RG, 17.06.1884 - II 166/84

Daten
Fall: 
Klagen auf Ernährung
Fundstellen: 
RGZ 12, 368
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
17.06.1884
Aktenzeichen: 
II 166/84
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Karlsruhe
  • OLG Karlsruhe

Findet §. 23 Ziff. 2 vorletzter Satz des Gerichtsverfassungsgesetzes auch bei Klagen auf Ernährung Anwendung, welche gegen denjenigen erhoben werden, welcher ein außereheliches Kind gemäß Landrechtsatz 334 (Art. 334 Code civil) anerkannt hat?

Gründe

"Der auf das Anerkenntnis der Vaterschaft eines außerehelichen Kindes gegründete Anspruch auf Ernährung ist nicht als ein "Anspruch aus außerehelichem Beischlaf" aufzufassen; denn er wird nicht auf die Thatsache des Beischlafes, sondern darauf gestützt, daß der beklagte Teil sich unter Beobachtung der vom Gesetze hierfür vorgeschriebenen Form (L.R.S. 334) zum Vater des außerehelichen Kindes bekannt habe. Dieses dem französischen (badischen) Rechte eigentümliche Institut des Anerkenntnisses eines außerehelichen Kindes begründet nämlich in vielfachen Beziehungen, so namentlich hinsichtlich der elterlichen Rechte (L.R.S. 158 383), der Pflicht zum Unterhalte und der Erbfolge (L.R.S. 756 flg.) ein nach Analogie der ehelichen Vaterschaft und Kindschaft zu beurteilendes Rechtsverhältnis, bei welchem die Frage der Zeugung gerade so zurücktritt, wie bei der durch die Ehe begründeten Vaterschaft.1

Mit Recht hat daher das Berufungsgericht verneint, daß die auf dieses Rechtsverhältnis gestützte Klage auf Ernährung in der Bestimmung des §. 23 Ziff. 2 G.V.G. inbegriffen sei. - Wenn man diese Bestimmung auch, wie in der Bd. 7 Nr. 102. S. 338 mitgeteilten Entscheidung des Reichsgerichtes ausgeführt ist, auf Ansprüche beziehen kann, welche auf ein vom Schwängerer abgegebenes Anerkenntnis der Alimentationspflicht und Versprechen von Alimenten und Entschädigung gestützt werden, so erscheint doch die Ausdehnung derselben auf diejenigen Ansprüche nicht gerechtfertigt, welche aus dem mit dem Anerkenntnisse der Vaterschaft begründeten besonderen Rechtsverhältnisse entstanden sind.

Aus den Motiven zum Gesetze kann eine entgegenstehende Auffassung nicht hergeleitet werden. Bei deren Abfassung hat man offenbar das dem rheinischen Rechte eigentümliche, hier in Frage kommende Rechtsinstitut gar nicht ins Auge gefaßt; dieselben beschränken sich darauf, auf die Einfachheit der Rechtsfragen, welche bei den Verhandlungen über diese Ansprüche zur Anwendung kommen, und auf die Gesetzgebungen verschiedener deutscher Staaten zu verweisen. Die bei einem Anerkenntnisse der Vaterschaft vorkommenden Rechtsfragen sind aber keineswegs immer so einfach wie die, ob der Beklagte mit der Mutter des Kindes den Beischlaf vollzogen habe; es können beim Anerkenntnisse die hierfür erforderliche Handlungsfähigkeit, die Beobachtung der gesetzlichen Form, das Vorhandensein der Voraussetzungen und Einreden verschiedener Art in Frage kommen. Von den in bezug genommenen Gesetzgebungen verwies nur Art. 6 Ziff. 7 der bayerischen Prozeßordnung auch die Klage am Anerkennung der Vaterschaft eines unehelichen Kindes und die Klage auf Ernährung vor das Amtsgericht; bei den anderen aber fehlt jeder Anhalt, um sie auf Klagen der hier vorliegenden Art zu beziehen. - So erwähnte die badische Prozeßordnung im §. 9 Ziff. 2 nur die Klagen aus dem Gesetze vom 21. Februar 1851; der §. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes für Hannover handelte von "Ansprüchen aus einem unehelichen Beischlafe, soweit solche überall vor die weltlichen Gerichte gehören"; der §. 19 des Gerichtsverfassungsgesetzes für Braunschweig handelte von Rechtsstreiten " puncto stupri et satisfactionis"; das Meiningische Gesetz vom 16. Juli 1862 Art. 1 Ziff. 2 d erwähnte die Ansprüche "aus unehelichen Schwächungen", nahm aber gewisse, durch das Gesetz vom 9. September 1844 begründete Entschädigungs- und Erbansprüche ausdrücklich aus. In anderen Gesetzen gebrauchte man Ausdrücke, wie: "Ansprüche aus außerehelicher Geschlechtsgemeinschaft", "Schwängerungs- und Alimentenforderungen."

  • 1. Vgl. insbesondere Aubry et Rau, Cours §. 571.