RG, 22.12.1896 - III 242/96

Daten
Fall: 
Kündigung der Vollmacht in Anwaltsprozessen
Fundstellen: 
RGZ 38, 416
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
22.12.1896
Aktenzeichen: 
III 242/96
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Hannover
  • OLG Celle

Hat die in § 83 Abs. 1 C. P. O. erwähnte Anzeige der Kündigung der Vollmacht in Anwaltsprozessen durch Zustellung eines Schriftsatzes zu geschehen?

Tatbestand

Die vorstehende Frage ist verneint worden aus folgenden Gründen:

Gründe

"Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß die in § 83 Abs. 1 C. P. O. gedachte Anzeige auch in Anwaltsprozessen an Förmlichkeiten nicht geknüpft ist, insbesondere nicht durch Zustellung eines Schriftsatzes zu geschehen braucht. Eine solche Notwendigkeit hat in dun Gesetze keinen Ausdruck gefunden. Die in der Doktrin vielfach vertretene abweichende Meinung könnte deshalb nur auf einen allgemeinen für Anwaltsprozesse geltenden Grundsatz gestützt werden. Ein derartiger Grundsatz läßt sich aber den Vorschriften der Prozeßordnung nicht entnehmen. Die ohne sachlichen Rechtsnachteil vorgeschriebene Vorbereitung der mündlichen Verhandlung durch Schriftsätze läßt, wie das Berufungsgericht mit Recht hervorhebt, keinen Schluß darauf zu, daß alle, auch anderen Zwecken dienende, Mitteilungen nur dann die ihnen vom Gesetze beigelegte rechtliche Wirksamkeit erlangen, wenn sie durch gehörig zugestellten Schriftsatz erfolgen. Die in den §§ 219 flg. gedachten Anzeigen, welche die Hebung des Unterbrechungsgrundes und die Fortsetzung des Verfahrens betreffen, haben nach § 227 durch Zustellung eines Schriftsatzes zu erfolgen. Diese Fälle der Anzeige sind aber so verschieden von dem Falle der in § 83 gedachten Kündigungsanzeige, daß aus der Vorschrift des § 227 ein allgemeines, auf den Fall der Kündigungsanzeige sich erstreckendes Prinzip nicht zu entnehmen ist, und vielmehr angenommen werden muß, daß das Erfolgen der Kündigungsanzeige durch Zustellung eines Schriftsatzes besonders ausgesprochen sein würde, wenn es beabsichtigt gewesen wäre. Eine Formalisierung der Mitteilung der Kündigung wirb durch ein Interesse des Prozeßgegners nicht erfordert, da für diesen gleichgültig ist, wie die Mitteilung erfolgt. Sie erschwert also unnötigerweise die an den Kündigenden gestellte Anforderung. Jedenfalls aber müßte zur Vermeidung der Rechtsunsicherheit diese Erschwerung klar aus dem Gesetze sich ergeben." ...