats spürbar verbesserten Form die Grundrechte hinreichend geschützt seien.
319. Die Kommission meint, solange im Rahmen der genannten Sanktionsregelung die betroffenen Personen oder Organisationen dank eines Mechanismus der administrativen Kontrolle, der sich in die Rechtsordnung der Vereinten Nationen einfüge, eine akzeptable Möglichkeit hätten, gehört zu werden, dürfe der Gerichtshof nicht tätig werden.
320. Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass zwar in der Tat im Anschluss an die Verabschiedung mehrerer Resolutionen durch den Sicherheitsrat sowohl in Bezug auf die Aufnahme in die konsolidierte Liste als auch hinsichtlich der Streichung von dieser Liste Änderungen an dem von den Vereinten Nationen geschaffenen System von Restriktionen vorgenommen worden sind (vgl. speziell die Resolutionen 1730 [2006] vom 19. Dezember 2006, und 1735 [2006] vom 22. Dezember 2006), dass diese Änderungen aber nach Erlass der streitigen Verordnung erfolgt sind, so dass sie im Rahmen der vorliegenden Rechtsmittel grundsätzlich nicht berücksichtigt werden können.
321. Jedenfalls kann der Umstand, dass es im Rahmen des betreffenden Systems der Vereinten Nationen das Verfahren der Überprüfung vor dem Sanktionsausschuss gibt auch unter Berücksichtigung der kürzlich an ihm vorgenommenen Änderungen nicht zu einer generellen Nichtjustiziabilität im Rahmen der internen Rechtsordnung der Gemeinschaft führen.
322. Eine solche Nichtjustiziabilität, die eine erhebliche Abweichung von dem im EG‑Vertrag vorgesehenen System des gerichtlichen Rechtsschutzes der Grundrechte darstellen würde, erscheint nämlich in Anbetracht dessen, dass das betreffende Verfahren der Überprüfung offenkundig nicht die Garantien eines gerichtlichen Rechtsschutzes bietet, nicht gerechtfertigt.
323. Zwar kann sich nunmehr jede Person oder Organisation unmittelbar an den Sanktionsausschuss wenden, indem sie einen Antrag auf Streichung von der konsolidierten Liste bei der sogenannten Koordinierungsstelle einreicht, doch ist das Verfahren vor diesem Ausschuss nach wie vor im Wesentlichen diplomatischer und zwischenstaatlicher Natur, da die betroffenen Personen und Organisationen keine echte Möglichkeit haben, ihre Rechte zu verteidigen, und der Sanktionsausschuss im Konsens entscheidet, weil jedes Ausschussmitglied über ein Vetorecht verfügt.
324. Insoweit geht aus den Richtlinien des Sanktionsausschusses in ihrer zuletzt am 12. Februar 2007 geänderten Fassung hervor, dass derjenige, der einen Streichungsantrag gestellt hat, weder seine Rechte während des Verfahrens vor dem Sanktionsausschuss geltend machen noch sich zu diesem Zweck vertreten lassen kann, da ausschließlich der Staat, in dem er seinen Wohnsitz hat oder dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, berechtigt ist, gegebenenfalls eine Stellungnahme zu diesem Antrag abzugeben.
325. Zudem ist der Sanktionsausschuss nach diesen Richtlinien weder verpflichtet, dem Antragsteller die Gründe und Beweismittel mitzuteilen, die seine Aufnahme in die koordinierte Liste rechtfertigen, noch muss er ihm – und sei es auch nur eingeschränkten – Zugang zu den betreffenden Daten gewähren. Darüber hinaus braucht der Sanktionsausschuss die Zurückweisung des Streichungsantrags nicht zu begründen.
326. Aus alledem ergibt sich, dass die Gemeinschaftsgerichte im Einklang mit den Befugnissen, die ihnen aufgrund des EG‑Vertrags zustehen, eine grundsätzlich umfassende Kontrolle der Rechtmäßigkeit sämtlicher Handlungen der Gemeinschaft im Hinblick auf die Grundrechte als Bestandteil der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts gewährleisten müssen, und zwar auch in Bezug auf diejenigen Handlungen der Gemeinschaft, die wie die streitige Verordnung der Umsetzung von Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta dienen sollen.
327. Deshalb hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen, als es in den Randnrn. 212 bis 231 des angefochtenen Urteils Kadi und 263 bis 282 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat entschieden hat, dass aus den Grundsätzen, nach denen sich die Verknüpfung zwischen der durch die Vereinten Nationen entstandenen Völkerrechtsordnung und der Gemeinschaftsrechtsordnung richte, folge, dass die streitige Verordnung, da sie der Umsetzung einer Resolution des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta diene, die hierfür keinerlei Spielraum lasse, im Hinblick auf ihre materielle Rechtmäßigkeit nicht justiziabel sei, sofern es nicht um ihre Vereinbarkeit mit den Normen des ius cogens gehe.
328. Die Rechtsmittelgründe sind demnach in diesem Punkt begründet, so dass die angefochtenen Urteile insoweit aufzuheben sind.
329. Folglich brauchen die Rügen, die sich gegen den Teil der angefochtenen Urteile richten, der sich auf die Überprüfung der streitigen Verordnung im Hinblick auf die zum ius cogens gehörenden Regeln des Völkerrechts bezieht, und dementsprechend auch das insoweit eingelegte Anschlussrechtsmittel des Vereinigten Königreichs nicht mehr geprüft zu werden.
330. Da das Gericht im nachfolgenden Teil der angefochtenen Urteile, der sich auf die von den Rechtsmittelführern geltend gemachten spezifischen Grundrechte bezieht, die Rechtmäßigkeit der streitigen Verordnung nur im Hinblick auf diese Regeln geprüft hat, obwohl es eine grundsätzlich umfassende Prüfung im Hinblick auf die zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehörenden Grundrechte hätte durchführen müssen, ist ferner auch dieser nachfolgende Teil der angefochtenen Urteile aufzuheben.
Zu den Klagen vor dem Gericht
331. Gemäß Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs kann der Gerichtshof im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.
332. Hier ist der Gerichtshof der Ansicht, dass die von den Rechtsmittelführern erhobenen Klagen auf Nichtigerklärung der streitigen Verordnung entscheidungsreif sind und endgültig über sie zu entscheiden ist.
333. Zu prüfen sind erstens die Rügen, mit denen Herr Kadi und Al Barakaat eine Verletzung der Verteidigungsrechte, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, und des Rechts auf effektive gerichtliche Kontrolle geltend gemacht haben, zu der das Einfrieren von Geldern führe, wie es mit der streitigen Verordnung gegen sie angeordnet worden sei.
334. Angesichts der konkreten Umstände, unter denen die Namen der Rechtsmittelführer in die in Anhang I der streitigen Verordnung enthaltene Liste der von den Restriktionen betroffenen Personen und Organisationen aufgenommen worden sind, ist hierzu festzustellen, dass die Verteidigungsrechte der Rechtsmittelführer, insbesondere der Anspruch auf rechtliches Gehör, sowie das Recht auf effektive gerichtliche Kontrolle offenkundig nicht gewahrt worden sind.
335. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes ein allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, der sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergibt und in den Art. 6 und 13 EMRK verankert ist; er ist im Übrigen auch in Art. 47 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1) bekräftigt worden (vgl. Urteil vom 13. März 2007, Unibet, C‑432/05, Slg. 2007, I‑2271, Randnr. 37).
336. Angesichts der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu anderen Bereichen (vgl. u. a. Urteile vom 15. Oktober 1987, Heylens u. a., 222/86, Slg. 1987, 4097, Randnr. 15, und vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Randnrn. 462 und 463) ist in den vorliegenden Rechtssachen ferner festzustellen, dass die Effektivität der gerichtlichen Kontrolle – die sich insbesondere auf die Rechtmäßigkeit der Begründung erstrecken können muss, auf denen hier die Aufnahme des Namens einer Person oder einer Organisation in die Liste beruht, die den Anhang I der streitigen Verordnung bildet und die Verhängung einer Reihe von Restriktionen gegen die betreffenden Adressaten zur Folge hat – voraussetzt, dass die fragliche Gemeinschaftsbehörde diese Begründung der betroffenen Person oder Organisation soweit wie möglich zu dem Zeitpunkt, zu dem ihre Aufnahme in die Liste beschlossen wird, oder wenigstens so bald wie möglich danach mitteilt, um den betreffenden Adressaten die fristgemäße Wahrnehmung ihres Rechts auf gerichtlichen Rechtsschutz zu ermöglichen.
337. Die Erfüllung dieser Verpflichtung zur Mitteilung der betreffenden Begründung ist nämlich sowohl erforderlich, um es den Adressaten der Restriktionen zu ermöglichen, ihre Rechte unter den bestmöglichen Bedingungen zu verteidigen und in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob es für sie von Nutzen ist, den Gemeinschaftsrichter anzurufen (vgl. in diesem Sinne Urteil Heylens u. a., Randnr. 15), als auch, um den Gemeinschaftsrichter vollständig in die Lage zu versetzen, die ihm aufgrund des EG‑Vertrags obliegende Kontrolle der Rechtmäßigkeit des fraglichen Gemeinschaftsrechtsakts auszuüben.
338. Was die Verteidigungsrechte und insbesondere den Anspruch auf rechtliches Gehör in Bezug auf Restriktionen wie die mit der streitigen Verordnung verhängten betrifft, kann von den Gemeinschaftsbehörden nicht verlangt werden, dass sie die betreffende Begründung einer Person oder Organisation vor ihrer erstmaligen Aufnahme in die erwähnte Liste mitteilen.
339. Wie das Gericht in Randnr. 308 des angefochtenen Urteils Yusuf und Al Barakaat ausgeführt hat, könnte eine solche Mitteilung nämlich die Wirksamkeit der mit dieser Verordnung angeordneten Maßnahmen des Einfrierens von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen beeinträchtigen.
340. Um das mit dieser Verordnung verfolgte Ziel zu erreichen, müssen solche Maßnahmen naturgemäß einen Überraschungseffekt haben und, wie der Gerichtshof bereits ausgeführt hat, unverzüglich zur Anwendung kommen (vgl. in diesem Sinne Urteil Möllendorf und Möllendorf-Niehuus, Randnr. 63).
341. Ebenfalls aus Gründen, die mit dem mit der streitigen Verordnung verfolgten Ziel und der Wirksamkeit der darin vorgesehen Maßnahmen zusammenhängen, waren die Gemeinschaftsbehörden auch nicht dazu verpflichtet, die Rechtsmittelführer vor der erstmaligen Aufnahme ihrer Namen in die in Liste in Anhang I dieser Verordnung anzuhören.
342. Da es sich um einen Gemeinschaftsrechtsakt zur Umsetzung einer Resolution handelt, die der Sicherheitsrat im Rahmen der Bekämpfung des Terrorismus beschlossen hat, können darüber hinaus zwingende Gründe der Sicherheit oder der Gestaltung der internationalen Beziehungen der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten der Mitteilung bestimmter Umstände an die Beteiligten und daher deren Anhörung zu diesen Umständen entgegenstehen.
343. Was die Beachtung des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes angeht, bedeutet dies jedoch nicht, dass Restriktionen, wie sie mit der streitigen Verordnung verhängt worden sind, jeder Kontrolle durch den Gemeinschaftsrichter entzogen sind, sobald erklärt wird, dass der diese Restriktionen anordnende Rechtsakt Fragen der nationalen Sicherheit und des Terrorismus berühre.
344. Allerdings muss in einem solchen Fall der Gemeinschaftsrichter im Rahmen der von ihm ausgeübten gerichtlichen Kontrolle Techniken anwenden, die es ermöglichen, die legitimen Sicherheitsinteressen in Bezug auf die Art und die Quellen der Informationen, die beim Erlass des betreffenden Rechtsakts berücksichtigt worden sind, auf der einen und das Erfordernis, dem Einzelnen hinreichende Verfahrensgarantien zu gewähren, auf der anderen Seite zum Ausgleich zu bringen (vgl. in diesem Sinne EGMR, Urteil Chahal/Vereinigtes Königreich vom 15. November 1996, Reports of Judgements and Decisions 1996-V, § 131).
345. In der vorliegenden Rechtssache ist zunächst festzustellen, dass weder die streitige Verordnung noch der Gemeinsame Standpunkt 2002/402, auf den die Verordnung verweist, ein Verfahren für die Mitteilung der Umstände, die die Aufnahme der Namen der Betroffenen in Anhang I der Verordnung rechtfertigen, gleichzeitig mit der Aufnahme oder im Anschluss daran und für deren Anhörung vorsehen.
346. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass der Rat den Rechtsmittelführern zu keinem Zeitpunkt die ihnen zur Last gelegten Umstände mitgeteilt hat, die die erstmalige Aufnahme ihrer Namen in Anhang I der streitigen Verordnung und dementsprechend die Verhängung der darin vorgesehenen Restriktionen gerechtfertigt haben sollen.
347. Es ist nämlich unstreitig, dass die Rechtsmittelführer insoweit keinerlei Auskunft erhalten haben, sei es in der Verordnung Nr. 467/2001 in der von den Verordnungen Nrn. 2062/2001 bzw. 2199/2001 geänderten Fassung, in denen ihre Namen erstmalig in einer Liste der vom Einfrieren von Geldern betroffenen Personen, Einrichtungen oder Organisationen erwähnt wurden, sei es in der streitigen Verordnung oder sei es in einem späteren Stadium.
348. Da der Rat den Rechtsmittelführern weder die ihnen zur Last gelegten Umstände mitgeteilt hat, mit denen die gegen sie verhängten Restriktionen begründet werden, noch ihnen das Recht gewährt hat, innerhalb einer angemessenen Frist nach Anordnung der betreffenden Maßnahmen Auskunft über diese Umstände zu erhalten, waren die Rechtsmittelführer nicht in der Lage, ihren Standpunkt hierzu sachdienlich vorzutragen. Somit sind die Verteidigungsrechte der Rechtsmittelführer, insbesondere der Anspruch auf rechtliches Gehör, nicht gewahrt worden.
349. Da die Rechtsmittelführer nicht davon unterrichtet worden sind, welche Umstände ihnen zur Last gelegt werden, und in Anbetracht des bereits in den Randnrn. 336 und 337 des vorliegenden Urteils dargelegten Zusammenhangs zwischen den Verteidigungsrechten und dem Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz konnten sie zudem ihre Rechte im Hinblick auf die betreffenden Umstände auch vor dem Gemeinschaftsrichter nicht unter zufrieden stellenden Bedingungen verteidigen, so dass ebenfalls eine Verletzung des erwähnten Rechts auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz festzustellen ist.
350. Schließlich ist festzustellen, dass dieser auch nicht im Rahmen der vorliegenden Klagen geheilt worden ist. Denn der Rat hat, da nach seiner Rechtsauffassung derartige Umstände vom Gemeinschaftsrichter nicht überprüft werden dürfen, nichts zur Heilung vorgebracht.
351. Der Gerichtshof kann daher nur feststellen, dass er nicht in der Lage ist, die Rechtmäßigkeit der streitigen Verordnung zu prüfen, soweit sie die Rechtsmittelführer betrifft, woraus der Schluss zu ziehen ist, dass deren Grundrecht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz auch aus diesem Grund in den vorliegenden Rechtssachen nicht gewahrt worden ist.
352. Folglich ist zu entscheiden, dass die streitige Verordnung, soweit sie die Rechtsmittelführer betrifft, erlassen worden ist, ohne dass eine Garantie in Bezug auf die Mitteilung der ihnen zur Last gelegten Umstände oder ihre Anhörung zu diesen Umständen gegeben wurde, woraus der Schluss zu ziehen ist, dass diese Verordnung nach einem Verfahren erlassen worden ist, in dessen Verlauf die Verteidigungsrechte nicht gewahrt worden sind, was außerdem zur Folge hatte, dass der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verletzt worden ist.
353. Aus alledem ergibt sich, dass die Gründe, auf die Herr Kadi und Al Barakaat ihre Klagen auf Nichtigerklärung der streitigen Verordnung gestützt haben und mit denen sie eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, sowie des Grundsatzes des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes geltend gemacht, begründet sind.
354. Zweitens ist der Klagegrund zu prüfen, mit dem Herr Kadi eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Eigentums durch das mit der streitigen Verordnung gegen ihn verhängte Einfrieren von Geldern rügt.
355. Nach ständiger Rechtsprechung gehört das Eigentumsrecht zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht uneingeschränkt, sondern muss im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen werden. Folglich kann die Ausübung des Eigentumsrechts Beschränkungen unterworfen werden, sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Europäischen Gemeinschaft entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen, der das so gewährleistete Recht in seinem Wesensgehalt antasten würde (vgl. u. a. Urteil Regione autonoma Friuli‑Venezia Giulia und ERSA, Randnr. 119 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. außerdem in diesem Sinne im Rahmen eines Systems von Restriktionen, Urteil Bosphorus, Randnr. 21).
356. Zur Bestimmung des Umfangs des Grundrechts auf Achtung des Eigentums ist insbesondere Art. 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 zur EMRK heranzuziehen, in dem dieses Recht verankert ist.
357. Zu prüfen ist daher, ob das in der streitigen Verordnung vorgesehene Einfrieren von Geldern einen unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellt, der das Grundrecht auf Achtung des Eigentums von Personen, die wie Herr Kadi in der Liste in Anhang I der Verordnung erwähnt sind, in seinem Wesensgehalt antastet.
358. Das fragliche Einfrieren von Geldern ist eine Sicherungsmaßnahme, die nicht darauf abzielt, die betreffenden Personen zu enteignen. Gleichwohl ist diese Maßnahme für Herrn Kadi unbestreitbar mit einer Beschränkung des Gebrauchs seines Eigentumsrechts verbunden, die darüber hinaus im Hinblick darauf, dass die Maßnahme umfassend gilt und seit dem 20. Oktober 2001 auf ihn anwendbar ist, als erheblich angesehen werden muss.
359. Es stellt sich daher die Frage, ob diese Beschränkung, die Herrn Kadi in Bezug auf den Gebrauch seines Eigentumsrechts auferlegt wird, gerechtfertigt werden kann.
360. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte müssen die eingesetzten Mittel in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen. Zu untersuchen ist demnach, ob zwischen den Erfordernissen des Allgemeininteresses und dem Interesse des oder der betroffenen Einzelnen das Gleichgewicht gewahrt worden ist. Dabei ist dem Gesetzgeber sowohl bei der Wahl der Durchführungsmodalitäten als auch hinsichtlich der Entscheidung, ob deren Folgen durch das Bestreben, das Ziel der fraglichen Regelung zu erreichen, im Allgemeininteresse gerechtfertigt sind, ein weiter Beurteilungsspielraum zuzuerkennen ist (vgl. in diesem Sinne u. a. EGMR, Urteil J. A.. PYE (Oxford) Ltd. und J. A. PYE (Oxford) Land Ltd./Vereinigtes Königreich vom 30. August 2007, noch nicht in den Reports of Judgements and Decisions veröffentlicht, §§ 55 und 75).
361. Wie der Gerichtshof bereits im Rahmen einer anderen Gemeinschaftsregelung betreffend wirtschaftliche Restriktionen entschieden hat, mit der ebenfalls Resolutionen des Sicherheitsrats nach Kapitel VII der UN‑Charta umgesetzt wurden, kann die Bedeutung der Ziele, die mit einem Gemeinschaftsrechtsakt wie der streitigen Verordnung verfolgt werden, selbst erhebliche negative Konsequenzen für bestimmte Wirtschaftsteilnehmer rechtfertigen, darunter auch für solche, die für die Situation, die zum Erlass der betreffenden Maßnahmen geführt hat, nicht verantwortlich sind, gleichwohl aber u. a. in ihren Eigentumsrechten berührt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil Bosphorus, Randnrn. 22 und 23).
362. Die in der hier streitigen Verordnung vorgesehenen Restriktionen tragen zur Umsetzung von Restriktionen auf Gemeinschaftsebene bei, die der Sicherheitsrat gegen Osama bin Laden, das Al‑Qaida‑Netzwerk, die Taliban und andere mit ihnen verbundene Personen, Gruppen, Unternehmen und Einrichtungen beschlossen hat.
363. Angesichts eines für die Völkergemeinschaft derart grundlegenden Ziels wie des mit allen Mitteln gemäß der UN‑Charta geführten Kampfes gegen die Bedrohungen, die durch terroristische Handlungen auf dem Weltfrieden und der internationalen Sicherheit lasten, kann das Einfrieren von Geldern, Finanzvermögen und anderen wirtschaftlichen Ressourcen der Personen, die der Sicherheitsrat als mit Osama bin Laden, dem Al‑Qaida‑Netzwerk und den Taliban verbunden identifiziert hat, für sich genommen nicht als unangemessen oder unverhältnismäßig angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Bosphorus, Randnr. 26, und EGMR, Urteil Bosphorus Hava Yolları Turizm ve Ticaret Anonim Şirketi/Irland, § 167).
364. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die streitige Verordnung in ihrer durch die – im Anschluss an die Resolution 1452 (2002) ergangene – Verordnung Nr. 561/2003 geänderten Fassung neben anderen Ausnahmen und Befreiungen vorsieht, dass die zuständigen nationalen Behörden auf Antrag der Betroffenen, sofern der Sanktionsausschuss nicht ausdrücklich widerspricht, das Einfrieren von Geldern für unanwendbar auf Gelder erklären, die für Grundausgaben wie den Einkauf von Nahrungsmitteln und die Bezahlung von Mieten, medizinischer Behandlung, Steuern oder Gebühren öffentlicher Versorgungseinrichtungen notwendig sind. Außerdem können Gelder, die für die Deckung außerordentlicher Ausgaben erforderlich sind, nunmehr freigegeben werden, sofern der Sanktionsausschuss dies ausdrücklich billigt.
365. Ferner sehen die Resolutionen des Sicherheitsrats, die mit der streitigen Verordnung umgesetzt werden sollen, einen Mechanismus der regelmäßigen Überprüfung des allgemeinen Systems der in ihnen angeordneten Maßnahmen sowie ein Verfahren vor, wonach die Betroffenen jederzeit ihren Fall dem Sanktionsausschuss zur Überprüfung vorlegen können, indem sie einen Antrag einreichen, der nunmehr über die sogenannte Koordinierungsstelle unmittelbar an diesen gerichtet werden kann.
366. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass es sich bei den mit der streitigen Verordnung verhängten Restriktionen um Beschränkungen des Eigentumsrechts handelt, die grundsätzlich gerechtfertigt werden könnten.
367. Ferner ist zu prüfen, ob bei der Anwendung der betreffenden Verordnung auf Herrn Kadi dessen Eigentumsrecht im konkreten Fall gewahrt worden ist.
368. Insoweit ist daran zu erinnern, dass die anwendbaren Verfahren auch dem Betroffenen eine angemessene Gelegenheit bieten müssen, sein Anliegen den zuständigen Stellen vorzutragen. Um sicherzustellen, dass diese untrennbar mit Art. 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 zur EMRK verbundene Voraussetzung eingehalten ist, sind die anwendbaren Verfahren abstrakt zu betrachten (vgl. in diesem Sinne u. a. EGMR, Urteil Jokela/Finnland vom 21. Mai 2002, Reports of Judgements and Decisions 2002-IV, § 45 und die dort angeführte Rechtsprechung sowie § 55).
369. Die streitige Verordnung ist jedoch, soweit sie Herrn Kadi betrifft, erlassen worden, ohne ihm irgendeine Garantie zu geben, dass er sein Anliegen den zuständigen Stellen vortragen kann, und dies in einer Situation, in der die Beschränkung seiner Eigentumsrechte im Hinblick auf die umfassende Geltung und effektive Dauer der gegen ihn verhängten Restriktionen als erheblich betrachtet werden muss.
370. Deshalb stellen unter den Umständen der vorliegenden Rechtssache die Restriktionen, die die streitige Verordnung für Herrn Kadi durch seine Aufnahme in die Liste in ihrem Anhang I mit sich bringt, eine ungerechtfertigte Beschränkung seines Eigentumsrechts dar.
371. Demnach ist der von Herrn Kadi auf die Verletzung des Grundrechts auf Achtung des Eigentums gestützte Rechtsmittelgrund begründet.
372. Nach alledem ist die streitige Verordnung, soweit sie die Rechtsmittelführer betrifft, für nichtig zu erklären.
373. Würde die streitige Verordnung in diesem Umfang mit sofortiger Wirkung für nichtig erklärt, könnte dies allerdings die Wirksamkeit der Restriktionen, die mit der Verordnung verhängt werden und für deren Umsetzung die Gemeinschaft zu sorgen hat, schwer und irreversibel beeinträchtigen, da in dem Zeitraum bis zu ihrer möglichen Ersetzung durch eine neue Verordnung Herr Kadi und Al Barakaat Maßnahmen treffen könnten, mit denen ein weiteres Einfrieren ihrer Gelder verhindert werden soll.
374. Da sich aus dem vorliegenden Urteil ergibt, dass die streitige Verordnung für nichtig zu erklären ist, soweit sie die Rechtsmittelführer betrifft, weil Grundsätze verletzt worden sind, die im Rahmen des Verfahrens gelten, das beim Erlass der mit dieser Verordnung angeordneten Restriktionen befolgt worden ist, lässt sich im Übrigen nicht ausschließen, dass sich die Anordnung derartiger Maßnahmen gegenüber den Rechtsmittelführern in der Sache gleichwohl als gerechtfertigt erweisen kann.
375. Angesichts dieser Umstände sind gemäß Art. 231 EG die Wirkungen der streitigen Verordnung, soweit die ihren Anhang I bildende Liste die Namen der Rechtsmittelführer enthält, während eines kurzen Zeitraums aufrechtzuerhalten, der so zu bemessen ist, dass es dem Rat möglich ist, die festgestellten Verstöße zu heilen, der aber auch dem Umstand gebührend Rechnung trägt, dass die fraglichen Restriktionen einen erheblichen Eingriff in die Rechte und Freiheiten der Rechtsmittelführer darstellen.
376. Unter diesen Umständen sind in sachgerechter Anwendung von Art. 231 EG die Wirkungen der streitigen Verordnung, soweit sie die Rechtsmittelführer betrifft, für einen Zeitraum von höchstens drei Monaten ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils aufrechtzuerhalten.
Kosten
377. Nach Art. 122 § 1 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet. Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Art. 69 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung sieht vor, dass die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten tragen.
378. Da den Rechtsmitteln von Herrn Kadi und von Al Barakaat stattgegeben und die streitige Verordnung für nichtig erklärt wird, soweit sie die Rechtsmittelführer betrifft, sind dem Rat und der Kommission neben ihren eigenen Kosten gemäß den Anträgen der Rechtsmittelführer jeweils die Hälfte der Kosten von Herrn Kadi und Al Barakaat im Verfahren des ersten Rechtszugs und in den vorliegenden Rechtsmittelverfahren aufzuerlegen.
379. Das Vereinigte Königreich Großbritannien trägt seine eigenen Kosten im Verfahren des ersten Rechtszugs und in den Rechtsmittelverfahren.
380. Das Königreich Spanien, die Französische Republik und das Königreich der Niederlande tragen ihre eigenen Kosten in den Rechtsmittelverfahren.
Tenor
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Urteile des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 21. September 2005, Kadi/Rat und Kommission (T‑315/01) sowie Yusuf und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission (T‑366/01), werden aufgehoben.
2. Die Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al‑Qaida‑Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan wird für nichtig erklärt, soweit sie Herrn Kadi und die Al Barakaat International Foundation betrifft.
3. Die Wirkungen der streitigen Verordnung, soweit sie Herrn Kadi und die Al Barakaat International Foundation betrifft, werden für einen Zeitraum von höchstens drei Monaten ab dem Tag der Verkündung des vorliegenden Urteils aufrechterhalten.
4. Der Rat der Europäischen Union und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften tragen neben ihren eigenen Kosten jeweils die Hälfte der Kosten von Herrn Kadi und der Al Barakaat International Foundation im Verfahren des ersten Rechtszugs und in den vorliegenden Rechtsmittelverfahren.
5. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt seine eigenen Kosten im Verfahren des ersten Rechtszugs und in den vorliegenden Rechtsmittelverfahren.
6. Das Königreich Spanien, die Französische Republik und das Königreich der Niederlande tragen ihre eigenen Kosten.