RG, 04.05.1897 - II 66/97
Kann auch bei Dienstbarkeiten, welche durch Verjährung erworben werden können, der fehlende ursprüngliche Titel durch ein Anerkenntnis der Dienstbarkeit von seiten des Eigentümers des belasteten Grundstückes ersetzt werden?
Aus den Gründen
... "Ein weiterer Revisionsangriff geht dahin: das Oberlandesgericht habe L.R.S. 695 verletzt; derselbe finde - wie das Reichsgericht bereits in einem, in den Entsch. des R.G.'s in Civils. Bd. 20 S. 348/51 abgedruckten, Urteile vom 28. Dezember 1887 ausgesprochen habe - bloß Anwendung auf solche Dienstbarkeiten, welche nicht durch Verjährung zu erwerben seien; es könne daher im vorliegenden Falle, in welchem es sich um eine offene und selbständige und daher um eine durch Verjährung erwerbbare Dienstbarkeit handele, durch ein in der protokollarischen Erklärung des damaligen Eigentümers des dienenden Grundstückes vor dem Bezirksamte T. vom 12. Mai 1866 liegendes Anerkenntnis der Dienstbarkeit das Fehlen des ursprünglichen Titels nicht ersetzt werden. Auch dieser Angriff konnte nicht für begründet erachtet werden. Der erkennende Senat des Reichsgerichtes geht, unter Abweichung von der von ihm in dem erwähnten Urteile beiläufig ausgesprochenen Ansicht, in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgerichte und den von demselben angeführten Schriftstellern, davon aus. daß die Bestimmung des L.R.S.'s 695 über die Ersetzung des fehlenden ursprünglichen Titels durch ein Anerkenntnis der Dienstbarkeit von seiten des Eigentümers des belasteten Grundstückes sich, bei dem Mangel eines inneren Grundes zu einer solchen Beschränkung und bei dem Mangel einer Nötigung hierzu durch den Wortlaut des L.R.S.'s 695, nicht etwa als eine nur auf Dienstbarkeiten, welche nicht durch Verjährung zu erwerben sind, anwendbare Rechtsnorm darstelle, sondern daß sie vielmehr umgekehrt ein Ausfluß der Anschauung des Gesetzes sei, daß überhaupt bei Dienstbarkeiten der fehlende ursprüngliche Titel durch ein Anerkenntnis der Dienstbarkeit von seiten des Eigentümers des belasteten Grundstückes ersetzt werden könne. Der erkennende Senat des Reichsgerichtes erachtet hiernach auch bei Dienstbarkeiten, welche durch Verjährung erworben werden können, ein solches Anerkenntnis für geeignet zur Erwerbung der Dienstbarkeit." ...