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BGH, 27.10.1967 - V ZR 153/64

Daten
Fall: 
Kaufmannsehrenwort
Fundstellen: 
BGHZ 48, 396; DB 1968, 170; DNotZ 1968, 344; JZ 1968, 67; MDR 1968, 136; NJW 1968, 39
Gericht: 
Bundesgerichtshof
Datum: 
27.10.1967
Aktenzeichen: 
V ZR 153/64
Entscheidungstyp: 
Urteil
Richter: 
Augustin, Rothe, Freitag, Hill, Offterdinger
Instanzen: 
  • LG Bielefeld
  • OLG Hamm - 27.05.1964

Hat ein bedeutendes wirtschaftliches Unternehmen beim Abschluß eines der notariellen Form bedürftigen Vertrags mit einem früheren Angestellten diesen unter Einsatz seines Gewichts und seines Ansehens sowie durch den Hinweis, daß es einen privatschriftlichen Vertrag einem notariellen als gleichwertig anzusehen pflege, zum Absehen von der Einhaltung der notariellen Form veranlaßt, dann stellt seine spätere Berufung auf die Formnichtigkeit eine unzulässige Rechtsausübung dar.

Inhaltsverzeichnis 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 80 Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm/Westf. vom 27. Mai 1964 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand

Der (im folgenden als Kläger bezeichnete) alleinige Inhaber der Klägerin, der bei der Beklagten den Kaufmannsberuf erlernt hat und seit 1948 selbständig ist, betreibt unter seiner Firma ein Steinplattenwerk. Das von ihm seit 1948 benutzte Betriebsgrundstück gehörte seinem Schwager. Dieser hatte sich ihm gegenüber verpflichtet, über das Grundstück nicht ohne seine Zustimmung zu verfügen.

Da die Beklagte an dem Erwerb dieses Grundstücks interessiert war, verhandelte sie darüber mit dem Kläger und dessen Schwager. Im Dezember 1957 kam es zum Abschluß eines Kaufvertrags zwischen dem Schwager und der Beklagten. Deren Eintragung als neue Eigentümerin des Grundstücke erfolgte im Februar 1958.

Die in den vorausgegangenen Verhandlungen zwischen den Parteien getroffenen Abreden wurden von der Beklagten in einem Schreiben vom 28. Dezember 1957 bestätigt. Darin war u.a. vorgesehen, daß die Beklagte ein 4.414 qm großes Ersatzgrundstück an den Kläger verkaufte oder in Erbpacht gab, 40.000 DM Umzugskosten bezahlte und ihm darüber hinaus bei dem Umzug behilflich sein würde., In weiteren Verhandlungen wurde vereinbart, den Betrieb des Klägers auf ein anderes Grundstück der Beklagten zu verlagern. Die Verhandlungen endeten mit dem Abschluß eines privatschriftlichen Vertrags vom 20. Juni 1958, der u.a. folgenden Inhalt hatte:

Die Beklagte verpachtete an den Kläger auf 20 Jahre das nach Flur und Parzelle näher bezeichnete 5.088 qm große Grundstück zu einem jährlichen Pachtzins von 5 % des Grundstückswertes, welcher mit 6 DM pro qm angesetzt wurde. Der Kläger verpflichtete sich, sein bisheriges Betriebsgrundstück zu räumen. In § 4 des Vertrags bot die Beklagte dem Kläger das Pachtgrundstück zum Preis von höchstens 8 DM pro qm zum Kauf an. Die Annahme des Kaufangebots sollte jederzeit bis zum Ablauf von 3 Jahren nach Pachtbeginn erfolgen können. In der Schlußbestimmung erkannte die Beklagte ausdrücklich an, daß ihr der Kläger durch seine Einwilligung in den Verkauf seines bisherigen Betriebsgrundstücks sehr entgegengekommen sei und durch die Verlegung seines Betriebs erhebliche Einbußen erleide.

Über das Zustandekommen des Vertrags war bis zu der abweichenden Darstellung der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 22. April 1964 unter den Parteien in beiden Vorinstanzen folgendes unstreitig:

Bei Vertragsschluß erklärte der Kläger, daß doch wohl die Hinzuziehung eines Notars erforderlich sei. Der geschäftsführende Gesellschafter der Beklagten, Carl M., wies jedoch mit einem gewissen Stolz darauf hin, daß der Vertrag ja seine Unterschrift trage. Als der Kläger zu bedenken gab, jeder Mensch sei sterblich, erwiderte der Vertreter der Beklagten, daß er ja auch den Vertrag mit M. & Gie unterschrieben habe, der Vertrag sei deshalb einem notariellen Vertrag gleichwertig. Daraufhin sahen die Parteien davon ab, den Vertrag notariell beurkunden zu lassen.

In Erfüllung des Vertrags vom 20. Juni 1958 räumte der Kläger sein früheres Betriebsgrundstück und zog auf das Pachtgrundstück um. Die auf diesem in der Folgezeit errichtete Fabrikhalle ist der Beklagten zur Sicherung einer von ihr für den Kläger eingegangenen Bürgschaft übereignet worden.

Am 6. Juni 1961 nahm der Kläger das in dem Vortrag von 20. Juni 1958 enthaltene Verkaufsangebot der Beklagten an. Da das Grundstück neu vermessen werden mußte, war eine sofortige Auflassung nicht möglich. Die Parteien kamen deshalb überein, die Auflassungsverhandlung alsbald nach Eingang der für die Auflassung erforderlichen Katasterunterlagen stattfinden zu lassen. Ausgehend von einer geschätzten Größe des Pachtgrundstücks von 5.000 qm zahlte der Kläger unmittelbar nach Abgabe der Annahmeerklärung an die Beklagte 40.000 DM als vermutlichen Kaufpreis. Die Vermessung des Grundstücks zögerte sich indessen hinaus. Da der Kläger in der Folgezeit in wirtschaftliche Bedrängnis kam, trat er im Februar 1962 an die Beklagte mit der Bitte heran, ihm die 40.000 DM bis zur Auflassungsverhandlung wieder zurückzugeben. Diesem Wunsch wurde entsprochen. Die Parteien kamen überein, daß an Tag der Auflassung der Kaufpreis wieder eingezahlt werden müsse.

Als am 9. April 1962 vom Katasteramt der Auszug aus dem Veränderungsnachweis eintraf, hatte sich die wirtschaftliche Lage des Klägers derart verschlechtert, daß er - ebenfalls am 9. April 1962 - auf Veranlassung und unter Mitwirkung des Steuerbevollmächtigten einer seiner Hauptgläubigerinnen, Dr. F., seinen Gläubigern einen Moratoriumsvorschlag machen mußte. In diesem Vorschlag wurde sinngemäß zum Ausdruck gebracht, daß eine organische Ordnung angestrebt werden müsse, deren vordringlichstes Ziel es sei, daß der Kläger Eigentümer des Grundstücks werde.

Mit Schreiben vom 18. April 1962 wandte sich Dr. ... darüber hinaus an den Bevollmächtigten der Beklagten. In dem Schreiben heißt es u.a.:

"Wie mir bekannt ist, hat Ihre Mandantin Anspruch auf Erfüllung eines Kaufvertrages, von dem ich jedoch keine öffentlich beglaubigte Fassung aufgegefunden habe. Die Auflassungsschriften aus diesem Vertrage lagen seit einigen Tagen vor und sollten zu einer Auflassungsverhandlung führen, die jedoch wegen der akuten Liquidität (wohl: Illiquiditat) der Firma T. nicht erbeten werden konnte. Die gegenwärtige Lage wird es kaum möglich machen, daß die Firma T. in absehbarer Zeit die erforderlichen Barmittel zum Erwerbe des Grundstucks zur Verfügung stellen kann."

Dr. F. teilte weiter mit, daß beabsichtigt sei, aus Verwandten und treuen Mitarbeitern des Klägers eine Kommanditgesellschaft zu gründen, in welcher der Kläger lediglich Angestelltenfunktion erhalten solle.

Der Kläger war in dieser Zeit (13. April bis 5. Mai 1962) von einem nervösen Erschöpfungszustand befallen und arbeitsunfähig erkrankt.

Der Moratoriumsvorschlag wurde angenommen. Da sich jedoch im Dezember 1962 eine Gläubigerin nicht mehr daran hielt, war der Kläger gezwungen, am 9. Januar 1963 die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens zu beantragen. Dieses ist am 10. September 1963 eröffnet worden.

Mit Schreiben vom 28. Januar 1963 bat der Kläger die Beklagte, die Auflassung des Pachtgrundstückes vorzubereiten, da sich gezeigt habe, "daß der Kauf des Betriebsgrundstücks nunmehr doch unabdingbares Erfordernis für die Erhaltung des Betriebs sei" Gleichzeitig erklärte er sich bereit, den nach der Vermessung feststehenden Kaufpreis von 45.856 DM "bei Abschluß des notariellen Kaufvertrags und der Auflassung" zu zahlen.

Mit Schreiben von 15. Februar 1963 lehnte jedoch die Beklagte eine Auflassung des Grundstücks mit der Begründung ab, es könne ihr nicht zugemutet werden, einen Grundstücksverkauf an einen von dem Kläger noch zu benennenden Dritten zuzustimmen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn von dem im Grundbuch von G. Band ..., Blatt 41..., eingetragenen Grundstück Flur 20, Parzelle 1..., einen Teil in Größe von 5.732 qm - neu vermessen und im Kataster Flur 20 als Parzellen 4..., ...2, 4... und ...24 ausgewiesen - Zug um Zug gegen Zahlung von 45.856 DM aufzulassen und die Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich im ersten Rechtszug nicht ausdrücklich auf die Formnichtigkeit des Vertrags vom 20. Juni 1958 berufen, jedoch die Meinung vertreten, dieser Umstand müsse vom Gericht von Amts wegen berücksichtigt werden. Hierzu hat sie behauptet, dem Kläger seien die Folgen des Formmangels bekannt gewesen. Im übrigen hat die Beklagte vorgetragen: Sie sei wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht mehr zur Erfüllung des Vertrags vom 20., Juni 1958 verpflichtet. Aus dem Vertrag folge nämlich, daß die Verpflichtung in § 4 durch die Bezogenheit auf die Person des Klägers charakterisiert werde. Jetzt stehe aber fest, daß der Kläger nur noch als Strohmann die Auflassung des Grundstücks begehre. Wahrer Eigentümer solle die nach den Schreiben Dr. F. vom 18. April 1962 zu gründende Kommanditgesellschaft werden. Der Kläger habe weiter dadurch, daß er nicht unmittelbar nach Eingang der Vermessungsunterlagen auf der Auflassung des Grundstücks bestanden habe, auf den Anspruch aus § 4 des Vertrags verzichtet. Eine Verzichtserklärung habe die Beklagte auch aus dem Schreiben Dr. F. vom 18. April 1962 gefolgert.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

In der Berufungsinstanz hat die Beklagte hilfsweise beantragt,

sie nur Zug um Zug gegen Zahlung von 127.041,49 DM nebst 9 % Zinsen aus 71.185,49 DM seit dem 28. Mai 1963 zur Auflassung zu verurteilen.

Nach Maßgabe dieses Hilfsantrags hat das Oberlandesgericht die Beklagte verurteilt.

Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

1. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Beklagte müsse nach Treu und Glauben den Vertrag vom 20. Juni 1958 ohne Rücksicht darauf erfüllen, daß die gesetzliche Form des § 313 BGB weder bei dem Verkaufsangebot der Beklagten in § 4 des Vertrags noch bei der Annahmerklärung des Klägers vom 6. Juni 1961 gewahrt worden sei. Es befaßt sich insoweit zunächst mit dem von der Beklagten erst, im letzten Termin der Berufungsinstanz bestrittenen Vortrag des Klägers, daß er die notarielle Beurkundung des Vertrags angeregt habe, und führt dazu aus: Die Beklagte müsse sich an ihrem eigenen bisherigen Sachvortrag festhalten lassen. Sie könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, ihre ursprüngliche Darstellung beruhe darauf, daß ihre juristischen Sachbearbeiter davon abgesehen hätten, wegen dieser im Verhältnis zu der Bedeutung ihres Unternehmens nur zweitrangigen Angelegenheit Herrn M. über die damaligen Vorgänge zu befragen. Auch größere Unternehmen unterlägen der prozessualen Wahrheitspflicht und müßten deshalb dasjenige, was sie vortragen ließen, in geeigneter Form auf seine Richtigkeit überprüfen Da Herr M. seinerzeit die Verhandlungen mit dem Kläger persönlich geführt habe, sei er zu befragen gewesen, ehe die Beklagte dem Gericht eine ins einzelne gehende Sachdarstellung gegeben habe, welche den Umständen nach nur von ihm habe herrühren können.

Das Berufungsgericht ist darüber hinaus der Auffassung, daß diese Darstellung, jedenfalls soweit sie mit derjenigen des Klägers übereinstimme, auch richtig sei. Herr Miele habe in seinem Schreiben vom 15. Februar 1963, so führt das Berufungsgericht aus, nicht bestritten, sondern auf den entsprechenden Vorhalt des Klägers in dessen Schreiben vom 13. Februar 1963, welches unter "persönlich" und "vertraulich" an ihn gerichtet gewesen sei, lediglich erwidert, er sei es gewohnt, seinen Verpflichtungen ohne Rücksicht darauf nachzukommen, ob sie mündlich, schriftlich oder in notariell beurkundeter Form übernommen worden seien.

Die Umstände, welche den Kläger veranlaßt hatten, von der Einhaltung der gesetzlichen Form Abstand zu nehmen, reichen nach der Auffassung des Berufungsgerichts zu der Annahme aus, daß die Anwendung des § 125 BGB zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führe. Im einzelnen stellt das Berufungsgericht insoweit auf folgendes ab: Die Beklagte nehme für sich in Anspruch, von einem "königlichen Kaufmann" geleitet zu werden und in dem Ruf zu stehen, Verträge ohne Rücksicht auf die Einhaltung der gesetzlichen Form zu erfüllen., Mit diesem Anspruch sei Herr Miele bei Vertragsschluß dem Kläger gegenübergetreten, für den er als früherer Prinzipal zudem eine besondere Autorität verkörpert habe. Dem Kläger sei zuzugeben, daß es für ihn gegenüber diesem anspruchsvollen Auftreten des Herrn M. nahezu unmöglich gewesen sei, auf der Einhaltung der gesetzlichen Form zu bestehen. Entscheidend sei aber hinzugekommen, daß der Kläger im Augenblick des Vertragsschlusses bereits weitgehend vorgeleistet gehabt habe, da er auf Grund der vorausgegangenen Zusagen der Beklagten seinem Schwager die Einwilligung zu der Veräußerung des früheren Betriebsgrundstücks schon erteilt gehabt habe und dadurch seine rechtliche Stellung gegenüber der Beklagten bereits erheblich geschwächt gewesen sei, so daß er weitgehend auf den guten Willen der Beklagten. angewiesen gewesen sei. Damit sei zugleich ein weiterer Gesichtspunkt berührt, welcher u.U. bereits allein geeignet wäre, die Beklagte an den privatschriftlichen Vertrag zu binden. Die Beklagte habe mit der Zustimmung des Klägers zu der Veräußerung seines bisherigen Betriebsgrundstücks und mit der späteren Räumung dieses Grundstücks bereits vor Jahren alle wesentlichen Vorteile aus dem Vertrags Schluß mit dem Kläger erlangt; ein wirtschaftlich bedeutender Teil ihrer Verpflichtungen stehe aber mit der Auflassung des Grundstücks gegen Zahlung eines verhältnismäßig geringfügigen Kaufpreises noch aus. Die Beklagte sei nicht bereit und praktisch auch nicht mehr in der läge, die Dinge wieder so herzustellen, wie sie ohne die Vorleistungen des Klägers wären. Nach Treu und Glauben müsse sie daher auch ihrerseits die vereinbarte Gegenleistung voll erbringen. Das gelte um so mehr, als sie sich jahrelang erfüllungsbereit gezeigt habe, so daß der Kläger darauf habe vertrauen können, daß die Beklagte weiterhin zu ihrem Wort stehen werde. Daß der Kläger mit dem Ankaufsrecht als Vermögensposten seit Jahren gerechnet habe, gehe nicht nur daraus hervor, daß er den Kaufpreis seinerzeit trotz seiner schon damals sich abzeichnenden Liquiditätsschwäche bereitgehalten und erst dann vorübergehend zurückerbeten habe, als die Auflassung ohne sein Verschulden monatelang auf sich habe warten lassen; es trete auch deutlich aus dem Rundschreiben Dr. F. vom 9. April 1962 hervor, wo es als Ziel des Gläubigermoratoriums bezeichnet werde, den streitigen Grundbesitz zu erwerben.

Auch die weiteren Gründe, aus denen die Beklagte die Erfüllung des privatschriftlichen Kaufvertrags verweigert, greifen nach der Auffassung des Berufungsgerichts nicht durch. Daß die Parteien die Verpflichtung zur Auflassung nachträglich vertraglich aufgehoben hätten, sei, so führt das Berufungsgericht aus, nicht schlüssig dargetan: Dr. F. habe in seinem Schreiben vom 18. April 1962 lediglich ausgeführt, die gegenwärtige Lage werde es dem Kläger kaum möglich machen, die Barmittel zum Erwerb des Grundstücks aufzubringen. Den von der Beklagten behaupteten Wegfall der Geschäftsgrundlage hat das Berufungsgericht mit der Begründung verneint, durch die von der Beklagten behaupteten späteren Ereignisse hätte ein wirksamer Vertrag nicht berührt werden können; es sei auch die Darstellung der Beklagten, sie sei die Verpflichtung nur aus persönlichen Gründen im Interesse des Klägers eingegangen, durch nichts belegt und nach den Umständen wenig überzeugend.

2. Diese Ausführungen werden von der Revision in materiell-rechtlicher Hinsicht und mit Rügen der Verletzung des § 286 ZPO angegriffen.

a) Die Revision meint zunächst, da beiden Parteien die Formbedürftigkeit des privatschriftlichen Vertrags vom 20. Juni 1958 bekannt gewesen sei und mithin beide bewußt gegen die gesetzlichen Formvorschriften verstoßen hätten, könne sich keine von ihnen darauf berufen, daß die Geltendmachung der Nichtigkeit wegen Formmangels treuwidrig sei. Sie stellt dabei auf die von dem Senat bestätigte Rechtsprechung des Reichsgerichts ab, daß keine Partei mit der Einrede der Arglist gehört werden kann, wenn weiter nichts vorliegt, als daß beide Parteien bewußt oder unbewußt gegen § 313 BGB verstoßen haben (Urteil des Senats vom 12. Dezember 1962 - V ZR 111/61, WM 1963, 407 unter Bezugnahme auf RGZ 153, 59, 61). Diese Voraussetzungen sind jedoch nach den Pest Stellungen des Berufungsgerichts nicht gegeben. Es hat zwar auch der Kläger die Formbedürftigkeit des Vertrags gekannt, wie sich daraus ergibt, daß er die notarielle Beurkundung des Vertrags angeregt hat. Auf seiten der Beklagten lag aber mehr vor, als daß sie bewußt gegen § 313 BGB vorstoßen hat. Sie hat vielmehr den Verzicht des Klägers auf die notarielle Beurkundung dadurch zu erreichen versucht und auch erreicht, daß sie unter Bezugnahme auf ihre Unterschrift und damit auf das Gewicht ihres geschäftlichen Ansehens den privatschriftlichen Vertrag einem notariellen Vertrag als gleichwertig bezeichnet hat, so daß es den Kläger unter diesen Umständen sowie mit Rücksicht darauf, daß der geschäftsführende Gesellschafter Carl M. für ihn als früherer Prinzipal eine besondere Autorität verkörperte, nahezu unmöglich war, auf der Einhaltung der gesetzlichen Form zu bestehen.

b) Die Revision meint in materiell-rechtlicher Hinsicht weiter, es sei nach den Ausführungen des angefochtenen Urteils nicht auszuschließen, daß sich das Berufungsgericht des Unterschieds zwischen hartem und untragbarem Ergebnis im Sinne der Rechtsprechung des Senats nicht bewußt gewesen sei. Da das Berufungsgericht seine Auffassung, die Beklagte könne sich nicht auf den Formmangel berufen, im wesentlichen mit einem allgemeinen Hinweisuf die Rechtsprechung begründet, gibt die Rüge Anlaß, zunächst diese Rechtsprechung kurz darzulegen. Sie geht hinsichtlich der Frage, ob unter besonderen Umständen der Verkäufer eines Grundstücks an einen wegen Formmangels nichtigen Kaufvertrag nach Treu und Glauben gebunden ist, dahin, daß dies nur dann der Fall ist, wenn die Nichtanerkennung des Vertrags zu einem für den Käufer untragbaren, nicht etwa nur zu einem harten Ergebnis führen würde (Urteile des Senats vom 25. September 1957 - V ZR 188/55, W § 313 EGB Nr. 13; vom 3. Dezember 1958 - V ZR 28/57, BGHZ 29, 6, 10; vom 21. Juni 1961 - V ZR 194/59, VM 1961, 1172; vom 29. Januar 1965 - V ZR 53/64, NJW 1965, 812 und vom 25. Februar 1966 - V ZR 126/64, BGHZ 45, 179, 184 mit Anm. von Rothe LM § 313 Nr. 28, jeweils mit weiteren Nachweisen). Diese Voraussetzung hat der Senat u.a. als gegeben erachtet, wenn der eine Vertragsteil auf das Versprechen des ändern Teils seine eigene Existenz aufgegeben oder eine Existenz gegründet hat, die er bei Verneinung vertraglicher Bindungen verlieren würde, wenn (beim Siedler-Vertrag) ein besonderes Treueverhältnis oder eine Fürsorgepflicht vorliegt oder wenn der Verkäufer, der den Kaufpreis verbraucht hat, zur Rückzahlung nicht in der Lage ist, so daß der Käufer sein Geld nicht wiedererlangen kann (vgl. Urteil des Senats vom 25. September 1957 a.a.O.). Ferner wurde aber auch schon in der Rechtsprechung des Reichsgerichts der Einwand der Arglist zugelassen, wenn auf Seiten desjenigen, welcher der Geltendmachung der Formnichtigkeit entgegentritt, ein Irrtum über die rechtliche Notwendigkeit der Förmlichkeit vorgelegen hat und dieser Irrtum vom Geschäftsgegner schuldhaft, mindestens fahrlässig verursacht worden war (RGZ 107, 357, 360 ff; 117, 121, 124), wenn derjenige, der sich auf den. Formverstoß beruf, eine Haltung eingenommen hat, die mit einem früher von ihm betätigten Verhalten nach Treu und Glauben unvereinbar ist (RGZ 153, 59, 60/61) oder wenn eine Partei, sei es auch nur unabsichtlich, die andere zum Absehen vom erforderlichen Abschluß eines formgültigen Vertrags veranlaßt und diese daraufhin angenommen hat, daß formlose Vereinbarungen genügten (vgl. Urteil des Senats vom 21. Juni 1961 a.a.O.).

Im vorliegenden Fall muß der Grundgedanke, der in dem Urteil des Reichsgerichts in RGZ 153, 59 zum Ausdruck kommt, dazu führen, daß die Beklagte an dem privatschriftlichen Vertrag vom 20. Juni 1958 nach Treu und Glauben festzuhalten ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der geschäftsführende Gesellschafter der Beklagten, bei dem der Kläger den Kaufmannsberuf erlernt hat, beim Abschluß des Vertrags die Bedenken des Klägers, daß doch wohl die Zuziehung eines Notars erforderlich sei, dadurch zerstreut, daß er mit einem gewissen Stolz darauf hingewiesen hat, daß der Vertrag ja seine Unterschrift trage. Als der Kläger zu bedenken gegeben hat, daß jeder Mensch sterblich sei, hat der Vertreter der Beklagten weiter erklärt, daß er den Vertrag ja auch mit dem Firmennamen der Beklagten unterschrieben habe und der Vertrag deshalb einem notariellen Vertrag gleichwertig sei. In Übereinstimmung hiermit hat die Beklagte auch noch in ihrem späteren Schreiben an den Kläger vom 15. Februar 1963 zum Ausdruck gebracht, daß sie ihren Verpflichtungen ohne Rücksicht darauf nachzukommen pflege, ob diese Verpflichtungen mündlich, schriftlich oder in notarieller Form übernommen worden seien. Damit hat die Beklagte unter Einsatz ihrer Bedeutung und ihres Ansehens sowie unter Hinweis auf ihre Geschäftsgepflogenheiten in so nachdrücklicher Weise die Erfüllung des formnichtigen Vertrags in Aussicht gestellt, daß sie sich ohne Verstoß gegen Treu und Glauben nicht von dem Vertrag lossagen kann. Ihre spätere Berufung auf die Formnichtigkeit des Vertrags stellt ohne Rücksicht darauf, daß sich der Kläger nicht in einem Irrtum über dessen Formbedürftigkeit befunden hat, eine unzulässige Rechtsausübung dar.

c) Die Feststellung des dieser rechtlichen Beurteilung zugrunde Liegenden Sachverhalts ist entgegen der Meinung der Revision auch nicht durch Verfahrensfehler beeinflußt.

aa) Es ist zunächst nicht ersichtlich, wieso der Umstand, daß Kernstück des Vertrags vom 20. Juni 1958 der auf 20 Jahre abgeschlossene Pachtvertrag gewesen sei und daß der Kläger auch sein früheres Betriebsgrundstück nur auf Grund eines Pachtverhältnisses innegehabt habe, für die aufgeführte rechtliche Beurteilung von Bedeutung sein könnte. Da das Berufungsgericht seine Auffassung, die Beklagte habe durch das Gewicht ihres Ansehens den Verzicht des Klägers auf die notarielle Beurkundung des Vertrags erreicht, auf die frühere Sachdarstellung der Beklagten und auf den Schriftwechsel des Klägers mit ihrem geschäftsführenden Gesellschafter Carl M. vom 13. und 15. Februar 1963 gestützt hat, kommt es entgegen der Meinung der Revision nicht darauf an, daß sich aus dem Text des Vertrags ergebe, daß die Beklagte ihr Übergewicht in keiner Weise ausgenutzt habe, Unerheblich sind auch die von der Revision weiter als übergangen gerügten Gesichtspunkte, daß der Kläger beim Abschluß des Vertrags vom 20. Juni 1958 keinen Auflassungsanspruch gegen seinen Schwager, den früheren Eigentümer des an die Beklagte verkauften ehemaligen Betriebsgrundstücks des Klägers gehabt habe und daß die Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen sei, wegen der Einwilligung des Klägers in den Grundstückskaufvertrag seines Schwagers mit der Beklagten den Kläger ein Grundstück zu übereignen oder ihn ein Vorkaufsrecht zu gewähren.

bb) Die Revision macht dem Berufungsgericht sodann zum Vorwurf, es habe nicht berücksichtigt, daß der Kläger nicht nur den Kaufpreis für das Grundstück habe bezahlen, sondern darüber hinaus die Beklagte von der Bürgschaft, die sie ihm für einen Investitionskredit gestellt habe, habe freistellen müssen. Dadurch hätte der Kläger, so meint die Revision, einen erneuten Kredit von 120.000 bis 130.000 DM aufnehmen und absichern müssen, wozu er nicht in der Lage gewesen wäre; unter diesen Umständen beruhe die Annahme des Berufungsgerichts, es sei auch jetzt keineswegs sicher, daß der Kläger das Grundstück alsbald in fremde Händen geben müßte, auf Verfahrensverstoß.

Hiermit wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, es könne der Beklagten auch nicht darin gefolgt werden, daß mit der Illiquidität des Klägers und der durch sie heraufbeschworenen Gefahr einer Überfremdung seines Betriebs die Geschäftsgrundlage für einen wirksamen Vertrag entfallen sei, und zwar gegen eine Hilfsbegründung dieser Auffassung (BU S. 18/19). Auf diese kommt es jedoch nicht mehr an, weil die Hauptbegründung des Berufungsgerichts, durch die von der Beklagten behaupteten späteren Ereignisse hätte ein wirksamer Vertrag nicht berührt werden können und es sei auch die Darstellung der Beklagten, sie sei die Verpflichtung nur aus persönlichen Gründen eingegangen, durch nichts belegt, frei von Rechtsirrtum ist und von der Revision auch nicht angegriffen wird.

cc) Gegen diese Hilfsbegründung wendet sich die Revision auch mit ihrer weiteren Rüge, dem Berufungsgericht könne auch nicht beigetroten werden, wenn es ausführe, die Beklagte müsse auch deshalb am Vertrag festgehalten werden, weil es für den Kläger darum gehe, seine gefährdete Existenz zu behaupten und weitere hohe Verluste abzuwenden (BU S. 19). Diese Rüge ist daher ebenfalls unbegründet.

d) Die Revision macht dem Berufungsgericht schließlich zum Vorwurf, es habe sich nicht damit befaßt, ob der Vertrag vom 20. Juni 1958 nicht auch aus einem anderen Grunde, nämlich deshalb teilweise oder ganz (§ 139 BGB) unwirksam sein könnte, weil in § 4 des Vertrags noch ein Vorkaufsrecht und in § 2 des Vertrags dadurch eine genehmigungsbedürftige Währungsklausel im Sinne des § 3 WährG vereinbart worden sei, daß sich der Pachtzins entsprechend ändern sollte, wenn während der Pachtzeit das Verhältnis der Deutschen Mark zum Dollar Schwankungen von mehr als 10 % nach oben oder unten auf weisen Würde. Hierbei übersieht die Revision, daß es sich insoweit nur um weitere, ebenfalls unter den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung fallende Folgen der von der Beklagten zu vertretenden Formnichtigkeit des Vertrags vom 20. Juni 1958 handelt. Was die Vereinbarung in dessen § 2 betrifft, so wäre bei der notariellen Beurkundung des Vertrags nach dem normalen Verlauf der Dinge die etwa erforderliche Genehmigung eingeholt oder, falls diese nicht zu erreichen gewesen wäre, die Vereinbarung entweder abgeändert oder weggelassen worden.

3. Da die Ausführungen des Berufungsgerichts auch im übrigen keinen Rechtsirrtum zum Nachteil der Beklagten enthalten, war die Revision mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.