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BVerwG, 28.11.1963 - I C 74.61

Daten
Fall: 
Landschaftsschutzverordnung
Fundstellen: 
BVerwGE 17, 192; AS XVII, 192; BayVBl 1964, 91; BBauBl 1964, 503; DÖV 1964, 419; DVBl 1964, 147; Kommun. polit. Bl. 1964, 58; MDR 1964, 257; NJW 1964, 512; RdL 1964, 52
Gericht: 
Bundesverwaltungsgericht
Datum: 
28.11.1963
Aktenzeichen: 
I C 74.61
Entscheidungstyp: 
Urteil
Richter: 
Werner, Eue, Lullies, Fischer, Heinrich
Instanzen: 
  • OVG Nordrhein-Westfalen, 27.10.1959 - VII A 132/59
  • LVG Düsseldorf, 12.11.1958
  • VG Düsseldorf

Eine Landschaftsschutzverordnung, die den räumlichen Geltungsbereich ihres Veränderungsverbotes nicht in ihrem verkündeten Text bestimmt, sondern insoweit nur auf die Eintragungen in eine nicht veröffentlichte Karte verweist, verstößt gegen das Rechtsstaatsprinzip.

Inhaltsverzeichnis 

Tenor

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. Oktober 1959 wird samt seiner Kostenentscheidung aufgehoben, soweit es unter Änderung des Urteils des Landesverwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. November 1958 die Klage auf Aufhebung des Bescheides des Beklagten vom 14. April 1958 und des ihm zugrunde liegenden Bescheides des Oberkreisdirektors in Mettmann vom 30. Oktober 1957 abgewiesen hat. Die Berufung des Beklagten wird insoweit zurückgewiesen.

Im übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I.

Die Beigeladene beabsichtigt, auf einem Grundstück der Klägerin ein Wohnhaus zu bauen. Das Grundstück liegt in einem Gebiet, das der Regierungspräsident als Höhere Naturschutzbehörde durch die Verordnung zum Schütze von Landschaftsteilen und Landschaftsbestandteilen in den Stadtkreisen R., S., W. und im Landkreis D.-M. vom 18. Dezember 1953 (Reg.Amtsbl. Düsseldorf S. 342) -LSchVO- dem Schutze des Reichsnaturschutzgesetzes unterstellt hat.

Die Klägerin beantragte bei der Bauaufsichtsbehörde die Genehmigung für das Vorhaben der Beigeladenen. Darauf lehnte die Kreisverwaltung als Untere Naturschutzbehörde durch eine an die Klägerin gerichtete Verfügung die Erteilung einer Ausnahme von dem Bauverbot der Landschaftsschutzverordnung ab. Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Klägerin wies der Beklagte zurück. Das Verwaltungsgericht hob beide Verfügungen auf und verurteilte den Beklagten, der Klägerin die Genehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses nach der Landschaftsschutzverordnung erteilen zu lassen. Das Berufungsgericht wies unter Aufhebung dieses Urteils die Klage ab. Es hielt die Klage für unbegründet, weil die Naturschutzbehörde vor einigen Jahren dem früheren Grundstückseigentümer eine Ausnahme von dem Bauverbot der Landschaftsschutzverordnung unter der Auflage erteilt habe, daß das Grundstück später nicht weiter bebaut werden dürfe. Diese unanfechtbar gewordene Auflage müsse die Klägerin einhalten. Ihr Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für die Bebauung ihres Grundstückes verstoße deshalb gegen diese Verfügung.

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision beantragt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Beklagte tritt der Revision entgegen. Die Beigeladene schließt sich dem Antrag der Klägerin an.

II.

Die Revision ist im wesentlichen begründet.

Die Klägerin hat bei der Kreisverwaltung einen Bauantrag eingereicht, über den die Bauaufsichtsbehörde bisher nicht entschieden hat. Statt dessen hat die Kreisverwaltung als Untere Naturschutzbehörde den - nicht ausdrücklich gestellten - Antrag der Klägerin auf Ausnahmegenehmigung nach der einschlägigen Landschaftsschutzverordnung abgelehnt. Die Kreisverwaltung hat sich dabei ersichtlich von der Ansicht leiten lassen, die Baugenehmigung setze die Ausnahmegenehmigung voraus. Sie hat es deshalb für entbehrlich gehalten, den Bauantrag der Klägerin besonders abzulehnen, oder hat zunächst die Unanfechtbarkeit der Verfügung der Naturschutzbehörde abwarten wollen. Ihrem Verhalten und den Ausführungen des Beklagten ist zu entnehmen, daß sie sich durch die Landschaftsschutzverordnung an der Erteilung der Baugenehmigung so lange gehindert sieht, als von dieser Vorschrift keine Ausnahme erteilt worden ist. Die Klägerin erstrebt deshalb im vorliegenden Rechtsstreit folgerichtig die Verurteilung der Naturschutzbehörde zur Erteilung der Ausnahme.

Da das Berufungsgericht davon ausgegangen ist, daß die Beigeladene ihre Bauabsicht nicht ohne Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach der Landschaftsschutzverordnung verwirklichen kenne, hat es geprüft, ob die umstrittene Ausnahmegenehmigung rechtmäßig versagt wurde. Indem es diese Frage bejaht und die Klage auf Verpflichtung zur Erteilung der Ausnahmegenehmigung als unbegründet abgewiesen hat, ist es den Verwaltungsbehörden im Ergebnis darin beigetreten, daß das Grundstück der Klägerin nicht bebaut werden dürfe, weil der Bebauung § 2 LSchVO entgegenstehe, von dessen Verbot die Naturschutzbehörde mit Recht keine Ausnahme erteilt habe. Der Ausnahmegenehmigung bedarf die Klägerin jedoch nur dann, wenn die Landschaftsschutzverordnung den geplanten Bau verbietet. Ein derartiges Verbot setzt voraus, daß die Landschaftsschutzverordnung gültig ist. Ist die Landschaftsschutzverordnung ungültig, so darf die Bauaufsichtsbehörde die Erteilung der Baugenehmigung nicht am Fehlen einer Ausnahmegenehmigung der Naturschutzbehörde scheitern lassen.

Die Landschaftsschutzverordnung und ihre Ermächtigungsgrundlagen, das Reichsnaturschutzgesetz vom 26. Juni 1935 (RGBl. I S. 821) in der Fassung vom 20. Januar 1938 (RGBl. I S. 36) -RNatSchG- und die Verordnung zur Durchführung des Reichsnaturschutzgesetzes vom 31. Oktober 1935 (RGBl. I S. 1275) in der Fassung vom 16. September 1938 (RGBl. I S. 1184) - RNatSchG DVO -, sind kein Bundesrecht (BVerfGE 8, 186 = BGBl. 1959 I S. 23). Da das Landschaftsschutzrecht als Teil des Naturschutzrechtes des nichtrevisiblen Recht angehört, ist der Senat an die Anwendung und Auslegung dieser Vorschriften durch das Berufungsgericht gebunden (§§ 137 Abs. 1, 173 VwGO in Verbindung mit § 562 ZPO). Er hat jedoch zu prüfen, ob die vom Berufungsgericht angewandten Rechtsvorschriften gegen Bundesrecht verstoßen. In Betracht zu ziehen ist hier das in Art. 20 Abs. 3 und Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG zum Ausdruck kommende Rechtsstaatsprinzip, nach dem die öffentliche Gewalt in den Rechtskreis des einzelnen nur auf Grund von Rechtsnormen eingreifen darf, und Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, nach dem Inhalt und Schranken des Eigentums durch Gesetz bestimmt werden. Die Auffassung, es gehöre zum Wesen einer Rechtsnorm, daß sie in gehöriger Weise der Öffentlichkeit durch Verkündung ihres Wortlautes bekanntgemacht worden ist, ist seit langem anerkannt. Im Rechtsstaat bestehen, wie der Senat im Urteil vom 29. August 1961 (DVBl. 1962 S. 137 = NJW 1962 S. 506) ausgeführt hat, für die Verlautbarung von Rechtsnormen Grundregeln der Rechtsetzung. Zu ihnen zählt das Erfordernis einer gehörigen, insbesondere einer für die Betroffenen zugänglichen und erkennbaren Verkündung. Wird in dem angegriffenen Urteil der Verlautbarung über einen Gegenstand des Landesrechts die Rechtsnormqualität ohne Beachtung dieses Erfordernisses zugesprochen, so ist Bundesrecht - gegebenenfalls neben einschlägigem Landesrecht - verletzt.

Die Landschaftsschutzverordnung vom 18. Dezember 1953 bestimmt, soweit sie hier interessiert, folgendes:

§ 1
Die in den zu dieser Verordnung gehörenden und bei den Unteren Naturschutzbehörden in R., S., W. und M. auf liegenden Landschaftsschutzkarten mit grüner Umrahmung eingetragenen und in grüner Farbe flächenhaft angelegten Landschaftsteile und die Landschaftsbestandteile, deren Lage durch blaue Kreise gekennzeichnet ist, werden in dem Umfange, der sich aus der Eintragung in die Landschaftsschutzkarte ergibt, mit dem Tage der Bekanntgabe dieser Verordnung dem Schütze des Reichsnaturschutzgesetzes unterstellt.

§ 2
1. Es ist verboten, innerhalb der in der Landschaftsschutzkarte durch farbige Eintragung kenntlich gemachten Landschaftsteile Veränderungen vorzunehmen, die geeignet sind, das Landschaftsbild oder die Natur zu beeinträchtigen.
2. Unter das Verbot fallen insbesondere
a) die Anlage von Bauwerken aller Art, auch von solchen, die einer baupolizeilichen Genehmigung nicht bedürfen.
...

§ 7
Wer den Bestimmungen dieser Verordnung zuwiderhandelt, wird nach den §§ 21 und 22 des Reichsnaturschutzgesetzes und dem § 16 der Durchführungsverordnung bestraft.

Im Gegensatz zum räumlichen Geltungsbereich der weit überwiegenden Mehrzahl anderer Rechtsvorschriften deckt der Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung sich nicht mit dem Zuständigkeitsbereich der normsetzenden Behörde. Vielmehr ist es für Landschaftsschutzverordnungen kennzeichnend, daß sie nur für bestimmte Gebietsteile mit einer besonders schutzbedürftigen Landschaft gelten, ihr Geltungsbereich also nach der Ausdehnung des Schutzobjektes bestimmt wird. Für den Inhalt der Landschaftsschutzverordnung ist deshalb nicht nur die Regelung wesentlich, welche Veränderungen sie verbietet; ebenso wichtig ist auch ihre Regelung, wo diese Veränderungen verboten sind. Ohne die Bestimmung der Fläche, auf der dieses Verbot gilt, hat somit die Landschaftsschutzverordnung keinen vollständigen Inhalt (zur Frage der Bezeichnung des örtlichen Geltungsbereichs in einer Polizeiverordnung: OLG Schleswig, NJW 1952 S. 317 [OLG Schleswig 31.10.1951 - Ss 293/51]; Drews-Wacke, Allgemeines Polizeirecht, 7. Aufl., S. 405). Ebenso wie die Landschaftsschutzverordnung die verbotenen Veränderungen im Landschaftsschutzgebiet so deutlich bezeichnen muß, daß die hiermit verbundene Beschränkung von Freiheit und Eigentum einwandfrei erkennbar ist und jedermann auf Grund der Vorschrift in ihrem Geltungsbereich sein Verhalten nach ihr einrichten kann, ohne sich strafbar zu machen (Bay. VerfGH, E. vom 8. Juni 1951, VGHE n.F. Bd. 4 II S. 90 [103]), muß sie auch den räumlichen Geltungsbereich dieses Verbots genau umschreiben. Eine Landschaftsschutzverordnung, die hierüber Zweifel aufkommen läßt, ist unbestimmt und deshalb wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rechtssicherheit ungültig Denn eine Norm, die den räumlichen Geltungsbereich ihres Verbotes so ungenügend bestimmt, daß ihr nicht eindeutig entnommen werden kann, wo sie gilt, läßt den Rechtsunterworfenen im unklaren darüber, was Rechtens sein soll. Nach alledem ist die Bestimmung des räumlichen Geltungsbereiches der Landschaftsschutzverordnung unerläßlich.

Nach anerkanntem Recht kann der Tatbestand einer Verordnung durch Verweisung auf eine andere Norm, die ihrerseits ordnungsgemäß verkündet sein muß, geregelt werden. Entsprechendes gilt für die Bezeichnung des Gebietes, in dem die Landschaftsschutzverordnung Veränderungen verbietet. Im vorliegenden Fall ergibt sich der räumliche Geltungsbereich des Verbotes der Landschaftsschutzverordnung nicht aus der im Amtsblatt verkündeten Verordnung selbst, sondern er soll Karten, die bei Behörden aufliegen, entnommen werden können. Lediglich die Überschrift der Verordnung läßt erkennen, daß die Norm nicht für den gesamten Zuständigkeitsbereich des Normgebers, den Regierungsbezirk D. gilt, sondern für nicht näher beschriebene Landschaftsteile und Landschaftsbestandteile in vier Kreisen dieses Regierungsbezirkes.

Für diese Art der Rechtsetzung waren § 13 Abs. 2 RNatSchG DVO und die hierzu entworfene Musterverordnung maßgebend. Gemäß §§ 5, 19 RNatSchG können Landschaftsteile unter, den Schutz des Reichsnaturschutzgesetzes gestellt werden. Nach § 13 Abs. 2 RNatSchG DVO brauchen die unter Schutz gestellten Landschaftsteile in den Anordnungen nicht einzeln aufgeführt zu werden, sondern es genügt der Hinweis auf eine bei der zuständigen Naturschutzbehörde angelegte Landschaftsschutzkarte, in welcher die einzelnen Bestandteile eingetragen oder sonst bezeichnet sind. Die Maßnahmen zum Schütze von Landschaftsteilen sind durch Verordnung bekanntzugeben (§ 13 Abs. 3 RNatSchG DVO). Der Reichsforstmeister als Oberste Naturschutzbehörde hatte durch einen Runderlaß vom 2. Mai 1941 die Naturschutzbehörden angewiesen, die Verordnungen nach dem Muster Anlage D zu erlassen (abgedruckt bei Loos, Die rechtlichen Grundlagen des Naturschutzes, 1950, S. 65 [73]). Mit dieser Musterverordnung stimmt § 1 LSchVO überein. Das Berufungsgericht hält Inhalt und Publikation derartiger Landschaftsschutzverordnungen in ständiger Rechtsprechung für rechtlich einwandfrei (OVG Münster, Urteil vom 17. Mai 1962, OVGE 17, 283; Urteil vom 11. September 1962, BRS 13, 147; ferner OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Januar 1959, AS 7, 196 [199]; VGH Bad.-Württ., Beschluß vom 8. September 1961, ESVGH 11 I, 128 [129 f.]). Dagegen hat das Bay. ObLG (Urteil vom 20. Oktober 1960, DÖV 1960 S. 956 = BayVBl. 1961 S. 29) eine derartige Landschaftsschutzverordnung als ungültig erachtet (ebenso OLG Celle, Urteil vom 27. Juni 1963, RdL 1963 S. 279).

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts genügt die unvollständige Verkündung des maßgeblichen Inhalts und die Bezeichnung des räumlichen Geltungsbereiches einer Landschaftsschutzverordnung durch Bezugnahme auf die Eintragung in die Landschaftsschutzkarte ("Ersatzverkündung") nicht den Erfordernissen, denen eine Norm aus rechtsstaatlichen Gründen entsprechen muß. Denn die Vorschrift soll nicht nur von der normsetzenden oder einer anderen Behörde - etwa im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens - angewandt werden, sondern das Verhalten einer unbestimmten Zahl von Personen regeln, ohne das seitens der Behörden die einzelnen Verbote der Vorschrift gegenüber den Normunterworfenen konkretisiert zu werden brauchen. Der Bürger muß deshalb aus der verkündeten Norm ersehen können, wie er sich zu verhalten hat und was unter Strafandrohung verboten ist.

Die Verkündung einer Rechtsvorschrift dient außer ihrem Zweck, die Normunterworfenen von der für sie geltenden Rechtslage zu unterrichten, vor allem der Rechtssicherheit, worauf Imboden (Der nichtige Staatsakt, 1944 S. 133 f.) mit Recht hinweist. Die Veröffentlichung der Vorschrift in dem für ihre Verkündung bestimmten Amtsblatt gewährleistet, daß der veröffentlichte Inhalt solange gilt, als der Text der Vorschrift nicht formgerecht geändert wird. Verweist dagegen eine Verordnung hinsichtlich des räumlichen Geltungsbereiches ihres Verbotes auf die Eintragungen in eine beim Normgeber oder bei einer anderen Behörde verwahrte Karte, so sind Änderungen der Karte der Kontrolle der Öffentlichkeit entzogen. Bedenken bestehen auch gegen die Annahme des Normgebers, eine Landkarte und die Einträge in die Karte seien für jedermann verständlich oder jedenfalls nicht weniger verständlich als die Festsetzung der Grenzen des Landschaftsschutzgebietes durch Text oder die Aufzählung der im Landschaftsschutzgebiet liegenden Grundstücke. Es erscheint zweifelhaft, ob ein Normgeber, der sich nicht an einen fachlich qualifizierten Personenkreis wendet, davon ausgehen darf, jedermann könne "Karten lesen". Seine Unterstellung, jedermann, den die Verordnung angehe, könne Karten lesen, und die Einsichtnahme in die Landschaftsschutzkarte vermittele zumindest die gleiche Kenntnis wie der gedruckte Text, ist ungerechtfertigt, wenn, wie noch darzulegen, ist, der räumliche Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung ohne besondere Schwierigkeiten in dem verkündeten Text der Verordnung festgesetzt werden kann. Schon das. Preußische OVG (Urteil vom 17. April 1902, Preuß. VBl. Bd. 23 S. 745 [746]) hat bei einem ähnlichen Sachverhalt rechtliche Bedenken gegen die Gültigkeit einer Verordnung geäußert, die wegen des Bereiches der offenen Bauweise auf die Eintragungen in den bei der Baupolizeibehörde hinterlegten Stadtplan verwiesen hat. Das Oberverwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, es könne aus dem allein öffentlich bekanntgemachten Wortlaut der Verordnung nicht mit Sicherheit erkannt werden, welche Grundstücke ihr unterliegen; dies gehe erst aus dem Plan hervor. Der Gegenstand der Verordnung sei mithin nicht in der für Ortspolizeiverordnungen vorgeschriebenen Form öffentlich bekanntgemacht worden. Auch Kayser (Die baupolizeilichen Vorschriften des Deutschen Reiches und Preußens, 1938/1943, Erl. zu § 7 EinheitsbauO für Städte) hielt es nicht für angängig, in der Bauordnung lediglich auf die Einsicht in einen bei einer Dienststelle offenliegenden Plan zu verweisen. Nach seiner Auffassung, die er näher begründete, müssen die Grenzen der Bauzonen "eben in der Bauordnung selbst oder in einer Anlage ... dazu, die in gleicher Weise wie die Bauordnung bekanntgemacht wird, enthalten sein". Nach Forsthoff (DVBl. 1957 S. 113 [115]) ist die öffentlich bekanntgemachte Planauslegung - gemeint ist die Bekanntmachung, daß ein Bebauungsplan auf dem Rathaus eingesehen werden könne - keine gehörige Verkündung, weil bei Normsetzungen "ausnahmslos" auf die gehörige Verkündung nicht verzichtet werden könne.

Etwas anderes gilt allerdings für Regelungen, die durch Worte nicht hinreichend deutlich wären und bei denen das Gebot der Rechtssicherheit die Verwendung von gesetzestechnischen Hilfsmitteln, insbesondere zeichnerischer und farblicher Darstellungen auf Plänen und Landkarten, nahelegt. In diesem Falle ist es rechtsstaatlich unbedenklich, daß die verkündete Rechtsvorschrift auf die Einträge in eine amtlich verwahrte Karte verweist und dadurch auch den nichtveröffentlichten Teil ihrer Regelung zu ihrem Bestandteil macht. Denn die Aufnahme von Regelungen in den verkündeten Text der Verordnung, obwohl sie mit Worten nicht verständlich ausgedrückt werden können, würde gerade deshalb, weil der Inhalt der Norm unverständlich wäre, gegen den Rechtsstaatsgedanken verstoßen. Im Gegensatz zu den Festsetzungen eines Bebauungsplanes nach § 9 Abs. 2 des Bundesbaugesetzes vom 23. Juni 1960 (BGBl. I S. 341) rechtfertigt die Festsetzung des räumlichen Geltungsbereiches einer Landschaftsschutzverordnung es nicht, daß die Grenzen des geschützten Gebietes - also der wesentliche Inhalt der Verordnung - sich nicht aus der verkündeten Rechtsvorschrift oder den mit ihr veröffentlichten Eintragungen in eine Karte, sondern nur aus einer behördlich verwahrten Karte ergibt. Denn das geschützte Landschaftsgebiet besteht aus einem oder mehreren Grundstücken. Der Normgeber ist somit in der Lage, den Geltungsbereich seiner Verordnung dadurch genau zu bestimmen, daß er die Nummern der betreffenden Flurstücke (Parzellen, Plannummern, Lagerbuchnummern) angibt, für die das Veränderungsverbot der Landschaftsschutzverordnung gilt. Je nach den örtlichen Verhältnissen und der Lage des Landschaftsschutzgebietes können seine Grenzen auch auf andere Weise festgesetzt werden, indem z.B. als Grenze ein Weg, eine Bahnlinie, ein Bergrücken, ein Waldrand bestimmt oder die Gemarkung oder die Flur (Gewann) bezeichnet wird, die das Landschaftsschutzgebiet bildet (vgl. die Entschließung des Bay. Staatsministeriums des Innern vom 8. Dezember 1960 [MABl. S. 1018], die Praxis im Lande Berlin seit Juni 1961 [z.B. die Landschaftsschutzverordnung vom 26. Juni 1961, GVBl. S. 873] und die §§ 3 Abs. 3, 7 der bad.-württ. Verordnung zur Durchführung des Reichsnaturschutzgesetzes und des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung des Reichsnaturschutzgesetzes in der Fassung von 17. Oktober 1962 [Ges.Bl. S. 203]).

Der Auffassung, die verkündete Landschaftsschutzverordnung habe selbst den räumlichen Geltungsbereich ihrer Vorschriften festzusetzen, kann nicht entgegengehalten werden, diese Forderung sei unpraktikabel. Diesem Einwand stehen schon die für Natur Schutzgebiete entworfene Musterverordnung (Anlage 3 zum Runderlaß des Reichsforstmeisters vom 6. November 1935 [abgedruckt bei Loos, a.a.O. S. 77 und bei Weber-Schoenichen, Das Reichsnaturschutzgesetz, S. 129 [347]]) und die ständige Praxis der Naturschutzbehörden entgegen. Denn der Umfang eines Naturschutzgebietes wird in der betreffenden Verordnung selbst genau festgesetzt (vgl. z.B. die Verordnungen des Regierungspräsident Südbaden über das "Naturschutzgebiet Bodenseeufer" vom 19. Januar 1961 [Ges.Bl. S. 40], 24. März 1961 [Ges.Bl. S. 144], 16. Mai 1961 [Ges.Bl. S. 199], 13. Juli 1961 [Ges.Bl. S. 309], 2. August 1961 [Ges.Bl. S. 311], 11. August 1961 [Ges.El. S. 333] und 11. August 1961 [Ges.Bl. S. 335], die wegen des Umfanges des Schutzgebietes jeweils auf die mit der Verordnung abgedruckten Grundstücksverzeichnisse mit vielen 100 Grundstücksnummern verweisen). Was den Verwaltungsbehörden bei - teilweise sehr ausgedehnten - Naturschutzgebieten möglich ist, läßt sich auch bei der Schaffung von Landschaftsschutzgebieten durchführen. Da das Veränderungsverbot einer Landschaftsschutzverordnung sich im Einzelfall für die Betroffenen genauso schwerwiegend auswirken kann wie das Veränderungsverbot, das für ein Naturschutzgebiet gilt, ist es auch aus sachlichen Gründen nicht gerechtfertigt, an den Inhalt einer Landschaftsschutzverordnung geringere Anforderungen zu stellen als an den Inhalt einer Verordnung für ein Naturschutzgebiet.

Die Landschaftsschutzverordnung vom 18. Dezember 1953 ist demnach ungültig, weil sie nicht ordnungsgemäß bestimmt, für welches Gebiet ihr Veränderungsverbot gilt. Dieser Mangel ist so wesentlich, daß er die gesamte Verordnung unwirksam nacht. Die Landschaftsschutzverordnung hat deshalb die in § 9 genannte Landschaftsschutzverordnung des Landkreises D.-M. vom 24. April 1952 (Reg.Amtsbl. 1952 Nr. 23) nicht aufgehoben. Da diese Landschaftsschutzverordnung wegen ihres Geltungsbereiches ebenfalls auf die Eintragung in die Landschaftsschutzkarte verweist, ist auch sie wegen dieses Mangels ungültig.

Wenn die Landschaftsschutzverordnung ungültig ist, durfte die untere Naturschutzbehörde nicht durch Ablehnung der - ihres Erachtens für das Bauvorhaben erforderlichen - Ausnahmegenehmigung die positive Bescheidung des Bauantrages der Klägerin blockieren; das Bauvorhaben der Klägerin konnte dann auch nicht aus den Gründen, die das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, verhindert werden. Die Klägerin hat zwar keinen Anspruch auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung, weil vom Veränderungsverbot einer ungültigen Landschaftsschutzverordnung keine Ausnahme erteilt werden kann und zu werden braucht. Trotzdem ist die Ablehnung der Ausnahmegenehmigung fehlerhaft, weil sie zum Ausdruck bringt, das Bauvorhaben der Klägerin bedürfe der Ausnahmegenehmigung der Naturschutzbehörde, erfülle jedoch nicht die sachlichen Voraussetzungen für ihre Erteilung. Das Verwaltungsgericht hat deshalb im Ergebnis mit Recht die angefochtenen Verfügungen aufgehoben, durfte allerdings nicht der Verpflichtungsklage stattgeben. Das Berufungsurteil war deshalb nicht in vollem Umfange aufzuheben.

Die Kosten des Verfahrens waren nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO dem Beklagten aufzuerlegen. Durch die gerichtliche Entscheidung, nach der die Klägerin einer Ausnahmegenehmigung überhaupt nicht bedarf, wird die Klägerin nicht schlechter gestellt als durch das Urteil der ersten Instanz, durch das der Beklagte zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung verurteilt wurde.

Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 3.000 DM festgesetzt.