RG, 05.12.1879 - II 307/79
Vertragsmäßige Beschränkung der Gewerbefreiheit.
Tatbestand
Der Beklagte hat sich dem Kläger gegenüber durch Vertrag vom 1. Juli 1876 verpflichtet, kein in Asphalt- oder Theerproduktenfabrikation einschlagendes Geschäft in den nächsten 10 Jahren in Deutschland zu betreiben, weder direkt noch indirekt, weder selbständig, noch unter fremder Leitung -- bei Vermeidung einer Konventionalstrafe.
Dieser Verpflichtung hat der Beklagte durch Eintritt in ein Geschäft der fraglichen Art zuwidergehandelt. Gegen die auf Bezahlung der Konventionalstrafe gerichtete Klage wurde von ihm eingewendet, der Vertrag sei "als gegen die guten Sitten und das Prinzip der persönlichen Freiheit verstoßend" nichtig. Diese Einwendung wurde verworfen und in den Gründen bemerkt:
Gründe
"Durch die in der Nichtigkeitsklagschrift angeführte Entscheidung des R.O.H.G.'s (Bd. 18 Nr. 25 S. 101) wurden die Verträge, um die es sich in dem betreffenden Falle handelte, für ungültig erklärt, weil dadurch "der Beklagte seinen Willen der Willkür seiner Mitkontrahenten nicht nach einer beschränkten Richtung hin unterworfen, sondern seine ganze geistige und physische Arbeitskraft den Klägern hingegeben" habe. Daß nicht jede Beschränkung der gewerblichen Freiheit unzulässig sei, ist in dieser Entscheidung selbst, wie in anderen Entscheidungen des R.O.H.G.'s anerkannt worden. (Vgl. z. B. Entsch. des R.O.H.G.'s, Bd. 7 Nr. 118 S. 418; 12 Nr. 9 S.29; Seuffert, Archiv, Bd. 31 Nr. 217; Bd. 32 Nr. 310.) Daß sodann aber im vorliegenden Falle die dem Beklagten auferlegte Beschränkung über die Grenze, innerhalb welcher Stipulationen der fraglichen Art möglich sind, nicht hinausgehe, hat der vorige Richter deshalb mit Recht angenommen, weil dadurch dem Beklagten die Thätigkeit nur in einem einzelnen bestimmten Geschäftsbetriebe auf die Dauer von 10 Jahren untersagt wurde und weil nicht angenommen werden kann, daß der Beklagte nicht im Stande wäre, auf andere Weise sein genügendes Auskommen zu finden."