BVerfG, 04.05.1971 - 1 BvR 636/1968
1. Das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistet jedermann - auch einem Ausländer - die Freiheit, die Ehe mit einem selbst gewählten Partner einzugehen (Eheschließungsfreiheit).
2. Die Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechts und die Anwendung des durch sie berufenen ausländischen Rechts im Einzelfall sind an den Grundrechten zu messen.
3. a) Art. 13 Abs. 1 EGBGB Art. 13 Abs. 1, wonach die Ehefähigkeit jedes Verlobten nach seinem Heimatrecht zu beurteilen ist, verstößt nicht gegen Art. 6 Abs. 1.
b) Art. 6 Abs. 1 GG ist verletzt, wenn einem Spanier, der eine Deutsche heiraten will, deren frühere Ehe mit einem Deutschen durch ein deutsches Gericht geschieden worden ist, die Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses verweigert wird, weil das spanische Recht diese Ehescheidung nicht anerkennt.
Beschluß
des Ersten Senats vom 4. Mai 1971
-- 1 BvR 636/68 --
in dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde 1. des Herrn Jose Castello G..., 2. der Frau Hilde L... ... gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. September 1968 - 15 VA 4/67 -.
Entscheidungsformel:
1. Der Beschluß des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. September 1968 - 15 VA 4/67 - verletzt das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob es mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar ist, wenn deutsche Behörden und Gerichte einem Ausländer und einer durch ein deutsches Gericht geschiedenen deutschen Staatsangehörigen die Eheschließung verwehren, weil der Heimatstaat des ausländischen Verlobten die Scheidung nicht anerkennt.
A.
I.
1.
Die Beschwerdeführer wollen einander heiraten. Der Beschwerdeführer, der bisher noch nicht verheiratet war, ist spanischer Staatsangehöriger; er lebt seit 1962 in der Bundesrepublik Deutschland. Er war Mitglied der katholischen Kirche, hat jedoch 1967 seinen Austritt erklärt. Die Beschwerdeführerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie war früher mit einem deutschen Staatsangehörigen verheiratet, der ebenso wie sie dem evangelischen Bekenntnis angehört. Diese - nur standesamtlich geschlossene - Ehe wurde durch Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 20. Januar 1965 rechtskräftig geschieden.
2.
Da die spanischen Behörden keine Ehefähigkeitszeugnisse ausstellen, beantragte der Beschwerdeführer, ihm gemäß § 10 Abs. 2 des Ehegesetzes vom 20. Februar 1946 (KRABl. S. 77) in der Fassung des Familienrechtsänderungsgesetzes vom 11. August 1961 (BGBl. I S. 1221) Befreiung von der Beibringung des Ehefähigkeitszeugnisses zu erteilen. Der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm lehnte den Antrag ab. Das vom Beschwerdeführer angerufene Oberlandesgericht Hamm erklärte den Ablehnungsbescheid des Oberlandesgerichtspräsidenten für rechtmäßig und begründete dies im wesentlichen wie folgt:
Nach Art. 13 Abs. 1 EGBGB seien etwaige Ehehindernisse, besonders auch das Ehehindernis der Doppelehe, für jeden der Verlobten nach seinem Heimatrecht zu beurteilen. Hinsichtlich des Beschwerdeführers sei daher das spanische Recht maßgebend. Dieses kenne zwei Arten von Ehen (Art. 42 C"digo Civil vom 24. Juli 1889 mit zahlreichen Änderungen): die kanonische Ehe, die vorgeschrieben sei, wenn auch nur einer der Eheschließenden der katholischen Kirche angehöre, und die bürgerliche Ehe. Gleichviel, welche Art der Eheschließung hier in Betracht komme, stehe der beabsichtigten Ehe die frühere Ehe der deutschen Verlobten entgegen (vgl. Art. 51 und Art. 83 Nr. 5 C"digo Civil). Ein Spanier könne auch im Ausland keine gültige Ehe eingehen, wenn einer der Verlobten in einer nach kanonischem Recht gültig geschlossenen Ehe lebe. Die frühere Ehe der Beschwerdeführerin sei nach kanonischem Recht gültig zustande gekommen, weil für Ehen zwischen Nichtkatholiken nach Canon 1099 § 2 des Codex iuris canonici die sogenannte tridentinische Form der Eheschließung nicht erforderlich sei, sondern auch eine andere Form der Eheschließung genüge. Diese Ehe sei nach kanonischem Recht trotz der rechtskräftigen Scheidung durch ein deutsches Gerichtsurteil bestehengeblieben; das spanische Recht, das auch die Scheidung von bürgerlichen Ehen nicht zulasse, versage jeder ausländischen Ehescheidung als dem spanischen ordre public widersprechend seine Anerkennung. Danach begründe die frühere Ehe der Beschwerdeführerin das Ehehindernis des Ehebandes, das sich als Doppelverbot nach kanonischem wie nach deutschem bürgerlichem Recht in gleicher Weise gegen beide Verlobte richte. Eine solche Anwendung spanischen Rechts verstoße weder gegen Art. 30 EGBGB noch gegen Normen des Grundgesetzes.
3.
Zur weiteren Begründung seiner Entscheidung hat sich das Oberlandesgericht auf seine eigene frühere Rechtsprechung (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1963, S. 566 und FamRZ 1968, S. 389) und auf den Bundesgerichtshof berufen, der sich angesichts der Divergenzen zwischen mehreren Oberlandesgerichten in zwei Beschlüssen vom 12. Februar 1964 (BGHZ 41, 136 und IV AR [VZ] 40/63 - unveröffentlicht -) für die Auffassung der Oberlandesgerichte Hamm, Celle (NJW 1962, S. 2012 = FamRZ 1963, S. 91), Karlsruhe (Die Justiz 1962, S. 291) und München (NJW 1963, S. 2233) entschieden hat. Der durch den erstgenannten Beschluß des Bundesgerichtshofs entschiedene Fall entsprach dem hier zugrunde liegenden Sachverhalt - ausgenommen die Religionszugehörigkeit des antragstellenden Spaniers. Der Bundesgerichtshof erkannte dahin, daß trotz der Scheidung der früheren Ehe der deutschen Verlobten durch ein deutsches Gericht die begehrte Befreiung von der Beibringung eines Ehefähigkeitszeugnisses nicht erteilt werden könne, und begründete dies unter anderem wie folgt:
Art. 13 EGBGB stelle sicher, daß die beabsichtigte Ehe in den Lebensbereichen der künftigen Ehegatten, vor allem im Heimatstaat des ausländischen Ehegatten, als vollgültig anerkannt werde. Damit werde vermieden, daß Ehen geschlossen würden, von denen sich der ausländische Ehegatte jederzeit lösen könne, wenn er in sein Heimatland zurückkehre und sich darauf berufe, daß die Ehe nach dem dortigen Recht ungültig sei. Die Vorschrift schütze den deutschen Partner, der durch die Eingehung der Ehe in eine rechtlich schwierige Lage kommen könne, besonders auch bei einer gemeinsamen Übersiedlung in den Heimatstaat des ausländischen Ehegatten. So könnten namentlich die erbrechtliche Stellung des deutschen Ehegatten an einem ausländischen Nachlaß seines Partners oder das Erbrecht und die Unterhaltsansprüche der aus der Ehe hervorgegangenen Kinder gefährdet werden. Im Hinblick auf diesen Schutzgedanken verweise das deutsche Recht auf das ausländische Recht und nehme damit Folgerungen hin, die an sich unserer Rechtsordnung fremd seien. Die erstrebte Anerkennung der Ehe im Heimatstaat des ausländischen Verlobten sei aber nur dann gewährleistet, wenn auch die Frage der Gültigkeit der früheren Ehe eines der Verlobten und ihres Fortbestandes nach ausländischem Recht beurteilt werde.
Art. 30 EGBGB stehe einer Anwendung des spanischen Rechts nicht entgegen. Die Anwendung ausländischer Bestimmungen, die auf der Vorstellung der Unauflöslichkeit des Ehebandes beruhten, verstoße weder gegen die guten Sitten noch gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes. Ein solcher Verstoß könne auch nicht mit dem Hinweis auf die Rechtskraftwirkung eines zwischen deutschen Staatsangehörigen ergangenen Scheidungsurteils begründet werden. Da der deutsche Gesetzgeber im Interesse des deutschen Ehegatten fremdes Recht als für den deutschen Richter verbindlich erkläre, erleide die deutsche Rechtsprechung keinen Prestigeverlust, wenn sich die Autorität des Scheidungsurteils an den vom materiellen Recht gezogenen Grenzen breche.
Die nach Art. 13 Abs. 1 EGBGB gebotene Anwendung des spanischen Rechts verstoße weder gegen die Art. 12 und 14 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch widerspreche sie dem Grundgesetz. Die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit in Art. 13 Abs. 1 EGBGB sei mit Art. 3 Abs. 3 GG vereinbar; ebensowenig liege ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 GG vor. Das Grundrecht auf Freiheit der Eheschließung könne nur im Rahmen der Gesetze ausgeübt werden, zu denen auch die von unserem Kollisionsrecht bezeichnete fremde Rechtsordnung gehöre. Wenn diese Gesetze eine nach ihrer Auslegung vorliegende Doppelehe versagten, werde damit kein Grundrecht in seinem Wesensgehalt im Sinne des Art. 19 Abs. 2 GG angetastet. Die Grundsätze des Grundgesetzes, denen auch das deutsche Internationale Privatrecht unterliege, seien nicht schon dann verletzt, wenn die Kollisionsnorm bei Sachverhalten mit Auslandsbeziehung auf die ausländische Rechtsordnung verweise und diese andere oder gar strengere Vorschriften über das Bestehen von Ehehindernissen irgendwelcher Art enthalte. Sollten die Wirkungen einer Rechtshandlung, wie hier der Eheschließung, über den Geltungsbereich des Grundgesetzes hinausgehen, so könnten dessen Grundsätze, wie z.B. das Recht auf freie Eheschließung, möge es auch für alle Menschen gelten, nicht entgegen dem ausländischen Recht zur Anwendung kommen. In einem solchen Fall wären auch bei starker Inlandsbeziehung die ausländischen Normen nicht am deutschen Verfassungsrecht zu messen.
4.
Wie aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs selbst hervorgeht, sind die dort behandelten Rechtsfragen in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten (vgl. die umfangreichen Nachweise bei Kegel in Soergel-Siebert, BGB, Bd. VII, 10. Aufl. 1970, Art. 13 EGBGB Anm. 20 mit Fußn. 4). Während eine Reihe juristischer Autoren und überwiegend die Rechtsprechung mit der Auffassung des Bundesgerichtshofs im Ergebnis und weitgehend auch in der Begründung übereinstimmen,
vgl. u.a. Gamillscheg, JZ 1963, S. 22 ff. und RabelsZ 33 (1969), S. 654 ff. (693 ff.); Henrich, NJW 1964, S. 2015 f.; Makarov, Revue critique de droit international priv 56 (1967), S. 643 ff. (661 ff.); Neuhaus, u.a. FamRZ 1964, S. 609 ff.; Neumayer, RabelsZ 20 (1955), S. 66 ff. (74 ff.),
hat diese von anderer Seite Kritik erfahren.
Die Gegner vertreten überwiegend die Ansicht, der Fortbestand der geschiedenen Ehe richte sich von vornherein nach deutschem Recht. Dies wird zum Teil darauf gestützt, daß die Frage der Rechtswirkung eines deutschen Scheidungsurteils nicht nach deutschem Internationalem Privatrecht, sondern nach deutschem Internationalem Verfahrensrecht zu beantworten sei, das seinerseits auf das deutsche Prozeßrecht verweise; hiernach löse ein Scheidungsurteil kraft seiner Gestaltungskraft die Ehe mit Wirkung für und gegen jedermann auf,
vgl. u.a. Kegel-A. Lüderitz, FamRZ 1964, S. 57 ff.; Dehner, NJW 1963, S. 2201 f. (2202); Klaus Müller, ZZP 79, 1966, S. 199 ff. (228 ff., 235 ff.); s.a. Dieckmann. JuS 1966. S. 99 ff. (102 f.).
Zum Teil wird die Gegenansicht auch damit begründet, daß die bei der Prüfung des Ehehindernisses der Doppelehe im spanischen (kanonischen) Recht aufgeworfene Frage, ob die deutsche Verlobte noch als verheiratet anzusehen ist, nicht ebenfalls nach spanischem Recht beantwortet werden dürfe (sogenannte unselbständige Anknüpfung), sondern eine selbständige, nicht durch Art. 13 Abs. 1 EGBGB erfaßte Vorfrage darstelle, die nach dem Recht beurteilt werden müsse, das für die Scheidung maßgebend sei, also hier nach deutschem Recht (sogenannte selbständige Anknüpfung). Nur auf diese Weise werde gesichert, daß die inländischen Behörden und Gerichte die in verschiedenen Zusammenhängen auftauchende Frage nach dem Fortbestand der früheren Ehe einheitlich beurteilten,
vgl. OLG Braunschweig, FamRZ 1963, S. 569; Blanke, FamRZ 1963, S. 93; Dieckmann, JuS 1966, S. 103; Kegel-A. Lüderitz, FamRZ 1964, S. 59 f.
Einige Gerichte und Autoren sind der Ansicht, die Anwendung des konfessionell bestimmten spanischen Rechts verstoße gegen den deutschen ordre public (Art. 30 EGBGB) oder sei mit dem Grundgesetz, besonders mit Art. 6 Abs. 1 GG, nicht vereinbar,
vgl. OLG Stuttgart, Die Justiz 1963, S. 34 f.; Dieckmann, JuS 1966, S. 104 ff.; Fischer, NJW 1964, S. 1323 f.; Stöcker, u.a. StAZ 1968, S. 33 ff.; Wengler, JZ 1964, S. 621 ff. [622 f.]).
5.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (s.a. BGHZ 46, 87) veranlaßte die Mitglieder des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages, in der IV. und V. Legislaturperiode einen Gesetzentwurf zur Änderung des Art. 13 EGBGB einzubringen (vgl. BTDrucks. IV/3088 und V/359). Entsprechend einem Vorschlag der Eherechtskommission des Deutschen Rates für Internationales Privatrecht sollte vorgeschrieben werden, daß eine durch ein deutsches Gericht rechtskräftig geschiedene Ehe einer erneuten Eheschließung auch dann nicht entgegensteht, wenn das Urteil in einem ausländischen Staat nicht anerkannt wird. Die Beratung des Entwurfes wurde zurückgestellt, um einer Neuregelung auf internationaler Ebene nicht vorzugreifen. So haben sowohl die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht wie die Internationale Zivilstandskommission (CIEC) unter Beteiligung von Vertretern der Bundesrepublik in den letzten Jahren Abkommen ausgearbeitet, welche die Vertragsstaaten zur gegenseitigen Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen verpflichten und zugleich ausschließen sollen, daß die Wiederheirat nach Scheidung verweigert wird, weil das Recht eines Drittstaates die Lösung der früheren Ehe nicht anerkennt (vgl. Simitis, RabelsZ 33 [1969], S. 30 ff. [57 f.]; Kegel, a. a. O., Art. 17 Anm. 129).
6.
Die meisten westeuropäischen Staaten lassen ebenso wie die USA in vergleichbaren Fällen die Eheschließung ohne Rücksicht auf das scheidungsfeindliche Heimatrecht eines Verlobten zu (vgl. Ficker, Festschrift Nipperdey, 1965, Bd. I, S. 297 ff. [309 ff.]; Neumayer, RabelsZ 20 [1955], S. 77 ff. m. weit. Nachw.); hierzu gehört auch Dänemark. Daher haben in der Bundesrepublik lebende Ausländer in den letzten Jahren häufig den Ausweg gewählt, das deutsche Verbot durch eine Eheschließung in Dänemark, besonders in der grenznahen Stadt Tondern zu umgehen. Die rechtliche Wirkung dieser sogenannten "Tondernehen" ist umstritten. Die deutsche Praxis betrachtet sie zum Teil als vollgültig, überwiegend jedoch als nichtig, d.h. als gültig, solange sie nicht durch Urteil für nichtig erklärt worden sind (vgl. Luther, RabelsZ 34 [1970], S. 679 ff.; Christof Böhmer, StAZ 1969, S. 85 ff. m. weit. Nachw.).
II.
1.
Die Beschwerdeführer haben gemeinsam Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. September 1968 erhoben und tragen vor:
Der Beschluß verstoße gegen Art. 6 Abs. 1 GG, weil er sie in der freien Wahl des Ehepartners beeinträchtige. Bei einer grundgesetzkonformen Anwendung des Art. 13 EGBGB hätte das Oberlandesgericht die Frage, ob die frühere Ehe der Beschwerdeführerin noch fortbestehe, allein nach deutschem Recht beurteilen und damit verneinen müssen.
Art. 3 Abs. 3, Art. 4 Abs. 1, Art. 33 Abs. 3 sowie Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 136 Abs. 2 der Weimarer Reichsverfassung seien verletzt, weil die Entscheidung den Beschwerdeführern aus religiösen, rechtlich nicht relevanten Gründen sittliche Fesseln auferlege und nachteilige Folgen aus ihrer Religionszugehörigkeit ziehe. Der Verstoß gegen die Pflicht des Staates zur Neutralität in Fragen der Religion führe zudem zu einem widersinnigen Ergebnis: Wäre die Beschwerdeführerin katholisch, so wäre ihre frühere Ehe - da nur standesamtlich geschlossen - im Sinne des katholischen Kirchenrechts nicht gültig und stünde der Heirat mit dem Beschwerdeführer nicht entgegen.
Soweit das Oberlandesgericht sich für seine Rechtsanwendung auf den Schutz des deutschen Ehepartners berufe, liege hierin eine Einmischung in die innersten Beziehungen der zukünftigen Ehegatten, die mit Art. 2 Abs. 1 GG unvereinbar sei. Das Gericht müsse es den Ehegatten selbst überlassen, ob sie in Zukunft an ihrer Ehe festhalten wollten; die Beschwerdeführer gingen bewußt das mit der Eheschließung wegen des spanischen Rechts verbundene Risiko ein. Schließlich untergrabe es die staatliche Autorität, wenn Heiratswillige gezwungen würden, das deutsche Verbot durch eine Eheschließung im Ausland zu umgehen.
2.
Der Bundesminister der Justiz, der sich namens der Bundesregierung geäußert hat, hält die Verfassungsbeschwerde für begründet und führt hierzu aus:
Zwar könne es nicht schlechthin als unangemessen angesehen werden, wenn sich die Rechtsprechung bei der Wahl zwischen zwei gleich unwillkommenen Rechtsfolgen - einer im Heimatstaat des ausländischen Ehegatten nicht anerkannten, "hinkenden" Ehe oder der Versagung der Eheschließung - für das letztere entscheide. Diese Entscheidung entspreche einem der Postulate des Art. 6 Abs. 1 GG, nämlich der Aufgabe des Staates, die Ehe vor Beeinträchtigungen zu bewahren, wenngleich ein weiteres wichtiges Postulat derselben Verfassungsvorschrift, nämlich die Freiheit der Eheschließung, vernachlässigt werde. Es gehe auch nicht an, das über Art. 13 Abs. 1 EGBGB im Inland anzuwendende ausländische Recht an der deutschen Verfassung zu messen, da es trotz der Berufung durch die deutschen Kollisionsnormen nicht in die deutsche Rechtsordnung inkorporiert werde.
Jedoch liege hier ein Ausnahmefall vor, in dem das Postulat des Schutzes der Ehe gegenüber dem Recht auf freie Eheschließung zurücktreten und das ausländische Recht gemäß Art. 30 EGBGB ausgeschlossen werden müsse. Es sei unvereinbar mit den im deutschen Volk herrschenden und dem Art. 6 Abs. 1 GG zugrunde liegenden sozialen Anschauungen, die Rechtsfolgen der Scheidung der deutschen Verlobten nach der spanischen Rechtsordnung zu bestimmen, obwohl diese durch die Scheidung einer Ehe zwischen deutschen Staatsangehörigen nach deutschem Recht in keiner Weise berührt werde.
B.
Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig, auch soweit sie von der Beschwerdeführerin eingelegt ist. Zwar war die Beschwerdeführerin am Ausgangsverfahren vor dem Oberlandesgericht Hamm nicht beteiligt; sie wird aber durch die gegenüber dem Beschwerdeführer ergangene Entscheidung nicht nur mittelbar oder faktisch, sondern unmittelbar und rechtlich betroffen (vgl. BVerfGE 15, 256 [262 f.]; s. a. 21, 132 [136]). Wenn einer der Verlobten durch staatlichen Akt an der beabsichtigten Eheschließung gehindert wird, so trifft der hierin liegende Eingriff beide Verlobte.
C.
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die angefochtene Entscheidung verletzt die Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1 GG.
I.
1.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält Art. 6 Abs. 1 GG sowohl ein klassisches Grundrecht auf Schutz vor Eingriffen des Staates wie eine Institutsgarantie wie auch eine wertentscheidende Grundsatznorm für das gesamte Ehe- und Familienrecht (BVerfGE 6, 55 [71 ff.]; 24, 119 [135]). Wie die Entscheidung vom 7. Oktober 1970 (BVerfGE 29, 166 [175 m. weit. Nachw.]) ausdrücklich feststellt, enthält das Grundrecht als wesentlichen Bestandteil das Recht oder die Freiheit, die Ehe mit einem selbst gewählten Partner einzugehen (Eheschließungsfreiheit).
2.
Die Eheschließungsfreiheit und das daraus erwachsende Recht zur Abwehr staatlicher Behinderungen gelten sowohl für Deutsche im Sinne des Art. 116 GG wie für Ausländer und Staatenlose. Anders als einige andere Grundrechtsbestimmungen enthält Art. 6 Abs. 1 GG keine Beschränkung auf Deutsche, zudem betrifft das Grundrecht einen für alle Menschen bedeutsamen Bereich der persönlichsten Lebensgestaltung (vgl. BVerfGE 6, 55 [71 und 81]). Auch nach Art. 12 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, welche die Bundesrepublik als für sich verbindlich anerkannt hat (vgl. BGBl. 1952 II S. 685, 1954, II S. 14), haben "Männer und Frauen das Recht eine Ehe einzugehen und eine Familie nach den nationalen Gesetzen, die die Ausübung dieses Rechts regeln, zu gründen". Es entspricht auch über den Geltungsbereich der Konvention hinaus internationaler Rechtsüberzeugung, daß die Freiheit der Eheschließung zu den wesentlichen Menschenrechten gehört. Die Europäische Menschenrechtskonvention beruft sich in ihrer Präambel auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948, deren Art. 16 Abs. 1 Satz 1 wie folgt lautet:
"Volljährige Männer und Frauen haben ohne Beschränkung durch Rasse, Staatsangehörigkeit oder Religion das Recht, zu heiraten und eine Familie zu gründen."
Das am 7. Oktober 1969 für die Bundesrepublik in Kraft getretene UN-Übereinkommen vom 10. Dezember 1962 über die Erklärung des Ehewillens, das Heiratsmindestalter und die Registrierung von Eheschließungen (vgl. BGBl. 1969 II S. 161, 1970 II S. 110) zitiert in seiner Präambel ausdrücklich diese Vorschrift und bekräftigt erneut die Pflicht aller Staaten "... die völlige Freiheit bei der Wahl des Ehegatten (zu) gewährleisten".
II.
Da § 10 EheG bei Eheschließungen von Ausländern die Vorlage eines Ehefähigkeitszeugnisses oder die formelle Befreiung von dieser Pflicht verlangt, greift die Versagung der Befreiung gegenüber dem Beschwerdeführer in sein und der Beschwerdeführerin Grundrecht auf Freiheit der Eheschließung ein. Es bedarf daher der Prüfung, ob dieser Eingriff durch eine mit Art. 6 Abs. 1 GG vereinbare gesetzliche Regelung und deren verfassungsmäßige Anwendung gedeckt ist.
1.
Für die Freiheit der Eheschließung, die in Art. 6 Abs. 1 GG ihre Grundlage hat, gelten nicht die allgemeinen Schranken, wie sie Art. 2 Abs. 1 GG für die Handlungsfreiheit normiert. Die Auffassung, das Grundrecht auf Freiheit der Eheschließung könne nur "im Rahmen der Gesetze" ausgeübt werden, ist mindestens mißverständlich. Der Wirkungsbereich des Art. 6 Abs. 1 GG erschöpft sich nicht in den das Institut der Ehe formenden Normen des Ehe- und Familienrechts (vgl. BVerfGE 6, 55 [73]); das umfassende an den Staat gerichtete Schutzgebot der Vorschrift ist weder durch einen Gesetzesvorbehalt noch auf andere Weise beschränkt (BVerfGE 24, 119 [135]). Daher ist es auch unzutreffend, bei der Prüfung einer eherechtlichen Norm des einfachen Rechts an Art. 6 Abs. 1 GG nur darauf abzustellen, ob das Grundrecht in seinem Wesensgehalt im Sinne des Art. 19 Abs. 2 GG angetastet werde, denn die mit der Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG normierte äußerste Grenze betrifft die Fälle, in denen der Gesetzgeber zur Einschränkung eines Grundrechts ermächtigt ist.
2.
Dennoch läßt die Freiheit der Eheschließung gesetzliche Regeln über die Formen der Eheschließung und ihre sachlichen Voraussetzungen nicht nur zu, sondern setzt sie geradezu voraus. Dies ergibt sich aus der untrennbaren Verbindung des Grundrechts mit der Institutsgarantie, die notwendig eine rechtliche Ordnung verlangt. Die Verwirklichung der Wertentscheidung des Art. 6 Abs. 1 GG bedarf einer allgemeinen familienrechtlichen Regelung, welche diejenige Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau, die als Ehe den Schutz der Verfassung genießt, rechtlich definiert und abgrenzt (vgl. BVerfGE 28, 324 [361]). Diese Regelung muß aber die wesentlichen, das Institut der Ehe bestimmenden Strukturprinzipien beachten, die sich aus der Anknüpfung des Art. 6 Abs. 1 GG an vorgefundene, überkommene Lebensformen in Verbindung mit dem Freiheitscharakter des verbürgten Grundrechts und anderen Verfassungsnormen ergeben - etwa das Prinzip der Einehe - (vgl. BVerfGE 10, 59 [66 f.]; 29, 166 [176]). Mag auch das hergebrachte bürgerliche Recht weitgehend mit diesen Strukturprinzipien übereinstimmen, so kann nicht umgekehrt der Inhalt der Institutsgarantie überhaupt erst aus dem einfachen Recht erschlossen werden, so daß dieses niemals der Verfassung widersprechen könnte (vgl. E. Scheffler in: Bettermann-Nipperdey-Scheuner, Die Grundrechte, Bd. IV/1, 1960, S. 245 ff. [258]). Vielmehr müssen die einzelnen Regelungen des bürgerlichen Rechts an Art. 6 Abs. 1 GG als vorrangiger, selbst die Grundprinzipien enthaltender Leitnorm gemessen werden (vgl. BVerfGE 10, 59 [66]; 24, 104 [109]). Gewiß hat der Gesetzgeber hierbei einen erheblichen Gestaltungsraum, z.B. bei der Regelung der Form der Eheschließung, der Ehemündigkeit, der Voraussetzungen der Auflösung. Dennoch können etwa zu strenge oder zu geringe Sach- oder Formvoraussetzungen der Eheschließung mit der Freiheit der Eheschließung oder anderen sich aus der Verfassung selbst ergebenden Strukturprinzipien der Ehe unvereinbar sein. Ebenso kann die Anwendung einer gesetzlichen Regelung im Einzelfall dagegen verstoßen oder allgemeine Verfassungsprinzipien, wie etwa den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, verletzen.
III.
Einer verfassungsrechtlichen Prüfung an diesem Maßstab steht nicht entgegen, daß der Eingriff in die Eheschließungsfreiheit der Beschwerdeführer auf der Anwendung ausländischen, durch eine deutsche Kollisionsnorm berufenen Rechts beruht.
1.
Die angefochtene Entscheidung hat das Ehehindernis der Doppelehe aus dem spanischen Recht hergeleitet, und zwar in erster Linie aus der im spanischen C"digo Civil enthaltenen Verweisung auf das kanonische Recht. Es bedarf hier nicht der Prüfung, ob die Gültigkeit der früheren Ehe der Beschwerdeführerin und die Wirksamkeit der Auflösung dieser Ehe nach kanonischem Recht zu beurteilen sind. Für die zweite Frage verweist das Oberlandesgericht ungeachtet der Heranziehung des kanonischen Rechts letzten Endes auf den spanischen ordre public. Danach widerspricht jede ausländische Scheidung, gleichviel ob die Ehe als kanonische oder als bürgerliche Ehe, ob sie zwischen Inländern oder Ausländern, Katholiken oder Nichtkatholiken geschlossen war, dem spanischen ordre public, sofern nur irgendwelche Berührungspunkte mit der spanischen Rechtsordnung vorhanden sind, wie hier der Umstand, daß einer der Verlobten Spanier ist (vgl. Luther, RabelsZ 34 [1970], S. 688 m. weit. Nachw. in Fußn. 36; Jochem, RabelsZ 32 [1968], S. 727 ff. [737]). Demgemäß ist die Rechtsauslegung in der angefochtenen Entscheidung insoweit nicht evident unrichtig und muß daher, da es sich um eine Frage des einfachen Rechts handelt, der verfassungsrechtlichen Prüfung zugrunde gelegt werden.
2.
Nach einer sowohl in der Rechtsprechung wie im Schrifttum verbreiteten Meinung kommt im Bereich des Internationalen Privatrechts eine Einwirkung des deutschen Verfassungsrechts nur mit großen Einschränkungen in Betracht. Zwar sollen die deutschen Kollisionsnormen selbst noch auf ihre Übereinstimmung mit dem Grundgesetz, besonders mit den Grundrechten, geprüft werden, wenngleich diese Prüfung oft, besonders unter Berufung auf den technischen, wertneutralen Charakter der Normen, summarisch bleibt oder sogar nur auf das Willkürverbot oder die Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG beschränkt wird. Dagegen soll es bei der Anwendung des durch eine deutsche Kollisionsnorm berufenen ausländischen Rechts auf die Beachtung der Grundrechte grundsätzlich nicht mehr ankommen. Am weitesten in diese Richtung geht die mehrfach erwähnte Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die selbst bei starker Inlandsbeziehung des zu beurteilenden Sachverhalts das deutsche Verfassungsrecht schlechthin ausschalten will: Immer dann, wenn die Wirkungen einer Rechtshandlung über den Geltungsbereich des Grundgesetzes hinausgehen, d. h. bei Sachverhalten mit irgendeiner Auslandsbeziehung, sollen die Grundsätze der Verfassung einschließlich der Menschenrechte nicht entgegen dem ausländischen Recht zur Anwendung kommen (BGHZ 41, 136 [151]). Eine etwas später ergangene Entscheidung vom 29. April 1964 (BGHZ 42, 7 [12 ff.]) hat diese Auffassung dahin modifiziert, daß eine gewisse Prüfung des nach Internationalem Privatrecht anzuwendenden ausländischen Rechts an der Wertordnung des Grundgesetzes zugelassen wird, jedoch nur im Rahmen des Art. 30 EGBGB. Der Bundesgerichtshof meint, die Verfassungsnormen setzten als Sachnormen, soweit sie sich auf privatrechtliche Rechtsverhältnisse bezögen, die Anwendbarkeit des deutschen Privatrechts voraus, mithin werde die persönliche und räumliche Reichweite des Verfassungsrechts durch die Kollisionsnormen abgegrenzt. Es sei auch nicht angemessen und würde völkerrechtlichen Grundsätzen widersprechen, wenn die Anwendung fremder Rechtssätze von vornherein von ihrer Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz abhängig wäre. Die Entscheidung will eine so weitgehende Prüfung auch im Rahmen des Art. 30 EGBGB nicht zulassen; gemäß der allgemein restriktiven Auslegung der Vorbehaltsklausel soll der deutsche ordre public nur eingreifen, wenn "wesentliche Verfassungsgrundsätze, die eine unverrückbare Grundlage des deutschen staatlichen oder sozialen Lebens bilden", oder "unabdingbare Gebote des deutschen Verfassungsrechts" verletzt werden. Diese Voraussetzung wird bei Grundrechtsverletzungen erst dann als erfüllt angesehen, wenn das Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet wird.
Auch bei Berücksichtigung der genannten Modifikation beruht also die höchstrichterliche Rechtsprechung, die für die angefochtene Entscheidung maßgebend war, auf der Grundauffassung, daß die Grundrechte im Bereich des Internationalen Privatrechts nur dann rechtliche Wirkung entfalten, wenn und soweit die deutschen Kollisionsnormen einschließlich des Art. 30 EGBGB die Möglichkeit dazu eröffnen (vgl. weiter BGHZ 50, 370 [375 f.]; 54, 123 [129 f.]; 54, 132 [140] sowie aus dem Schrifttum Ferid, Festschrift Dölle, 1963, Bd. II, S. 119 ff. [143 ff.] und FamRZ 1963, S. 59; Beitzke, Grundgesetz und Internationalprivatrecht, 1961, S. 33 ff.; Gamillscheg, Festschrift Nipperdey, 1965, Bd. I, S. 323 ff. [327 ff.]; Neuhaus, FamRZ 1964, S. 610 f.; Kegel, a.a.O., Art. 30 Anm. 20 m. weit. Nachw.; a. A. Bernstein, NJW 1965, S. 2273 ff.; Wengler, JZ 1964, S. 622 f. und 1965, S. 100 ff. [101 ff.]; Fischer, NJW 1964, S. 1323 f.; Stöcker, JR 1965, S. 456 ff.; Sonnenberger, Die Bedeutung des Grundgesetzes für das deutsche Internationale Privatrecht, Dissertation München 1962, S. 113 ff.).
3.
Diese Auffassung wird dem Vorrang der Verfassung und der zentralen Bedeutung der Grundrechte nicht gerecht. Auch im Internationalen Privatrecht ist von der Leitnorm des Art. 1 Abs. 3 GG auszugehen, die im Geltungsbereich des Grundgesetzes alle staatliche Gewalt mit unmittelbarer Wirkung an die Grundrechte bindet. Hieraus folgt zunächst, daß für den Erlaß einer Kollisionsnorm durch den deutschen Gesetzgeber oder ihre Übernahme aus dem vorkonstitutionellen Recht das gleiche gilt wie bei anderen im Rang unter der Verfassung stehenden Gesetzen. Als nationales, innerstaatliches Recht (vgl. Kegel, a.a.O., Vorbem. 2 zu Art. 7) sind die Vorschriften des deutschen Internationalen Privatrechts in vollem Umfang an den Grundrechten zu messen. Die Prüfung kann sich freilich nur darauf erstrecken, ob die generelle Entscheidung des deutschen Gesetzgebers für ein bestimmtes Regelungsprinzip, besonders die Auswahl der Anknüpfungspunkte, mit den Grundrechten vereinbar ist. Soweit dadurch ausländisches Recht berufen wird, läßt sich angesichts der Verschiedenheit und Wandelbarkeit der ausländischen Regelungen vom Standpunkt des Gesetzgebers kaum übersehen, welchen möglichen Inhalt eine zur Anwendung kommende ausländische Norm haben kann und wie sie sich unter den Voraussetzungen des Einzelfalles auswirken wird.
Um so weniger geht es an, bei diesem "Sprung ins Dunkle" (Raape, Internationales Privatrecht, 5. Aufl., 1961, S. 90) die verfassungsrechtliche Prüfung auszusetzen und die Betroffenen ohne den Schutz der Grundrechte dem ungewissen Ergebnis der jeweiligen Anwendung des durch die Kollisionsnorm berufenen ausländischen Rechts zu überlassen. Die Grundrechte bilden einen untrennbaren Teil der Verfassung; sie sind der eigentliche Kern der freiheitlich-demokratischen Ordnung des staatlichen Lebens im Grundgesetz. Ihre Reichweite kann daher nicht davon abhängen, in welcher Weise eine bestimmte Materie durch das einfache Recht geregelt ist; sie ist vielmehr unmittelbar aus den Verfassungsnormen selbst zu erschließen (vgl. Bernstein, NJW 1965, S. 2275; Wengler, JZ 1965, S. 101 ff.). Eine andere Auffassung ließe sich auch mit der Besonderheit des Internationalen Privatrechts nicht rechtfertigen. Die geltenden deutschen Kollisionsnormen bilden nicht den einzig denkbaren Weg zur Ordnung dieses Rechtsbereiches. Wie ein Blick auf die ausländischen Kollisionsnormen und auf die Bestrebungen zur Reform des deutschen Internationalen Privatrechts zeigt, besteht hier eine Reihe von Möglichkeiten, deren jede unter den Gesichtspunkten der Gerechtigkeit und Zweckmäßigkeit in der einen oder anderen Hinsicht ihre Vorzüge haben mag. Wäre die genannte Grundauffassung richtig, so würde die Entscheidung des Gesetzgebers für eine der möglichen Regelungsprinzipien in der Ebene des einfachen Rechts, z.B. darüber, ob bei der Eheschließung an die Staatsangehörigkeit, das Domizil oder den Ort der Eheschließung angeknüpft werden soll, zugleich bestimmen, ob für die zu regelnden Sachverhalte ein mehr oder weniger "grundrechtsfreier" Raum geschaffen wird. Auch die Heranziehung des Art. 30 EGBGB würde hieran nichts ändern, solange diese Norm nicht als Einfallstor der Grundrechte in das Internationale Privatrecht verstanden wird (vgl. dazu noch unten VI 2), sondern umgekehrt die eng ausgelegten Begriffsmerkmale der Vorschrift den - begrenzten - Anwendungsbereich der Grundrechte festlegen. Denn dies liefe ebenfalls darauf hinaus, daß eine zur Disposition des einfachen Gesetzgebers stehende Norm Rang und Reichweite von Verfassungsnormen bestimmen soll.
Die herrschende Auffassung läßt sich auch nicht damit rechtfertigen, daß der ausländische Gesetzgeber nur an die Verfassung seines eigenen Staates gebunden ist und nach der herrschenden Meinung das von einer deutschen Kollisionsnorm berufene ausländische Recht durch die Anwendung im Inland seine Natur als ausländisches Recht nicht verliert. Auch wenn man von dieser Auffassung ausgeht, handelt es sich bei der Rechtsanwendung durch die deutschen Behörden und Gerichte um die Ausübung deutscher Staatsgewalt, die unter den Geboten des Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG steht.
Diese Anerkennung des Geltungsanspruchs der Grundrechte auch für die Anwendung des berufenen ausländischen Rechts bedeutet keine unzulässige Ausweitung des Geltungsbereichs des Grundgesetzes gegenüber dem fremden Staat oder einen Oktroi deutscher Wertvorstellungen gegenüber dem Ausland. Das ausländische Recht wird nicht losgelöst von der dortigen Verfassung und den Gegebenheiten seines nationalen Geltungsbereichs generell auf eine Übereinstimmung mit dem Grundgesetz geprüft. Vielmehr kommt es allein darauf an, ob eine innerstaatliche Rechtshandlung deutscher Staatsgewalt in bezug auf einen konkreten Sachverhalt, der eine mehr oder weniger starke Inlandsbeziehung aufweist, zu einer Grundrechtsverletzung führt. Ergibt sich dabei, daß sich die Anwendung des ausländischen Rechts an einer Grundrechtsnorm "bricht", so liegt hierin keine generelle Zensur der fremden Regelung, die nicht für die Anwendung durch deutsche Hoheitsträger geschaffen worden ist und im eigenen Bereich vertretbar oder sinnvoll sein mag, sondern allein die Feststellung, daß ihre konkrete Anwendung sich in einem bestimmten Punkt mit unserer Verfassungsordnung nicht verträgt. Wenn ein solcher Vorgang von vornherein mit dem Odium der Diskriminierung des ausländischen Gesetzgebers belastet wird, so erklärt sich dies vermutlich aus der Anlehnung an die begrifflichen Kategorien des Art. 30 EGBGB, dessen erste Alternative (Verstoß gegen die guter Sitten) jedenfalls nach der bisherigen engen Auslegung ein Unwerturteil über das ausländische Recht voraussetzt oder doch nahegelegt. Ein Vorwurf könnte aber - wenn überhaupt - nur gegenüber dem deutschen Gesetzgeber erhoben werden, soweit er etwa bei der Berufung ausländischen Rechts voraussehbaren Konflikten mit einzelnen Grundrechten nicht durch mögliche Sonderregeln Rechnung getragen hat.
Eine Anwendung der Grundrechte unter den genannten Voraussetzungen widerspricht auch nicht allgemeinen völkerrechtlichen Regeln, die gemäß Art. 25 GG als Bestandteil des Bundesrechts Beachtung erfordern. Zwar ist das Grundgesetz insgesamt von einer völkerrechtsfreundlichen Tendenz getragen. Sowohl die Präambel und die Art. 1 Abs. 2, Art. 24 und 25 GG als auch die das Verfassungssystem insgesamt kennzeichnenden Prinzipien des Pluralismus und der Toleranz lassen erkennen, daß die Verfassung andere Staaten als gleichberechtigte Glieder der Völkerrechtsgemeinschaft anerkennt und deren eigenständige Rechtsordnung respektiert (vgl. BVerfGE 18, 112 [116 ff.]). Aus dieser Grundeinstellung folgt aber noch keine Verpflichtung zur uneingeschränkten Anwendung fremden Rechts durch inländische Hoheitsträger auf Sachverhalte mit Auslandsbeziehung; erst recht läßt sich dem Grundgesetz nirgends ein genereller Vorbehalt dahin entnehmen, daß insoweit die Grundrechte zurücktreten müßten. Das der Verfassung vorangestellte Bekenntnis zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als der Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt (Art. 1 Abs. 2 GG) ist nicht zu vereinbaren mit der Vorstellung, die mit den Grundrechten aufgerichtete Wertordnung, besonders die dadurch gewährte Sicherung eines Freiheitsraums für den Einzelnen, könne oder müsse allgemein außer Funktion treten, um der Rechtsordnung anderer Staaten den Vorrang zu lassen.
Die Frage, ob und welche Modifikationen sich aus einer durch die Präambel des Grundgesetzes und Art. 24 Abs. 1 GG ausdrücklich zugelassenen Bindung der Bundesrepublik an supranationale Gemeinschaften ergeben könnten (vgl. BVerfGE 22, 293 [298 f.]), kann außer Betracht bleiben. Denn im Internationalen Privatrecht hat allein der deutsche Gesetzgeber ohne eine solche Bindung den zuständigen deutschen Hoheitsträgern die Anwendung fremden Rechts vorgeschrieben. Diese können sich bei entsprechendem Tätigwerden weder selbst über den durch die Verfassung gebotenen Schutz der Grundrechte hinwegsetzen, noch kann sie der deutsche Gesetzgeber von der Beachtung der Grundrechte freistellen.
Die erörterten Einwände entspringen zum Teil der Besorgnis, eine "normale", nicht nur auf extreme Fälle beschränkte Prüfung der Anwendung ausländischen Rechts an den Grundrechten werde das Internationale Privatrecht aus den Angeln heben. Abgesehen davon, daß in weiten Bereichen dieses Rechtsgebietes Konflikte mit den Grundrechten kaum auftreten dürften, wäre eine solche Besorgnis nur begründet, wollte man nun die Anwendung des ausländischen Rechts in jedem Fall genauso behandeln wie die Anwendung gewöhnlicher deutscher Sachnormen auf rein inlandsbezogene Sachverhalte. Eine sinngerechte Auslegung der Grundrechte läßt durchaus eine Berücksichtigung der hier bestehenden Besonderheiten zu. Hierfür mag schon darauf verwiesen werden, daß der Verfassungsgeber selbst bei der Ausprägung einzelner Grundrechte zwischen Deutschen und Nichtdeutschen unterschieden hat. Unabhängig davon kann ein Grundrecht wesensgemäß eine bestimmte Beziehung zur Lebensordnung im Geltungsbereich der Verfassung voraussetzen, so daß eine uneingeschränkte Durchsetzung in ganz oder überwiegend auslandsbezogenen Sachverhalten den Sinn des Grundrechtsschutzes verfehlen würde. Wieweit dies der Fall ist, läßt sich nicht allgemein bestimmen. Vielmehr ist jeweils durch Auslegung der entsprechenden Verfassungsnorm festzustellen, ob sie nach Wortlaut, Sinn und Zweck für jede denkbare Anwendung hoheitlicher Gewalt innerhalb der Bundesrepublik gelten will oder ob sie bei Sachverhalten mit mehr oder weniger intensiver Auslandsbeziehung eine Differenzierung zuläßt oder verlangt (vgl. Wengler, JZ 1965, S. 101 f.). Im Rahmen dieser, aus der Verfassung selbst zu entwickelnden Bestimmung der Reichweite der Grundrechte mag auch die erwähnte Grundhaltung der Verfassung gegenüber anderen Staaten und der Völkerrechtsgemeinschaft ihre Rolle spielen.
Die Befürchtung, eine solche Auslegung überfordere den Richter und gefährde die Rechtssicherheit, ist unbegründet. Die zu leistende Aufgabe unterscheidet sich wesensmäßig nicht von der gewöhnlichen Verfassungsauslegung in bezug auf inlandsbezogene Sachverhalte, besonders soweit es sich um die Ausstrahlung der Grundrechte auf das Privatrecht handelt (vgl. BVerfGE 7, 198 [205 ff.]; s. a. BVerfGE 25, 167 [181]). Im übrigen haben Rechtsprechung und Schrifttum bei der Entwicklung des Internationalen Privatrechts aus wenigen unvollständigen Rechtsnormen eine der Art nach vergleichbare, mindestens ebenso schwierige Arbeit geleistet.
IV.
Die Prüfung der hier maßgebenden Kollisionsnorm an Art. 6 Abs. 1 GG ergibt keinen Verfassungsverstoß:
1.
Der Normalfall, für den Art. 6 Abs. 1 GG konzipiert ist, betrifft die Eheschließung zwischen deutschen Staatsangehörigen im Inland. Diesen gewährt die Verfassung das Grundrecht auf Eheschließung mit dem selbst gewählten Partner, wenn beide die Voraussetzungen der "Institutsregeln" des deutschen Gesetzgebers erfüllen, die ihrerseits der Verfassung entsprechen müssen (vgl. oben C II)*. Die deutschen Verlobten haben demgemäß einen unbedingten Anspruch gegenüber den deutschen Behörden und Gerichten, das Zustandekommen der Ehe zu ermöglichen und der Eheschließung keine weiteren Hindernisse entgegenzusetzen als die zulässigerweise in den deutschen Gesetzen normierten.
2.
Für den Sonderfall einer Eheschließung zwischen zwei Ausländern in der Bundesrepublik hat das ihnen gewährte Menschenrecht auf Freiheit der Eheschließung ebenfalls den Sinn, daß ihnen die Heirat im Inland ermöglicht werden muß und die deutschen Behörden zu der erforderlichen Mitwirkung verpflichtet sind. Es verlangt aber nicht zwingend, daß die ausländischen Verlobten hinsichtlich der Voraussetzungen der Eheschließung den gleichen Regeln unterworfen werden müßten wie deutsche Verlobte im Normalfall, d. h. daß insoweit das Recht des Wohnsitzes oder des Eheschließungsortes zu gelten hätte. Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers für das Staatsangehörigkeitsprinzip beruht auf der Annahme, es entspreche dem Interesse der Beteiligten, in persönlichen Angelegenheiten nach dem Recht ihres Heimatstaates beurteilt zu werden, weil bei genereller Betrachtung die Staatsangehörigkeit ihre fortdauernde persönliche Verbundenheit mit diesem Staat dokumentiere und ihnen das vom Gesetzgeber der eigenen Nationalität geschaffene, auf Personen ihrer Nationalität ausgerichtete Recht am vertrautesten sei (vgl. Kegel, Internationales Privatrecht, 2 Aufl., 1964, S. 35 f.; Müller-Freienfels, JZ 1957, S. 141 ff. [144]).
Hinzu kommt hier das regelmäßig im wohlverstandenen Interesse der ausländischen Verlobten liegende, vom Bundesgerichtshof zutreffend hervorgehobene Bestreben, nach Möglichkeit die Voraussetzungen für eine Anerkennung der Ehe in den - vielleicht nur vorübergehend verlassenen - Heimatstaaten der Verlobten zu schaffen, um der Ehe einen entsprechenden Bestandsschutz zu sichern. Diese Erwägungen, ebenso wie die der Verfassung zugrunde liegende Achtung der Eigenständigkeit anderer Rechtsordnungen, können es rechtfertigen, in den genannten Fällen die von Art. 6 Abs. 1 GG vorausgesetzte Normierung des Instituts der Ehe grundsätzlich nicht den deutschen, sondern den jeweiligen nationalen Regeln zu entnehmen.
3.
Aus den gleichen Gründen läßt sich auch die Grundentscheidung des Kollisionsgesetzgebers für Eheschließungen zwischen Deutschen und Ausländern verfassungsrechtlich nicht beanstanden, obwohl danach aus der Sicht des deutschen Partners neben den deutschen Regeln fremde Gesetze angewandt werden, die nicht nach den allgemeinen Verfassungsprinzipien und Organisationsvorschriften des Grundgesetzes zustande gekommen sind. Wenn nach Art. 13 Abs. 1 EGBGB die Eheschließung in solchen Fällen nicht als einheitlicher Vorgang behandelt werden soll, der insgesamt entweder der inländischen oder der ausländischen Rechtsordnung zu unterstellen wäre, sondern die Ehefähigkeit jedes Verlobten für sich zu betrachten und nach seinem Heimatrecht zu beurteilen ist, so liegt hierin keine unangemessene Lösung des Konflikts der aufgezeigten Interessen.
Freilich kann die Anwendung beider Rechtsordnungen nebeneinander den deutschen Partner stärker in seiner Eheschließungsfreiheit beschränken, als dies bei ausschließlicher Anwendung der deutschen Gesetze der Fall wäre. So kann das Heimatrecht des ausländischen Verlobten ein höheres Heiratsalter vorschreiben oder strengere Anforderungen in bezug auf die Zustimmung Dritter stellen. Insbesondere aber kann bei Beurteilung der Ehefähigkeit des ausländischen Partners nach dessen Recht vermittels der Rechtsfigur der zweiseitigen Ehehindernisse auch der deutsche Partner einbezogen und hierbei aus in dessen Person liegenden Gründen ein Ehehindernis hergeleitet werden, das bei ausschließlicher Anwendung der deutschen Institutsregeln nicht gelten würde. Die insoweit bestehenden Möglichkeiten sind jedoch im einzelnen so verschieden, daß deswegen die generelle Entscheidung des Gesetzgebers für die Anwendung ausländischen Rechts nicht in Frage gestellt werden kann.
So wird die zusätzliche Behinderung der Eheschließungsfreiheit, die sich aus der Reflexwirkung von in der Person des ausländischen Verlobten liegenden persönlichen Ehehindernissen auf den deutschen Verlobten ergibt, regelmäßig keine übermäßige Beschränkung der Eheschließungsfreiheit des deutschen Grundrechtsträgers bedeuten. Es widerspricht in der Regel nicht dem Wesen der Ehe, wenn der deutsche Verlobte, der sich mit einem ausländischen Partner verbinden möchte, die sich aus der "mitgebrachten" Rechtsordnung ergebenden Besonderheiten in dessen persönlichem Status hinnehmen muß, zumal da die betreffende nationale Regelung im Zweifel in enger Beziehung zu dem jeweiligen Volkscharakter und den nationalen Lebensgewohnheiten steht, so daß ihre Beachtung der Beständigkeit der zu schließenden Ehe dienen kann. Für die mögliche Kumulierung zweiseitiger Ehehindernisse lassen sich angesichts der vielgestaltigen Konstellationen schwerlich allgemeine Regeln entwickeln. Vielmehr wird gewöhnlich erst die Rechtsanwendung im einzelnen Fall ergeben, ob die für die Berufung ausländischen Rechts allgemein ins Feld geführten Erwägungen auch den konkreten Eingriff in die Eheschließungsfreiheit zu tragen vermögen und ob er im Verhältnis zum betreffenden Grundrechtsträger angemessen und zumutbar ist.
Auch ein Verstoß des Art. 13 Abs. 1 EGBGB gegen andere Grundrechtsbestimmungen als Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich (vgl. BGHZ 41, 136 [150]).
V.
1.
Dagegen verletzt die Anwendung des nach Art. 13 Abs. 1 EGBGB maßgebenden spanischen Rechts durch die angefochtene Entscheidung Art. 6 Abs. 1 GG. Sie nimmt der Beschwerdeführerin die Freiheit, den Beschwerdeführer zu heiraten, die ihr bei Anwendung deutschen Rechts zustände. Damit ist zugleich die Eheschließungsfreiheit des Beschwerdeführers verletzt, weil die Entscheidung, ob sie einander heiraten können, notwendig beiden Beschwerdeführern gegenüber einheitlich ergehen muß.
Der vorliegende Eingriff in die Eheschließungsfreiheit der Beschwerdeführerin ergibt sich nicht aus der erwähnten Reflexwirkung eines in der Person des Beschwerdeführers liegenden einseitigen Ehehindernisses. Vielmehr liegen die der Heirat entgegenstehenden Umstände in den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin, und das daraus hergeleitete Ehehindernis der Doppelehe ist in grundsätzlich gleicher Weise beiden Rechtsordnungen eigen. Auch bei der Beurteilung der Ehefähigkeit der Beschwerdeführerin, die sich gemäß Art. 13 Abs. 1 EGBGB nach deutschem Recht richtet, müssen die deutschen Behörden prüfen, ob die Beschwerdeführerin unverheiratet ist; sie können diese Frage nur eindeutig bejahen, weil ihre frühere Ehe durch die Scheidung rechtsgültig gelöst ist. Zugleich soll aber die Prüfung derselben tatsächlichen und rechtlichen Umstände im Rahmen der Beurteilung der Ehefähigkeit des Beschwerdeführers ergeben, daß die deutschen Behörden und Gerichte dieselbe Frage ebenso eindeutig verneinen, weil das spanische Recht die Scheidung nicht anerkennt. Schon dieser Widerspruch spricht für einen unzulässigen Eingriff in die Eheschließungsfreiheit der Beschwerdeführerin. Es erscheint auch kaum verständlich, warum der eigene Staat in Anwendung spanischen Rechts den Fortbestand einer Ehe fingiert, die er nach eigenem Recht als endgültig und mit Wirkung für und gegen alle gelöst betrachtet. Dies gilt um so mehr, als die frühere Ehe durch einen deutschen Hoheitsakt gelöst worden ist und weder die Begründung noch die Scheidung dieser Ehe irgendeine Beziehung zu einer fremden Rechtsordnung aufweisen: Eine Ehe zwischen deutschen Staatsangehörigen ist nach deutschem Recht durch ein deutsches Gericht geschieden worden. Entscheidend ist weiter, daß die abweichende Beurteilung des Familienstandes der Beschwerdeführerin auf dem spanischen ordre public beruht, der das Ehehindernis der Doppelehe mit der Vorstellung von der Unauflöslichkeit der Ehe durch weltlichen Akt verbindet. Auch das spanische Recht geht an sich davon aus, daß die Ehefähigkeit eines deutschen Verlobten sich nach deutschem Recht richtet; es versagt aber den deutschen Scheidungsvorschriften und den deutschen Scheidungsurteilen wegen Widerspruchs zu den eigenen Grundanschauungen die Anerkennung. Wenn die deutschen Behörden und Gerichte sich diese Zurückweisung des deutschen Rechts zu eigen machen, so liegt hierin ein unzulässiger Eingriff in die Eheschließungsfreiheit. Ist ein deutscher Verlobter nach deutschem Recht unverheiratet und insoweit uneingeschränkt ehefähig, so darf seine Ehefähigkeit auch im Verhältnis zu einem ausländischen Verlobten nicht auf Grund fremder Vorstellungen von der Ehe geleugnet werden, die mit Art. 6 Abs. 1 GG und den deutschen Eherechtsnormen unvereinbar sind.
Die abweichende Auffassung der angefochtenen Entscheidung und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verkennt, daß es hier nicht darum geht, das fremde Recht zu zensieren oder dem Ausland die deutschen Wertvorstellungen zu oktroyieren, sondern darum, den spanischen Oktroi abzuwehren. Die Nichtanerkennung des deutschen Scheidungsurteils auf Grund des spanischen ordre public kann aus der Sicht der deutschen Rechtsordnung nicht hingenommen werden, da es sich um die Beurteilung eines rein inlandsbezogenen Sachverhalts handelt. Das spanische Recht will der früheren Ehe der Beschwerdeführerin die fortdauernde Wirkung einer zu Lebzeiten der Ehegatten schlechthin unauflöslichen Ehe beilegen, welche diese nach deutschem Recht geschlossene Ehe niemals hatte. Zwar ist auch nach Art. 6 Abs. 1 GG und dem deutschen Eherecht die Ehe eine auf Lebenszeit geschlossene Gemeinschaft; sie ist aber nur "grundsätzlich", nicht absolut unauflöslich (vgl. BVerfGE 10, 59 [66]). Das Schutzgebot der Verfassung gewährleistet die Institution der Ehe nicht abstrakt, sondern in der Ausgestaltung, wie sie den herrschenden, in der gesetzlichen Regelung maßgebend zum Ausdruck gelangten Anschauungen entspricht (vgl. BVerfGE 6, 55 [82]; 9, 237 [242 f.]; 15, 328 [332]). Demgemäß liegt der Verfassung das Bild der "verweltlichten" bürgerlich-rechtlichen Ehe zugrunde, zu dem es auch gehört, daß die Ehegatten unter den vom Gesetz normierten Voraussetzungen geschieden werden können und damit ihre Eheschließungsfreiheit wiedererlangen (vgl. E. Scheffler, a.a.O., S. 283 f.; s. a. Motive zu dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches, Bd. IV, S. 562 f.).
2.
Der Eingriff in die Eheschließungsfreiheit der Beschwerdeführerin kann auch nicht mit dem Bestreben nach allseitiger Anerkennung einer Eheschließung und der Vermeidung einer "hinkenden" Ehe gerechtfertigt werden. Das "Prinzip des äußeren Entscheidungseinklangs" ist im Internationalen Privatrecht ein weithin unerfülltes Ideal, solange nicht alle Staaten wenigstens in ihrem Internationalen Privatrecht gleiche Regeln anwenden oder entsprechende vertragliche Verpflichtungen eingehen. "Hinkende" Rechtsverhältnisse kommen bei Sachverhalten mit Auslandsbeziehung häufig vor, besonders wenn die Anwendung des durch eine Kollisionsnorm berufenen ausländischen Rechts durch den ordre public oder eine spezielle Vorbehaltsklausel ausgeschlossen ist. So ergeben sich etwa aus der Anwendung des Art. 13 Abs. 3 und Art. 17 Abs. 3 EGBGB nicht selten "hinkende" Ehen oder "hinkende" Scheidungen. Gewiß würde eine Anerkennung der beabsichtigten Ehe in beiden Heimatstaaten der Verlobten dem Verfassungsgebot des Bestandsschutzes der Ehe besser entsprechen; läßt sich aber dieses Ziel wegen der fremden Wertvorstellungen nicht erreichen, so darf nicht um eines Prinzips willen den Beschwerdeführern eine Heirat überhaupt verwehrt werden, obwohl eine solche Ehe nicht nur in der Bundesrepublik, sondern in fast allen Drittstaaten als rechtswirksam anerkannt würde.
Das Prinzip der äußeren Entscheidungsharmonie gerät hier zudem in unüberwindlichen Gegensatz zu dem Grundsatz des inneren Entscheidungseinklangs, d. h. der einheitlichen Beurteilung der Scheidung und des familienrechtlichen Status der Beschwerdeführerin durch die inländischen Behörden und Gerichte, an der sowohl seitens der beteiligten Bürger wie seitens der staatlichen Ordnung ein ebenso beachtliches Interesse besteht. Der Oberlandesgerichtspräsident, das Oberlandesgericht und der durch deren Entscheidung gebundene Standesbeamte betrachten die Beschwerdeführerin im Verhältnis zum Beschwerdeführer als noch verheiratet, während sie in allen anderen Rechtsbeziehungen - Familienstand, Unterhalts- und Versorgungsansprüche, Erbrecht usw. - im Rechtsverkehr und von jedem deutschen Hoheitsträger als rechtskräftig geschieden behandelt wird.
3.
Ebensowenig kann die angefochtene Entscheidung mit der Erwägung gestützt werden, die deutsche Verlobte und die etwa aus der beabsichtigten Ehe hervorgehenden Kinder müßten vor den Nachteilen geschützt werden, die bei ehewidrigem Verhalten des spanischen Partners aus der fehlenden rechtlichen Anerkennung der Ehe in Spanien erwachsen könnten. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 6 Abs. 1 GG läßt sich nicht herleiten, daß der Staat den Verlobten einen solchen Schutz gegen ihren Willen aufzwingen darf; dies ist weder mit dem Grundrecht der Eheschließungsfreiheit noch mit der Selbstverantwortlichkeit der Ehegatten vereinbar, die das Wesen der Ehe im Sinne des Art. 6 Abs. 1 GG kennzeichnet. Der Staat ist auch sonst weder berechtigt noch verpflichtet, fürsorglich Ehen zu verhindern, deren Bestand etwa wegen extremer Altersunterschiede oder charakterlicher Mängel von vornherein fraglich erscheint oder bei denen mit großer Wahrscheinlichkeit schwere Nachteile für die Frau zu besorgen sind, weil z.B. der Ehemann mehrmals geschieden ist und schon seine Unterhaltspflichten aus den früheren Ehen sträflich vernachlässigt. Dementsprechend muß es auch hier den Verlobten überlassen bleiben, ob sie das Risiko einer "hinkenden" Ehe auf sich nehmen wollen, nachdem die zuständigen Behörden sie pflichtgemäß darauf hingewiesen haben. Im übrigen ist bisher nicht erwiesen, daß solche "hinkenden" Ehen tatsächlich erheblich gefährdeter sind als andere Ehen zwischen Personen verschiedener Nationalität (vgl. auch Holleaux, FamRZ 1963, S. 635 ff. [637]; Ficker, Festschrift Nipperdey, a.a.O., S. 313).
Unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Beteiligten ist auch zu berücksichtigen, daß nach menschlicher Erfahrung Verlobte, denen die gewünschte Heirat verweigert wird, sich meist nicht trennen, sondern nunmehr in "wilder Ehe" zusammenleben. Demgegenüber ist die "hinkende" Ehe jedenfalls das geringere Übel. Sie befreit Frau und Kinder von dem Makel der Illegalität und gewährt ihnen zumindest in der Bundesrepublik und in allen ausländischen Staaten, die diese Ehe anerkennen, die darauf beruhende unterhalts- und erbrechtliche Stellung sowie sozialrechtliche Ansprüche.
4.
Hieraus ergibt sich zugleich, daß die angefochtene Entscheidung einen übermäßigen und unverhältnismäßigen Eingriff in die Eheschließungsfreiheit der Beschwerdeführerin enthält. Dieses Grundrecht schützt den innersten Bereich der Lebensgestaltung; der Staat darf die Verwirklichung der gemeinsamen Lebensentscheidung nicht endgültig scheitern lassen, ohne daß dies durch ein anerkennenswertes höheres Interesse gerechtfertigt ist. Gerade in diesem Bereich muß die Rechtsanwendung die Leitidee des Grundgesetzes im Auge behalten, daß der Mensch im Mittelpunkt der Wertordnung der Verfassung steht und die gesetzlichen Regeln nicht Selbstzweck sind. Deswegen geht es auch nicht an, den einzig möglichen Ausweg aus dem rechtlichen Dilemma in der Einbürgerung des ausländischen Verlobten zu sehen. Abgesehen davon, daß die relativ strengen gesetzlichen Voraussetzungen dafür häufig nicht erfüllt sein werden, kommt eine solche Empfehlung der Kapitulation des Internationalen Privatrechts gleich, dessen Funktion doch eben darin besteht, den Betroffenen eine angemessene persönliche Lebensgestaltung zu ermöglichen, ohne daß sie die Zugehörigkeit zu ihrem Heimatstaat aufgeben müssen.
VI.
1.
Im Ergebnis verletzt also die angefochtene Entscheidung das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 6 Abs. 1 GG, weil das Gericht sich bei der Beurteilung eines die Person der Beschwerdeführerin betreffenden, inlandsbezogenen Vorgangs die Ablehnung der deutschen, dem Art. 6 Abs. 1 GG entsprechenden Rechtsvorstellungen von der Ehe durch den spanischen ordre public zu eigen gemacht und hieraus ein Ehehindernis hergeleitet hat. Danach bedarf es nicht mehr der Prüfung, ob auch unter anderen Gesichtspunkten ein Grundrechtsverstoß vorliegen könnte. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
2.
Bei der gebotenen neuen Entscheidung bestehen verschiedene Möglichkeiten einer verfassungsmäßigen Rechtsanwendung:
Das verfassungswidrige Ergebnis würde zum Beispiel vermieden, wenn das Gericht sich einer der beiden, ohne Bezug auf das Verfassungsrecht im Internationalen Privatrecht entwickelten Meinungen anschließen würde, wonach die Frage des Fortbestandes der geschiedenen Ehe nicht nach dem durch Art. 13 Abs. 1 EGBGB berufenen ausländischen Recht, sondern von vornherein nach deutschem - prozessualem oder materiellem - Recht zu beantworten ist (vgl. oben A I 4)*. Hält man diesen Weg nicht für gangbar, so wäre entsprechend den oben entwickelten Grundsätzen die Anwendung des spanischen Rechts auszuschließen, soweit sie zu einer Grundrechtsverletzung führt. Dies könnte entweder dadurch erreicht werden, daß in den Grundrechten eine Schranke gesehen wird, die unmittelbar die Anwendung des durch eine Kollisionsnorm berufenen Rechts begrenzt, ober aber durch Heranziehung des Art. 30 EGBGB. Bei der zweiten Lösung dürfte allerdings nicht zwischen tragbaren und untragbaren Grundrechtsverletzungen unterschieden werden. Vielmehr müßte eine Durchsetzung der Grundrechte über Art. 30 EGBGB die Klausel schlechthin als "Einbruchstelle" der Grundrechte in das Internationale Privatrecht verstehen (vgl. BVerfGE 7, 198 [206]) mit der Folge, daß jede durch die Anwendung ausländischen Rechts im Einzelfall bewirkte Grundrechtsverletzung das Eingreifen des deutschen ordre public auslöst. Das rechte Maß ergäbe sich dabei aus der Prüfung, ob und wieweit das betroffene spezielle Grundrecht nach Wortlaut, Inhalt und Funktion unter Berücksichtigung der Gleichstellung anderer Staaten und der Eigenständigkeit ihrer Rechtsordnungen für auslandsbezogene Sachverhalte Geltung verlangt.
Dr. Müller, Dr. Stein, Ritterspach, Dr. Haager, Rupp-v. Brünneck, Dr. Böhmer, Dr. Brox, Dr. Simon