BVerfG, 16.03.1971 - 1 BvR 52/66, 1 BvR 665/66, 1 BvR 667/66, 1 BvR 754/66
1. Die Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben (hier die Bevorratungspflicht für Erdölerzeugnisse) ist als solche nicht verfassungswidrig.
2. Die Grenzen der Zulässigkeit einer solchen Indienstnahme ergeben sich vor allem aus den Grundrechten, insbesondere aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.
Beschluß
des Ersten Senats vom 16. März 1971
-- 1 BvR 52, 665, 667, 754/66 --
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 1. der Firma T ... - 1 BvR 52/66 -, 2. der Firma B ... - 1 BvR 665/66 -, 3. der Firma M ... - 1 BvR 667/66 -, 4. der Firma I ... - 1 BvR 754/66 - Bevollmächtigter zu 1 bis 4: Rechtsanwalt Dr. Georg Kappus, Frankfurt/Main, Friedenstraße 2 - gegen das Gesetz über Mindestvorräte an Erdölerzeugnissen vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1217)
- Das Gesetz über Mindestvorräte an Erdölerzeugnissen vom 9. September 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1217) ist mit Artikel 12 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit es keine Möglichkeit vorsieht, bei Unternehmen, deren Vorratspflicht ausschließlich auf der Einfuhr von Erdölerzeugnissen beruht und die weder unter dem beherrschenden Einfluß anderer vorratspflichtiger Unternehmen stehen noch auf sie einen solchen Einfluß auszuüben vermögen, eine sich aus der wirtschaftlichen Struktur des Unternehmens ergebende, seine Wettbewerbsfähigkeit wesentlich verschlechternde Belastung durch die Vorratspflicht angemessen zu berücksichtigen.
- Das Gesetz über Mindestvorräte an Erdölerzeugnissen vom 9. September 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1217) verletzt in dem sich aus Nr. 1 ergebenden Umfang die Grundrechte der Beschwerdeführerinnen aus Artikel 12 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes.
- Im übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.
- Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführerinnen ein Viertel der notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
A.
Die Verfassungsbeschwerden richten sich unmittelbar gegen das Gesetz über Mindestvorräte an Erdölerzeugnissen vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1217), das eine Bevorratungspflicht für Mineralölprodukte einführt.
I.
In den letzten Jahrzehnten ist in der europäischen und insbesondere auch in der deutschen Energiewirtschaft ein tiefgreifender Strukturwandel eingetreten. Durch den raschen technischen Fortschritt hat sich die Energienachfrage stark erhöht; gleichzeitig hat sie sich in ihrer strukturellen Zusammensetzung dadurch wesentlich verändert, daß neue Energieträger an der Bedarfsdeckung teilnehmen. Unter ihnen steht gegenwärtig und für eine absehbare Zukunft das Mineralöl (mit seinen Produkten, insbesondere dem Heizöl) im Vordergrund. Die augenblickliche Lage auf dem deutschen Energiemarkt wird dadurch gekennzeichnet, daß das Mineralöl bereits über die Hälfte des Primärenergiebedarfs deckt. Der Anteil der Steinkohle ist auf unter 30% zurückgegangen; Erdgas und Kernenergie spielen vorläufig als Energieträger noch eine untergeordnete Rolle. Da die inländische Erdölförderung in der Bundesrepublik zur Deckung des zusätzlichen Energiebedarfs bei weitem nicht ausreicht, hat sich der Anteil der Einfuhr erheblich erhöht. Gegenwärtig werden etwa 90% des Ölbedarfs der Bundesrepublik eingeführt. Dabei hat sich wegen des ständigen Wachstums der einheimischen Raffineriekapazitäten das Schwergewicht der Einfuhren zunehmend auf das Rohöl verlagert, während die Einfuhr von Mineralölprodukten eher dem Ausgleich des Spitzenbedarfs dient. Trotzdem werden in nicht unerheblichem Maße auch Mineralölprodukte importiert; dabei überwiegt das Heizöl. Die Rohöleinfuhren stammen zum größten Teil aus außereuropäischen Ländern, insbesondere aus solchen Nordafrikas und des Nahen und Mittleren Ostens; die Einfuhren von Fertigprodukten kommen etwa zu 70 vom Hundert aus den Ländern der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und zu 12 vom Hundert aus dem Ostblock. Die aus dem EWG-Raum eingeführten Fertigprodukte sind ihrerseits überwiegend aus nordafrikanischem und nahöstlichem Rohöl hergestellt.
Mit der wachsenden Abhängigkeit der europäischen Länder von Energieimporten hat das Problem der Versorgungssicherheit zunehmend an Bedeutung gewonnen. Unterbrechungen der Erdölzufuhren infolge politischer Krisen oder Boykottmaßnahmen der Rohölförderländer können die Ölversorgung Europas gefährden. Dieses Risiko zwingt die einfuhrabhängigen Länder zu Sicherungsmaßnahmen, die ihnen erlauben, eine Unterbrechung bestimmter Einfuhrströme kurzfristig auszugleichen und sprunghafte Preissteigerungen zu vermeiden. Neben langfristigen Maßnahmen wie der Stärkung einheimischer Energiequellen und einer Streuung der Versorgungsquellen kommt als Vorsorgemaßnahme vor allem die Vorratshaltung für einen bestimmten Übergangszeitraum in Betracht.
Das Vordringen der neuen Energieträger hat seit etwa fünfzehn Jahren auch zu einem Substitutionswettbewerb des Heizöls gegenüber der Steinkohle geführt. Die bisherige Marktstellung der Steinkohle ist dadurch so stark erschüttert worden, daß es zu einer Strukturkrise des europäischen und deutschen Steinkohlenbergbaus gekommen ist. Die deutsche Energiepolitik hat in erster Linie durch Rationalisierungsmaßnahmen die Rentabilität des Steinkohlenbergbaus zu fördern gesucht. Zur Sicherung der Strukturverbesserung des Steinkohlenbergbaus sind daneben "flankierende Maßnahmen" ergriffen worden, die eine Beeinträchtigung der Gesundung dieses Wirtschaftszweiges durch die konkurrierenden Energieträger, insbesondere das Heizöl, abwehren sollten. Hier sind besonders der spezielle Einfuhrzoll für Heizöl und die Heizölsteuer zu nennen. Außerdem kam es im November 1964 zur "freiwilligen Selbstbeschränkung" der Mineralölwirtschaft beim Heizölangebot: Um eine Kontingentierung der Heizöleinfuhren zu vermeiden, verpflichtete sich die Mineralölwirtschaft gegenüber der Bundesregierung, leichtes und schweres Heizöl nur im Rahmen der vom Staat genehmigten Globalmengen auf dem inländischen Markt anzubieten; auf den einzelnen Anbieter entfiel eine bestimmte Absatzquote. Die freiwillige Selbstbeschränkung dauerte beim leichten Heizöl bis zum November 1968; beim schweren Heizöl ist sie erst im März 1971 aufgehoben worden. Schließlich ist - hauptsächlich durch die sogenannten Verstromungsgesetze von 1965 und 1966 - der Verbrauch von Steinkohle in Kraftwerken nachhaltig gefördert worden.
In den Komplex der "flankierenden Maßnahmen" ist auch das Gesetz über Mindestvorräte an Erdölerzeugnissen einbezogen worden. Im System dieser Maßnahmen war ihm - außer seiner allgemeinen kostensteigernden und damit den Wettbewerb des Heizöls dämpfenden Wirkung - zunächst auch die Aufgabe zugedacht, die freiwillige Selbstbeschränkung der Mineralölwirtschaft gegenüber Außenseitern zu sichern. Ein im Dezember 1958 auf Anregung der Bundesregierung vereinbartes Kohle-Öl-Kartell war im August 1959 von den Mineralölgesellschaften gekündigt worden, weil sich zahlreiche unabhängige Importeure am Kartell nicht beteiligt und den Kartellpreis unterboten hatten. Die Einbeziehung aller Importeure von Mineralölprodukten in die unentgeltliche Bevorratungspflicht wurde für geeignet gehalten, die Kontrolle des Heizölmarktes gegenüber Außenseitern zu erleichtern.
II.
1.
Die Entstehungsgeschichte des angefochtenen Gesetzes zeigt, daß die wirtschaftspolitischen Motive der Sicherung der Energieversorgung und des Schutzes des Steinkohlenbergbaus für den Gesetzgeber maßgebend waren.
Für die Bundesregierung, die das Gesetz einbrachte, stand der Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit im Vordergrund. Er wird in der Begründung des Gesetzentwurfs (BTDrucks. IV/3325) ausschließlich als gesetzgeberisches Motiv genannt. Das Gesetz solle die Bundesrepublik auch in den Stand setzen, ihre künftig der EWG gegenüber bestehenden Verpflichtungen zur Vorratshaltung zu erfüllen. Ziel des Gesetzes sei die Vorsorge für den Fall einer kurzfristigen Unterbrechung bestimmter Einfuhrströme. Mit der Begründung einer Pflicht zur Vorratshaltung bezüglich der Hauptprodukte Benzin, Gasöl/Petroleum und Heizöl sollten die Voraussetzungen geschaffen werden, um die Zeit bis zur Normalisierung der Lage zu überbrücken oder auf andere Versorgungsquellen auszuweichen. Außerdem solle die Bevorratung zur Behebung von Versorgungsschwierigkeiten infolge extremer klimatischer Bedingungen oder infolge von Transportstörungen beitragen.
Neben dem beherrschenden Gesichtspunkt der Krisenvorsorge waren bei der Ausarbeitung des Gesetzes auch wettbewerbspolitische Gesichtspunkte von Bedeutung. In der 148. Sitzung des Bundestages am 2. Dezember 1964 wies der Abg. Aschoff (FDP) darauf hin, daß die Bevorratungskosten auf dem Energiesektor für den Wettbewerb zwischen den Energieträgern von Bedeutung seien, und forderte, daß die Bundesregierung "auf dem Gebiet der Vorratshaltung sehr schnell zu Vorschlägen komme". In derselben Sitzung teilte der Bundesminister für Wirtschaft dem Bundestag die folgenden, von der Bundesregierung beabsichtigten energiepolitischen Maßnahmen mit:
"Erstens. Zur unmittelbaren Stabilisierung des Steinkohleabsatzes wird ein Gesetz zur steuerlichen Begünstigung der Verwendung von Steinkohle in der Elektrizitätswirtschaft eingebracht.
Zweitens. Um einen besseren Überblick über die künftige Entwicklung des Mineralölmarktes zu gewinnen, hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Begründung einer Meldepflicht für Raffinerie- und Rohrleitungsbauten verabschiedet. Und in diesem Gesetz steht eine Voranmeldefrist, so daß damit praktisch auch ein Bauaufschub gegeben ist.
Drittens. Dem Bundestag werden unverzüglich Gesetzentwürfe für eine Regelung des Rohrleitungsproblems und für die Begründung einer Vorratshaltung im Mineralölbereich vorgelegt werden.
Viertens. Im Zusammenwirken mit der Mineralölwirtschaft wird die Bundesregierung für eine Entwicklung des Mineralölmarktes sorgen, die auf die Absatzsituation der Steinkohle Rücksicht nimmt. Der Bundeswirtschaftsminister wird der Bundesregierung eine Verordnung vorschlagen, die vorsieht, § 10 des Außenwirtschaftsgesetzes für Öleinfuhren in Anspruch zu nehmen, um die von der Mineralölwirtschaft beabsichtigte Selbstbeschränkung abzustützen." (StenBer. S. 7299 D)
Der Bundestag verabschiedete das Gesetz in seiner 191. Sitzung am 23. Juni 1965 in zweiter und dritter Beratung gemeinsam mit dem Gesetz zur Förderung der Verwendung von Steinkohle in Kraftwerken und mit dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Rationalisierung im Steinkohlenbergbau. In der Debatte ordnete der Abg. Dr. Luda (CDU) das Gesetz ausdrücklich in den Komplex der zur Ordnung des Energiemarktes vorgesehenen Maßnahmen ein:
"Ausgehend von dem Ziel, zu einer sinnvollen Ordnung des Energiemarkts zu gelangen und dabei insbesondere dem deutschen Steinkohlenbergbau einen festen Platz auf dem Energiemarkt in der Größenordnung einer jährlichen Förderung von 140 Millionen t zu sichern, hat die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode bekanntlich die folgenden langfristigen Maßnahmen eingeleitet und zum Teil bereits durchgesetzt: einmal die Verstromung von Kohle - zusätzlich ist bekanntlich eine Ergänzung beabsichtigt, um die Wirksamkeit in revierfernen Gebieten zu verstärken -, dann die Novelle zum Rationalisierungsverbandsgesetz, ferner die Vorratshaltung von Mineralöl. Diese drei Punkte sind ja jetzt hier Gegenstand der Erörterung. Ich nenne weiter die Selbstbeschränkung der Mineralölwirtschaft beim Heizölangebot und schließlich das Meldegesetz für Raffinerien und Pipelines. Diese Maßnahmen sind teils wegen ihrer noch anstehenden endgültigen Verwirklichung, teils wegen der erforderlichen Anlaufzeit zwar für eine längerfristige Marktberuhigung geeignet, werden jedoch noch keine Auswirkungen auf die Marktlage 1965 haben ..." (StenBer. S. 9588, C, D).
2.
Der Rat der Europäischen Gemeinschaften hat - auf der Grundlage mehrjähriger Vorarbeiten, insbesondere eines Entwurfs der Kommission aus dem Jahre 1964 - am 20. Dezember 1968 die "Richtlinie zur Verpflichtung der Mitgliedstaaten der EWG, Mindestvorräte an Erdöl und/oder Erdölerzeugnissen zu halten" erlassen (Amtsblatt vom 23. Dezember 1968 Nr. L 308/14). In der Präambel der Richtlinie ist ausgeführt, daß bei der wachsenden Bedeutung der Einfuhr von Erdöl und Erdölerzeugnissen für die Versorgung der Gemeinschaft selbst ein vorübergehender Rückgang der Lieferungen aus dritten Ländern ernste Störungen in der Wirtschaftstätigkeit der Gemeinschaft verursachen könne. Die Gemeinschaft müsse daher in der Lage sein, die nachteiligen Auswirkungen eines solchen Eventualfalls auszugleichen oder zumindest abzuschwächen. Da eine Versorgungskrise unerwartet eintreten könne, sei es unerläßlich, bereits jetzt die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um einer etwaigen Verknappung zu begegnen; die Versorgungssicherheit der Mitgliedstaaten mit Erdöl und Erdölerzeugnissen solle deshalb durch die Bildung und Unterhaltung eines Mindestvorrats der wichtigsten Erdölerzeugnisse erhöht werden. Zu diesem Zweck wird den Mitgliedstaaten in Art. 1 und 3 der Richtlinie aufgegeben, geeignete Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um ständig Vorräte in einer Höhe zu halten, die bei jeder Kategorie der zu bevorratenden Erdölerzeugnisse mindestens dem nach dem Tagesdurchschnitt errechneten Inlandsverbrauch an 65 Tagen des vorhergehenden Kalenderjahres entspricht.
3.
Vorschriften über die Heranziehung von Privatunternehmen zur Lagerung von Mineralölvorräten für den Krisenfall bestehen in den meisten westeuropäischen Staaten, auch in denen, die nicht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft angehören. In Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Portugal und Schweden werden vorwiegend die mit der Einfuhr und Herstellung von Mineralöl und Mineralölprodukten befaßten Unternehmen - mitunter auch Großverbraucher, Händler und Lagerhalter - unmittelbar durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Vorratshaltung herangezogen; in der Schweiz besteht ein mit der Erteilung der Einfuhrgenehmigung gekoppeltes vertragliches "Pflichtlagersystem".
III.
1.
Nach § 1 des angefochtenen Gesetzes sind drei Gruppen von Erdölerzeugnissen zu bevorraten:
- Motorenbenzin, Flugbenzin, Flugturbinenkraftstoff;
- Dieselkraftstoff, leichtes Heizöl, Petroleum;
- mittelschweres oder schweres Heizöl.
Vorratspflichtig sind die Inhaber wirtschaftlicher Unternehmen, die diese Erzeugnisse entweder einführen (Einführer) oder aus eingeführtem Erdöl herstellen oder herstellen lassen (Hersteller). Die Bevorratungsverpflichtung kann also entweder nur aufgrund der Einfuhr von Erdölprodukten entstehen oder aufgrund der Herstellung von Erdölprodukten aus eingeführtem Rohöl (wie z. B. bei Raffineriebetrieben) oder aber auch aufgrund beider Tatbestände bei Unternehmen, die sowohl "Einführer" wie "Hersteller" sind. Nicht vorratspflichtig sind dagegen Unternehmen, die mit Erdölprodukten lediglich handeln, ohne sie selbst einzuführen oder herzustellen, ebensowenig Unternehmen, die Erdölerzeugnisse lediglich verteilen oder verbrauchen. Erdöl (Rohöl) ist als solches nicht zu bevorraten; gemäß § 3 des Gesetzes können aber Hersteller von Erdölerzeugnissen ihre Vorratspflicht auch mit eingeführtem Erdöl (Rohöl) oder mit daraus hergestellten oder eingeführten Halbfertigfabrikaten erfüllen. Aus deutschem Erdöl hergestellte Erzeugnisse bleiben bei der Berechnung der Pflichtvorräte außer Ansatz (§ 2 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2).
Inhalt der Bevorratungspflicht ist, daß die vorratspflichtigen Unternehmer ständig von jeder der in § 1 genannten Gruppen von Erdölerzeugnissen die gesetzliche Menge als Vorrat zu halten haben. Gesetzliche Vorratsmenge ist diejenige Menge, welche die vorratspflichtigen Unternehmer im letztvergangenen Kalenderjahr durchschnittlich
- im Laufe von 45 Tagen eingeführt oder
- im Laufe von 65 Tagen aus eingeführtem Erdöl hergestellt
Der für die Bemessung der Vorratsmenge maßgebliche Zeitabschnitt ist bei Herstellung deshalb um 20 Tage länger als bei Einfuhr, weil die Hersteller gemäß § 3 ihre Bevorratungsverpflichtung auch mit Rohöl erfüllen können. Nach der Entwurfsbegründung trägt dieser Unterschied "dem Gedanken Rechnung, daß die Hersteller aus betrieblichen Gründen im allgemeinen einen Erdölvorrat für 20 Produktionstage halten, der gemäß § 3 auf die als Vorrat zu haltenden Erzeugnisse angerechnet werden kann. Demnach werden auch von den Herstellern im allgemeinen nur Erdölerzeugnisse, die einer durchschnittlichen Produktion an 45 Tagen entsprechen, als Vorrat zu halten sein" (BTDrucks. IV/ 3325 S. 7).
Von der im vorausgegangenen Kalenderjahr eingeführten oder hergestellten Jahresmenge werden bei der Berechnung der Pflichtvorratsmengen gemäß § 2 Abs. 3 abgesetzt:
- die ausgeführten oder an ausländische Streitkräfte gelieferten Mengen,
- die zum Bebunkern von Seeschiffen verwendeten Mengen,
- die als Betriebsstoff zur Aufrechterhaltung des Herstellungsbetriebes im Sinne des § 3 des Mineralölsteuergesetzes verwendeten Mengen.
Der Bundeswirtschaftsminister kann die gesetzliche Vorratsmenge allgemein oder zum Teil vorübergehend, längstens auf 6 Monate, ermäßigen, um unmittelbare Schwierigkeiten in der Energieversorgung zu verhüten oder bereits eingetretene zu beheben (§ 8).
Der Unternehmer ist nicht verpflichtet, die gesetzliche Vorratsmenge immer im unmittelbaren Alleinbesitz zu haben. Er kann vielmehr die Vorratspflicht auch mit Beständen erfüllen, die sich in seinem mittelbaren Besitz befinden, wenn der unmittelbare Besitzer die Vorräte nicht selbst in Erfüllung der gesetzlichen Vorratspflicht hält und zugunsten des mittelbaren Besitzers in seiner Verfügung über den Vorrat beschränkt ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 2). Auch kann er Bestände von mindestens tausend Tonnen als Vorrat halten, die sich nicht in seinem Besitz befinden, wenn sich deren verfügungsberechtigte Besitzer ihm gegenüber schriftlich verpflichtet haben, die Bestände mindestens während der nächsten drei Monate weder zu verbrauchen noch Dritten zu überlassen, und ihm erklären, die Bestände nicht als eigenen gesetzlichen Vorrat zu halten (§ 6 Abs. 1 Nr. 3). Schließlich ist unter bestimmten Voraussetzungen auch der Mitbesitz an Vorratsbeständen zulässig, wodurch eine Sammelbevorratung durch mehrere Unternehmen ermöglicht wird (§ 6 Abs. 2).
Die Vorratspflicht ist grundsätzlich nur mit Beständen erfüllbar, die sich im Geltungsbereich des Gesetzes befinden (§ 4 Abs. 1 Satz 1). Der Bundesminister für Wirtschaft kann aber im Verordnungswege die Erfüllbarkeit der Vorratspflicht durch Bestände gestatten, die sich im Gebiet anderer EWG-Länder befinden (§ 4 Abs. 2). Aufgrund zwischenstaatlicher Vereinbarungen sind solche Verordnungen bereits erlassen worden.
Die Vorratspflicht brauchte bei Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 1966 noch nicht in vollem Umfang erfüllt zu werden, sondern stieg bis zum 1. Januar 1970 stufenweise an. Im Jahre 1966 war sie von den Einführern nur zu einem Fünftel, von den Herstellern nur zu dreizehn Zwanzigstel zu erfüllen; in den folgenden drei Jahren erhöhte sie sich bei den Einführern jeweils um ein Fünftel, bei den Herstellern jeweils um zwei Zwanzigstel gegenüber dem Vorjahre (§ 21).
2.
Die durch die Vorratspflicht den betroffenen Unternehmen, insbesondere den Importeuren, entstehende wirtschaftliche Belastung ist im Gesetz grundsätzlich nicht berücksichtigt; eine Entschädigung oder ein Aufwendungsersatz ist nicht vorgesehen. In § 7 Abs. 2 ist lediglich bestimmt, daß die zuständige Behörde einen vorratspflichtigen Unternehmer auf Antrag in angemessenem Umfang von der Vorratspflicht freizustellen hat, wenn er die pflichtbegründende Einfuhr oder Herstellung von Erdölerzeugnissen gegenüber dem Vorjahre erheblich eingeschränkt hat oder die Erfüllung seiner Vorratspflicht infolge eines unabwendbaren Ereignisses in unzumutbarer Weise erschwert ist. Nach der Entwurfsbegründung soll durch diese Vorschrift "eine Anpassung der Höhe der zu haltenden Vorräte an den Geschäftsumfang des vorratspflichtigen Unternehmers im laufenden Kalenderjahr ermöglicht werden". (BTDrucks. IV/3325 S. 9)
3.
In wirtschaftlicher Hinsicht werden von der Bevorratungspflicht verschieden geartete Unternehmensgruppen betroffen.
a) Die Raffinerieunternehmen als "Hersteller" im Sinne des § 1 tragen quantitativ die Hauptlast der Pflichtbevorratung. Es handelt sich weitgehend um Großkonzerne, die durch die Verarbeitung von Rohöl und den Vertrieb der Mineralölprodukte mehrstufig strukturiert sind; zu ihrem Vertriebsnetz gehören von ihnen abhängige Kleinraffineure und Importunternehmen. Neben der Betätigung auf allen Teilmärkten der Mineralölbranche üben sie beim leichten Heizöl auch Importfunktionen aus; auf der Absatzseite konkurrieren sie sowohl untereinander als auch mit den unabhängigen Importeuren.
b) Die als "Einführer" vorratspflichtigen Unternehmen bieten wirtschaftlich kein einheitliches Bild. Abgesehen von solchen Raffinerieunternehmen, die "auch" als Einführer vorratspflichtig sind, zählen zu den "nur" als Einführer vorratspflichtigen Unternehmen nicht nur die eigentlichen Importunternehmen, sondern auch Montanunternehmen mit eigenem Produktenimport sowie Brennstoffgroßhändler mit regelmäßigen oder gelegentlichen eigenen Importen von Mineralölprodukten. Der Anteil der letztgenannten Unternehmen an der Einfuhr und dem Absatz von leichtem und schwerem Heizöl ist jedoch vergleichsweise gering, die Beteiligung an der gesetzlichen und tatsächlichen Vorratshaltung demgemäß unbedeutend. Die eigentlichen Importhandelsunternehmen waren von 1961 bis 1968 mit etwa 25 bis 30 vom Hundert am Inlandsabsatz von leichtem Heizöl und mit etwa 18 bis 25 vom Hundert am Absatz von schwerem Heizöl beteiligt; ihr Anteil an den jährlichen Bruttoeinfuhren belief sich in diesem Zeitraum bei Benzinen und ähnlichen Treibstoffen auf etwa 20 bis 30 vom Hundert, bei Dieselkraftstoff und leichtem Heizöl auf etwa 30 bis 40 vom Hundert, bei mittelschwerem und schwerem Heizöl auf 3 bis 9 vom Hundert. Ihr Anteil an der gesetzlichen Gesamtvorratsmenge bewegt sich seit 1966 bei Benzinen um etwa 3 bis 4 vom Hundert, bei Dieselkraftstoff und leichtem Heizöl um etwa 4 bis 7 vom Hundert, während ihr Anteil an der Vorratshaltung von mittelschwerem und schwerem Heizöl noch unter 1 vom Hundert liegt.
Innerhalb der eigentlichen Importhandelsunternehmen hebt sich der unabhängige Importhandel als eigene Gruppe heraus. Diese Teilgruppe umfaßt etwa 20 Firmen, die überwiegend Großhandel betreiben und auf der Absatzseite vor allem mit den internationalen Mineralölgroßgesellschaften, auf der Beschaffungsseite untereinander im Wettbewerb stehen. Der unabhängige Importhandel sieht seine Marktfunktion hauptsächlich in der Spitzendeckung des Energiebedarfs - insbesondere in der Beseitigung von Versorgungsengpässen auf dem inländischen Markt - sowie in der möglichst preisgünstigen Versorgung der Verbraucher mit Dieselkraftstoff und leichtem Heizöl. Im Heizölgeschäft operiert der unabhängige Importhandel "saisonal"; er beliefert überwiegend den Brennstoffgroßhandel, beteiligt sich aber auch selbst in gewissem Umfang am Binnengroßhandel. An der freiwilligen Selbstbeschränkung der Mineralölwirtschaft hat der unabhängige Importhandel als besondere Unternehmensgruppe teilgenommen. Sein Anteil am Inlandsabsatz von leichtem Heizöl betrug von 1961 bis 1968 etwa 3 bis 4 vom Hundert, der Anteil an den jährlichen Bruttoeinfuhren von Benzinen, Dieselkraftstoff und leichtem Heizöl etwa 10 bis 20 vom Hundert, an der gesetzlichen Gesamtvorratsmenge bei Benzinen etwa 1 bis 2 vom Hundert, bei Dieselkraftstoff und leichtem Heizöl etwa 2 bis 4 vom Hundert.
Die übrigen Mineralölimporthändler sind weitgehend von Raffineriegesellschaften, Montanunternehmen, Großhändlern und anderen Unternehmen abhängig.
B.
I.
Die beschwerdeführenden Unternehmen gehören zur Unternehmensgruppe der unabhängigen Importeure. Sie werden in der Rechtsform der GmbH betrieben. Nach dem Handelsregistereintrag ist der Gegenstand ihrer Unternehmen allerdings nicht auf den Mineralölimport beschränkt, sondern umfaßt auch den Binnenhandel, bei einigen Beschwerdeführerinnen sogar den gesamten Brennstoffhandel. Auch kommt dem Importhandel innerhalb der einzelnen Unternehmen keine selbständige organisatorische Bedeutung zu. Der Import von Erdölerzeugnissen, insbesondere von leichtem Heizöl, bildet aber bei allen Unternehmen den zumindest überwiegenden Teil des Umsatzes; bei keinem Unternehmen betragen die Inlandsbezüge mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes.
II.
Die Beschwerdeführerinnen fühlen sich durch die gesetzliche Bevorratungspflicht in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes verletzt. Unter Bezugnahme auf ein Gutachten von Professor Dr. Herbert Krüger führen sie aus:
Indem das Gesetz die "einstufig tätigen, konzernunabhängigen, mittelständischen Mineralölimporteure", die sich ausschließlich oder überwiegend mit der Einfuhr von Erdölerzeugnissen befaßten, zur ständigen Vorratshaltung verpflichte, ohne sie von den damit verbundenen Kosten zu entlasten, beeinträchtige es so empfindlich die Rentabilität dieser Unternehmen, daß ihre wirtschaftliche Existenz in Frage gestellt sei. Die durch das Gesetz erzwungene ständige, den Notwendigkeiten des Geschäftsablaufes nicht angepaßte Lagerhaltung sei für die unabhängigen Importeure eine betriebswirtschaftlich sinnlose Aufgabe, für die sie in der Regel nicht über die erforderlichen Betriebseinrichtungen verfügten. Der unabhängige Importhandel beliefere lediglich den lagerhaltenden Großhandel oder andere Großabnehmer und diene ihnen im Eingangshafen die Ware an. Er verfüge deshalb nur über geringe Lagerkapazitäten in den Eingangshäfen, im Binnenland nur insoweit, als er gleichzeitig auch Binnengroßhandel betreibe. Eine Lagerhaltung sei daher für die Importtätigkeit an sich nicht erforderlich. Soweit sie dennoch vorkomme, sei sie saisonal bedingt oder stelle eine unternehmerische Fehlleistung aufgrund falscher Marktbeurteilung dar. Vor allem widerspreche eine ständige Vorratshaltung über das ganze Jahr hinweg der Marktfunktion der unabhängigen Importeure, da das leichte Heizöl als Hauptprodukt ihres Imports nur während der Heizperiode im Winter auf Lager gehalten werden müsse. Aus diesen Gründen wirkten sich die hohen Betriebskosten für die Errichtung oder die Miete von Tankanlagen, die Beschaffung und die Verzinsung des Kapitals für die Vorratsmengen und die Übernahme des hohen Preisrisikos für den ständig einzulagernden Vorrat existenzvernichtend aus, zumal es nicht möglich sei, die Mehrkosten über den Preis auf die Verbraucher abzuwälzen.
Damit greife das Gesetz verfassungswidrig in die Berufsfreiheit der Beschwerdeführerinnen ein. Es zwinge sie im Ergebnis zur Geschäftsaufgabe oder zum Ausweichen in den Binnengroßhandel und verdränge sie so aus ihrem Beruf, greife also in die Freiheit der Berufswahl ein. Aber auch als Regelung der Berufsausübung sei die Bevorratungspflicht verfassungswidrig. Die Heranziehung der unabhängigen Importeure zur Vorratshaltung bedeute für sie eine unzumutbare Auferlegung unternehmensfremder Pflichten und verletze den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Befugnis des Gesetzgebers, zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit gesetzgeberische Maßnahmen zu ergreifen, werde nicht bestritten; die von ihm angenommene Gefährdung der Mineralölversorgung der Bundesrepublik werde aber stark übertrieben. Die Mineralölversorgung der Bundesrepublik würde ohne Einführung einer gesetzlichen Vorratspflicht keiner schweren Gefährdung ausgesetzt sein, da die vom Gesetz geforderten Vorräte von der Mineralölwirtschaft ohnehin gehalten würden. Jedenfalls sei eine während des ganzen Jahres gleichbleibende Vorratshaltung für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit nicht geboten. Der Gesetzgeber hätte sein Ziel auch mit weniger schweren Eingriffen erreichen können. Er hätte statt der kleinen, für die Gesamtbevorratung völlig unbedeutenden Gruppe der unabhängigen Importeure lagerhaltende Großhändler, Großverteiler und Großverbraucher sowie Lagerungsunternehmen in die Vorratshaltung einbeziehen können, deren erhebliche Bestände nicht einmal hinreichend statistisch erfaßt seien. Auch durch eine Bevorratung von Rohöl, dessen Import viel krisenanfälliger sei als der von Fertigerzeugnissen, hätte eine unzumutbare Belastung der unabhängigen Importeure vermieden werden können. Die Bemessung der Vorratsmengen an der Vorjahreseinfuhr bedeute für die unabhängigen Importeure eine größere Belastung als eine Bemessung am Vorjahresverbrauch. Im Vergleich zu dem zweifelhaften Nutzen des Gesetzes sei schließlich die unentgeltliche Vorratspflicht für die unabhängigen Importeure ein unverhältnismäßiger und unzumutbarer Eingriff. Das Gesetz biete keine ausreichenden Handhaben, die hieraus entstehenden Beeinträchtigungen der Unternehmensrentabilität wirksam zu mildern.
Die übermäßige Belastung der Beschwerdeführerinnen verletze auch das den Schutz des Art. 14 GG genießende Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und ebenso die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Unternehmensfreiheit. Darüber hinaus verstoße das Gesetz gegen Art. 2 Abs. 1 GG auch deshalb, weil es private Unternehmer in den Dienst einer öffentlichen Aufgabe stelle, ohne ihnen für die dadurch entstehenden Kosten einen Ausgleich zu gewähren. Versetze der Staat bestimmte Private in einen Zustand gesteigerter Pflichtigkeit, so habe er sie aufgrund einer verfassungsrechtlichen Fürsorgepflicht auch von den daraus entstehenden Kosten zu entlasten, wenn die Inpflichtnahme für öffentliche Aufgaben über den Umfang reiner Nebenpflichten hinausgehe und die wirtschaftliche Situation des Pflichtigen nicht nur unbedeutend berühre. Dieser Fürsorgegedanke sei Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG.
Schließlich verstoße das Gesetz auch gegen den Gleichheitsgrundsatz. Schon die bloße Heranziehung der unabhängigen Mineralölimporteure zur Vorratshaltung überschreite die durch das Willkürverbot gesetzte Grenze. Der Gesetzgeber hätte nicht die Unternehmen, die einführen, zur Vorratshaltung heranziehen sollen, sondern die Unternehmen, die gewohnheitsmäßig oder nach der wirtschaftlichen Struktur ihres Unternehmens Vorrat halten, gleichgültig ob sie daneben auch einführen oder nicht. Außerdem würden die vom Gesetz betroffenen Unternehmensgruppen durch die Bevorratungspflicht unterschiedlich belastet. Mineralölimporteure und Mineralölhersteller seien wirtschaftlich verschieden strukturiert. Bei den Importeuren gehöre die Vorratshaltung nicht zu den wesentlichen Funktionen ihrer unternehmerischen Tätigkeit, da sie den lagerhaltenden Großhandel versorgten; eine ständige und gleichbleibende Vorratshaltung sei bei ihnen eine betriebliche Fehlleistung. Der Lagerraum müsse von ihnen unter Einsatz von schwer oder wirtschaftlich überhaupt nicht erreichbarem Kapital erst beschafft werden. Bei den Herstellern dagegen sei die ständige Vorratshaltung bereits ein Teil ihrer normalen gewerblichen Tätigkeit und durch den Ablauf der Produktion bedingt. Da die Hersteller ohnehin über das gesetzliche Maß hinaus Vorräte hielten, stelle sich bei ihnen auch nicht das Problem zusätzlicher Beschaffung von Lagerraum. Infolge ihrer Marktstellung könnten die Importeure die durch die Vorratshaltung entstehenden Mehrkosten nicht über den Preis hereinholen; für den Hersteller dagegen fielen die Bevorratungskosten ohnehin an.
III.
Die Bundesregierung hält die Verfassungsbeschwerden für unbegründet. Zwingende Gründe des öffentlichen Wohls machten eine gesetzliche Regelung der Vorratshaltung unerläßlich. Die Mineralölversorgung der Bundesrepublik sei weitgehend und in ständig wachsendem Maße von der Einfuhr von Rohöl abhängig. Da dieses ganz überwiegend aus politisch labilen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas importiert werden müsse, sei die Energiewirtschaft der Bundesrepublik ständig von Störungen bedroht, die weder mit politischen Mitteln noch durch kurzfristige Erschließung anderer Lieferländer ausgeschlossen werden könnten. Dieser Gefahr könne nur durch eine ständige Vorratshaltung begegnet werden, damit ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Auftretens einer Krise genügend lebenswichtige Mineralölprodukte verfügbar seien, um den deutschen Bedarf so lange zu decken, bis die Einfuhr auf andere Quellen umgestellt werden könne. Die Vorratshaltung müsse gesetzlich geregelt werden, da die von den Unternehmen der Mineralölwirtschaft freiwillig gehaltenen Bestände häufigen Schwankungen ausgesetzt seien und nicht ausreichten, um bei einer krisenbedingten Unterbrechung der Rohölimporte die Versorgung des deutschen Marktes mit Mineralölerzeugnissen für einen genügend langen Zeitraum sicherzustellen. Auf die Fähigkeit der Mineralölwirtschaft, Versorgungskrisen aus eigener Kraft zu bewältigen, könne sich der Gesetzgeber nicht verlassen.
Die Auferlegung einer Pflicht zur Vorratshaltung beschränke nicht die Berufswahl, sondern regele nur die unternehmerische Tätigkeit des Mineralölhändlers, dessen Berufsbild nicht durch das Vorhandensein oder Fehlen einer Vorratshaltung geprägt sei. Sie verdränge die Beschwerdeführerinnen nicht aus dem Beruf des Mineralölhändlers, da ihnen zumindest die Möglichkeit bleibe, auf Inlandsbezüge auszuweichen oder sich auf nicht vorratspflichtige Produkte umzustellen. Die Vorratshaltung von Mineralölerzeugnissen sei für Importeure solcher Produkte keine schlechthin unternehmensfremde Aufgabe. Als Regelung der Berufsausübung werde das Gesetz von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen und verletze nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Wegen ihres hohen Anteils an den Einfuhren und am Inlandsabsatz müßten auch die nur als Einführer vorratspflichtigen Unternehmen an der Pflichtbevorratung beteiligt werden. Die Bevorratung von Fertigerzeugnissen diene einer reibungslosen Versorgung im Krisenfalle wirksamer als die Vorratshaltung von Rohöl; die importierten Mineralölprodukte stammten im übrigen selbst zum großen Teil aus den Rohölquellen des Nahen Ostens. Die Bemessung der Vorratsmengen an der Vorjahreseinfuhr führe praktisch zu demselben Ergebnis wie die Bemessung am Vorjahresverbrauch. Schließlich seien auch die finanziellen Lasten für die Beschwerdeführerinnen noch zumutbar und tragbar, da sie über den Preis auf den Verbraucher abgewälzt werden könnten und das Gesetz auch sonst genügend Möglichkeiten biete, die besonderen Verhältnisse der Importeure zu berücksichtigen.
Das Gesetz verstoße weder gegen Art. 2 Abs. 1 noch gegen Art. 14 GG. Die Auferlegung der Vorratspflicht enthalte keinen Eingriff in die Substanz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs, sondern nur Auflagen für die Ausübung des Gewerbes; sie lege zwar der unternehmerischen Bewegungsfreiheit gewisse Beschränkungen auf, lasse diese aber im übrigen unberührt und erweise sich damit als eine entschädigungslos zulässige Eigentumsbindung.
Durch das Gesetz werde auch der Gleichheitssatz nicht verletzt. Das Gesetz differenziere unter Berücksichtigung der Eigenart der geregelten Materie sachgerecht und in dem offenkundigen Bemühen, den verschiedenen Interessen im Rahmen des Möglichen gerecht zu werden. Eine ausschließliche Anknüpfung der Vorratspflicht an den Import von Rohöl oder eine Beschränkung der Vorratspflicht auf die aus produktionstechnischen Gründen zwangsläufig lagerhaltenden Unternehmen der Mineralölwirtschaft wäre weniger wirksam gewesen. Auch unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Differenzierung zwischen Herstellern und Einführern sei das Gesetz nicht gleichheitswidrig. Die Raffineriegesellschaften würden nicht grundsätzlich und generell mit unverhältnismäßig geringeren Kosten belastet als die Importeure; auch sie müßten über das betriebstechnisch und betriebswirtschaftlich erforderliche Maß hinaus Lagerhaltung betreiben, um der gesetzlichen Vorratspflicht genügen zu können.
C.
I.
Die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.
1.
Das angefochtene Gesetz ist eine vorweggenommene Ausführung der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 20. Dezember 1968, die den Mitgliedstaaten in ihrem Art. 1 Abs. 1 aufgibt, geeignete Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um ständig Vorräte an Erdölerzeugnissen in einer Höhe zu halten, die bei jeder Produktgruppe mindestens einem Inlandsverbrauch von 65 Tagen des Vorjahres entspricht. Die Richtlinie ist gemäß Art. 189 Abs. 3 EWGV für die Mitgliedstaaten hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich, überläßt ihnen jedoch die Wahl der Formen und Mittel der Ausführung.
Die Richtlinie hindert nicht die Prüfung des zu ihrer Ausführung erlassenen innerdeutschen Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz. Der Einzelne wird von der Richtlinie nicht unmittelbar betroffen; für ihn gilt allein das innerstaatliche Recht.
2.
Auch im übrigen begegnet die Zulässigkeit der unmittelbar gegen das Gesetz erhobenen Verfassungsbeschwerden keinen Bedenken. Die Beschwerdeführerinnen haben ihre Bevorratungspflicht vom Inkrafttreten des Gesetzes an - in der jeweils vorgeschriebenen Höhe (§ 21) - ohne besondere staatliche Leistungsanforderung von sich aus zu erfüllen. Sie sind somit von dem Gesetz gegenwärtig und unmittelbar betroffen (vgl. BVerfGE 1, 97 [101 ff.]; 18, 1 [13]).
Es ist auch nicht zu beanstanden, daß die Beschwerdeführerinnen beantragt haben, das Gesetz im ganzen für nichtig zu erklären. Die in den §§ 1 bis 3 des Gesetzes angeordnete Bevorratungspflicht ist der Kern einer Regelung, bei deren Wegfall die übrigen Bestimmungen gegenstandslos würden.
II.
Die Verfassungsbeschwerden sind nur teilweise begründet.
1.
Das angefochtene Gesetz legt privaten Unternehmern bestimmte Handlungspflichten auf, um damit die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe sicherzustellen. Die "Indienstnahme Privater für öffentliche Aufgaben" ist nicht schon als solche verfassungswidrig. Sie kommt - auf gesetzlicher Grundlage - in mannigfachen Formen vor (vgl. etwa die - noch nicht veröffentlichten - Verhandlungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer vom Oktober 1970 in Speyer; Berichte darüber in AöR, Bd. 96, S. 85 ff.; JZ 1971, S. 106 ff.; NJW 1971, S. 740 ff.). Ihre Zulässigkeit gegenüber dem in Anspruch genommenen Bürger läßt sich nicht einheitlich beurteilen. Wesentlich ist hierfür zunächst die Art der übertragenen Aufgaben. Da in einer auf dem Prinzip des freien Unternehmertums beruhenden Wirtschaftsordnung die Versorgung der Gesamtwirtschaft auch mit lebensnotwendigen Gütern grundsätzlich zu den Funktionen der privaten Unternehmer gehört, liegt es nahe, daß der Staat, wenn er im Gemeinwohlinteresse diese Versorgung zu einer öffentlichen Aufgabe erklärt, sich zu ihrer Erfüllung dieser Unternehmer bedient. In Fällen wie dem hier vorliegenden der Mineralölbevorratung überträgt er ihnen dabei keine typischen staatlichen Funktionen, die ihrem Wesen nach nur von Staatsorganen wahrgenommen werden könnten, sondern verpflichtet sie lediglich zu wirtschaftlichen Maßnahmen und Verhaltensweisen, die nach Form und Inhalt zu dem Bereich privater Unternehmertätigkeit gehören. Die Grenzen der Belastbarkeit der Unternehmer durch eine solche Indienstnahme ergeben sich in erster Linie aus den Grundrechten. In diesem Rahmen ist auch zu beurteilen, ob dem in Anspruch genommenen Bürger ein Anspruch auf Entschädigung oder Aufwendungsersatz zusteht. Ein allgemeiner Rechtssatz des Inhalts, daß die Heranziehung zur Mithilfe bei der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe schon an sich, ohne Rücksicht auf ihre Ausgestaltung im einzelnen, einen solchen Anspruch auslöse, ist dem Grundgesetz nicht zu entnehmen.
Daß es sich im vorliegenden Fall um eine öffentliche, ja um eine im engeren Sinn staatliche Aufgabe handelt, unterliegt keinem Zweifel. Die Sicherstellung einer ausreichenden Energieversorgung ist auch in einer grundsätzlich marktwirtschaftlich geordneten Wirtschaft eine legitime Aufgabe der staatlichen Wirtschaftspolitik, die von der Verantwortung des Staates für den ungestörten Ablauf des wirtschaftlichen Geschehens im ganzen ausgeht. Sie umfaßt - als Strukturpolitik - auch die Planung und Durchführung von Maßnahmen, die den im Gefolge der technischen Entwicklung und der weltwirtschaftlichen Verflechtung ständig auftretenden Wandlungen bei den einzelnen Energieträgern und in ihrem Verhältnis zueinander Rechnung tragen.
Die erwähnte EWG-Richtlinie weist im übrigen die Sicherstellung der Versorgung mit Erdöl und Erdölerzeugnissen durch Anlegung und Unterhaltung von Mindestvorräten den Mitgliedstaaten ausdrücklich als staatliche Aufgabe zu.
2.
Die Verfassungsmäßigkeit einer Indienstnahme privater Unternehmen für staatliche Aufgaben ist in erster Linie an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen (BVerfGE 22, 380 [383]). Das gilt auch für Bevorratungspflichten, wenn sie in irgendeiner Weise an die wirtschaftliche Tätigkeit der vorratspflichtigen Unternehmer anknüpfen, insbesondere dann, wenn die Vorratshaltung wie hier - wenn auch in verschiedenem Umfang - zur üblichen Wirtschaftstätigkeit der betroffenen Unternehmen gehört.
a) Die Beschwerdeführerinnen sind juristische Personen. Schutzgut des Art. 12 Abs. 1 GG ist bei juristischen Personen die Freiheit, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe, zu betreiben, soweit diese Erwerbstätigkeit ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Person ausgeübt werden kann (BVerf- GE 21, 261 [266]; 22, 380 [383]). Die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerinnen ist der Mineralölimporthandel.
Allerdings beanspruchen die Beschwerdeführerinnen den Grundrechtsschutz aus Art. 12 Abs. 1 GG speziell für den "Berufsstand des einstufig tätigen, konzernunabhängigen, mittelständischen Mineralölimporthandels". Damit ist eine bestimmte Unternehmensgruppe auf dem Mineralölmarkt bezeichnet, deren besondere Interessen und Positionen mit der Verfassungsbeschwerde gegen die rentabilitätsmindernden Wirkungen der Bevorratungspflicht verteidigt werden sollen. "Konzernunabhängigkeit" und "mittelständischer Charakter" privatwirtschaftlicher Unternehmen sind jedoch Qualifikationen, die die betriebswirtschaftliche und soziale Struktur des Unternehmens beschreiben, nicht aber Eigenschaften des nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützten "Berufs". Die "einstufige Tätigkeit" mag bei manchen Handelsbetrieben zu den Berufsmerkmalen gehören; auf dem Mineralölmarkt, dem eine klare Trennung der sonst üblichen Handelsstufen weitgehend fehlt, kennzeichnet sie eher die individuelle Unternehmensgestaltung. Die Importtätigkeit ist dagegen das spezifische Berufsmerkmal der Beschwerdeführerinnen. Zwar haben sie ins Handelsregister durchweg den Mineralöl- oder Brennstoffhandel schlechthin eintragen lassen. Ihre tatsächliche Tätigkeit besteht jedoch überwiegend im Mineralölimporthandel; dieser bildet jedenfalls die wirtschaftliche Grundlage der beschwerdeführenden Unternehmen.
b) Die Bevorratungspflicht berührt nicht das Recht der Beschwerdeführerinnen auf freie Berufswahl. Sie beschränkt weder rechtlich den Zugang zum Beruf des Mineralölimporteurs noch macht sie faktisch die sinnvolle Ausübung dieses Berufs überhaupt unmöglich (vgl. BVerfGE 11, 30 [41 f.]). Es handelt sich vielmehr um Vorschriften, die innerhalb des Berufsbereichs des Mineralölimporthändlers Anordnungen über die Art und Weise der Ausübung dieses Berufs nach einer bestimmten Richtung hin treffen - also um eine Berufsausübungsregelung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (ebenso BVerfGE 22, 380 [383 f.] für die Verpflichtung der Banken zur Einbehaltung und Abführung der Kuponsteuer).
Auch eine Berufsausübungsregelung kann freilich in ihrer wirtschaftlichen Auswirkung einer Zulassungsbeschränkung nahekommen und damit die Freiheit der Berufswahl beeinträchtigen. Das ist jedoch nicht schon dann anzunehmen, wenn die Regelung den aus der Ausübung eines Berufs erzielten Gewinn soweit mindert, daß ein einzelner Unternehmer sich zur Aufgabe seines bisherigen Berufs veranlaßt sieht. Eine Verletzung des Rechts auf freie Berufswahl ist nur anzunehmen, wenn die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung oder - bei juristischen Personen - zur Grundlage ihrer unternehmerischen Erwerbstätigkeit zu machen (BVerfGE 13, 181 [187]; 16, 147 [165]).
Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, daß durch die Auferlegung der unentgeltlichen Bevorratungspflicht die Existenz eines neben den Großgesellschaften und den Raffinerien bestehenden unabhängigen Importhandels als "Marktregulativ" gefährdet sei. Sie sehen eine unzulässige Rückwirkung der Bevorratungsverpflichtung auf die Berufswahl darin, daß sich die Importeure vom Import auf Inlandsbezüge umstellen, auf "den Berufsstand bzw. die Funktion des von Raffinerielieferungen abhängigen Großhandels" ausweichen oder "ihr Unternehmen ganz oder teilweise an einen größeren Partner veräußern" müßten; zum Konkurs oder zur Geschäftsaufgabe brauche es noch nicht zu kommen. Bei der Prüfung einer Rückwirkung auf die Berufswahl nach den dargelegten Grundsätzen kommt es jedoch nicht auf die Verhältnisse des "mittelständischen, konzernunabhängigen" Mineralölimporthandels und auf seine Funktionen als "selbständiges Marktregulativ" an, sondern auf die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Mineralölimporthändler überhaupt. Dieser Beruf wird durch die Bevorratungspflicht weder generell zum Erliegen gebracht noch vollständig in den Binnenhandel abgedrängt. Nach der angeführten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müßte dieser Effekt in der Regel bei den Unternehmen eintreten, die sich beruflich als Mineralölimporteure im genannten Sinne betätigen, also neben den "unabhängigen" Importeuren auch bei allen übrigen Importunternehmen, deren Tätigkeit mit derjenigen der Beschwerdeführerinnen vergleichbar ist. Es ist aber nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden, daß die Pflicht zur Vorratshaltung typischerweise zur Folge hätte, die Mineralölimporthändler generell zur Aufgabe ihres Berufs zu nötigen. Mittelbare Auswirkungen der Bevorratungspflicht auf die Struktur und die Konzentration der Mineralölwirtschaft oder auf die Monopol- oder Oligopol-Bildung auf dem Mineralölmarkt berühren als solche noch nicht den verfassungsrechtlichen Grundrechtsschutz aus Art. 12 Abs. 1 GG, der vor dem Hintergrund der wirtschaftspolitischen Neutralität des Grundgesetzes zu sehen ist (BVerfGE 4, 7 [17 f.]; 7, 377 [400]; 14, 19 [23]).
c) Die Auferlegung der Bevorratungspflicht ist als Regelung der Berufsausübung an den für diese allgemein geltenden verfassungsrechtlichen Voraussetzungen zu messen. Das Bundesverfassungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung ebenso wie den Eingriff in die Freiheit der Berufswahl auch die Regelung der Berufsausübung an die strikte Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gebunden (BVerfGE 13, 97 [104 f.]; 19, 330 [336 f.]). Danach sind der geschützte Freiheitsbereich des Einzelnen, die vom Gesetzgeber im Interesse der Allgemeinheit verfolgten Zwecke und die zu deren Erreichung eingesetzten Mittel so gegeneinander abzuwägen, daß die Auffassung des Grundgesetzes von der grundsätzlichen Stellung und Aufgabe des Menschen in Gesellschaft und Staat gewahrt bleibt. Im Bereich der Berufsfreiheit stellt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz den Ausgleich zwischen der freien Entscheidung des Einzelnen über seinen Beitrag zur gesellschaftlichen Gesamtleistung und den Notwendigkeiten einer staatlichen Ordnung des Berufs- und Wirtschaftslebens her (BVerfGE 7, 377 [397 f.]).
Wird die Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch andere Rechtsvorschriften geregelt (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) und richtet sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar oder mittelbar gegen diese Rechtsnormen, so müssen bei der Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auch das Wesen und die Wirkungsweise der rechtsetzenden Staatstätigkeit angemessen berücksichtigt werden. Durch Gesetze im materiellen Sinn wird regelmäßig eine Vielzahl von Personen betroffen; die individuelle Interessenlage des Beschwerdeführers kann nicht ohne weiteres zum Maßstab der dem Gemeinwohl insgesamt gegenüberzustellenden Einzelinteressen erhoben werden. Ein Gesetz, das die Berufsausübung regelt, ist vielmehr erst dann verfassungswidrig, wenn es bei der betroffenen Berufsgruppe generell das Übermaßverbot verletzt; es kann dann von jedem Angehörigen dieses Berufs mit dem Ziel angegriffen werden, die alle Angehörigen seines Berufs treffende Belastung zu beseitigen (vgl. etwa BVerfGE 14, 19 [24]; 17, 269 [274 ff.]).
Auf dieser Grundlage hat der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Maßstab für die Verfassungsmäßigkeit gesetzlicher Berufsausübungsregelungen folgende Bedeutung:
aa) Der Gesetzgeber darf die freie Berufsausübung nur im Interesse des Gemeinwohls und nur zur Lösung solcher Sachaufgaben beschränken, die ein Tätigwerden des Gesetzgebers überhaupt zu rechtfertigen vermögen und der Wertordnung des Grundgesetzes nicht widersprechen. Er muß den Eingriff in das Grundrecht mit sachgerechten und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls begründen können und darf seine Rechtsetzungsmacht nicht zu sachfremden Zwecken mißbrauchen (BVerfGE 7, 377 [405 ff.]; 23, 50 [56]).
bb) Das vom Gesetzgeber eingesetzte Mittel muß geeignet und erforderlich sein, um den erstrebten Zweck zu erreichen. Das Mittel ist geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann; es ist erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames aber das Grundrecht nicht oder doch weniger fühlbar einschränkendes Mittel hätte wählen können (BVerfGE 19, 330 [337]; 25, 1 [17 f.]).
cc) Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe muß die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt sein. Je empfindlicher die Berufsausübenden in ihrer Berufsfreiheit beeinträchtigt werden, desto stärker müssen die Interessen des Gemeinwohls sein, denen diese Regelung zu dienen bestimmt ist (BVerfGE 11, 30 [42 f.]; 13, 97 [104 f.]; 23, 50 [56]; 25, 1 [22]).
Legt man diese Maßstäbe an, so ergibt sich, daß das angefochtene Gesetz bei der gebotenen generellen Betrachtungsweise den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt.
Zu aa) Die mit dem Gesetz verfolgten wirtschaftspolitischen Ziele sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt hier der Beurteilungs- und Entschließungsfreiheit des Gesetzgebers nur äußerste Grenzen. Bei gesetzlichen Eingriffen in das Wirtschaftsleben ist es zunächst Sache des Gesetzgebers, auf der Grundlage seiner wirtschaftspolitischen Vorstellungen und Ziele und unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten des betreffenden Gebiets zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will. Auch bei der Prognose und Einschätzung gewisser der Allgemeinheit drohenden Gefahren, zu deren Verhütung der Gesetzgeber glaubt tätig werden und in die Freiheitsbereiche der Einzelnen eingreifen zu müssen, billigt ihm die Verfassung einen Beurteilungsspielraum zu, den er nur dann überschreitet, wenn seine Erwägungen so offensichtlich fehlsam sind, daß sie vernünftigerweise keine Grundlage für gesetzgeberische Maßnahmen abgeben können (BVerfGE 25, 1 [12, 17]).
Der Gesetzgeber hat sich zur Einführung der Bevorratungspflicht veranlaßt gesehen, weil wegen der zunehmenden Einfuhrabhängigkeit der deutschen Energieversorgung selbst vorübergehende Unterbrechungen bestimmter Einfuhrströme ernste wirtschaftliche Störungen verursachen könnten und zur kurzfristigen Überbrückung möglicher Versorgungsschwierigkeiten die Unterhaltung ständiger Mindestvorräte an den wichtigsten Erdölerzeugnissen unerläßlich sei. Die Erwägungen des Gesetzgebers werden durch die Präambel der EWG-Richtlinie vom 20. Dezember 1968 bestätigt, in welcher hervorgehoben ist, daß jede auch vorübergehende Schwierigkeit, die zu einem Rückgang der Lieferungen von Erdöl und Erdölerzeugnissen aus dritten Ländern führe, ernste Störungen in der Wirtschaftstätigkeit der Gemeinschaft verursachen könne, und daß deshalb zur Verhütung von Verknappungen bei unerwartet eintretenden Versorgungskrisen die Versorgungssicherheit der Mitgliedstaaten mit Erdöl und Erdölerzeugnissen durch die Bildung und Unterhaltung eines Mindestvorrats erhöht werden solle. Die allgemein bekannten Vorgänge und Entwicklungen auf den internationalen Mineralölmärkten in den letzten Jahren und Monaten haben die Richtigkeit der Vorstellungen von einer hier bestehenden potentiellen Gefahrenlage erkennen lassen. Es sind also sachliche und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls, die das Tätigwerden des Gesetzgebers veranlaßt haben. Er brauchte sich nicht darauf zu verlassen, daß die internationale Mineralölwirtschaft jede Krise ohne spürbare Versorgungsstörungen aus eigenen Kräften werde meistern können.
Auch der im Laufe der Gesetzgebungsarbeiten hervorgetretene Nebenzweck, die Struktur des Wettbewerbs auf dem Energiemarkt zu beeinflussen, insbesondere die Marktstellung des Steinkohlen- Bergbaus vor dem Wettbewerb der Heizölanbieter zu schützen, ist legitim und hält sich innerhalb der wirtschaftspolitischen Entschließungsfreiheit des Gesetzgebers. Es ist unerheblich, daß die amtliche Entwurfsbegründung diesen Gesetzeszweck noch nicht erwähnt. Bundesregierung und Bundestag haben sich öffentlich auch zu dieser Zielsetzung des Bevorratungsgesetzes bekannt (vgl. oben unter A II).
Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht gehindert, bei dem Erlaß wirtschaftslenkender Gesetze verschiedene Ziele nebeneinander zu verfolgen. Eine solche Koppelung von Gesetzeszwecken ist kein Mißbrauch gesetzgeberischer Befugnisse.
Zu bb) Die zur Verwirklichung der gesetzgeberischen Ziele eingesetzten Mittel sind geeignet und erforderlich, den angestrebten Zweck zu erreichen. Dabei dürfen die verschiedenen mit dem Gesetz verfolgten Zwecke nicht isoliert gesehen werden; die vom Gesetzgeber gewählten Gestaltungsmittel sind vielmehr zusammenschauend an Haupt- und Nebenzweck des Gesetzes zu messen.
Daß das vom Gesetzgeber gewählte Bevorratungssystem die Sicherheit der Energieversorgung erhöhen und mit seinen kostensteigernden Wirkungen den Wettbewerb des Erdöls dämpfen kann, liegt auf der Hand.
Auch bei der Prüfung, ob die getroffene Regelung zur Erreichung der gesetzgeberischen Ziele erforderlich ist, muß der Doppelzweck des Gesetzes beachtet werden: Eine die Freiheit der Betroffenen weniger beschränkende Alternativlösung müßte für die Erreichung beider Zielsetzungen sachlich dasselbe leisten, um vom Richter der vom Gesetzgeber gewählten entgegengestellt werden zu können. Dabei ist zu berücksichtigen, daß dem Gesetzgeber bei wirtschaftsordnenden Maßnahmen, die den Freiheitsspielraum für die wirtschaftlich tätigen Individuen einengen, hinsichtlich der Auswahl und technischen Gestaltung dieser Maßnahmen ein weiter Bereich des Ermessens zusteht; nicht jeder einzelne Vorzug einer anderen Lösung gegenüber der vom Gesetzgeber gewählten muß schon zu deren Verfassungswidrigkeit führen. Die sachliche Gleichwertigkeit zur Zweckerreichung muß vielmehr bei dem als Alternative vorgeschlagenen geringeren Eingriff in jeder Hinsicht eindeutig feststehen (BVerfGE 25, 1 [19 f.]).
Eine vollständige Übernahme der Vorratshaltung durch den Staat, die übrigens in keinem westeuropäischen Land vorgesehen ist, wäre für die Erreichung der gesetzgeberischen Ziele nicht gleichwertig. Abgesehen von den unwirtschaftlichen Aufwendungen für die Bereitstellung zusätzlicher Einrichtungen und neuer Anlagen, würde eine umfassende Staatsbevorratung zu unmittelbaren Interventionen des Bundes auf dem Energiemarkt in einem Umfang führen, der dem Gesetzgeber vom Standpunkt einer am Gedanken der freien unternehmerischen Initiative und des Wettbewerbs orientierten Wirtschaftspolitik aus als unerwünscht erscheinen konnte. Eine lediglich ergänzende Staatsbevorratung wird übrigens von der Bundesregierung erwogen (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage vom 11. Juni 1970 - BTDrucks. VI/941).
Die Beschwerdeführerinnen wenden sich in erster Linie dagegen, daß sie die Mindestvorräte an Erdölerzeugnissen ständig halten müßten, obwohl sie mit dem Hauptprodukt ihres Importes, dem leichten Heizöl, einen saisonal stark schwankenden Bedarf befriedigten, der eine nennenswerte Vorratshaltung nur in den Wintermonaten erfordere. Sie meinen, eine während des ganzen Jahres der Höhe nach gleichbleibende Vorratshaltung sei für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit ohne Sinn; sie würde nur dazu führen, daß in den Zeiten geringen Bedarfs ein unnötiger Vorratsüberfluß, in Zeiten hohen Bedarfs dagegen ein Vorratsmangel entstünde.
Die vorgeschriebene ständige Vorratshaltung trägt aber der Tatsache Rechnung, daß auch im Sommer bei plötzlichen Krisensituationen ungewöhnliche Nachfragesteigerungen durch sprunghaft einsetzende Lagerkäufe der Verbraucher eintreten können. Unter dem Sicherheitsaspekt leistet deshalb die gesetzliche Lösung mehr als die von den Beschwerdeführerinnen vorgeschlagene Alternative. Aber auch vom Nebenzweck des Gesetzes her gesehen wäre eine Anpassung der Vorratshaltung an die üblichen saisonalen Schwankungen der Bestände weniger wirksam. Diese Schwankungen treten in stärkerem Maße nur bei leichtem Heizöl auf, und nur denjenigen Unternehmen, die überwiegend dieses vertreiben, erscheint eine ständige gleichbleibende Vorratshöhe als besondere Last. Diese Besonderheit fällt für die Gesamtbevorratung nicht sonderlich ins Gewicht. Für den wettbewerbspolitischen Aspekt ist sie dagegen nicht ohne Bedeutung; gerade die Anbieter von leichtem Heizöl stehen bei den privaten Verbrauchern im substituierenden Wettbewerb mit der Steinkohle. Im übrigen verlangen sowohl die EWG-Richtlinie als auch die Regelungen anderer europäischer Länder eine ständige Vorratshaltung.
Weiter meinen die Beschwerdeführerinnen, durch eine Belastung anderer Unternehmen anstelle der unabhängigen Importeure wäre die Versorgungssicherheit besser gewährleistet. Die Unternehmensgruppe der unabhängigen Importeure sei nach ihrem Anteil an der Einfuhr, am Inlandsabsatz und an der tatsächlichen Vorratshaltung zu klein, als daß ihre Heranziehung zur Bevorratungspflicht für die Versorgungssicherheit einen nennenswerten Beitrag leisten könnte. Der Gesetzgeber könne sein Ziel mit weniger schweren Eingriffen wirksamer erreichen, wenn er statt der unabhängigen Importeure lagerhaltende Großhändler, Großverteiler und Großverbraucher sowie Lagerungsunternehmen zur Vorratshaltung heranziehe und damit die Vorratshaltung auch stärker dezentralisierte. Durch eine solche Lösung würden auch die in der amtlichen Statistik nicht erfaßten und vom Bevorratungsgesetz nicht berücksichtigten, nach der EWG- Richtlinie aber ebenfalls anrechenbaren erheblichen Bestände dieser Unternehmen herangezogen.
Die Heranziehung anderer Unternehmen als der Einführer und Hersteller könnte an sich als gesetzgeberisches Gestaltungsmittel für die Einführung einer Bevorratungspflicht von Mineralölerzeugnissen in Betracht kommen. Sie findet sich auch in anderen westeuropäischen Ländern, wenngleich die Mehrheit dieser Staaten ebenso wie die Bundesrepublik die Vorratspflicht an die Einfuhr von Mineralöl oder Mineralölerzeugnissen knüpft. Das von der Bundesregierung vorgelegte statistische Material zeigt jedoch, daß für die vom Gesetzgeber gewählte Lösung beachtliche, jedenfalls nicht eindeutig widerlegbare Gründe sprechen. Für die Anknüpfung an den Import spricht bereits die Erwägung, daß die Sicherheit der Energieversorgung gerade durch die Einfuhrabhängigkeit gefährdet ist. Zudem ist der Kreis der als Einführer vorratspflichtigen Unternehmer weiter als die Berufsgruppe der Importeure; er könnte schwerlich gleichwertig durch Unternehmen ersetzt werden, die Mineralöllager halten, ohne Erdölerzeugnisse einzuführen oder herzustellen. Die Herausnahme aller Mineralölimporthändler würde wegen des nicht unerheblichen Anteils dieser Unternehmen an der Einfuhr, am Inlandsabsatz und an der tatsächlichen Bevorratung von Erdölerzeugnissen eine spürbare Lücke ergeben, die jedenfalls nicht voll durch die von den Beschwerdeführerinnen vorgeschlagenen Unternehmen geschlossen würde. So käme eine Heranziehung der von den Beschwerdeführerinnen genannten Unternehmen allenfalls neben den Einführern in Betracht. Es läßt sich aber nicht beanstanden, wenn der Gesetzgeber wegen der von der Bundesregierung dargelegten verwaltungstechnischen Schwierigkeiten von dieser Erweiterung der Vorratspflicht abgesehen hat. Bezieht man andererseits auch den Nebenzweck des Gesetzes in die Betrachtung ein, so erscheint die vom Gesetzgeber gewählte Lösung zweckgerechter, da gerade von unmittelbaren Heizölimporten, die ohne nennenswerte Lagerung abgesetzt werden könnten, ein fühlbarer Substitutionswettbewerb zur Steinkohle ausginge.
Die Beschwerdeführerinnen sehen einen Verstoß gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit weiter darin, daß das Gesetz eine Bevorratungspflicht von Fertigerzeugnissen vorsieht. Sie meinen, als sachgerechter Anknüpfungspunkt für eine Bevorratungspflicht biete sich die Rohöleinfuhr und nicht die Einfuhr von Fertigprodukten an, weil die Importabhängigkeit der Bundesrepublik gerade auf den Rohöleinfuhren aus dem Nahen und Mittleren Osten beruhe, nicht aber auf den Einfuhren von Fertigerzeugnissen, die überwiegend aus westeuropäischen Ländern kämen. Die Versorgungslage mit Fertigprodukten sei auch insofern günstiger, weil die Bundesrepublik diese Erzeugnisse in nicht unerheblichem Maße exportiere. Durch Einführung einer Rohölbevorratung könnte die unzumutbare Belastung der Importeure gänzlich vermieden werden; ein Wettbewerbsvorsprung der importierten Fertigprodukte gegenüber den in den einheimischen Raffinerien hergestellten sei in diesem Falle nicht zu befürchten.
Eine ausschließliche Bevorratung von Rohöl würde von der Zielsetzung des Gesetzes her nicht eindeutig dasselbe leisten. Sollen die zu haltenden Vorräte auch bei kurzfristig auftretenden Versorgungsstörungen zur Verfügung stehen, so liegt die Vorratshaltung von Fertigerzeugnissen näher, die sofort auf den Markt gebracht werden können. Damit kann sprunghaft einsetzenden Nachfrage- und Preissteigerungen auf dem Mineralölmarkt unmittelbar und wirksam begegnet werden. Im übrigen wäre im Falle einer Krise die Versorgung mit Erdölerzeugnissen nicht weniger gefährdet als die Rohölversorgung; denn die aus Westeuropa eingeführten Fertigprodukte stammen letztlich aus denselben Rohölquellen, von denen die Importabhängigkeit des deutschen Marktes hauptsächlich ausgeht. Die Auffassung des Gesetzgebers wird dadurch gestützt, daß sowohl die Präambel und Art. 1 der EWG-Richtlinie als auch die meisten westeuropäischen Staaten die Vorratshaltung von Mineralölerzeugnissen bevorzugen oder jedenfalls als mit der Rohölbevorratung gleichrangig behandeln und daß sie die Bevorratung auch an die Einfuhr von Fertigprodukten knüpfen. Besonders deutlich wird die höhere Sachgerechtigkeit der gesetzgeberischen Lösung, wenn man den Nebenzweck des Gesetzes in die Betrachtung mit einbezieht: Die Freistellung eingeführter Mineralölprodukte wie Dieselkraftstoff und leichtes Heizöl würde den mit dem Gesetz verfolgten wettbewerbs- und strukturpolitischen Absichten zuwiderlaufen und den Wettbewerb durch Heizölimporte zusätzlich begünstigen.
Nach welchen Kriterien die gesetzlichen Vorratsmengen zu bemessen sind, ist eine Frage der technischen Ausgestaltung des Gesetzes, bei der der Gesetzgeber weitgehend freie Hand hat (BVerfGE 25, 1 [19 f.]). Bei einer an der Vorjahreseinfuhr statt am Vorjahresverbrauch bemessenen Bevorratungspflicht mag zwar der auf die Inlandsförderung von Rohöl entfallende Anteil am Inlandsverbrauch nicht berücksichtigt sein. Da die inländische Rohölförderung in Deutschland für die Versorgung des Energiemarktes keine erhebliche Bedeutung hat, kann aber die Art und Weise ihrer Berücksichtigung bei der Bemessung der Pflichtvorräte nicht zu so einschneidenden Mehr- oder Minderbelastungen der Importunternehmen führen, daß dieser Gesichtspunkt verfassungsrechtliche Bedeutung erhielte.
Zu cc) Bei der Gesamtabwägung zwischen den in Rede stehenden Freiheitsbeschränkungen und den Gemeinschaftsinteressen, denen die gesetzliche Regelung dienen will (BVerfGE 25, 1 [22]) sind ebenfalls Hauptzweck und Nebenzweck des Gesetzes gemeinsam zu würdigen. Die Sicherheit der Energieversorgung als Hauptzweck des Gesetzes ist ein Gemeinschaftsinteresse höchsten Ranges (vgl. BVerfGE 25, 1 [16]). Die ständige Verfügbarkeit ausreichender Energiemengen ist eine entscheidende Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der gesamten Wirtschaft. Es handelt sich hier um ein von der jeweiligen Politik des Gemeinwesens unabhängiges "absolutes" Gemeinschaftsgut (BVerfGE 13, 97 [107]). Daneben ist die Anpassung des deutschen Steinkohlenbergbaus an die veränderte Wettbewerbssituation auf dem Energiemarkt und die Sicherung dieses Anpassungsprozesses durch "flankierende Maßnahmen" von erheblicher wirtschaftspolitischer Bedeutung, die sich nicht allein aus dem wirtschaftlichen Gewicht des Steinkohlenbergbaus, sondern ebenso aus der allgemeinen sozialen und politischen Tragweite wirtschaftlicher Strukturveränderungen in diesem Bereich ergibt. Die überragende Bedeutung der Energiewirtschaft rechtfertigt an sich schon weiter gehende staatliche Interventionen, als sie auf anderen Wirtschaftsgebieten üblich und zulässig sind. Diese Auffassung vertritt auch die Kommission der Europäischen Gemeinschaften. In einem Schreiben an den Rat der Gemeinschaften vom 18. Dezember 1968 gelangt sie aufgrund umfassender Erwägungen über Ziele und Instrumente einer gemeinschaftlichen Energiepolitik zu der Folgerung: "Auch eine grundsätzlich wettbewerbsorientierte Energiepolitik kann ... nicht auf ein wirtschaftspolitisches Instrumentarium verzichten, das eine stärkere Überwachung und Beeinflussung des freien Spiels der Kräfte gestattet, als es für einen großen Teil der übrigen Wirtschaft angezeigt ist" (BTDrucks. V/3955 S. 4 unter III 10).
Das hiermit gekennzeichnete Gemeinwohlinteresse an einer geordneten und langfristig gesicherten Energieversorgung wiegt so schwer, daß der durch das Gesetz bewirkte Eingriff in die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Mineralölimporthändler - auf die es in diesem Zusammenhang allein ankommt - nicht unverhältnismäßig und unzumutbar erscheint.
Ergänzend ist noch auf folgendes hinzuweisen:
Die Bevorratung von Erdölerzeugnissen ist für Mineralölimporthändler keine schlechthin unternehmensfremde Tätigkeit. Ganz ohne Bevorratung können auch Importunternehmen ihre Wirtschaftstätigkeit nicht ausüben. Wie die Auskünfte der Bundesregierung ergeben haben, ist die tatsächliche Vorratshaltung durch Importeure - namentlich bei Dieselkraftstoff und leichtem Heizöl - nicht unbeträchtlich. Das Gesetz steigert die sich aus der Vorratshaltung ergebende Belastung nur quantitativ. Es kommt also lediglich darauf an, ob diese erhöhte Bevorratungsverpflichtung für die Gesamtheit der betroffenen Berufsgruppe zu einer ernsthaften, nach der besonderen Ausgestaltung des Gesetzes auch nicht vermeidbaren, die wirtschaftliche Existenz dieser Berufsgruppe gefährdenden Beeinträchtigung der Unternehmensrentabilität führt.
Grundsätzlich muß den durch die Auferlegung öffentlicher Lasten und Pflichten betroffenen Unternehmen zugemutet werden, die rentabilitätsmindernden Auswirkungen der Belastung durch geeignete betriebswirtschaftliche Maßnahmen so gering wie möglich zu halten. Ob ihnen das tatsächlich gelingt, hängt allerdings von verschiedenartigen und variablen wirtschaftlichen Faktoren ab, die von den betroffenen Unternehmen nicht immer beeinflußt werden können. Auch der Gesetzgeber kann diese Faktoren nicht in vollem Umfang übersehen oder beherrschen. Er kann deshalb auch von Verfassungs wegen nicht allgemein gehalten sein, die Möglichkeit, Rentabilitätsminderungen wirtschaftlich aufzufangen, durch positive Maßnahmen zu gewährleisten; es muß genügen, wenn er sie durch die Ausgestaltung des Gesetzes nicht verhindert. Eine allgemeine Pflicht des Gesetzgebers, die Adressaten öffentlicher Lasten durch positive Maßnahmen vor Rentabilitätsminderungen zu schützen, läßt sich dem Verfassungsrecht nicht entnehmen. Jedenfalls ist sie dort nicht anzuerkennen, wo - wie im vorliegenden Fall - die betroffenen Unternehmen ihre privatwirtschaftliche Tätigkeit von Anfang an auf ein Gebiet erstreckt haben, dem Gefahrensituationen, wie sie das Gesetz bewältigen will, von Natur aus nicht fremd sind. Wer sich aus freiem Entschluß auf dem Gebiet der Mineralöleinfuhr betätigt, muß angesichts der Importabhängigkeit und Krisenanfälligkeit der deutschen Mineralölwirtschaft mit staatlichen Maßnahmen rechnen, die ihn im Interesse der Allgemeinheit wirtschaftlich belasten. In gewissen Grenzen müssen ihm solche Opfer für das Gemeinwohl zugemutet werden.
Das Gesetz verhindert im übrigen nicht die Abwälzung der Bevorratungskosten über den Preis auf den Verbraucher. Zur Steuerüberwälzung hat das Bundesverfassungsgericht bereits ausgeführt, daß die Abwälzung auf den Preis ein wirtschaftlicher Vorgang ist und es letztlich von der Marktlage abhänge, ob dem Steuerzahler die Überwälzung gelinge; mehr als die durch Gesetz nicht gehinderte Möglichkeit der Steuerüberwälzung sei nicht zu fordern (BVerfGE 14, 76 [95 ff.]; 27, 375 [384]). Auf die Argumentation der Beschwerdeführerinnen, die Wettbewerbslage auf dem Mineralölmarkt gestatte den Importeuren keine Abwälzung der Bevorratungskosten, kommt es deshalb in diesem Zusammenhang nicht an; die situationsbedingte und prinzipiell variable Marktlage ist kein geeignetes Kriterium für die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes. Rechtliche Hindernisse für eine Abwälzung der Bevorratungskosten enthält das Gesetz jedenfalls nicht.
Schließlich hindert das Gesetz nicht die Übernahme der Bevorratung durch andere Unternehmen. Hierfür bieten die Bestimmungen des § 6 eine Reihe von Möglichkeiten, die auch mit dem Ziel ausgenützt werden können, die Kosten der Bevorratung möglichst niedrig zu halten und Rentabilitätsminderungen zu vermeiden. Nach Auskunft der Bundesregierung wird von diesen Möglichkeiten in nicht unbeträchtlichem Maße Gebrauch gemacht.
Es läßt sich sonach nicht feststellen, daß die Rentabilität der Unternehmen der Berufsgruppe der Mineralölimporthändler durch die Auferlegung der gesetzlichen Bevorratungspflicht im ganzen existenzgefährdend beeinträchtigt werde und daß das Gesetz keine Möglichkeit zu kostenabwehrenden unternehmerischen Maßnahmen biete.
d) Es bleibt zu prüfen, ob das Gesetz, das, wie gezeigt, hinsichtlich der Gesamtheit der Berufsgruppe der Mineralölimporthändler den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt, den strukturellen Unterschieden innerhalb der betroffenen Berufsgruppe, namentlich den besonderen Verhältnissen der unabhängigen Importeure, ausreichend Rechnung trägt.
Berufsausübungsregelungen können nicht nur dann verfassungswidrig sein, wenn sie in ihrer generellen Wirkung auf die betroffene Berufsgruppe den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzen. Sie müssen auch die Ungleichheiten berücksichtigen, die typischerweise innerhalb des Berufes bestehen, dessen Ausübung geregelt wird. Werden durch eine Berufsausübungsregelung, die im ganzen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, innerhalb der betroffenen Berufsgruppe nicht nur einzelne, aus dem Rahmen fallende Sonderfälle, sondern bestimmte, wenn auch zahlenmäßig begrenzte, Gruppen typischer Fälle ohne zureichende sachliche Gründe wesentlich stärker belastet, dann kann Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verletzt sein (vgl. BVerfGE 25, 236 [251]).
Die "unabhängigen Importeure", zu denen die Beschwerdeführerinnen gehören, bilden auf dem Mineralölmarkt eine nach gewissen objektiven Merkmalen abgrenzbare Unternehmensgruppe, die ein besonderes, sich aus der spezifischen Struktur dieser Unternehmen ergebendes Marktverhalten aufweist (vgl. oben A III 3). Diese Besonderheiten haben beispielsweise dazu geführt, daß die unabhängigen Importeure an den Abkommen über die Selbstbeschränkung der deutschen Mineralölwirtschaft beim Heizölangebot als selbständiger Partner beteiligt waren; ihnen war eine spezielle Absatzquote zugeteilt worden. Der Gesetzgeber hätte also erwägen müssen, ob die unabhängigen Importeure als besondere Unternehmensgruppe durch die Auferlegung der unentgeltlichen Bevorratungspflicht gegenüber den anderen Importunternehmen typischerweise stärker belastet werden.
Die Bundesregierung hatte ursprünglich selbst eine solche Benachteiligung für möglich gehalten und deshalb in § 7 Abs. 4 des Regierungsentwurfs eine Bestimmung vorgesehen, die der besonderen Situation der unabhängigen Importeure Rechnung tragen sollte. § 7 Abs. 4 des Regierungsentwurfs (BTDrucks. IV/ 3325) lautete:
"Einem Unternehmer, dessen Vorratspflicht ausschließlich auf der Einfuhr von Erdölerzeugnissen beruht, kann von der zuständigen Behörde auf Antrag gestattet werden, abweichend von § 2 Abs. 1 Nr. 1 nur diejenigen Mengen der dort bezeichneten Erdölerzeugnisse als Vorrat zu halten, die er im letztvergangenen Kalenderjahr durchschnittlich im Laufe eines Zeitraums von weniger als 45 Tagen, mindestens jedoch von 25 Tagen, eingeführt hat, wenn der Unternehmer
- weder unter dem beherrschenden Einfluß anderer vorratspflichtiger Unternehmer steht, noch auf sie einen solchen Einfluß auszuüben vermag und
- dadurch eine unzumutbare Beeinträchtigung seiner Wettbewerbsfähigkeit am Energieversorgungsmarkt erleiden würde, daß die nach § 2 zu haltende Vorratsmenge für ihn unverhältnismäßig hohe Betriebsaufwendungen mit sich bringt.
Der Bundesminister für Wirtschaft wird ermächtigt, zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Anwendung des Satzes 1 und zwecks Gewährleistung einer zutreffenden Übersicht über die Gesamtmenge der gehaltenen Vorräte durch Rechtsverordnung Vorschriften über das anzuwendende Verfahren, die zu stellenden Beweisanforderungen und die anzulegenden Beurteilungsmaßstäbe zu erlassen sowie den Zeitpunkt zu bestimmen, nach welchem Anträge auf Herabsetzung der im laufenden Kalenderjahr zu haltenden Vorratsmengen nicht mehr zulässig sind."
Zur Begründung war ausgeführt:
"Absatz 4 gestattet im Einzelfall bestimmten Einführern von Erdölerzeugnissen, die durch die Vorratshaltung besonders stark betroffen werden können, geringere Vorräte zu halten. Ziel dieser Bestimmung ist es, trotz der mit der Vorratshaltung verbundenen Belastung auch denjenigen Einführern von Erdölerzeugnissen ihre Marktstellung in der Energieversorgung zu erhalten, die bisher relativ geringe Vorräte gehalten haben." (BTDrucks. IV/3325 S. 9).
In seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf hielt es der Bundesrat für erforderlich, "volkswirtschaftlich unerwünschte Nebenwirkungen, insbesondere Wettbewerbsverzerrungen auf dem Energiemarkt" zu verhindern, und bemerkte unter diesem Gesichtspunkt zu § 7 Abs. 4, daß die dort vorgesehene "Bevorzugung für Nur-Importeure" einen "Anreiz zur Ausweitung des Importhandels gegenüber der Erzeugung im Inland" geben und damit zu "unerwünschten Wettbewerbsverschiebungen" führen könnte. Wenn eine differenzierende Behandlung überhaupt als erforderlich angesehen werde, sollten daher die Unterschiede in der Vorratshaltung möglichst gering angesetzt werden. Soweit dadurch für einzelne Unternehmer "unzumutbare Beeinträchtigungen der Wettbewerbsfähigkeit etwa durch unverhältnismäßig hohe Betriebsaufwendungen" eintreten sollten, sei ein Ausgleich durch Maßnahmen zur Senkung dieser Betriebsaufwendungen, äußerstenfalls durch den Einsatz öffentlicher Mittel, zu schaffen (BTDrucks. IV/3325 S. 11).
Die Bundesregierung hielt in ihrer Gegenäußerung an der vorgeschlagenen Regelung fest und führte aus, daß - abgesehen von grundsätzlichen wirtschaftspolitischen und haushaltsrechtlichen Bedenken gegen den Einsatz öffentlicher Mittel - durch zinsbegünstigte Kredite, staatliche Zuschüsse und ähnliche Maßnahmen eine elastische Anpassung der sich aus dem Gesetz ergebenden Belastungen an die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Vorratspflichtigen sich nicht erreichen lasse, andererseits aber den unterstützten Vorratspflichtigen auf lange Sicht dadurch sogar ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile verschafft werden könnten. Sie hob erneut hervor, daß § 7 Abs. 4 dazu dienen solle, den innerhalb eines speziellen Unternehmenskreises durch die Bevorratungspflicht bedingten Härten zu begegnen:
"Die Bestimmung des § 7 Abs. 4 soll vermeiden, daß in besonderen Einzelfällen Unternehmen durch die Vorratspflicht in ihrer Wettbewerbsfähigkeit unzumutbar beeinträchtigt werden. Solche unzumutbaren Beeinträchtigungen sind angesichts der wirtschaftlichen Lage und der derzeitigen Lagerkapazitäten einzelner Einführer von Erdölerzeugnissen bei der Durchführung des Gesetzes nicht auszuschließen.
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß dieser Tatbestand am besten durch die in § 7 Abs. 4 vorgesehene Herabsetzung der Vorratshöhe geregelt werden kann. Diese Regelung gibt die Möglichkeit, auf die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse im Einzelfall abzustellen und ihnen durch eine entsprechende Anpassung der Vorratshöhe an die wirtschaftliche Lage des Vorratspflichtigen im jeweiligen Kalenderjahr Rechnung zu tragen ...
... Die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 4 kann - wie oben ausgeführt - nur in besonders gelagerten Einzelfällen in Betracht kommen. Unerwünschte Wettbewerbsverschiebungen in dem Sinn, daß durch diese Bestimmung für Einführer von Erdölerzeugnissen ein Anreiz zur Ausweitung des Importhandels gegenüber der Erzeugung im Inland gegeben wäre, sind daher nicht zu befürchten. Aus dem gleichen Grunde dürfte auch eine Inanspruchnahme der Ermächtigung des § 20 in diesem Zusammenhang in aller Regel entbehrlich bleiben." (BTDrucks. IV/3325 S. 13)
Der Ausschuß für Wirtschaftspolitik des Bundestages hielt jedoch eine entlastende Bestimmung zugunsten bestimmter Importeure nicht für geboten und strich § 7 Abs. 4 des Regierungsentwurfs mit folgender Begründung:
"Die in § 7 Abs. 4 des Regierungsentwurfs vorgesehene teilweise Befreiung von der Vorratspflicht für den Fall unzumutbarer Beeinträchtigungen der Wettbewerbsfähigkeit wurde vom Ausschuß nicht gebilligt... Er vertrat die Auffassung, daß die vierjährige Übergangszeit selbst für diejenigen, die gegenwärtig über verhältnismäßig geringe Vorräte und Vorratslager verfügten, unerträgliche Härten ausschließe. Im übrigen widerspreche es dem Ziel des Gesetzes, das eine Minderung des Einfuhrrisikos verfolge, daß man bestimmten Einführern zum Nachteil der gesamten Mineralölversorgung geringere Mindestvorräte zugestehe. Wer es auf sich nehme, die Bevölkerung durch risikovollere, einfuhrabhängige Energie zu versorgen, müsse es - wie alle seine Mitkonkurrenten - in Kauf nehmen, in gleicher Weise zur Wahrung der Kontinuität der Versorgung bestimmte Mindestvorräte zu halten." (BTDrucks. IV/3429 S. 2)
Unverkennbar wird die Unternehmensgruppe der unabhängigen Importeure von der Auferlegung der unentgeltlichen Bevorratungspflicht härter getroffen als die zahlenmäßig größere Gruppe der übrigen Mineralölimporthändler, namentlich derjenigen, die von anderen Unternehmen der Mineralölwirtschaft oder des Montanbereiches - insbesondere von Großunternehmen - abhängig sind. Auf die Wettbewerbssituation der unabhängigen Importeure, die auf der Absatzseite im Konkurrenzkampf mit den Raffineriegesellschaften und internationalen Mineralölkonzernen stehen, wirken sich kostensteigernde Belastungen von vornherein stärker aus als auf abhängige Importunternehmen, die keine oder keine vergleichbare eigene Absatz- und Preispolitik treiben müssen und aufgrund ihrer speziellen Unternehmensbindungen über bessere Stützungsmöglichkeiten verfügen. Die geringere Kapitalkraft der überwiegend einstufig tätigen unabhängigen Importeure bewirkt bei ihnen auch eine größere Empfindlichkeit für Verschlechterungen ihrer Wettbewerbslage. Sie erschwert ihnen betriebswirtschaftlich die Anlage und ständige Unterhaltung größerer Vorräte. Auch können sie sich die in § 6 Abs. 1 des Gesetzes geregelten Möglichkeiten der Vorratshaltung durch andere Unternehmen - mit der Folge der Kostendegression - weniger leicht zunutze machen als die mit Großunternehmen, insbesondere den Raffineriegesellschaften verbundenen Importunternehmen, denen die Muttergesellschaften diese Last abnehmen können. So belief sich beispielsweise bei den beiden Gruppen von Importhändlern mit besonders umfangreicher Vorratshaltung von Dieselkraftstoff und leichtem Heizöl - den unabhängigen Importeuren und den von Raffineriegesellschaften abhängigen Importeuren - in den ersten Monaten seit dem Inkrafttreten der vollen Bevorratungspflicht am 1. Januar 1970 der Anteil der Fremdlagerungen auf 14 bis 18% bei den unabhängigen, auf 58 bis 65% bei den raffinerieabhängigen Importeuren.
Durch die einzige Härteregelung des Gesetzes - § 7 Abs. 2 - wird die strukturbedingte Sonderbelastung der unabhängigen Importeure nicht ausgeglichen. Nach dieser Vorschrift muß die zuständige Behörde einen vorratspflichtigen Unternehmer auf Antrag in angemessenem Umfang von der Vorratspflicht freistellen, wenn er "die Einfuhr oder die Herstellung der als Vorrat zu haltenden Erzeugnisse gegenüber dem für die Berechnung der Vorratsmengen maßgeblichen Zeitraum nicht nur vorübergehend erheblich eingeschränkt hat" oder wenn "die Erfüllung seiner Vorratspflicht infolge eines unabwendbaren Ereignisses in unzumutbarer Weise erschwert wird". Wie auch aus der Entwurfsbegründung hervorgeht (BTDrucks. IV/3325 S. 9), dient diese Bestimmung dazu, die Vorratspflicht erheblicheren Schwankungen des Geschäftsvolumens anzupassen; sie steht mit ihrer ersten Alternative in Zusammenhang mit § 7 Abs. 3, der umgekehrt nach einer erheblicheren Ausweitung des vorratspflichtigen Geschäftsvolumens auch eine entsprechende Erhöhung der Vorratsmengen vorsieht. Wortlaut, Zweck und Zusammenhang des § 7 Abs. 2 zeigen, daß diese Vorschrift für alle Unternehmen gilt und nur den tatsächlichen Geschäftsablauf durch entsprechende Anpassung der Vorratsmengen nachvollziehen soll. Die zweite Alternative, daß die Erfüllung der Vorratspflicht "infolge eines unabwendbaren Ereignisses" unzumutbar erschwert ist, schließt die Berücksichtigung struktureller und betriebsbedingter Härtefälle und Schwierigkeiten bei der Erfüllung der Vorratspflicht geradezu aus.
Eine analoge Anwendung des § 131 der Reichsabgabenordnung (AO) auf die Pflicht zur Bevorratung von Erdölerzeugnissen kann nicht in Betracht kommen, da § 131 AO jedenfalls keinen über den Bereich der öffentlich-rechtlichen Geldleistungspflichten hinausweisenden Rechtsgrundsatz aufstellt. Aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3) folgt vielmehr, daß die zuständigen Behörden verpflichtet sind, die nach dem Gesetz entstandenen Leistungsansprüche geltend zu machen, sobald die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen (BVerfGE 25, 216 [228]). Jede Ausnahme von diesem Grundsatz bedarf einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung.
Es läßt sich also nicht ausschließen, daß bei einer zwar zahlenmäßig kleinen, aber nach typischen Merkmalen deutlich abgrenzbaren Gruppe von Unternehmen die Pflicht zur ständigen Vorratshaltung zu einer ungleich fühlbareren wirtschaftlichen Belastung führt, ohne daß das Gesetz die Möglichkeit böte, diese Belastung auf ein zumutbares Maß zu begrenzen. Dem Gesetzgeber stünden hierfür verschiedene Mittel zur Verfügung, bei deren Auswahl er auch Vorsorge dagegen treffen könnte, daß sich die Härteregelung nicht als Anreiz zur Umgehung der grundsätzlichen Bevorratungspflicht auswirkt. Er wäre nicht unbedingt gezwungen, eine dem § 7 Abs. 4 des Gesetzentwurfs entsprechende Vorschrift zu erlassen; neben den bereits im Gesetzgebungsverfahren erörterten Maßnahmen käme etwa auch die Verlängerung der Übergangsperiode (§ 21 des Gesetzes) jedenfalls für die bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits tätigen Unternehmen in Betracht. Dadurch, daß das Gesetz keine Möglichkeit vorsieht, diese Sonderfälle angemessen zu berücksichtigen, sie vielmehr unterschiedslos der allgemeinen Regelung unterwirft, insoweit also in einer das Gerechtigkeitsgefühl nicht befriedigenden Weise "Ungleiches gleich" behandelt, ist bei der in dem angefochtenen Gesetz enthaltenen Berufsausübungsregelung Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG verletzt worden.
Freilich steht noch nicht fest, ob, wenn der Gesetzgeber einen Härteausgleich in der angedeuteten Richtung vorsieht, gerade die Beschwerdeführerinnen an ihm teilhaben können; das hängt von der individuellen Entwicklung ihrer Unternehmen ab, die sich jetzt noch nicht übersehen läßt. Es kann den Beschwerdeführerinnen aber nicht zugemutet werden, eine Grundrechtsverletzung erst nach dem Eintreten einer existenzbedrohenden Situation geltend zu machen, wenn bereits feststeht, daß ihr nach der gegenwärtigen Fassung des Gesetzes nicht abgeholfen werden könnte; bis zu einer Gesetzesänderung könnten dann den Beschwerdeführerinnen nicht wiedergutzumachende Schäden entstehen. Schon die Tatsache, daß das Gesetz die Beschwerdeführerinnen in eine Lage bringt, die eine - im Verhältnis zu den Konkurrenten - unverhältnismäßig schwere Belastung und damit eine einschneidende Verschlechterung ihrer Wettbewerbslage nicht ausgeschlossen erscheinen läßt, ohne irgendeine Möglichkeit des Ausgleichs vorzusehen, beeinträchtigt die Grundrechtsposition der Beschwerdeführerinnen aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Da allein der Gesetzgeber zu entscheiden hat, auf welchem Wege er die Gleichheit herstellen will, ist das Bundesverfassungsgericht auf die Feststellung der Grundrechtsverletzung beschränkt.
3.
Ob der Gleichheitssatz auch oder sogar erst recht dadurch verletzt wird, daß die unabhängigen Importeure mit ihrer Einbeziehung in die Vorratspflicht auch gegenüber den als Hersteller vorratspflichtigen Unternehmen benachteiligt werden, bedarf bei dieser Sachlage keiner Entscheidung mehr.
4.
Das Grundrecht der Beschwerdeführerinnen aus Art. 14 GG wird durch die Auferlegung der Bevorratungsverpflichtung nicht berührt.
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Regelung der Berufsausübung auch die Eigentumsgarantie berühren kann, ist noch nicht allgemein entschieden (vgl. BVerfGE 17, 232 [248]; 22, 380 [386]). Sie ist grundsätzlich unter dem Gesichtspunkt zu beurteilen, welche Freiheitsbereiche von beiden Grundrechten geschützt werden. Wie das Bundesverfassungsgericht in BVerfGE 7, 377 (397) ausgeführt hat, schützt Art. 12 Abs. 1 GG die Freiheit des Bürgers, jede Tätigkeit, für die er sich geeignet glaubt, als Beruf zu ergreifen, d. h. zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen und damit seinen Beitrag zur gesellschaftlichen Gesamtleistung selbst zu bestimmen. Das Grundrecht der Berufsfreiheit ist also in erster Linie persönlichkeitsbezogen. Es konkretisiert das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (BVerfGE 1, 264 [274]; 19, 330 [336 f.]) im Bereich der individuellen Leistung und Existenzerhaltung. Das Grundrecht der Berufsfreiheit ist in hohem Maße "zukunftsgerichtet".
Dem Eigentum kommt im Gefüge der Grundrechte die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sicherzustellen und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen (BVerfGE 24, 367 [389]). Die Gewährleistung des Eigentums ergänzt insoweit die Handlungs- und Gestaltungsfreiheit (BVerfGE 14, 288 [293]), indem sie dem Einzelnen vor allem den durch eigene Arbeit und Leistung erworbenen Bestand an vermögenswerten Gütern anerkennt. Mit dieser "objektbezogenen" Gewährleistungsfunktion schützt Art. 14 Abs. 1 GG jedoch nur Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen (BVerfGE 20, 31 [34]), insbesondere schützt er keine Chancen und Verdienstmöglichkeiten (BVerfGE 28, 119 [142]). Daraus folgt auch die grundsätzliche Abgrenzung zu Art. 12 Abs. 1 GG: Art. 14 Abs. 1 GG schützt das Erworbene, das Ergebnis der Betätigung, Art. 12 Abs. 1 GG dagegen den Erwerb, die Betätigung selbst (Wittig, Bundesverfassungsgericht und Grundrechtssystematik, Festschrift für Gebhard Müller, 1970, S. 575 ff. [590]). Greift somit ein Akt der öffentlichen Gewalt eher in die Freiheit der individuellen Erwerbs- und Leistungstätigkeit ein, so ist der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG berührt; begrenzt er mehr die Innehabung und Verwendung vorhandener Vermögensgüter, so kommt der Schutz des Art. 14 GG in Betracht.
Die nach § 1 des Gesetzes vorratspflichtigen Unternehmer werden durch das Gesetz zur Pflichtbevorratung herangezogen, weil sie Erdölerzeugnisse einführen oder aus eingeführtem Erdöl herstellen, also bestimmte erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten ausüben. Die Pflicht zur Vorratshaltung trifft sie in ihrer Eigenschaft als Unternehmer, nicht in ihrer Eigenschaft als Eigentümer eines Unternehmens. Indem das Gesetz den Betroffenen ein bestimmtes wirtschaftliches Verhalten zur Pflicht macht, regelt es ihre gewerbliche Tätigkeit, nicht die Ausübung von Eigentümerbefugnissen. Mögen die so in den Dienst staatlicher Aufgabenerledigung gestellten Privaten ihre Pflichten auch nur mit den persönlichen und sachlichen Kräften ihrer Unternehmen erfüllen können, so handelt es sich doch bei der Bevorratung von Erdölerzeugnissen um eine Inanspruchnahme spezifischer Unternehmerfunktionen und nicht um einen Zugriff auf das sachliche Substrat des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs.
Es kann dahingestellt bleiben, ob (auch) der Schutzbereich des Art. 14 GG berührt wäre, wenn die einem Unternehmen auferlegten Handlungspflichten so weit gingen, daß sie sich im wirtschaftlichen Ergebnis als Eingriff in die Substanz des Gewerbebetriebs darstellten. Ein solcher Fall liegt, wie dargelegt, nicht vor.
5.
Eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Grundsätzlich kann sich der Einzelne bei Eingriffen der öffentlichen Gewalt nur auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen, soweit seine Freiheit in dem betroffenen Lebensbereich unter dem gleichen Gesichtspunkt nicht bereits durch eine besondere Grundrechtsnorm geschützt wird. Dies gilt insbesondere im Bereich der Berufsfreiheit (BVerfGE 9, 73 [77] und 338 [343]; 21, 227 [234]).
Dr. Müller, Dr. Stein, Ritterspach, Der Richter Dr. Böhmer ist im Urlaub, Dr. Haager, Rupp-v. Brünneck, Dr. Müller, Dr. Brox, Dr. Simon