RG, 19.10.1880 - II 153/80

Daten
Fall: 
Rentenerhöhung
Fundstellen: 
RGZ 3, 2
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
19.10.1880
Aktenzeichen: 
II 153/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Elberfeld
  • OLG Köln
Stichwörter: 
  • Zuspruch einer Rentenerhöhung wegen der erhöhten Lebensbedürfnisse und Heilungskosten durch einen Unfall

Können wegen der durch die Verletzung verursachten dauernden Kränklichkeit für unausgesetzte Pflege und erhöhte Lebensbedürfnisse Heilungskosten in Form einer Erhöhung der Rente zugesprochen werden?

Tatbestand

Dem Kläger S., welcher als Bremser im Dienste der Beklagten beim Betriebe der Eisenbahn eine Verletzung erlitten hat, ist eine höhere Rente zugesprochen worden, als sein letztes Jahreseinkommen betrug. Der von der Beklagten eingelegte Kassationsrekurs wurde verworfen aus folgenden Gründen:

Gründe

"In Erwägung, daß nach der thatsächlichen Feststellung des angefochtenen Urteiles das Jahreseinkommen des Verletzten S. zur Zeit des Unfalles aus dem Gehalt von 840 M. und einem Wohnungsgeldzuschuß von 180 M. bestanden hat, wozu noch die Hälfte der monatlich 24 M. betragenden Meilengelder mit 144 M. gerechnet ist;

daß der Appellationsrichter die Erhöhung des sich hiernach ergebenden Gesamtbetrags von 1164 M. auf eine jährliche Rente von 1500 M. dadurch begründet hat, daß nach der ausführlich motivierten Expertise S. infolge der erlittenen Verletzung nicht nur fortdauernd arbeitsunfähig geworden, sondern auch fortwährend leidend, einem sogenannten hektischen Zustand und Siechtum verfallen, und folglich unausgesetzter Pflege, ärztlicher Behandlung und stärkender Beköstigung benötigt sei;

daß der zugebilligte Mehrbetrag von 336 M. bei diesen thatsächlichen Verhältnissen unter den Begriff der Heilungskosten fällt, da zu letzteren auch derjenige Kostenaufwand gerechnet werden kann, welcher erforderlich ist, damit der Zustand des Verletzten sich nicht verschlimmere;

daß dieser Annahme der Inhalt der Klage nicht entgegensteht, wonach zwar ein Antrag auf Zuerkennung von Heilungskosten nicht ausdrücklich gestellt, jedoch allgemein Ersatz des dem Kläger durch den Unfall und seine dadurch herbeigeführte dauernde Kränklichkeit und Arbeitsunfähigkeit erwachsenen Schadens begehrt und dem Gericht die nähere Feststellung des Schadens überlassen war;

daß allerdings im §. 7 des Ges. v. 7. Juni 1871 ohne Erwähnung

der Heilungskosten nur bestimmt ist, daß als Ersatz für den zukünftigen Unterhalt oder Erwerb in der Regel eine Rente zuzubilligen sei, hierdurch aber nicht ausgeschlossen war, unter Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falles auch die Heilungskosten in Form einer Rente zuzusprechen;

daß mithin der Appellationsrichter §. 3 No. 2 und §. ? des besagten Gesetzes nicht verletzt hat."