RG, 19.04.1921 - III 543/20

Daten
Fall: 
Zurückbehaltungsrecht eines Dienstberechtigten
Fundstellen: 
RGZ 102, 110
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
19.04.1921
Aktenzeichen: 
III 543/20
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Berlin
  • KG Berlin
Stichwörter: 
  • Zurückbehaltungsrecht eines Dienstberechtigten gegenüber dem Anspruch des Dienstverpflichteten auf Rechnungslegung wegen eines ihm aus dem Dienstverhältnis gegen den Dienstverpflichteten zustehenden Schadensersatzanspruchs

Kann der Dienstberechtigte gegenüber dem Anspruche des Dienstverpflichteten auf Rechnungslegung wegen eines ihm aus dem Dienstverhältnis gegen den Dienstverpflichteten zustehenden Schadensersatzanspruchs ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen?

Tatbestand

Der Kläger war von der Beklagten zur Leitung und Überwachung eines ihrer Geschäftszweige gegen festes Gehalt und eine Vergütung von 2 vom Tausend bestimmter Aufträge angestellt worden. Nach dem Scheiden aus dem Dienste der Beklagten verlangte der Kläger mit Rücksicht auf die ihm zugesagte Provision die Rechnungslegung über die betreffenden Aufträge. Die Beklagte machte gegenüber dem Klaganspruch u. a. auch geltend, daß ihr wegen einer aus dem Dienstverhältnis gegen den Kläger erwachsenen Schadensersatzforderung ein Zurückbehaltungsrecht zustehe. Das Landgericht entsprach dem Klagantrage, soweit es sich um die bis zum Ausscheiden des Klägers erledigten Aufträge handelte. Die Berufung der Beklagten hiergegen wurde mit der, dem veränderten Antrage des Klägers entsprechenden Maßgabe zurückgewiesen, daß die Beklagte zur Erteilung eines Buchauszugs verurteilt wurde. Die Revision hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen

... Dem Berufungsgericht ist darin beizutreten, daß der Beklagten gegenüber dem Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs ein Zurückbehaltungsrecht wegen ihres angeblichen Schadensersatzanspruchs nicht zugestanden werden kann. Ist bei einem gegenseitigen Vertrage die Bezifferung und der Nachweis des dem einen Teile zustehenden Anspruchs von der dem anderen Teile obliegenden Verpflichtung zur Rechnungslegung oder Erteilung von Buchauszügen usw. abhängig, so erfordern Treu und Glauben grundsätzlich, vorbehaltlich abweichender Beurteilung bei besonderer Sachlage, die Erfüllung dieser Verpflichtung ohne Rücksicht auf etwaige Gegenansprüche des Verpflichteten. Wie die Verpflichtung des Beauftragten und des Geschäftsführers zur Rechnungslegung als eine Vorleistungspflicht anerkannt ist - JW. 1907 S. 479 Nr. 11, RGUrt. v. 10. Dezember 1918 III 247/17 -, so ist aus dem Sinn und Zweck solcher den materiellen Anspruch vorbereitenden Leistungen die Unzulässigkeit der Zurückbehaltung dieser Leistungen auch gegenüber dem Dienstverpflichteten zu folgern.