RG, 22.05.1917 - III 255/16

Daten
Fall: 
Begriffe "Ständische Institute" und "Kommunalverband"
Fundstellen: 
RGZ 90, 259
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
22.05.1917
Aktenzeichen: 
III 255/16
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Magdeburg
  • OLG Naumburg

1. Die Begriffe "Ständische Institute" und "Kommunalverband" im Preuß. Pensionsgesetze vom 27. März 1872/29. Mai 1907 § 27 Abs. 2.
2. Innerer Grund der gesetzlichen Vorschriften über Kürzung des Ruhegehalts.
3. Bestimmt die Anstellungsbehörde maßgebend, welcher Teil des Diensteinkommens eine Dienstaufwandsentschädigung ist?

Tatbestand

Der Kläger war bis 31. Dezember 1912 Königlicher Kriminalkommissar in Magdeburg, wurde auf diesen Tag pensioniert und steht seitdem im Dienste der Magdeburger Landfeuersozietät (M. S.). In der Annahme, daß der Kläger in diesem Dienste ein Gehalt von 2000 M bezieht, wurde ihm laut der Bescheide vom 16. Oktober 1914/19. Januar 1915 die Pension vom 1. Januar 1913 an um jährlich 572 : gekürzt. Im Jahre 1915 wurde der Betrag von 1144 M als für die Jahre 1913/1914 zuviel empfangen von der Pension für 1915 zurückbehalten. Diesen Betrag fordert die Klage zurück.

Das Landgericht sprach die Klage zu, der Berufungsrichter wies sie ab. Auf die Revision des Klägers ist das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil zurückgewiesen worden.

Gründe

"Es handelt sich um die Voraussetzungen des preußischen Pensionsgesetzes vom 27. März 1872/29. Mai 1907 § 27 Abs. 1 Nr. 2 Abs. 2.

Die Revision macht neu geltend, der Kläger sei bei der M. S. nicht als Beamter, sondern nur privatrechtlich angestellt. Falls dies zutreffen sollte, muß es unerheblich bleiben. Denn dann ist der Kläger unzweifelhaft bei der. M. S. "in der Eigenschaft eines Beamten" beschäftigt: seine Dienstobliegenheiten als Branduntersuchungskommissar sind kraft innerer Notwendigkeit gerade obrigkeitliche, wie ihm denn auch die Eigenschaft als Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft beigelegt werden sollte (RGZ. Bd. 84 S. 368, 369).

Im übrigen sind die Angriffe der Revision durchweg begründet. Der Berufungsrichter nimmt auf Grund des Urteils des IV. Zivilsenats des Reichsgerichts vom 5. Oktober 1885 (abgedruckt im Preuß. VerwBl. 1885/86 S. 49) an, daß die M. S. ein Kommunalverband sei. Dieses Urteil hatte von einer bestimmten Entscheidung, ob die M. S. ein ständisches Institut sei, abgesehen und darüber nur bemerkt, unter ständischen Instituten werde man nach regelrechtem Sprachgebrauche solche Institute zu verstehen haben, welche den betreffenden Kommunalverbänden derartig angehörten, daß deren verfassungsmäßige Vertreter (Stände) eine wesentliche Mitwirkung bei ihrer Organisation und Verwaltung oder wenigstens bei der letzteren hätten; ob die dem Provinziallandtage der Provinz Sachsen durch den Reglements-Nachtrag vom 9. Januar 1879 eingeräumten Rechte in Verbindung mit dem Umstande, daß das Reglement vom 28. April 1843 nach Anhörung der Provinzialstände erlassen ist, ausreichten, um der M. S. den Charakter eines ständischen Instituts zu verleihen, könne mit Grund bezweifelt werden. Der Berufungsrichter begnügt sich damit, diese Bemerkung kurz zu berichten. Der Beklagte jedoch hat, wie schon im Bescheide vom 16. Oktober 1914, so diesen Rechtsstreit hindurch geltend gemacht, die M. S. sei allerdings ein ständisches Institut. Diese rein materiell-rechtliche Frage ist also zuvörderst zu entscheiden.

Was unter "ständischen Instituten" gemeint ist, wird in den Materialien des Militärpensionsgesetzes von 1871, des Mannschaftsversorgungs- und des Offizierspensions-Gesetzes von 1906 und der Preußischen Pensionsgesetznovelle von 1907 mit keinem Worte angegeben; das Abänderungsgesetz vom 22. Mai 1893 hatte aus § 106 des Militärpensionsgesetzes von 1871 sowohl die Worte "aus einer Gemeindekasse" (nämlich Entgelt) als die Worte "bei ständischen Instituten" (nämlich Dienst) gestrichen gehabt. Die Übersicht der den Militäranwärtern bis so lange zugewiesenen Stellen in den Materialien zum Mannschaftsversorgungsgesetze führt zwar "Provinzialinstitute" auf, aber keine "ständischen Institute"; ebenso ist in der historischen Übersicht über die preußischen öffentlichen Feuerversicherungsanstalten in den Materialien zum Feuerversicherungsgesetze vom 25. Juli 1910 (Verhandl. des Abg.-Hauses 1910 Bd. 5 S. 3753, abgedruckt bei Hagen-Manes, Feuerversicherungsgesetz S. 139 flg.) keine dieser Anstalten als ein ständisches Institut bezeichnet. Das Verständnis des Begriffs "ständische Institute" muß aus dem Gesamtzusammenhange der jetzigen Gesetzgebung und ihrer geschichtlichen Entwicklung entnommen werden. "Ständische Institute" können nicht solche sein, welche einem Kommunalverband in irgend einer Weise angehören oder von ihm auch nur verwaltet werden; denn sie stehen in der Pensionsgesetznovelle von 1907 § 27 Abs. 2 und im Mannschaftsversorgungsgesetze von 1906 § 36 Abs. 2 neben dem "Dienste eines Kommunalverbandes" bezw. neben "dem Kommunaldienste" (während im Militärpensionsgesetze von 1871 den ständischen Instituten nur "der Entgelt aus einer Gemeindekasse" entgegengestellt war); und da mit "Kommunalverband" und "Kommunaldienst" alle durch die neuere Gesetzgebung organisierten Kommunalverbände, insbesondere Kreise und Provinzen, einbegriffen sind, müssen "ständische Institute" etwas anderes bedeuten als Zugehörigkeit zu Gemeinde, Kreis oder Provinz. Neben der durch das Gesetz vom 5. Juni 1823, wegen Anordnung der Provinzialstände, als Grundlage für Reichsstände geschaffenen Organisation waren die Stände der früheren geschichtlichen Gebiete als nur kommunale Verbände, als sog. "Kommunallandtage" erhalten geblieben. Diese sog. "Kommunalverbände im engeren Sinn" sind in Verfolg des § 128 Abs. 4 der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 nur teilweise aufgehoben, in einzelnen Gebieten bestehen sie noch fort (vgl. Vornhak, Preuß. Staatsrecht, 1912 Bd. 2 S. 354, 356, 390/391, 894/397; Schoen, Recht der Kommunalverbände in Preußen, 1897 S. 467/471; von Meier in Holtzendorff Enzyklopädie 1904 Bd. 2 S. 672, 694). Die Institute dieser als "Denkmäler einer vergangenen ständischen Periode" (Schoen) noch bestehen gebliebenen kommunalständischen Verbände - welche in dem Zirkular des Ministers des Innern vom 30. September 1892 erwähnt und dort unter den Begriff "Kommunalverbände" im Sinne des Gesetzes vom 21. Juli 1892 über die Militäranwärterstellen gezogen werden - sind als ständische Institute im Sinne der jetzigen Gesetzgebung anzusehen, soweit die Verwaltung dieser Institute nicht nach § 128 Abs. 1 der Provinzialordnung auf Provinzialverbände übertragen ist. Ein solches ständisches Institut ist die M. S. offenbar nicht.

Das Reichsgerichtsurteil von 1885 hatte weiter allerdings die M. S. für einen Kommunalverband erklärt. Diesem Ergebnis und den dafür gegebenen Gründen kann jedoch keineswegs, weder für das damals geltende Reglement von 1843 noch für die jetzige Satzung von 1912, beigetreten werden. Das öffentliche Interesse des Staates oder gewisser Staatsgebiete an der Fürsorge gegen Brandschäden bei Gebäuden vermag ebensowenig wie der Kontrahierungszwang der M. S. einerseits und die Privilegierung der M. S. anderseits (Mitwirkung der Staats- und Gemeindebeamten, Zwangsbeitreibung der Beiträge, Stempel- und Kostenfreiheit) eine Auffassung zu rechtfertigen, die auf eine unklare Konstruktion einer Kommunalverbandartigen Zusammenfassung der Gebäudeeigentümer des platten Landes, eines Kommunalverbandes im weiteren Sinne hinausläuft. Das Wesen jedes Kommunalverbandes besteht in der Gebietshoheit - vgl. RGZ. Bd. 57 S. 37 ("eine im Grund und Boden wurzelnde Gebietskörperschaft"); Rosin, Recht der öffentlichen Genossenschaft, 1886 S. 44/47; Vornhak, Preußisches Staatsrecht Bd. 2 S. 106/107 - in der Befugnis, über die Personen des betreffenden Gebiets zu herrschen. Diese Gebietshoheit, dieses Zwangsrecht fehlt der M. S. gerade seit dem Reglement von 1843, durch welches der frühere Versicherungszwang der Gebäudeeigentümer des platten Landes aufgehoben worden ist (vgl. Hagen-Manes S.167); die Gebäudeeigentümer des platten Landes sind also eben nicht zusammengefaßt, sondern es ist ihrem freien Belieben überlassen, ob sie ihre Gebäude bei der M. S. versichern wollen. Nach dem Feuerversicherungsgesetze von 1910, § 1 Abs. 2. § 2, § 3, § 20, § 33, finden sich viele der vom Reichsgerichtsurteile von 1885 hervorgehobenen Züge nunmehr bei allen öffentlichen Feuerversicherungsanstalten (Interesse des gemeinen Nutzens, Kontrahierungszwang, Privilegierung). Darnach müßten alle öffentlichen Feuerversicherungsanstalten Kommunalverbände im weiteren Sinne sein, sie sind jedoch nichts weiter als Körperschaften des öffentlichen Rechtes; ihre Privilegierung ist nur ein Entgelt dafür, daß sie dem gemeinen Nutzen dienen und ihr Vermögen in gewissem Umfange dem Feuerlöschzwecke widmen.

Auch der Hinweis auf die Verknüpfung der M. S. mit den Kreistagen versagt durchaus: die Sozietätsdeputierten und die Wahlmänner zur Wahl der Deputierten werden nach § 8 des Reglements von 1843 nicht von den Kreistagen (bzw. dem Altmärkischen Kommunallandtage) gewählt, sondern nur von den zum platten Lande gehörigen Mitgliedern der Kreistagsversammlung, also von einer zu diesem Zwecke gewillkürten, außerhalb der Kreisverfassung stehenden Mehrheit von Personen, welche, weil zum platten Lande gehörig, Mitglieder der M. S. (Versicherungsnehmer) sein können, und für deren Bestimmung im übrigen die bestehende Organisation der Kreistagsversammlung lediglich als bequeme und sachgemäße Handhabe benutzt wird. In diesem Punkte ist in § 9 Nr. 3 Abs. 1 der Satzung von 1912 eine nicht unerhebliche Änderung eingetreten. Die Wahlmänner zur Wahl der Verwaltungsmitglieder werden ihrerseits von den Mitgliedern der Kreistage (bzw. des Kommunallandtags für die Altmark) gewählt, welche Mitglieder der M. S. (nicht mehr: sein können, sondern bereits) sind, und der folgende Abs. 3 Satz 2 bestimmt jetzt ausdrücklich: "Sie (die Wahlmänner) üben das Wahlrecht aus als Vertreter der Anstaltsmitglieder".. Damit ist vollends jede Möglichkeit, einen innerlichen Zusammenhang mit den Kreistagen anzunehmen, beseitigt. Im übrigen bleibt zu betonen, daß die Auffassung des Reichsgerichtsurteils von 1885 dazu führen müßte, auch die Deichverbände (Deichgesetz vom 28. Januar 1848), die Landwirtschaftskammern, die Knappschaftsvereine als Kommunalverbände im weiteren Sinne zu erachten, wovon wiederum keine Rede sein kann.

Die M. S. ist hienach kein Kommunalverband, und auch ihre Verwaltung steht einem Kommunalverbande nicht zu; wäre letzteres der Fall, so läge der "Dienst" des verwaltenden Kommunalverbandes vor. In Frage kommt lediglich eine Verwaltung durch den Provinzialverband. In der Satzung von 1912 ist bestimmt in § 7 Nr. 2, § 8 Nr. 1 D, § 12 Nr. 4, § 23 Nr. 1 und 2: die vor Einholung der Königlichen Bestätigung erfolgende Mitteilung der getroffenen Wahl des Generaldirektors an den Landtag der Provinz Sachsen zur Erklärung - ein vom Provinziallandtag in den Verwaltungsrat abgeordnetes, nur beratendes Mitglied - die Vorlage der abgenommenen Jahresrechnung und des Jahresverwaltungsberichts an den Provinziallandtag zur Kenntnisnahme - die vor Einholung der staatlichen Genehmigung erfolgende Mitteilung der Beschlüsse des Verwaltungsrats über Satzungsänderungen und über die Auflösung der Anstalt an den Provinziallandtag zur Erklärung über sein Einverständnis. Daß alles dieses eine Verwaltung durch den Provinzialverband nicht darstellt, bedarf keiner Ausführung; ebenso ist belanglos, daß bei Auflösung der Anstalt das reine verbleibende Vermögen dem Verbände der Provinz Sachsen (sowie den angeschlossenen außerpreußischen Landesteilen) behufs Verwendung für Feuerlöschzwecke zufällt (Satzung § 23 Nr. 2 Abs. 2). Gerade wegen der Unwesentlichkeit aller dieser Bestimmungen hatte das Reichsgerichtsurteil von 1885 bezweifelt, ob die M. S. als ein ständisches Institut - worunter das Reichsgerichtsurteil von 1885 ein Provinzialinstitut verstand - angesehen werden könne.

Bei der Kommissionsberatung über den Entwurf des Feuerversicherungsgesetzes von 1910 wurde der § 5 Abs. 1 des Entwurfes gestrichen. Dieser hatte gelautet:

"Auf die Besetzung der Stellen von Beamten öffentlicher Feuerversicherungsanstalten finden die gesetzlichen Vorschriften, betreffend ... Militäranwärter ... sinngemäße Anwendung",

und in den Motiven dazu war bemerkt, der Grundsatz der Berücksichtigung der Militäranwärter bei der Stellenbesetzung solle allgemein auch für die nicht kommunalen Anstalten zur Anwendung gebracht werden, die Anwendung werde erträglich sein, auch soweit die Anstalten nicht Kommunal- oder Provinzialanstalten seien. Nachdem ein Kommissionsmitglied, das zugleich Mitglied der M. S. war, mitgeteilt hatte, daß die M. S. an den Kommunalverband lose angegliedert, aber in der Stellenbesetzung nicht gebunden sei, wurde vom Regierungsvertreter zu § 8 Abs. 2 des FeuerVers.G. festgestellt:

"die Kommission wolle unter dem Ausdrucke "von einem Kommunalverbande verwaltete Anstalt" auch solche Anstalten verstanden wissen, die in ihrem Reglement schlechthin als Kommunalanstalten bezeichnet seien, z. B. Provinzialanstalten; die Entscheidung darüber, ob eine Anstalt von einem Kommunalverbande verwaltet werde oder ihm angegliedert sei, müsse nach der Satzung getroffen werden, aus der klar hervorgehe, ob eine Anstalt in die Verwaltung des Kommunalverbandes übernommen sei, und ob ihre Verwaltung von Organen des Kommunalverbandes geführt werde; einem Kommunalverband angegliederte Anstalten seien solche, in deren Satzungen das nicht ausgesprochen sei, und bei denen dem Kommunalverbande nur einzelne Berechtigungen vorbehalten seien".

Die völlig lose und entfernte Angliederung der M. S. an den Provinzialverband ergibt sich aus dem zuvor Dargelegten. Der Beklagte hat denn auch nicht geltend gemacht, daß die M. S. bis zum Feuerversicherungsgesetze von 1910 oder nach diesem Gesetz in den Anwendungsbereich des Gesetzes vom 21. Juli 1892 über die Militäranwärterstellen hineinbezogen worden sei.

Der Berufungsrichter tritt dem Reichsgerichtsurteile von 1885 vornehmlich deshalb bei, weil die Gründe der Kürzung des Ruhegehalts auch auf den Dienst bei der M. S. zuträfen: die Beamten der M. S. seien mittelbare Staatsbeamte und ihr Ankommen sei ebenso sichergestellt wie das der Staatsbeamten. Auch diese Erwägung muß als rechtsirrig abgelehnt werden. Nicht die Sicherheit des neuen Einkommens ist der Grund der Kürzung, sondern daß dieses neue Einkommen ebenfalls aus öffentlich-rechtlichen Mitteln fließt (RGZ. Bd. 84 S. 369). Das Vermögen der M. S. aber entsteht lediglich durch die Beitrage der freiwillig beitretenden Mitglieder, ist also trotz gewisser Widmung für Feuerlöschzwecke, trotz gewisser Privilegierung und trotz der Vorschrift mündelsicherer Anlegung (FeuerVers.G. § 19, Satzung § 13 Nr. 1) ein rein privatrechtliches. Daß die Beamten mittelbare Staatsbeamte sind, ist eine der M. S. mit allen öffentlichen Feuerversicherungsanstalten und mit einer ganzen Reihe anderer öffentlich rechtlicher Korporationen gemeinsame Bestimmung. Daraus folgt für das Zutreffen der gesetzlichen Kürzungsvorschriften gar nichts; eine "entsprechende", "freie" Ausdehnung dieser rein positiven Vorschriften ist durchaus auszuschließen.

Der Berufungsrichter nimmt endlich an, die vom Generaldirektor auf Vorschlag des Klägers beschlossene Teilung des im Schreiben des Generaldirektors vom 18. Oktober 1912 zunächst als Remuneration (nicht als Gehalt) bezeichneten Einkommens des Klägers in Gehalt von 1400 M und in Dienstaufwandentschädigung von 600 M (Beschluß des Generaldirektors "mit Genehmigung der Sozietätsdeputation" vom 8. Januar 1913) habe nach der Absicht des Klägers die Vermeidung der Kürzung des Ruhegehalts bezweckt. Aus der Zustimmung des Generaldirektors zu dem Vorschlage des Klägers sei keineswegs zu folgern, daß ihm die vom Kläger gegebene Begründung zutreffend erschien; die M. S. habe kein Interesse daran gehabt, dem Kläger irgend welche Schwierigkeiten zu machen, und habe die Entscheidung darüber, ob die Charakterisierung eines Teils der Remuneration nicht als Gehalt richtig gewesen sei, der hierzu berufenen Behörde überlassen können. Es ist im Interesse der Rechtsprechung angezeigt, auch noch diesen Grund zu würdigen, obschon die hier zu treffende sachliche Entscheidung, und zwar die Zurückweisung der Berufung des Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil, bereits aus dem Bisherigen folgt.

Der Berufungsrichter verkennt völlig, daß die Regelung des Einkommens des Klägers auf einem selbstständigen, rechtsbegründenden, zwischen der M. S. und dem Kläger endgültig maßgebenden Akte des Generaldirektors beruht und nur auf einem solchen Akte beruhen kann, daß also keine anderweite Behörde (Steuerbehörde, Kürzungsbehörde) dazu berufen ist, diese Regelung zu ändern oder richtig zu stellen. Der Generaldirektor war befugt, in der Anstellung des Klägers und in der Einkommensregelung die M. S. zu vertreten (der Verwaltungsrat hat nach § 10 Nr. 1, 2 der Satzung bei Anstellung und Besoldung nur der lebenslänglich angestellten mittleren und unteren Beamten mitzuwirken, vgl. § 8 Nr. 2; der Kläger war nicht lebenslänglich angestellt). Ob der Generaldirektor dabei die für ihn nach innen in seinem Verhältnis zur M. S. geltenden Verwaltungsvorschriften und Instruktionen einhielt, kommt für das Rechtsverhältnis des Klägers nicht in Betracht. Übrigens hat der Generaldirektor den in Frage stehenden Beschluß vom 8. Januar 1913 mit "Genehmigung der Sozietätsdeputation" gefaßt (vgl. § 11 des Reglements von 1843). Der Kläger war ein Außenbeamter, dem ein besonderer Dienstaufwand entstand. Ob dieser Dienstaufwand durch die gewöhnlichen Reisekosten und Tagegelder gedeckt wurde oder über diese hinausging und darum einen besonderen Entschädigungszuschlag erforderte, war Sache des Ermessens lediglich des Generaldirektors. Weder irgend einer Verwaltungsbehörde noch dem Richter steht es zu, den rechtsgültigen Einkommensregelungsakt des Generaldirektors auf seine Übereinstimmung mit Abschnitt II Nr. 3 der Verwaltungsordnung der M. S. vom 8. April 1913 oder auf seine Übereinstimmung mit dem wirklich entstehenden Mehraufwand nachzuprüfen. Die Bestimmung eines Teiles des Diensteinkommens als Dienstaufwandsentschädigung durch die Anstellungsbehörde ist ausschlaggebend, wie der jetzt erkennende Senat bereits im Urteile vom 10. November 1916, Rep. III. 203/18, ausgesprochen hat. Dem steht das vom Beklagten schon im Bescheide vom 16. Oktober 1914 angezogene Erkenntnis des IV. Zivilsenats des Reichsgerichts vom 24. April 1899 (Preuß. VerwBl. Jahrg. 20 S. 493/494) keineswegs entgegen. Dort war bei Anstellung eines besoldeten Gemeindevorstehers ein Einkommensteil von 3000 M als Dienstauswandentschädigung bezeichnet, obwohl ein Dienstaufwand überhaupt nicht erwuchs und die 3.000 M lediglich zur Bestreitung der standesgemäßen Lebenshaltung dienten, also gerade nur dem Zwecke dienten, zu dessen Erreichung das Gehalt bestimmt ist. Dort lag also allerdings ein Verstoß gegen den objektiven Begriff des Einkommens im § 65 der Städteordnung und ein objektiver Mißbrauch des Wortes "persönliche Dienstaufwandentschädigung" vor. Hier ist von einem solchen Tatbestand überall keine Rede. ...

Die vom Kläger bekämpfte Kürzung seines Ruhegehalts war also eventuell deshalb ungerechtfertigt, weil der Kläger von der M. S. nur ein Gehalt von 1400 M bezog."