Mit dem Friedensvertrag von Dayton wurde das Töten im Bosnienkrieg, das mit dem Massaker von Sarajewo seinen Höhepunkt fand, beendet. Dies würdigten Rednerinnen und Redner aller Fraktionen des Bundestages bei einer Vereinbarten Debatte am Freitag, 5. Dezember 2025, anlässlich des 30. Jahrestages der Vertragsunterzeichnung. Die seinerzeit erfolgte Aufteilung Bosnien-Herzegowinas in zwei Entitäten wurde zugleich überwiegend als lähmend und hinderlich für die weitere Entwicklung des Landes bewertet. Minister: Wir stehen zur EU-Beitrittsperspektive Der Vertrag habe die Waffen zum Schweigen bekommen, habe es aber nicht vermocht, „die Ursachen des Krieges zu beseitigen“, sagte Außenminister Dr. Johann David Wadephul (CDU). Er habe Stabilität gebracht, aber nicht alle Gräben zugeschüttet. Er sei auch kein Ausgangspunkt für eine Versöhnung zwischen den Menschen in diesen „geschundenen Land“ gewesen. Wadephul machte zugleich deutlich, dass die Bundesregierung zur EU-Beitrittsperspektive von Bosnien-Herzegowina stehe. „Dayton war nur der Beginn eines Prozesses, der das Land aus eigener Kraft in die EU bringen soll“, sagte der Außenminister. Es brauche entschiedenes Handeln der Akteure vor Ort „über jede Grenzen hinweg zu einem gemeinsamen Miteinander“. SPD: Das Land braucht eine neue Verfassung Dayton sei ein Provisorium gewesen, sagte Adis Ahmetovic (SPD). Es sei ein Fehler gewesen, nach dem ersten Schritt nicht gleich den zweiten mitgedacht zu haben, sagte er unter Bezugnahme auf Äußerungen des ehemaligen US-amerikanischen Chefdiplomaten Richard Holbrooke. „Bosnien-Herzegowina braucht eine neue, moderne und gerechte Verfassung“, sagte Ahmetovic. Sie müsse „allen Menschen in diesem Land gleiche Rechte garantieren – unabhängig ihrer ethnischen Zugehörigkeit“. Diese Verfassung dürfe nicht von außen aufoktroyiert werden, betonte er. Die Menschen in Bosnien-Herzegowina seien ziemlich weit. Es sei falsch, immer wieder nur die Unterschiede in den Vordergrund zu stellen. Grüne: Ethnische Spaltungen zementiert Boris Mijatovic (Bündnis 90/Die Grünen) sprach mit Blick auf das Abkommen von einem diplomatischen Erfolg, „für den ich immer dankbar sein werde“. Er habe aber auch Hürden hinterlassen, über die zu reden sei. Frieden sei nicht nur die Abwesenheit von Gewalt, so Mijatovic, sondern auch die Anwesenheit von Gerechtigkeit. Das Abkommen habe „leider“ die ethnischen Spaltungen im Land zementiert. Die Blockaden entlang ethnischer Spaltungen seien ein Problem. Drei Völker, zwei Entitäten, ein Staat: „Das ist in dieser Form gescheitert“, befand er. „Wir unterstützen Bosnien-Herzegowina auf dem Weg in die EU und auch bei der schweren Aufgabe der Anerkennung der Verbrechen, der Aufarbeitung der Vergangenheit und bei den Reformen, die es braucht“, sagte Mijatovic. Linke: Fragiler Frieden für ein fragmentiertes Staatsgebilde Dayton habe nur einen fragilen Frieden geschaffen und ethnische wie auch religiöse Trennlinien immer noch nicht überwunden, sagte Gökay Akbulut (Die Linke). Bosnien-Herzegowina sei ein fragmentiertes Staatsgebilde. Das System sei schwerfällig, undurchsichtig und anfällig für Korruption, sagte Akbulut. Davon profitierten vor allem nationalistische Eliten und ihre Klientel, die rücksichtslos Umwelt und Menschen ausbeuteten. Oberhalb dieses Gefüges stehe der Hohe Repräsentant, der CSU-Politiker Christian Schmidt, mit exekutiven Sonderrechten, die ihm erlaubten, Gesetze zu erlassen und Amtsträger abzusetzen. Dieser „quasi-koloniale Zustand“ könne nicht länger unterstützt werden, sagte die Linken-Abgeordnete. Was aber tue Deutschland? Es schicke die Bundeswehr, um den Status quo abzusichern. CDU/CSU: West-Balkan hat klare Perspektive für EU-Beitritt Carl-Phillip Sassenrath (CDU/CSU) machte deutlich, dass der gesamte West-Balkan eine klare Perspektive für den Beitritt zur EU habe. „Jeder einzelne Beitrittskandidat steht für sich und tritt bei, sobald er die Kopenhagener Kriterien erfüllt.“ Der Beitrittsprozess sei aber nicht nur ein Prozess des Beitritts zur EU, „sondern auch ein Prozess der nachhaltigen Verständigung in der Region untereinander“, sagte Sassenrath. AfD: Gleiches Wahlrecht erschafft keinen Nationalstaat Wer eine Abkehr von Dayton fordere, so Dr. Alexander Wolf (AfD), müsse sich fragen lassen, was die Alternative ist. „Oder anders formuliert: Wer versucht den Frieden zu erhalten und wer gießt Öl ins Feuer?“ Wer versuche die Volksgruppen auszutarieren und wer ergreife einseitig Partei. Der Europäische Gerichtshof wolle Bosnien-Herzegowina ein gleiches Wahlrecht aufzwingen und gieße so Öl ins Feuer, befand Wolf. „Ein gleiches Wahlrecht würde keinen Nationalstaat aus dem Nichts erschaffen.“ Es würde aus seiner Sicht zwangsläufig zu einer ethnischen Wahl führen. „Und damit zu einer Vorherrschaft der größten Volksgruppe, der muslimischen Bosniaken“, so der AfD-Abgeordnete. Die christlichen Serben und Kroaten in Bosnien-Herzegowina wollten aber „keine Minderheit im eigenen Land werden“, sagte er. (hau/05.12.2025)
Eine Delegation des Innenausschusses reist vom 8. bis 12. Dezember 2025 zu Gesprächen nach Indien. In Neu Delhi wird es in Gesprächen mit Abgeordneten und Regierungsmitgliedern vor allem um Sicherheitspolitik, insbesondere Terrorismusbekämpfung und um Gefahren der Desinformation in den Medien gehen. Die Themen Fachkräftegewinnung im Ausland und Fachkräftemigration stehen vor dem Hintergrund des Deutsch-indischen Migrations- und Mobilitätspartnerschaftsabkommens bei den Terminen in Kochi (Kerala) sowie – mit einem Schwerpunkt auf den wirtschaftlichen Beziehungen – am Schluss der Reise in Hyderabad auf dem Programm. Gesprächspartner werden hier neben politischen Vertretern aus den Bundesstaaten unter anderem lokal verantwortliche Stellen wie die GIZ und das Goethe-Institut sein. Zudem wird sich der Ausschuss über das Zusammenleben der Religionen im multireligiösen Indien informieren. Der Delegation besteht aus den Abgeordneten Josef Oster (Ltg.), Tijen Ataoğlu, Daniel Kölbl (alle CDU/CSU), Steffen Janich (AfD) und Prof. Dr. Lars Castellucci (SPD).
Der Bundestag hat am Freitag, 5. Dezember 2025, in namentlicher Abstimmung zwei Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit den Titeln „Eingefrorenes russisches Staatsvermögen der Ukraine vollumfänglich zur Verfügung stellen“ (21/572) und "Sicherheit stärken – Russische Atomgeschäfte in der Brennelementefabrik Lingen unterbinden" (21/354) abgelehnt. Dem ersten Antrag (21/572) stimmten 77 Abgeordnete zu, 455 lehnten ihn ab. Es gab 53 Enthaltungen. Für den zweiten Antrag (21/354) stimmten 130 Abgeordnete, dagegen votierten 453 Abgeordnete. Den Abgeordneten lag zum ersten Antrag eine Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (21/3084) und zum zweiten Antrag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (21/3103) vor. Erster Antrag der Grünen Die Grünen forderten in ihrem ersten abgelehnten Antrag (21/572) von der Bundesregierung, sich innerhalb der G7-Staaten dafür einzusetzen, die eingefrorenen russischen Staatsvermögen „völkerrechtskonform vollumfänglich der Ukraine zur Verfügung zu stellen“. Die G7 hätten nach Beginn der russischen Vollinvasion Vermögenswerte der russischen Zentralbank in Höhe von 260 Milliarden Euro eingefroren, mehr als zwei Drittel davon – rund 210 Milliarden Euro – innerhalb der Europäischen Union, schreiben die Abgeordneten. Im Juli 2023 hätten die G7 bekräftigt, dass im Einklang mit den jeweiligen Rechtssystemen Russlands staatliche Vermögenswerte eingefroren bleiben. Gigantische Summen für Wiederaufbau der Ukraine benötigt Während Russland seine hochprekäre Wirtschaft durch die Umstellung auf Kriegswirtschaft künstlich am Leben halte und fest mit der Rückgabe der eingefrorenen Vermögenswerte rechne, „zerstört es systematisch die ukrainische Wirtschaft sowie zivile, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Infrastruktur“. Gleichzeitig brauche die Ukraine für Ihre Verteidigung, für die Versorgung ihrer Bevölkerung im Krieg und für den Wiederaufbau gigantische Summen, die sie nicht selbst erwirtschaften könne. „Denn ein umfassender Wiederaufbau der Ukraine muss dabei nicht nur die zivile, soziale und wirtschaftliche Infrastruktur betreffen, sondern ausdrücklich auch die kulturelle Infrastruktur einbeziehen, die gezielt durch russische Angriffe zerstört wurde“, heißt es in dem Antrag. Der Versuch, die ukrainische Kultur und Identität auszulöschen, sei Teil der Kriegsführung. „Gerade deshalb ist der Schutz, die Wiederherstellung und der Neubau kultureller Einrichtungen ein elementarer Bestandteil der Wiederaufbauarbeit“, schreiben die Grünen. Zweiter Antrag der Grünen In ihrem zweiten abgelehnten Antrag (21/354) forderten die Grünen, russische Atomgeschäfte in Deutschland zu unterbinden. Konkret verlangten sie, dem Unternehmen Advanced Nuclear Fuels (ANF), das zum französischen Atomkonzern Framatome gehört, die Produktion von Brennelementen für Reaktoren russischer Bauart in der Brennelementefabrik Lingen zu verwehren, wenn dabei Sicherheitsrisiken nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden können. Am Standort der ANF im niedersächsischen Lingen plane Framatome unter Beteiligung der russischen Rosatom-Tochter Tvel künftig Brennelemente-Spezialanfertigungen für überalterte sowjetische Reaktoren unter anderem im östlichen Mitteleuropa zu produzieren, schreibt die Fraktion in ihrem Antrag. Dies sei nur möglich, weil der russische Atomsektor bislang von allen EU-Sanktionsplänen ausgenommen sei. Eine Genehmigung für ANF stehe noch aus. "Spionage- und Sabotagerisiken" Neben der Sorge, dass in Deutschland nach dem Atomausstieg weiterhin Brennelemente gefertigt werden, die den Weiterbetrieb von europäischen Reaktoren mit teils „gravierenden Sicherheitsmängeln unmittelbar hinter deutschen Landesgrenzen“ ermöglichen, machen die Grünen auch Spionage- und Sabotagerisiken geltend. Es müsse verhindert werden, dass Mitarbeiter von russischen Staatskonzernen und deren Tochterfirmen „direkt oder indirekt“ etwa durch Schulung und Beratung von ANF-Mitarbeitern auf „sensible oder sicherheitstechnisch relevante nukleare Infrastruktur in Deutschland oder den zu beliefernden Atomreaktoren im europäischen Ausland erhalte“, heißt es im Antrag. Die Grünen forderten zudem, innerhalb der Europäischen Union Importe von Kernbrennstoffen aus Russland „schnellstmöglich“ zu verbieten und per Gesetz den „Ausstieg Deutschlands aus der nuklearen Wertschöpfungskette zu vollenden“. (bal/sas/hau/05.12.2025)