RG, 18.01.1895 - III 250/94

Daten
Fall: 
Parteifähigkeit einer nicht eingetragenen Genossenschaft
Fundstellen: 
RGZ 34, 169
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
18.01.1895
Aktenzeichen: 
III 250/94
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Lüneburg
  • OLG Celle

Kann eine nicht eingetragene Genossenschaft nach ihrer Auflösung wirksam verklagt werden?

Gründe

... "Das Berufungsgericht hat die in erster Instanz erfolgte Klagabweisung bestätigt, weil die beklagte Genossenschaft schon am 1. Dezember 1890 aufgelöst worden sei, also zur Zeit der Klagerhebung im März 1892 nicht mehr bestanden habe, daher nicht mehr habe verklagt werden können, vielmehr nur die einzelnen Mitglieder, welche aus dem früher von der Genossenschaft abgeschlossenen Vertrage dem Kläger verpflichtet sind, zu verklagen gewesen seien.

Die Meiereigenossenschaft war unbestritten weder Handelsgesellschaft, noch als Genossenschaft eingetragen; sie ist also nach den gemeinrechtlichen Grundsätzen über die Sozietät zu beurteilen, soweit diese nicht dadurch modifiziert find, daß nach den Statuten der verklagten Genossenschaft, unbeschadet ihres Fortbestehens, das Ausscheiden einzelner Mitglieder und das Eintreten neuer gestattet ist. Derartige Personenvereine können zwar als solche nach wiederholten Entscheidungen des Reichsgerichtes klagen und verklagt werden, ohne daß es nötig ist, die einzelnen Mitglieder zu belangen; das kann aber nur zulässig sein, so lange sie bestehen. Nach der Auflösung ist ein Verein, der verklagt werden könnte, nicht mehr vorhanden; die besonderen Bestimmungen, die für die in Liquidation befindlichen Handelsgesellschaften oder die eingetragenen Genossenschaften gegeben sind, finden auf nicht eingetragene keine Anwendung, zumal die Vertretungsbefugnis des früheren Vorstandes aufgehört hat, und ein Bedürfnis für die Parteifähigkeit nicht mehr besteht, da mit der Auflösung die Möglichkeit des Wechsels der Mitglieder fortgefallen ist. Das vom Kläger für sich angeführte, in den Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichtes Bd. 19 S. 160 flg. abgedruckte Urteil ist daher für die zu entscheidende Frage ohne Bedeutung, und ebensowenig steht das in Sachen der Dampfdreschgenossenschaft G. w. T. (Rep. III. 274/93) von dem erkennenden Senate erlassene Urteil entgegen. Denn in diesem Falle bestand die verklagte Genossenschaft zur Zeit der Klagerhebung; erst während des Prozesses beschloß sie ihre Auflösung und beantragte dann auf Grund dieses Beschlusses die Abweisung der Klage. Für die trotzdem erfolgende Verurteilung war entscheidend, daß zur Zeit der Klagerhebung die Genossenschaft noch bestand; im vorliegenden Falle hatte dagegen die Genossenschaft schon lange zu bestehen aufgehört, als die Klage erhoben wurde." ...