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RG, 26.11.1917 - IV 308/17

Daten
Fall: 
Sicherungsübereignung
Fundstellen: 
RGZ 91, 277
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
26.11.1917
Aktenzeichen: 
IV 308/17
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Frankfurt am Main
  • OLG Frankfurt am Main

Kann ein Gesamtschuldner, aus dessen Mitteln die Forderung berichtigt ist, verlangen, daß ihm der Gläubiger die von einem Dritten zur Sicherung der Forderung übereigneten Rechte abtritt?

Tatbestand

B. und W., die ein gemeinschaftliches Immobiliengeschäft betrieben, hatten der klagenden Bank zur Sicherheit für den gewährten Kredit zwei zum Gesellschaftsvermögen gehörige Hypotheken übertragen; zugleich hatte B. aus seinen Privatmitteln ein Pfand bestellt. Im Oktober 1913 geriet B. in Konkurs. Nachdem sich die Klägerin für ihre Forderung gegen die Gesellschaft aus dem Pfande befriedigt hatte, trat sie auf Verlangen des beklagten Konkursverwalters die beiden Hypotheken an die Konkursmasse ab. Mit der Klage forderte sie Rückabtretung wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Masse. Sie machte geltend, sie habe bei der Abtretung übersehen, daß der Anspruch der Gesellschaft auf Wiederübereignung der Hypotheken im August 1913 für einen andern Gesellschaftsgläubiger gepfändet und ihm zur Einziehung überwiesen worden sei.

Das Landgericht gab der Klage statt. Das Oberlandesgericht wies die Berufung des Beklagten zurück. Auf seine Revision wurde die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Aus den Gründen

... "Hafteten die beiden Gesellschafter für die Kontokurrentforderung der Klägerin zugleich persönlich als Gesamtschuldner, so kam in Frage, ob nicht der Beklagte nach § 428 Abs. 2 BGB. in Verb. mit den §§ 401, 412 berechtigt war, von der Klägerin die Abtretung der Hypothekenforderungen ganz oder doch teilweise zu verlangen. § 426 Abs. 2 schreibt vor, daß. soweit ein Gesamtschuldner den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Gläubigern Ausgleichung verlangen kann, die Forderung des Gläubigers gegen die übrigen Schuldner auf ihn übergeht. Auf diese Vorschrift und auf die mit ihm zusammenhangenden Fragen geht das Oberlandesgericht mit keinem Worte ein. Es hätte untersucht werden müssen, ob und inwieweit der Beklagte von dem Gesellschafter W. Ausgleichung verlangen konnte. Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 sind zwar die Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, aber nur, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, und ein anderes braucht nicht ausdrücklich bestimmt zu sein, es genügt vielmehr (vgl. RGZ. Bd. 79 S. 291), wenn es sich aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des zwischen den Gesamtschuldnern bestehenden Rechtsverhältnisses ergibt (Warneyer 1911 Nr. 394 und gerade für Gesellschaften RGZ. Bd. 85 S. 161).

Der Mangel des Berufungsurteils, der in dem Fehlen eines Eingehens auf § 426 Abs. 2 liegt, wäre unschädlich, wenn der Beklagte auch beim Bestehen eines Ausgleichungsanspruchs kein Recht auf Abtretung der Hypothekenforderungen erworben hätte. §§ 401, 412 sagen nur, daß mit der abgetretenen oder kraft Gesetzes übergehenden Forderung die "Hypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie die Rechte aus einer für sie bestellten Bürgschaft auf den neuen Gläubiger übergehen." Um eine Hypothek, die für die Forderung der Klägerin bestellt gewesen wäre, handelt es sich hier nicht, auch nicht um ein Pfandrecht an einer Hypothek, noch weniger um eine Bürgschaft. Der Klägerin waren vielmehr Hypothekenforderungen zu vollem Rechte sicherungshalber (fiduziarisch) abgetreten. Der Vorschrift in § 401 Abs. 1 kommt aber eine über den Wortlaut hinausgehende Bedeutung zu, sie erstreckt sich auch auf andere Nebenrechte (RGZ. Bd. 65 S. 418). Nach § 297 des I. Entwurfs sollten allgemein die zur Verstärkung der Forderung dienenden Nebenrechte mit übergehen. In der zweiten Kommission wurde dieser Vorschrift zwar die beschränkte Fassung des Gesetzes gegeben, dabei aber bemerkt (Protokolle Bd. 1 S. 386), die gewählte Fassung, die angezeigt erscheine, weil unter Nebenrechten auch solche verstanden werden könnten, auf die die Vorschrift nicht passe, wie das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht, schließe selbstverständlich die Anwendung bei Bestimmung auf andere Nebenrechte nicht aus.

Ob man nun bei der entsprechenden Anwendung so weit gehen kann, zu sagen, daß auch ein dem bisherigen Gläubiger fiduziarisch zu seiner Sicherung zu Vollrecht eingeräumtes Recht auf den neuen Gläubiger übergehe, kann zweifelhaft sein. Rechtlich ist die Sicherungsabtretung keine Verpfändung. Indessen das durch Sicherungsabtretung begründete Recht vertritt nicht nur wirtschaftlich die Stelle eines Pfandrechts, sondern es weist auch in rechtlicher Beziehung dem Pfandrechte verwandte Züge auf. Das abgetretene Recht scheidet nicht endgültig aus dem Vermögen des Abtretenden (Anvertrauenden, Fiduzianten) aus, es soll vielmehr ebenso wie das Pfandrecht dem Gläubiger (Treuhänder, Fiduziar) nur zur Sicherung seiner Forderung dienen, und nur solange dieser Zweck es nötig macht, darf es der Gläubiger behalten (vgl. Warneyer 1910 Nr. 38, RGZ. Bd. 89 S. 195). Das hat die Rechtsprechung des Reichsgerichts beispielsweise dahin geführt, im Konkurse des Gläubigers den Abtretenden als Aussonderungsberechtigten und umgekehrt im Konkurse des Abtretenden den Gläubiger nicht als Aussonderungsberechtigten, sondern nur als Absonderungsberechtigten zu behandeln (vgl. Warneyer 1910 Nr. 38 und RGZ. Bd. 24 S. 45, anderseits RGZ. Bd. 45 S. 80). Das nötigt auch dazu, bei der rechtsgeschäftlich oder kraft Gesetzes erfolgenden Übertragung einer Forderung, zu deren Sicherung ein Recht zu Vollrecht abgetreten ist, die §§ 401, 412 entsprechend anzuwenden. Wenn vielleicht auch nicht so, daß das sicherungshalber abgetretene Recht unmittelbar auf den neuen Gläubiger übergeht (vgl. insoweit RGZ. Bd. 89 S. 195). so doch in der Weise, daß der neue Gläubiger regelmäßig einen Anspruch gegen den bisherigen Gläubiger auf Übertragung des ihm sicherungshalber abgetretenen Rechtes erwirbt. Der Wechsel des Gläubigers und damit des Treuhänders mag unter Umständen dem anderen Teile zum Nachteil gereichen, aber diesen Nachteil muß er als eine Folge des Umstandes, daß er sein Recht sicherungshalber abgetreten hat, ebenso auf sich nehmen, wie sich den Wechsel des Gläubigers nach der ausdrücklichen Vorschrift des Gesetzes derjenige gefallen lassen muß, der zur Sicherung der Forderung eine Hypothek oder ein Pfandrecht bestellt oder Bürgschaft geleistet hat. Das Oberlandesgericht hätte hiernach ein Eingehen auf § 426 Abs. 2 und die mit ihm zusammenhängenden Fragen nicht unterlassen dürfen." ...