RG, 22.06.1880 - II 131/80

Daten
Fall: 
Betriebshandlung
Fundstellen: 
RGZ 2, 8
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
22.06.1880
Aktenzeichen: 
II 131/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • KreisG Stuttgart
  • OLG Stuttgart

Betriebshandlung im Sinne von §. 1 des Reichshaftpflichtgesetzes vom 7. Juni 1871.

Tatbestand

Der im Dienste der beklagten Pferdebahngesellschaft angestellte Kläger hatte mit S., einem andern Bediensteten der Beklagten, einen für die Fahrt nach St. bestimmten, auf einem Nebengeleise in der Wagenremise im Bahnhof zu B. stehenden Pferdebahnwagen über mehrere Geleise hinüber auf das Hauptgeleise zu verbringen. Zu diesem Behuf wurde der Wagen auf ein seitwärts verschiebbares Stück des Geleises, das s. g. Schiebgeleise, gestellt; hierauf stemmten sich Kläger und S., beide mit dem Rücken seitwärts, gegen den Wagen, um denselben zugleich mit dem schiebbaren Geleise auf das Fahrgeleise zu verbringen. Während beide so, unter fortwährendem Anstemmen, dem Wagen mit dem Schiebgeleise rückwärts gehend folgten, stürzte Kläger zu Boden und erlitt eine Verletzung.

Die Beklagte wurde in erster und zweiter Instanz zum Ersatz des dem Kläger infolge hiervon zugehenden Schadens verurteilt.

Die erhobene Nichtigkeitsklage wurde vom Reichsgericht verworfen aus folgenden Gründen:

Gründe

"Zum Betriebe einer Eisenbahn im Sinne des §. 1 des Reichsgesetzes vom 7. Juni 1871, unter welchen auch die mit Pferden betriebene Eisenbahnen fallen (Entsch. des R.O.H.G. Bd. 21 S. 237), gehört nicht nur die Ausführung des Betriebes, die Beförderung von Menschen und Gütern; auch ein bei der unmittelbaren Vorbereitung hierzu geschehener Unfall ist als im Betriebe geschehen anzusehen, vorausgesetzt, daß ein Zusammenhang des Unfalles mit der dem Eisenbahnbetrieb eigentümlichen besonderen Gefährlichkeit sich als möglich darstellt. Diese Voraussetzung trifft hier zu. Der Kläger ist verunglückt bei Fortbewegung eines Wagens auf den Schienen über vier Geleise hinüber. Eben der Betrieb auf Eisenschienen, die Bewegung von Wagen, und zwar von besonders schweren Wagen auf Eisenschienen ist aber vornehmlich ein Moment, welches jene eigentümliche Gefährlichkeit, gegen welche durch das Gesetz Schutz gewährt werden soll, begründet. Der vorige Richter hat daher, wenn er einen Zusammenhang der Verletzung des Klägers mit dem Betriebe der Eisenbahn im Sinne des §. 1 des angeführten Gesetzes angenommen hat, gegen dieses Gesetz nicht verstoßen."