RG, 21.05.1917 - VI 109/17

Daten
Fall: 
Nach dem Kriegsleistungsgesetze vom 13. Juni 1873 zu vergütender Schaden
Fundstellen: 
RGZ 90, 257
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
21.05.1917
Aktenzeichen: 
VI 109/17
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Essen
  • OLG Hamm

Ist für die Feststellung, daß ein nach dem Kriegsleistungsgesetze vom 13. Juni 1873 zu vergütender Schaden entstanden sei, der ordentliche Rechtsweg gegeben?

Tatbestand

Infolge einer auf Grund des § 6 Abs. 1 des Reichsgesetzes über die Kriegsleistungen im Einverständnis mit dem Garnisonkommando in E. am 9. August 1914 getroffenen Verfügung des Landrats des Landkreises E., zu dem damals die später in die Stadt E. eingemeindete Gemeinde B. gehörte, räumte der Kläger seine Mühlenbesitzung zum Zwecke der Lagerung von Lebensmittelvorräten der Beklagten ein. Anfang November 1914 wurden die Räume dem Kläger wieder freigegeben. Er forderte darauf von der Beklagten - abgesehen von der Vergütung für die entzogene Nutzung - Vergütung für die seiner Behauptung zufolge von ihren Leuten durch die Benutzung herbeigeführte Beschädigung und außerordentliche Abnutzung der Mühle und erhob, da die Beklagte diesen Anspruch ablehnte und weil weder der Landrat noch die Abschätzungskommission eine Entscheidung getroffen habe, Klage mit dem Antrage, die Beklagte zu verurteilen, ihm den durch Sachverständige zu ermittelnden Schaden zu ersetzen, mindestens aber 1.000 M zu zahlen. Die Vorinstanzen haben die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs abgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.

Gründe

"Den Ausführungen des Berufungsgerichts ist beizutreten. Dies gilt zunächst von der Darlegung, daß das privatrechtliche Mietverhältnis, das zwischen den Parteien für einen Teil der Mühle bestand, mit der am 9. August 1914 einsetzenden Beschlagnahme erloschen war und daß die Beklagte auch in ihrem Schreiben vom 11. August eine besondere privatrechtliche Verpflichtung neben der aus der Beschlagnahme folgenden gesetzlichen Haftung nicht übernommen hat. Mit dem Berufungsgericht ist auch anzunehmen, daß es für die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs ohne Bedeutung ist, ob es sich im Rechtsstreit um die Vergütung für die durch die Benutzung während der Beschlagnahme herbeigeführte Beschädigung (§ 14 Abs. 1 KLG.) oder um die Vergütung für die entzogene Nutzung (Abs. 2) handelt. Alle diese Ausführungen werden auch von der Revision nicht beanstandet. Sie bescheidet sich ferner, daß - wie der erkennende Senat in dem in RGZ. Bd. 87 S. 857 flg. abgedruckten Urteil ausgeführt hat - für die Festsetzung der Höhe der Vergütung der Rechtsweg nach § 33 KLG. in Verbindung mit § 13 GVG. ausgeschlossen ist, wendet sich aber gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, daß unter die Festsetzung der Höhe der Vergütung auch die Feststellung falle, ob überhaupt ein vergütungsfähiger Schade entstanden sei, da diese Feststellung nicht nur den Grund, sondern auch die Höhe des Anspruchs betreffe; sie macht demgegenüber geltend, daß diese Feststellung lediglich den Grund des Anspruchs zum Gegenstande habe.

Auch jene Ansicht des Berufungsgerichts ist indessen zutreffend. Der im § 304 ZPO. behandelte Gegensatz zwischen Grund und Betrag eines Anspruchs hat nur für den Bereich des Zivilprozesses praktische Bedeutung, kann aber für Fälle der vorliegenden Art nicht in Betracht kommen. Indem das Kriegsleistungsgesetz im § 33 die Feststellung "der zu gewährenden Vergütung" den vom Bundesrat zu bestimmenden Behörden zuweist, weist es ihnen auch die Entscheidung darüber zu, ob durch die Benutzung eine Beschädigung herbeigeführt worden, ob dafür eine Vergütung zu gewähren und auf wie hoch sie zu bemessen ist. Mag daher auch die Verfolgung des Anspruchs auf Zahlung der von jenen Behörden festgestellten Vergütung im Rechtswege zulässig sein, so ist doch die Feststellung dieser Vergütung selbst im Rechtsweg ausgeschlossen, vielmehr ausschließlich jenen Behörden vorbehalten. Der von der Revision vertretene Gedanke einer Trennung der beiden Fragen, ob eine Beschädigung vorliegt, für die nach dem Gesetz eine Vergütung zu gewähren ist, und wie hoch sie zu bemessen ist, dahin, daß jene von den ordentlichen Gerichten, diese aber von den im § 33 KLG. bezeichneten Behörden zu entscheiden wäre, würde, wenn überhaupt, auch nur mit den größten Unzuträglichkeiten durchzuführen sein.

Hiernach haben die Vorinstanzen unter Heranziehung der vom erkennenden Senat bereits dargelegten Grundsätze mit Recht den Rechtsweg für unzulässig erklärt."