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RG, 02.06.1915 - Rep. V. 19/15
Sind die von einem Elektrizitätswerk ausgehenden Fernleitungen, wenn sie sich über die Grenzen des Grundstücks, auf dem sich das Werk befindet, hinauserstrecken, Bestandteile, oder sind sie Zubehör dieses Grundstücks?
Tatbestand
H., der Beklagte zu 1, ist eingetragener Eigentümer des Anwesens Haus Nr. 24 in A., das zum Betrieb eines Elektrizitätsüberlandwerkes eingerichtet ist. Von dem Werke geht ein Netz von Fernleitungen aus, vermöge deren 14 Ortschaften in der Umgegend mit elektrischem Licht und Strom versorgt werden. Auf dem Anwesen lasten für den Kläger zu 1 eine Hypothek von 29000 M und für seinen Vater, den Kläger zu 2, Hypotheken von 47000 und 20000 M. Durch Vertrag vom 29. Januar 1913 verkaufte H. das gesamte Fernleitungsnetz und zwar ohne das Anwesen an die Beklagte zu 2, die Elektrizitätslieferungsgesellschaft, für 150000 M. Zugleich verpachtete er das Elektrizitätswerk selbst auf zwei Jahre ebenfalls an die Beklagte zu 2, die seitdem das Überlandwerk betreibt. Auf Anfrage des Klägers zu 2 stellten die Beklagten in Abrede, daß die Fernleitungen für die Hypotheken der Kläger hafteten. Die Kläger erhoben darauf gegen die beiden Beklagten Klage auf Anerkennung, daß die Fernleitungen von der Haftung für ihre Hypotheken umfaßt seien, und auf Unterlassung jeder Entfernung der Leitungen von dem Anwesen. Sie machten geltend, das Fernleitungsnetz sei ein wesentlicher Bestandteil oder doch ein Zubehör des Überlandwerkes und unterliege deshalb der Haftung für ihre Hypotheken.
Der erste Richter verurteilte die beiden Beklagten nach den Klaganträgen. Die Berufung der Beklagten zu 2 wurde zurückgewiesen. Auch ihre Revision ist zurückgewiesen worden aus folgenden Gründen:
Gründe
"Allerdings ist der Ansicht des Berufungsrichters, daß das ganze Fernleitungsnetz Bestandteil des Grundstücks des H. sei, nicht beizutreten. Die tatsächlichen Verhältnisse, auf die der Berufungsrichter seine Ansicht gründet, sind zum größten Teil unstreitig, zum andern Teil auf Grund der Gutachten der vernommenen Sachverständigen vom Berufungsrichter festgestellt. Danach befindet sich auf dem Grundstück ein Gebäude, das zum Betrieb eines Elektrizitätswerkes, insbesondere als Zentrale eines Überlandwerkes eingerichtet ist. Von diesem Gebäude gehen die Fernleitungen aus, vermittelst deren 14 Ortschaften in der Umgegend bis zu einer Entfernung von 4 bis 5 Kilometern mit elektrischem Licht, und elektrischem Strom versorgt werden. Die Fernleitungen bestehen aus Leitungsmasten, den an diesen als Trägern angebrachten Drähten und den zugehörigen Transformatoren. Der weitaus größte Teil der Leitungsmaste ist in fremden, d. h. nicht dem H. gehörigen Grundstücken befestigt. Die Verbindung des Fernleitungsnetzes mit dem Gebäude ist durch einige Schrauben und Klemmen hergestellt; sie ist durch Entfernung der Schrauben und Klemmen "manuell" einfach zu lösen. Das Fernleitungsnetz ist wertvoller als das Elektrizitätswerk mit den vorhandenen Dynamomaschinen und den sonstigen Betriebseinrichtungen. Das Elektrizitätswerk besitzt nur eine Leistungsfähigkeit von 130 KW, das Netz aber eine Aufnahmefähigkeit von 732 KM. Im Falle der Entfernung des Netzes würde das Elektrizitätswerk als Überlandwerk nicht betrieben werden können.
Diese tatsächlichen Verhältnisse rechtfertigen nicht die Ansicht des Berufungsrichters, daß das gesamte Fernleitungsnetz Bestandteil des zum Betriebe des Elektrizitätswerkes eingerichteten Gebäudes und damit Bestandteil des Grundstücks des H. sei. Der Berufungsrichter verkennt den Begriff der Sache und des Sachbestandteils nach dem hier maßgebenden Sachenrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Danach (vgl. §§ 90, 93, 97 BGB.) ist als eine Sache ein nach natürlicher Anschauung für sich allein bestehender, im Verkehrsleben besonders bezeichneter und bewerteter körperlicher Gegenstand zu verstehen und als Bestandteil der Sache ein unselbständiges Stück dieses Körpers. Allerdings kann eine Sache auch aus Teilen bestehen, die nicht, wie z. B. die Teile eines Tieres, eines Steines, schon von Natur miteinander eine Einheit bilden, sondern erst zusammengesetzt sind und vor der Verbindung selbst für sich bestehende Sachen waren. Jedoch ist, wie der erkennende Senat in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen hat, ein aus bisher selbständigen Sachen zusammengesetztes Ganze nur dann als eine einzige Sache zu erachten, wenn das Ganze sich nach allgemeiner natürlicher Anschauung als eine Körpereinheit darstellt und die zu dem Ganzen verbundenen Gegenstände ihre frühere Eigenschaft als selbständige Sachen durch die Verbindung dergestalt verloren haben, daß sie fortan nur als unselbständige Stücke jener Körpereinheit erscheinen. Für die Frage, ob dies im besonderen Falle zutrifft oder nicht, ist die Art und Weise der Zusammensetzung von wesentlicher Bedeutung. Allerdings kann sich auch bei einer nur losen, leicht lösbaren Verbindung das Ganze als durch die Zusammensetzung zu einer Körpereinheit geworden darstellen. Dann wird aber, in der Regel wenigstens, ein besonderer Umstand vorliegen müssen, der zu der Anschauung führt, daß die zusammengesetzten Gegenstände trotz der nur losen Verbindung ihre körperliche Selbständigkeit verloren haben und, solange die Verbindung dauert, nur noch unselbständige Stücke des Ganzen sind; so namentlich, wenn die Gegenstände einander besonders angepaßt oder zur Herstellung des Ganzen verfertigt sind, wie z. B. die Teile einer Lampe, eines Wagens. Weiter ist, was der erkennende Senat ebenfalls in zahlreichen Entscheidungen dargelegt hat, zur richtigen Erfassung des Sachbegriffs nach Sachenrecht wohl zu unterscheiden zwischen einem durch Zusammensetzung früher selbständiger Gegenstände zu einer Körpereinheit, einer Sache, gewordenen Ganzen und einer zur Erreichung eines wirtschaftlichen Zweckes zusammengebrachten Sachgesamtheit, der im Verkehrsleben eine einheitliche Bezeichnung gegeben zu werden pflegt. Eine solche Sachgesamtheit ist, auch wenn sie wirtschaftlich als Einheit erscheinen mag, doch nach Sachenrecht nicht eine Körpereinheit, eine Sache, sondern sie besteht aus einer Mehrheit von Sachen, die trotz ihrer Zusammenbringung zur Erreichung des wirtschaftlichen Zweckes ihre körperliche Selbständigkeit bewahrt haben. Von diesen Gesichtspunkten aus hat der erkennende Senat in einer Reihe von Fällen Maschinen und andere Gerätschaften, die bei einem für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichteten Gebäude zu dem Betriebe bestimmt (vgl. § 98 Nr. 1 BGB.), mit dem Gebäude aber durch Schrauben oder andere leicht lösbare Bindemittel verbunden waren, die Eigenschaft von Bestandteilen der betreffenden Gebäudesachen unter der Annahme abgesprochen, daß sie zwar zur Erreichung eines wirtschaftlichen Zweckes mit den Gebäudesachen zusammengebracht seien und insofern mit diesen eine wirtschaftliche Einheit bildeten, sie aber ihre körperliche Selbständigkeit bewahrt hätten und daß das Ganze nicht eine Körpereinheit, eine einzige Sache, sondern eine Mehrheit selbständiger Sachen sei. Nicht anders verhält es sich im gegebenen Falle mit dem streitigen Fernleitungsnetz in bezug auf das für den Betrieb eines Elektrizitätswerkes dauernd eingerichtete Gebäude. Die Verbindung des Fernleitungsnetzes mit dem Gebäude, die nur durch Schrauben hergestellt ist und durch Entfernung der Schrauben aufgehoben werden kann, ist als eine lose zu erachten. Der Berufungsrichter erklärt sie allerdings für eine sehr feste, weil die Lösung nicht jederzeit und ganz beliebig, sondern nur unter großen Vorsichtsmaßregeln und erst nach Abstellung des Stromes möglich sei. Damit verkennt er aber, daß die Art der Verbindung für die Frage der Bestandteilseigenschaft nur insofern von Bedeutung ist, als sie ein äußeres Merkmal dafür bietet, ob die verbundenes Gegenstände sich als eine Körpereinheit oder, trotz der Verbindung als eine Mehrheit selbständiger Sachen darstellen. Nach dieser Richtung ist hier die nur, durch Schrauben hergestellte Verbindung eine lose, da sie die Möglichkeit einer Lösung bietet, von der die bisher verbundenen Gegenstände in ihrer äußeren Erscheinung nicht oder doch nicht wesentlich betroffen werden. Daß bei der Lösung Vorsichtsmaßregeln anzuwenden sind, damit nicht der Lösende verletzt wird oder sonst ein Schaden entsteht, rechtfertigt es nicht, die mit einem solchen Bindemittel verbundenen Gegenstände als fest miteinander verbunden aufzufassen. Da die vorbezeichneten tatsächlichen Verhältnisse auch nicht einen Umstand ergeben, aus dem zu entnehmen wäre, daß die Fernleitungen trotz der nur losen Verbindung mit dem zum Betrieb eines Elektrizitätswerkes eingerichteten Gebäude ihre körperliche Selbständigkeit verloren hätten und sich als unselbständige Stücke dieser Gebäudesache darstellten, ist zu verneinen, daß die Fernleitungen, bestehend aus Trägermasten, Drahtleitungen und Transformatoren, Bestandteile der Gebäudesache sind. Der Berufungsrichter erklärt zwar, im Verkehr würden solche Fernleitungen nicht als selbständige Sachen, sondern als Bestandteile des zum Betrieb eines Elektrizitätswerkes eingerichteten Gebäudes angesehen. Seine Gründe ergeben aber keine tatsächlichen Unterlagen für das Bestehen einer solchen Verkehrsanschauung, lassen vielmehr erkennen, daß die angebliche Verkehrsanschauung nichts anderes ist als seine eigene Auffassung. Diese Auffassung aber ist rechtsirrig, einesteils, weil nach ihr die Gebäudesache die sich auf fremde Grundstücke weit hinaus erstreckenden Fernleitungen, bestehend aus Trägermasten, Drähten und Transformatoren, mitumfassen soll, andernteils, weil sie dem Begriffe der Sache eine über die Körpereinheit hinausgehende Ausdehnung gibt. Das Ganze, das sich aus dem zum Betriebe des Elektrizitätswerkes eingerichteten Gebäude und den Fernleitungen zusammensetzt und das als Überlandwerk bezeichnet wird, ist nicht eine Gebäudesache und überhaupt auch nicht eine einzige Sache. Vielmehr besteht es aus einer Mehrheit selbständiger Sachen, die nur zur Erreichung eines wirtschaftlichen Zweckes, nämlich zur Versorgung umliegender Ortschaften mit elektrischem Licht und Strom, zusammengebracht worden sind. Diese Sachen sind zwar Teile des unter der genannten Bezeichnung Zusammengefaßten und sie, insbesondere auch die Fernleitungen, mögen zur Erreichung des wirtschaftlichen Zweckes des Ganzen notwendig sein. Aber sie sind nicht Bestandteile einer Körpereinheit, einer einzigen durch ihre Zusammensetzung gebildeten Sache. Demnach sind die streitigen Fernleitungen nicht zufolge ihrer Verbindung mit dem auf dem Grundstücke des H. befindlichen, zum Betriebe des Elektrizitätswerkes eingerichteten Gebäude Bestandteile dieses Grundstücks. - In dem Urteile des VII. Zivilsenats des Reichsgerichts vom 8. Juli 1913 Rep. VII. 213/13 (RGZ. Bd. 83 S. 67) ist auch bereits auf Grund tatsächlicher Verhältnisse, die im wesentlichen die gleichen wie hier waren, verneint worden, daß Außenleitungen und Transformatoren eines Elektrizitätswerkes Bestandteile des Grundstücks seien, auf dem sich das Elektrizitätswerk befinde. Der Berufungsrichter meint zwar, der hier vorliegende Tatbestand sei von demjenigen, der dem Urteile des VII. Zivilsenats zugrunde gelegen habe, wesentlich verschieden, weil es sich dort um ein großes Überlandwerk gehandelt habe, bei dem sich das Leitungsnetz auf eine Entfernung von mehreren hundert Kilometern erstreckte. Für die Frage aber, ob das unter der Bezeichnung Überlandwerk Zusammengefaßte sich als eine einzige Sache oder als eine Mehrheit selbständiger Sachen darstellt und ob die dazu gehörigen Fernleitungen mit Bezug auf das Zusammengefaßte als Sachbestandteile oder als für sich bestehende Sachen zu erachten sind, kann es keinen wesentlichen Unterschied ausmachen, ob sich die Fernleitungen auf mehrere hundert Kilometer oder nur auf 4 bis 5 Kilometer erstrecken. - In dem Urteile des erkennenden Senats vom 7. November 1900 Rep. V. 200/00 (RGZ. Bd. 48 S. 267) ist allerdings das Leitungsnetz eines Elektrizitätswerkes auch insoweit, als es sich über die räumlichen Grenzen des Grundstücks, auf dem sich das Elektrizitätswerk befand, hinaus erstreckte, als Substanzteil dieses Grundstücks angesehen worden. Jedoch beruht diese Entscheidung, wie schon in dem Urteile des VII. Zivilsenats bemerkt ist, auf den Vorschriften des preußischen Allgemeinen Landrechts über die Substanz einer Sache. Soweit beiläufig gesagt ist, auch nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche sei das Leitungsnetz als Bestandteil des betreffenden Grundstücks anzusehen, kann dies nicht aufrechterhalten werden. - Andere Entscheidungen des Reichsgerichts stehen der Auffassung, daß die von einem Elektrizitätswerk ausgehenden Fernleitungen nicht Bestandteile des Grundstücks sind, auf dem das Elektrizitätswerk sich befindet, nicht entgegen, wie in dem Urteile des VII. Zivilsenats zutreffend dargelegt worden ist.
Danach ist der Revision zuzugeben, daß die Annahme des Berufungsrichters, es sei das ganze streitige Fernleitungsnetz Bestandteil des Grundstücks des H., auf Rechtsirrtum beruht. Dennoch ist die Entscheidung des Berufungsrichters aufrecht zu erhalten. Die Fernleitungen sind nämlich, wenigstens soweit sie sich auf fremden Grundstücken befinden, nach den vorbezeichneten tatsächlichen Verhältnissen Zubehör des Grundstücks des H. Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 BGB. sind Zubehör bewegliche Sachen, die, ohne Bestandteile der Hauptsache zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnisse stehen, und gemäß § 98 Nr. 1 BGB. sind bei einem für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichteten Gebäude die zu dem Betriebe bestimmten Maschinen und sonstigen Gerätschaften dem wirtschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt. Im vorliegenden Falle sind die Fernleitungen bei dem auf dem Grundstücke des H. befindlichen, für den Betrieb eines Elektrizitätswerkes dauernd eingerichteten Gebäude als zu dem Betriebe bestimmte Gerätschaften anzusehen. Denn sie sind dazu bestimmt, den von dem Elektrizitätswerk erzeugten elektrischen Strom aufzunehmen und nach Ortschaften in der Umgegend weiterzuführen. Belanglos ist in dieser Hinsicht, daß das Elektrizitätswerk nur eine Leistungsfähigkeit von 130 KW, das Leitungsnetz aber eine Aufnahmefähigkeit von 732 KW besitzt. Wenn auch das Leitungsnetz mehr elektrische Kraft aufzunehmen und weiterzuführen imstande wäre, als das Elektrizitätswerk zu erzeugen vermag, so ist doch das Leitungsnetz zur Aufnahme und Weiterführung der von dem Elektrizitätswerke tatsächlich erzeugten elektrischen Kraft und somit zu dem Betriebe des Elektrizitätswerkes bestimmt, da dieses ohne das Leitungsnetz die erzeugte elektrische Kraft nicht an die Ortschaften in der Umgegend hinaussenden könnte. Hieran ändert es auch nichts, daß mit dem Elektrizitätswerke, und zwar nach der Behauptung der Beklagten erst im Laufe des Prozesses, das Kraftwerk B. verbunden worden ist und daß die Fernleitungen von beiden Werken zusammen mit elektrischer Kraft versorgt werden. Denn immer haben die Leitungen die Bestimmung, Betriebsgerätschaften für das Elektrizitätswerk zwecks Aufnahme und Weiterführung der erzeugten elektrischen Kraft zu sein. Sie sind daher gemäß § 98 Nr. 1 BGB. dem wirtschaftlichen Zwecke des Elektrizitätswerkes als der Hauptsache zu dienen bestimmt. Dem steht nicht entgegen, daß die Fernleitungen einen höheren Wert haben als das Elektrizitätswerk. Das für den gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtete Gebäude ist im § 98 Nr. 1 BGB. für die Hauptsache erklärt, dessen wirtschaftlichem Zwecke die zu dem Betriebe bestimmten Gerätschaften zu dienen bestimmt sind, ohne daß erfordert ist, das Gebäude müsse einen höheren Wert haben als die Gerätschaften.
Auch die weitere Voraussetzung für die Zubehöreigenschaft nach § 97 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BGB., daß zu der Hauptsache ein der genannten Bestimmung entsprechendes räumliches Verhältnis besteht, ist gegeben. Denn die Fernleitungen sind unmittelbar mit dem Elektrizitätswerke verbunden, und die Verbindung setzt sich vermöge der Leitungen ununterbrochen fort bis zu den Ortschaften, die mit der von dem Elektrizitätswerk erzeugten elektrischen Kraft versorgt werden sollen.
Daß die Fernleitungen sich zum weitaus größten Teil auf fremden Grundstücken befinden, steht der Annahme, daß sie Zubehör des Elektrizitätswerkes und somit auch des Grundstücks sind, auf dem das Elektrizitätswerk errichtet ist, nicht entgegen. Zubehör eines Grundstücks können auch solche Sachen sein, die sich auf anderen Grundstücken befinden, sofern sie nur dem wirtschaftlichen Zwecke jenes Grundstücks zu dienen bestimmt sind und zu dem Grundstücke trotz ihrer Lage auf anderen Grundstücken in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen (vgl. RGZ. Bd. 47 S. 197, Bd. 55 S. 284; Warneyer Rspr. 1910 Nr. 312). Ausgeschlossen allerdings wäre die Annahme der Zubehöreigenschaft, wenn die Fernleitungen Bestandteile der fremden Grundstücke wären. Denn Bestandteile eines Grundstücks sind nicht bewegliche Sachen; sie können daher (§ 97 Abs. 1 Satz 1 BGB.) nicht Zubehör, insbesondere nicht Zubehör eines anderen Grundstücks sein (RGZ. Bd. 55 S. 283). Der Umstand, daß ein Teil der Fernleitungen sich auf dem Grundstücke des H. befindet und daß die Leitungen sich über die Grenzen dieses Grundstücks ununterbrochen fortsetzen, würde nicht ausschließen, daß die Leitungen Bestandteile der fremden Grundstücke wären, wenn die Voraussetzungen für die Bestandteilseigenschaft sonst gegeben sein würden; die fremden Grundstücke würden alsdann von den Grenzen jenes Grundstücks ab die Leitungen als ihre Bestandteile in sich schließen (vgl. RGZ. Bd. 65 S. 363, Bd. 70 S. 201; Jur. Wochenschr. 1911 S. 211, 866). Für die Frage der Bestandteilseigenschaft käme die Art der Verbindung der Trägermasten mit den Grundstücken, auf denen sie stehen, in Betracht. Wären die Trägermasten mit dem Grund und Boden fest verbunden, so wären sie nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB. wesentliche Bestandteile der Grundstücke. Die Art dieser Verbindung ist in den Vorinstanzen von den Parteien nicht erörtert worden, und der Berufungsrichter hat darüber keine Feststellung getroffen. Nach der Sachlage kommt es aber auch nicht darauf an. Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB. gehören zu den Bestandteilen eines Grundstücks solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zwecke mit dem Grund und Boden verbunden sind. Eine solche Verbindung der Fernleitungen mit den fremden Grundstücken liegt hier vor. Der Berufungsrichter verneint allerdings, daß die Leitungsmasten, welche die Fernleitungen trügen, nur zu einem vorübergehenden Zwecke mit den fremden Grundstücken verbunden seien. Er erklärt in dieser Hinsicht: es sei anzunehmen, daß die Verbindung von H. nicht in Ausübung eines dinglichen Rechtes an den fremden Grundstücken hergestellt worden sei; denn das dem Gericht übergebene Formblatt lasse ersehen, daß H. mit den Grundstückseigentümern lediglich schuldrechtliche Mietverträge abgeschlossen habe. Daraus ergibt sich aber als tatsächliche Feststellung, daß H. mit den Eigentümern der anderen Grundstücke Mietverträge geschlossen hat, wonach er berechtigt ist, die Leitungsmasten mit den Drahtleitungen, solange die Mißverhältnisse dauern, auf den fremden Grundstücken zu halten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts, von der abzugehen kein Anlaß vorliegt, sind Sachen, die der Mieter eines Grundstücks mit dem Grund und Boden in der Absicht verbindet, daß die Verbindung nur für die Dauer des Mietverhältnisses bestehen soll, als nur zu einem vorübergehenden Zwecke mit dem Grund und Boden verbunden anzusehen (RGZ. Bd. 55 S. 284, Bd. 59 S. 20, Bd. 63 S. 421; Jur. Wochenschr. 1904 S. 336; Warneyer Rspr. 1913 Nr. 39), und zwar gleichviel, ob das Mißverhältnis von kürzerer oder von längerer Dauer ist (RGZ. Bd. 61 S. 192, Bd. 63 S. 421). Hieraus folgt, daß die Fernleitungen, soweit sie durch die Trägermasten mit den fremden Grundstücken verbunden sind, nicht Bestandteile dieser Grundstücke sind. Wenn sie aber nicht Grundstücksbestandteile sind, so gelten sie rechtlich als bewegliche Sachen. Denn das Bürgerliche Gesetzbuch scheidet alle Sachen in bewegliche und unbewegliche. Unbeweglich sind ihm nur die Grundstücke und die mit diesen verbundenen Bestandteile. Alle sonstigen Sachen sind beweglich (RGZ. Bd. 55 S. 284, Bd. 59 S. 20). Daher würden die Fernleitungen, soweit sie sich auf den fremden Grundstücken befinden, auch dann, wenn die Trägermasten mit dem Grund und Boden der Grundstücke fest verbunden wären, als bewegliche Sachen anzusehen sein. Sind sie aber bewegliche Sachen, so können sie auch Zubehör sein (RGZ. Bd. 55 S. 284). Da im übrigen die Voraussetzungen für die Zubehöreigenschaft vorliegen, sind die auf den fremden Grundstücken befindlichen Fernleitungen für Zubehör des Elektrizitätswerkes und somit auch des Grundstücks des H. zu erachten. Soweit die Leitungen sich auf diesem Grundstücke selbst befinden, sind sie, wenn die Trägermasten mit dem Grund und Boden fest verbunden sind, nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BGB. Bestandteile des Grundstücks, andernfalls dessen Zubehör.
Nach §1120 BGB. erstreckt sich die Hypothek auf die Bestandteile und auf das Zubehör des Grundstückes. Daher haften für die auf dem Grundstücke des H. eingetragenen Hypotheken der Kläger die ganzen mit dem Elektrizitätswerke verbundenen Fernleitungen. Von dieser Haftung sind die Fernleitungen auch nicht gemäß § 1121 BGB. frei geworden. H. hat sie zwar an die Beklagte zu 2, die Revisionsklägerin, veräußert. Aber von seinem Grundstücke sind sie nicht entfernt worden. Sie sind vielmehr nach wie vor mit dem Elektrizitätswerke verbunden." ...
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