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RG, 29.03.1884 - I 48/84

Daten
Fall: 
Zwischenurteils über eine Einrede
Fundstellen: 
RGZ 12, 362
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
29.03.1884
Aktenzeichen: 
I 48/84
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Frankfurt a.M.
  • OLG Frankfurt a.M.

Inwiefern kann über eine Einrede ein Zwischenurteil ergehen? Findet §. 276 C.P.O. auf Einreden Anwendung?

Tatbestand

Dem an sich unbestrittenen Klaganspruche hat der Beklagte eine Schadensersatzforderung compensando entgegengestellt. Der Kläger hat denselben nach Grund und Betrag bestritten. Nachdem auf Anordnung des Gerichtes die Verhandlungen vorläufig auf den Grund der erhobenen Schadensersatzforderung beschränkt worden waren, erkannte das Landgericht

"für Recht und zwar auf Grund des §. 276 C.P.O. durch Zwischenurteil: Der vom Beklagten einredeweise erhobene Schadenersatzanspruch wird seinem Grunde nach für berechtigt erklärt."

Auf Berufung der Klägerin gegen dieses Zwischenurteil erkannte das Oberlandesgericht,

"daß der Schadensanspruch des Beklagten seinem Grunde nach für unberechtigt zu erklären und unter Verurteilung des Beklagten in die Kosten der Berufung die Sache zur weiteren Verhandlung in die erste Instanz zurückzuverweisen sei."

Dieses Urteil wurde auf Revision des Beklagten aufgehoben aus folgenden Gründen:

Gründe

"Da das landgerichtliche Urteil sich ausdrücklich als ein auf Grund des §. 276 C.P.O. erlassenes Zwischenurteil bezeichnet, so war die Berufung gegen dasselbe zulässig.1

Der Berufungsrichter hat aber darin gefehlt, daß er sofort auf die materielle Prüfung der Sache einging, also von der Voraussetzung ausging, daß im vorliegenden Falle ein Zwischenurteil auf Grund des §. 276 C.P.O. erlassen werden konnte. Diese Voraussetzung ist eine rechtsirrtümliche. Wie schon vom zweiten Civilsenate (vgl. Entsch. des R.G.'s Bd. 6 Nr. 132 S. 420) und vom dritten Civilsenate (vgl. Urteil vom 2. October 1883 i. S. Kirchenvorstand zu Lorchhausen wider Meckel, Rep. III. 106/83) ausgeführt ist, bezieht sich die Bestimmung des §. 276 nur auf den Klaganspruch, nicht aber auf eine einredeweise geltend gemachte Forderung. Über eine solche kann zwar nach §. 275 ein Zwischenurteil ergehen, aber nur, insofern über die Einrede als über ein selbständiges Verteidigungsmittel erkannt werden kann. Dies ist der Fall, wenn sich der Grund der Einrede als hinfällig darstellt; denn dann ist die Einrede selbst zur Entscheidung reif. Immer findet aber auf ein solches die Einrede abweisende Zwischenurteil die Bestimmung des Abs. 2 des §. 276 nicht Anwendung, dasselbe ist in betreff der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen. Anders, wenn zwar der Grund einer einredeweise geltend gemachten Forderung als vorhanden sich darstellt, der Betrag aber streitig bleibt. In diesem Falle ist die Einrede als selbständiges Verteidigungsmittel noch nicht zur Entscheidung reif. Über dieselbe kann mithin überhaupt kein Zwischenurteil ergehen. §. 276 C.P.O. enthält zwei Bestimmungen:

  1. über den Grund eines Anspruches kann durch Zwischenurteil vorab erkannt werden;
  2. eine solche Entscheidung ist in betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; beide Bestimmungen aber gelten nur von einem im Wege der Klage geltend gemachten Anspruche.

Hiernach hat der Berufungsrichter, indem er von der Voraussetzung ausging, der erste Richter habe im vorliegenden Falle überhaupt ein Zwischenurteil, und ferner er habe ein Zwischenurteil auf Grund des §. 276 C.P.O. erlassen können, sich eines Verstoßes gegen die §§. 275. 276 C.P.O. schuldig gemacht; das angefochtene Urteil war daher aufzuheben. Die Sache aber war als zur Endentscheidung nicht reif in die Berufungsinstanz zurückzuverweisen, ohne daß auf die Frage, ob der Berufungsrichter von der Bestimmung des §. 501 C.P.O. Gebrauch zu machen hatte, einzugehen war."

  • 1. Vgl. Entsch. des R.G. in Civils. Bd. 6 Nr. 132 S. 421, Bd. 8 Nr. 104 S. 363.