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BVerwG 2 WA 2.24 - Beschluss

BVerwG Nachrichten - Fr, 12.12.2025 - 09:55
(Diese Entscheidung wird nur zur nicht gewerblichen Nutzung kostenfrei bereitgestellt (§11 Abs. 2 S.2 JVKostG))

Gestaltungsmöglichkeiten beim Betriebsübergang

CMS Hasche Sigle Blog - Fr, 12.12.2025 - 08:50

Ob Outsourcing, Unternehmensverkauf oder Umwandlung – Betriebsübergänge sind in der Wirtschafts- und M&A-Welt allgegenwärtig. Im ersten Teil unserer Blogserie zu Betriebsübergängen haben wir die Basics besprochen, also wann ein Betriebsübergang vorliegt und welche Rechtsfolgen ein solcher hat. Neben dieser rechtlichen Bewertung von Betriebsübergängen ist für Veräußerer und Erwerber aber regelmäßig relevant, wie sich Betriebsübergänge gestalten lassen, damit diese den beiderseitigen unternehmerischen Zielsetzungen entsprechen. Denn obwohl § 613a BGB klare Vorgaben macht und von Gesetzes wegen unabdingbar ist, bestehen durchaus Spielräume – sowohl zur Vermeidung als auch zur gezielten Gestaltung eines Betriebsübergangs.  In diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen und Gestaltungsmöglichkeiten von Betriebsübergängen in der Praxis.

Gestaltung von Betriebsübergängen

Ist ein Betriebsübergang nicht vermeidbar oder sogar ausdrücklich gewünscht, etwa weil der Erwerber gerade auf den Übergang des bisherigen Personals angewiesen ist, kommt es in der Praxis darauf an, ihn rechtssicher und strategisch sinnvoll zu gestalten. Dabei bietet das Arbeitsrecht verschiedene Gestaltungsspielräume, um einen Übergang strukturiert vorzubereiten und umzusetzen.

Schaffung und Gestaltung übergangsfähiger Organisationseinheiten 

Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 21. März 2024 (2 AZR 79/23) klargestellt hat, ist es grundsätzlich zulässig, eine übertragungsfähige Organisationseinheit eigens zum Zweck der Übertragung zu schaffen (vgl. Bissels/Münnich, jurisPR-ArbR 28/2024 Anm. 3). Damit bestätigt das Gericht unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des EuGH, dass auch neu gebildete Organisationseinheiten – sofern sie die erforderlichen Merkmale erfüllen – Gegenstand eines Betriebs- oder Betriebsteilübergangs im Sinne von § 613a BGB sein können:

„Jedenfalls ist es unionsrechtlich unerheblich, wie lange die wirtschaftliche Einheit beim Veräußerer vor dem Betriebsübergang bereits bestanden hat. Sie kann auch allein zum Zweck der Ermöglichung eines Betriebs(teil)übergangs geschaffen werden, lediglich „betrügerische oder missbräuchliche“ Fälle haben außer Betracht zu bleiben″.

Zwar kann die organisatorische Abgrenzung einer solchen wirtschaftlichen Einheit in Fällen, in denen kurz vor dem Übergang eine zuvor nur tätigkeitsbezogen abgegrenzte Einheit organisatorisch verselbstständigt wird, weiterhin in der Praxis herausfordernd sein. Gelingt die organisatorische Verselbstständigung jedoch, ist der Zeitpunkt der entsprechenden Maßnahmen unerheblich. Das BAG betont ausdrücklich, dass es für die Bewertung von § 613a BGB unerheblich sei, ob die Einheit ausschließlich zum Zweck der Übertragung geschaffen wurde und wann dies erfolgt ist. 

Für die praktische Umsetzung gilt:

Soll eine eigenständige und klar abgrenzbare wirtschaftliche Einheit entstehen, müssen die materiellen und immateriellen Betriebsmittel, die für den jeweiligen arbeitstechnischen (Teil-)Zweck erforderlich sind, vom verbleibenden Betrieb funktional getrennt und eindeutig zugeordnet werden. Eine optischeorganisatorische oder räumliche Trennung kann die Abgrenzung zusätzlich verdeutlichen und dokumentieren.

Auch die personelle Verselbstständigung ist entscheidend: Eine eigene Leitungsstruktur muss vorhanden sein, die befugt ist, den zugeordneten Beschäftigten Weisungen zu erteilen. Diese Struktur muss nicht lange im Voraus bestehen, sondern kann auch kurzfristig vor dem Übergang eingerichtet werden – solange die funktionale Eigenständigkeit der Einheit tatsächlich gewährleistet ist. Die entsprechende Führungskraft muss auch keine disziplinarische Leitungsmacht innehaben; erforderlich aber auch ausreichend ist ein Mindestmaß an Leitungsmacht.

Zuordnung von Arbeitnehmern zu übergehenden Betriebsteilen

Ein zentrales Gestaltungsmittel bei Betriebsübergängen ist die Zuordnung einzelner Arbeitnehmer zu bestimmten Betriebsteilen. Häufig besteht auf Seiten von Veräußerer und Erwerber der Wunsch, den Übergang einzelner Arbeitsverhältnisse gezielt herbeizuführen.

Nach der Rechtsprechung des BAG ist eine solche Zuordnungsversetzung grundsätzlich auch dann zulässig, wenn diese im Rahmen eines anstehenden Betriebsübergangs darauf abzielt, den Übergang des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen (BAG, Urteil v. 21. März 2024 – 2 AZR 79/23). Entscheidend ist jedoch, dass die betroffenen Arbeitnehmer individual- und kollektivrechtlich wirksam der übergehenden wirtschaftlichen Einheit zugeordnet wurden. Damit gilt: Ohne wirksame vorherige Zuordnung erfolgt kein Übergang.

Innerhalb der Grenzen seines Direktionsrechts kann der Veräußerer also aktiv steuern, welche Arbeitnehmer einem übergehenden Betriebsteil zugeordnet oder daraus herausgelöst werden. Reicht das Direktionsrecht nicht aus, bieten sich ergänzende Vereinbarungen mit den betroffenen Arbeitnehmern an.

Empfehlenswert ist eine solche Zuordnungsversetzung insbesondere bei Beschäftigten, die in mehreren Organisationseinheiten eingesetzt sind und deren Arbeitsverträge keine klare organisatorische Zuordnung erkennen lassen. Denn hier stellt das BAG auf den Tätigkeitsschwerpunkt ab – dies ist typischerweise schwer zu bewerten und mithin mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Es macht für alle Beteiligten Sinn, vorher Klarheit zu schaffen.

Restrukturierung im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang: Erwerberkonzept

Auch wenn § 613a Abs. 4 BGB ausdrücklich verbietet, Arbeitnehmer wegen eines Betriebsübergangs zu kündigen, bedeutet das nicht, dass betriebliche Umstrukturierungen vor dem Übergang grundsätzlich ausgeschlossen wären. In der Praxis kommt es vor, dass der Veräußerer bereits vor dem Übergangszeitpunkt Kündigungen ausspricht – etwa um den Betrieb an die Vorstellungen des Erwerbers anzupassen.

Ein solches Vorgehen ist allerdings nur unter engen Voraussetzungen rechtlich zulässig (vgl. dazu BAG, Urteil v. 20. März 2003 – 8 AZR 97/02). Die Rechtsprechung stellt zwar klar: § 613a Abs. 4 S. 1 BGB soll nicht dazu führen, dass Arbeitsverhältnisse künstlich bis zum Übergang fortbestehen müssen, wenn sachliche Gründe für eine Kündigung vorliegen. Gleichzeitig darf der in § 613a Abs. 1 BGB verankerte Bestandsschutz der Arbeitnehmer nicht umgangen werden:

Der Schutzgedanke des § 613a I 1, IV BGB steht einer […] Kündigung des Betriebsveräußerers auf Grund eines Erwerberkonzepts nicht entgegen. Diese Vorschriften sollen den Erwerber daran hindern, bei der Übernahme der Belegschaft eine freie Auslese zu treffen. Sinn und Zweck der Regelungen in § 613a I 1, IV BGB ist es aber nicht, den Erwerber auch bei einer fehlenden Beschäftigungsmöglichkeit zu verpflichten, das Arbeitsverhältnis noch einmal künstlich zu verlängern.

Zulässig sind Kündigungen nur, wenn ein konkretes Erwerberkonzept oder ein Sanierungsplan bereits zum Zeitpunkt der Kündigung greifbare Formen angenommen hat. Eine bloße Aufforderung zur Personalreduzierung reicht nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass sich der Erwerber das Konzept ausdrücklich zu eigen macht und den Veräußerer beauftragt, die Maßnahmen bereits vor dem Übergang umzusetzen.

Um spätere Kündigungsschutzprozesse zu vermeiden, sollten die Beteiligten lückenlos dokumentieren:

  • das konkrete Restrukturierungs- oder Erwerberkonzept,
  • das ausdrückliche Zueigenmachen durch den Erwerber und
  • die Aufforderung an den Veräußerer, die Maßnahmen vor dem Übergang umzusetzen.
Fazit: Transaktionen sorgfältig planen – arbeitsrechtliche Spielräume nutzen

Der Betriebsübergang ist ein komplexes arbeitsrechtliches Instrument mit weitreichenden Folgen für alle Beteiligten. Während § 613a BGB den Schutz der Arbeitnehmer in den Mittelpunkt stellt, eröffnet das Recht zugleich Gestaltungsspielräume für eine bewusste Gestaltung – sei es zur Vermeidung eines Übergangs oder zur strategischen Planung und Umsetzung. Entscheidend ist dabei stets eine sorgfältige Analyse der konkreten Umstände und eine vorausschauende rechtliche Begleitung. Wer die rechtlichen Rahmenbedingungen kennt und gezielt nutzt, kann Betriebsübergänge nicht nur rechtssicher, sondern auch im Sinne aller Beteiligten gestalten.

In unserem CMS-Blog halten wir Sie in unserer Blog-Serie „Sicher durch den Betriebsübergang“ fortlaufend mit aktuellen Beiträgen zu diesen Themen auf dem Laufenden. Sie können diese Blog-Serie über den RSS-Feed abonnieren und werden von uns über neue Beiträge benachrichtigt.

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Der Beitrag Gestaltungsmöglichkeiten beim Betriebsübergang erschien zuerst auf CMS Blog.

Telegram- und Instagram-Gruppe Arbeitsgruppe 682: BaFin warnt vor Angeboten in WhatsApp-Gruppe

Die Finanzaufsicht BaFin warnt vor der WhatsApp-Gruppe „Telegram- und Instagram-Gruppe Arbeitsgruppe 682“. In der WhatsApp-Gruppe werden Verbraucherinnen und Verbraucher dazu verleitet, Finanzprodukte zu handeln. Es besteht der Verdacht, dass die Betreiber der WhatsApp-Gruppe ohne Erlaubnis Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen anbieten.
Kategorien: Finanzen

morvath-ltd(.)com: BaFin ermittelt gegen die Betreiber der Website

Die Finanzaufsicht BaFin warnt vor Angeboten der Morvath Ltd. / Morvath Traiding über die Website morvath-ltd(.)com. Nach Erkenntnissen der Finanzaufsicht bieten die unbekannten Betreiber der Website ohne Erlaubnis Finanz- bzw. Wertpapierdienstleistungen an. Die Betreiber der Website werden nicht von der BaFin beaufsichtigt. Gegenüber Kundinnen und Kunden behauptet Morvath Ltd. / Morvath Traiding, von der European Financial Authority (FINAEU/FINA EU/FIN A EU) autorisiert zu sein.
Kategorien: Finanzen

Gesetz zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung

Buzer Nachrichten - Do, 11.12.2025 - 23:00
12.12.2025 Gesetz zur Einführung einer elektronischen Präsenzbeurkundung
G. v. 10.12.2025 BGBl. 2025 I Nr. 320

ändert
- Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen

Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und über die allgemeine Beeidigung von Gerichtsdolmetschern sowie zur Änderung des Stiftungsregisterrechts

Buzer Nachrichten - Do, 11.12.2025 - 23:00
12.12.2025 Gesetz zur Änderung der Vorschriften über die Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und über die allgemeine Beeidigung von Gerichtsdolmetschern sowie zur Änderung des Stiftungsregisterrechts
G. v. 08.12.2025 BGBl. 2025 I Nr. 319

ändert
- Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Justiz
- Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts und zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes
- Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens
- Gerichtsdolmetschergesetz (GDolmG)
- Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs
- Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG)
- Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG)
- Gesetz betreffend die Einführung der Zivilprozeßordnung
- Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)
- Handelsregisterverordnung (HRV)
- Einführungsgesetz zur Strafprozeßordnung
- Strafvollzugsgesetz (StVollzG)
- Sozialgerichtsgesetz (SGG)

Gesetz zur Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte, zum Ausbau der Spezialisierung der Justiz in Zivilsachen sowie zur Änderung weiterer prozessualer Regelungen

Buzer Nachrichten - Do, 11.12.2025 - 23:00
12.12.2025 Gesetz zur Änderung des Zuständigkeitsstreitwerts der Amtsgerichte, zum Ausbau der Spezialisierung der Justiz in Zivilsachen sowie zur Änderung weiterer prozessualer Regelungen
G. v. 08.12.2025 BGBl. 2025 I Nr. 318

ändert
- Verbraucherstreitbeilegungs-Informationspflichtenverordnung (VSBInfoV)
- Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)
- Luftverkehrsschlichtungsverordnung (LuftSchlichtV)
- Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG)
- Unterlassungsklagengesetz (UKlaG)

Gesetz für einen Zuschuss zu den Übertragungsnetzkosten für das Jahr 2026

Buzer Nachrichten - Do, 11.12.2025 - 23:00
12.12.2025 Gesetz für einen Zuschuss zu den Übertragungsnetzkosten für das Jahr 2026
G. v. 08.12.2025 BGBl. 2025 I Nr. 317

ändert
- Strompreisbremsegesetz (StromPBG)
- Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)

DOJ launches antitrust probe into meatpacking industry

Norton Rose Fulbright - Do, 11.12.2025 - 21:48
The US DOJ has announced that the Antitrust Division has opened an investigation into major meatpacking companies for allegedly increasing prices through price-fixing and collusion, in violation of Section 1 of the Sherman Act.

Alternatives to traditional non-competes

Norton Rose Fulbright - Do, 11.12.2025 - 20:36
Following policy announcements in the federal Budget 2025, the viability of non-compete restrictive covenants (RCs) in employment agreements is once again in the spotlight. This is an opportunity to revisit the use of RCs, and possible alternatives.

Asylanträge von Personen jesidischer Religionszugehörigkeit

Bundestag | hib-Meldungen - Do, 11.12.2025 - 18:32
Inneres/KleineAnfrage Nach der Zahl der seit 2014 registrierten Asylanträge von Personen jesidischer Religionszugehörigkeit aus dem Irak beziehungsweise aus Syrien erkundigt sich Die Linke in einer Kleinen Anfrage.

Umsetzung von EU-Vorgaben zu E-Evidence

Bundestag | hib-Meldungen - Do, 11.12.2025 - 18:32
Recht und Verbraucherschutz/Gesetzentwurf Regelungen zur grenzüberschreitenden Sicherung und Herausgabe elektronischer Beweismittel in Strafverfahren in der EU schlägt die Regierung in einem Gesetzentwurf vor.