RG, 12.04.1889 - III 56/89

Daten
Fall: 
Versäumnisverfahren
Fundstellen: 
RGZ 23, 358
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
12.04.1889
Aktenzeichen: 
III 56/89
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Landgericht Greifswald
  • Oberlandesgericht Stettin

Findet beim Ausbleiben einer nach §. 438 C.P.O. zu neuer Beweisantretung berechtigten Partei gegen dieselbe das Versäumnisverfahren im Sinne der §§. 295 flg. C.P.O. statt?

Gründe

"Der Revisionskläger findet mit Recht den §. 433 C.P.O. dadurch verletzt, daß der Berufungsrichter seine Berufung nicht durch Versäumnisurteil zurückgewiesen hat, wie dies aus den beigefügten Entscheidungsgründen zweifellos hervorgeht. Der Berufungsrichter erachtet den Fall des Versäumnisverfahrens (§§.. 295 flg.) nicht für gegeben, wenn der Schwurpflichtige eidesunfähig geworden und der deshalb zur anderweiten Beweisantretung berechtigte Gegner in dem zur Verhandlung über letztere anberaumten Termine ausbleibt, während die eidesunfähige Partei gehörig vertreten ist. Er begründet diese seine Ansicht mit der Hinweisung darauf, daß der Eintritt der Eidesunfähigkeit nicht die Beseitigung des gesamten Inhaltes des auf Eid erkennenden Urteiles, sondern nur zur Folge habe, daß beide Parteien in Ansehung der betreffenden Beweisführung alle Rechte ausüben können, welche ihnen vor der Zuschiebung des Eides zugestanden haben, die neu zu treffende Entscheidung daher, unter Festhaltung aller übrigen Ergebnisse, nur die Frage zum Gegenstande habe, ob die betreffende streitige Thatsache bei Berücksichtigung des Resultates einer etwaigen neuen Beweisaufnahme für bewiesen zu erachten ist oder nicht. Letzteres ist an sich völlig richtig, wie dies auch vom Reichsgerichte bereits mehrfach ausgesprochen ist.1

Nicht abzusehen aber ist, mit welchem Rechte der Berufungsrichter aus diesem Vordersätze die Folgerung zieht, daß in dem hiernach seine Begrenzung findenden Verfahren für ein Versäumnisurteil zur Hauptsache sich kein Raum finde. Diese Folgerung steht namentlich nicht im Einklange mit der Schlußbestimmung des §. 433, nach welcher, wenn der Eid durch bedingtes Urteil auferlegt war, unter Aufhebung desselben in der Sache anderweit erkannt werden soll. Ordnet diese Bestimmung nämlich überhaupt den Erlaß eines Endurteiles an, wenn sich dasselbe auch sachlich nur auf die Entscheidung eines begrenzten Teiles des Streitstoffes zu beschränken hat, so kann hier, wo nicht die Versäumung eines einzelnen Prozeßaktes, sondern die eines Verhandlungstermines die Grundlage des Urteiles zu bilden hat, dieses ebendeshalb nur als Versäumnisurteil erlassen werden, wogegen zwar der Einspruch zulässig ist, aber selbstverständlich nur mit der Wirkung, daß das Verfahren lediglich in dem Prozeßstadium wieder aufgenommen werden darf, in welchem es sich vor Erlaß des Versäumnisurteiles befand, also mit der dadurch gebotenen Begrenzung des Verfahrens und der Entscheidung."

  • 1. Vgl. Entsch. des R.G.'s in Civils. Bd. 13 S. 379 u. a. m.