RG, 12.04.1897 - VI 82/97
Kann über die Bestimmung einer Frist zur Beseitigung eines der Aufnahme des Beweises entgegenstehenden Hindernisses ohne mündliche Verhandlung entschieden werden?
Gründe
"Das Kammergericht hat den schriftlichen Antrag des Beklagten, dem Gegner eine Frist zur Angabe der Wohnung des Zeugen D. zu setzen, dessen Vernehmung vom Gerichte beschlossen ist, aber wegen Unkenntnis seiner Wohnung bisher nicht erfolgen konnte, deshalb abgelehnt, weil die Bestimmung einer Frist aus § 321 C.P.O. nur auf Grund mündlicher Verhandlung zulässig sei. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist zwar nach § 530 C.P.O. zulässig, da der ergangene ablehnende Bescheid sich darüber verhält, ob eine mündliche Verhandlung über den Antrag erforderlich ist, oder nicht, die Entscheidung hierüber aber einer mündlichen Verhandlung ihrer Natur nach nicht bedürfen kann. Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
Der § 321 C.P.O. enthält keine Ausnahme von § 119 daselbst. Die Beschwerde macht im Anschlusse an v. Wilmowski u. Levy (Civilprozeßordnung 7. Aufl. zu § 321) zwar geltend, daß die Fristbestimmung nur prozeßleitenden Charakters sei. Es braucht hier jedoch nicht entschieden zu werden, ob die Fristbestimmung wirklich nur diesen Charakter hat. Denn für die im Prozesse ergehenden gerichtlichen Entscheidungen zwischen den Parteien ist im allgemeinen an dem Grundsätze des § 119 festzuhalten, wo die Civilprozeßordnung. nicht das Erfordernis der mündlichen Verhandlung im besonderen Falle ausschließt (wie beispielsweise §§ 187. 203. 225. 304. 451).
Von den Kommentatoren sprechen sich denn auch Seuffert, Gaupp, Reincke, A. Förster zu § 321 für das Erfordernis der mündlichen Verhandlung aus. Der in der neuesten Auflage des Kommentars von v. Wilmowski u. Levy im Widerspruche mit früheren Auflagen (vgl. 6, Aufl. zu § 321) vorgetragenen abweichenden Ansicht kann danach nicht beigetreten werden, und die Beschwerde war zurückzuweisen."