RG, 30.10.1884 - II 237/84
Pfändung eines Anspruches auf Herausgabe einer Sache. Inwiefern erlangt der betreibende Gläubiger ein Pfandrecht an der Sache?
Tatbestand
Der Kläger hat die Pfändung eines seinem Schuldner E. jun. gegen sen. auf Herausgabe gewisser Mobilien zustehenden Anspruches bei dem Vollstreckungsgerichte erwirkt. Vor Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Schuldner und Drittschuldner (26. Mai) hatte K. am 25. ds. Mts. die Mobilien unter deren Belastung in dem Gewahrsam des E. sen. körperlich pfänden lassen. In der Folge haben sich die Beklagten der Pfändung des K. gemäß §. 727 C. P. O. angeschlossen.
Die Klage, darauf gerichtet, daß bei Verteilung des Erlöses aus den Mobilien dem Kläger die zweite Stelle (nach K. und vor den Beklagten) angewiesen werde, ist in zweiter Instanz abgewiesen, die eingelegte Revision aber zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen:
Gründe
"Es kann unerörtert bleiben, ob, wie das Oberlandesgericht annimmt, der Dritte, der eine in seinem Gewahrsam befindliche Sache zum Zwecke der körperlichen Pfändung derselben herausgiebt, damit - und zwar unter allen Umständen - den Anspruch des Exequendus auf Herausgabe der Sache erfüllt. Jedenfalls stellt sich, auch wenn dies zu verneinen, und davon auszugehen wäre, daß nach der für K. erfolgten Pfändung ein Anspruch des E. jun. auf Herausgabe der gepfändeten Gegenstände noch bestanden und für den Kläger wirksam habe gepfändet werden können, die angefochtene Entscheidung gleichwohl als richtig dar (§. 526 C. P. O. ).
Durch den Akt der Pfändung erwirbt der betreibende Gläubiger ein Pfandrecht an dem gepfändeten Gegenstände (§. 709 Abs. 1 C. P. O. ) Bei Pfändung eines Anspruches auf Herausgabe einer Sache, welche durch die Zustellung des die Herausgabe anordnenden Beschlusses (§. 746 C. P. O. ) bewirkt wird, erwirbt also der Gläubiger durch diesen Zustellungsakt ein Pfandrecht an der Forderung, aber auch nur an dieser, nicht an der herauszugebenden Sache. Erst mit dem Augenblicke der Herausgabe der Sache an den Gerichtsvollzieher erstreckt sich das durch die Anspruchspfändung bewirkte Pfandrecht auf die geleistete Sache selbst; dieses Pfandrecht an der Sache wird zwar durch die Anspruchspfändung, ohne daß es noch einer Pfändung der Sache bedarf, bewirkt, datiert aber nicht, wie das Landgericht angenommen hat, rückwärts vom Tage der Anspruchspfändung. Allerdings bestimmt sich, wenn ein Anspruch auf Herausgabe einer Sache nacheinander für mehrere Gläubiger gepfändet worden ist, bei Verteilung des Erlöses aus der herausgegebenen Sache die Rangordnung dieser Gläubiger nach der Zeit der Pfändung (Anspruchspfändung). Dies ergiebt sich aus §§. 730 Abs. 3. 709 Abs. 3. 751 C. P. O. , und dies - aber auch nur dies - ist in dem von dem Landgerichte angeführten §. 92 der preußischen Geschäftsanweisung für die Gerichtsvollzieher gesagt. Hieraus folgt aber nichts für die Annahme des Landgerichtes, diese steht vielmehr im Widerspruche mit dem Prinzipe der Prozeßordnung, wonach das Pfändungspfandrecht an einer Sache deren Besitznahme erfordert. Der von dem Kläger erhobene Anspruch wäre daher nur gerechtfertigt, wenn auf Grund der für ihn erfolgten Anspruchspfändung die Gegenstände, um die es sich handelt, in Gemäßheit des §. 746 C. P. O. herausgegeben worden wären, bevor die Beklagten ein Pfandrecht an diesen Gegenständen erworben hatten. Es ist aber nicht einmal behauptet, daß eine solche Herausgabe der Gegenstände überhaupt erfolgt sei."