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RG, 23.02.1919 - III 504/18

Daten
Fall: 
Beamtenunfallfürsorge
Fundstellen: 
RGZ 95, 85
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
23.02.1919
Aktenzeichen: 
III 504/18
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG I Berlin
  • KG Berlin

Beamtenunfallfürsorge. Können die Kosten des Heilverfahrens auch in der Form einer Rente zugebilligt werden?

Tatbestand

Der Kläger, der im Jahre 1903 einen Betriebsunfall im Postdienst mit der Folge einer schweren Nervenerkrankung erlitten hat und darauf unter Bewilligung der Unfallpension in den Ruhestand versetzt worden ist. beanspruchte mit der nunmehrigen Klage als Ersatz der Kosten seines Heilverfahrens eine feste Jahresrente in bestimmter Höhe. Der Anspruch wurde in beiden Rechtszügen zugebilligt. Die Revision des Beklagten blieb erfolglos aus folgenden Gründen:

Gründe

"Gegenüber der dem Kläger gewährten Rente erhebt der Beklagte das grundsätzliche Bedenken, daß die dem Beamten nach § 1 Abs. 6 RBeamtUFürsG. zu ersetzenden Kosten des Heilverfahrens nicht in der Form einer festen, dauernden Rente zuerkannt werden dürften. Dieses Bedenken ist nicht gerechtfertigt. Der erkennende Senat hat bereits in der Entscheidung vom 28. April 1907 (Jur. Wochenschr. S. 373) und in der weiteren, nicht veröffentlichten Entscheidung vom 28. November 1913 III 279/13 sich dahin ausgesprochen, daß die Kosten des Heilverfahrens dann in der Form einer Rente zugesprochen werden könnten, wenn die zur Heilung des Leidens erforderlichen Aufwendungen nicht lediglich zeitweilig und vorübergehend notwendig seien. An dieser Rechtsauffassung ist auch bei erneuter Prüfung der Frage festzuhalten. Die Zuerkennung einer Rente steht nicht, wie die Revision meint, im Widerspruche mit dem Gesetze. § 1 Abs. 6 desselben trifft keine näheren Bestimmungen über die Form, in der die Kosten des Heilverfahrens ersetzt werden sollen. Aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes läßt sich das Verbot der Rente nicht ableiten. Auch der Sinn und Zweck des dem Beamten gewährten Heilkostenanspruchs widerstreitet nicht der Zuerkennung der Heilkosten in der Form einer Rente. Die Gewährung der Rente gibt dem Beamten keinen vom Gesetz abweichenden Anspruch. Der Ausdruck: "Rente" darf nicht mißverstanden werden; er hat lediglich die Bedeutung, daß die Heilkosten nicht durch Entrichtung einzelner Beträge, sondern in dauernden, im voraus fest bestimmten Raten gewahrt werden, weil nach der Natur des Leidens des Beamten und dem voraussichtlichen Lauf der Dinge die Kosten der aufzuwendenden Heilmittel sich gleichbleiben. Der Beklagte hat die Befürchtung ausgesprochen, daß im Falle der Rentengewährung die ihm zukommende Überwachung des kranken Beamten vereitelt werde und daß insbesondere der Beamte die Rentenbeträge nicht bestimmungsgemäß zur Linderung seines Leidens, sondern zu anderen, seiner Heilung nicht dienlichen Zwecken verwenden könne. Dem ist aber entgegenzuhalten, daß die Förderung der Gesundheit im eigensten Interesse des Beamten liegt und daß eine fortgesetzte bestimmungswidrige Verwendung der bewilligten Heilkostenbeträge eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse in sich schließen würde, die für die Verurteilung zur Entrichtung der Rente maßgebend waren, so daß dem Beklagten die Berufung auf § 323 ZPO. zustünde. Dem Umstand, daß in solchem Falle den Beklagten die Darlegungspflicht träfe, kann ein entscheidendes Gewicht nicht beigemessen werden. Unzutreffend ist die Behauptung des Beklagten, daß ihm durch die Zuerkennung einer im voraus zu entrichtenden Rente eine im Gesetze nicht begründete Leistungspflicht auferlegt werde, da er erst nachträglich die Heilkostenbeträge zu ersetzen habe. Dem Sinne und Zwecke der Heilkostenforderung entspricht es, daß der Ersatz vor der Anwendung der Heilmittel gewährt werde; denn sonst wäre es dem vermögenslosen Beamten geradezu unmöglich, sich die notwendigen Heilmittel zu verschaffen. Auf die Vorschriften des § 843 BGB. und des Reichshaftpflichtgesetzes ist allerdings die Zulässigkeit der Rente nicht zu stützen, wie dies die oben angeführte Entscheidung (Jur. Wochenschr. 1907 S. 373) zu tun scheint. Anzuerkennen ist aber, daß der Heilkostenanspruch Elemente eines Schadenersatzanspruchs in sich hat. Nach § 12 RBeamtUFürsG. werden durch die Unfallfürsorgeansprüche weitere Ansprüche des Beamten gegen das Reich aus dem Unfall ausgeschlossen, diese also durch jene ersetzt. Bei Schadensersatzverpflichtungen, sei es aus Vertrag oder unerlaubter Handlung, ist aber die Rentenbewilligung zulässig, wenn die Rente als angemessene Ausgleichung zu erachten ist." ...