RG, 15.12.1880 - I 852/80

Daten
Fall: 
Konnossement-Erwerber
Fundstellen: 
RGZ 3, 101
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
15.12.1880
Aktenzeichen: 
I 852/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Hamburg.
  • OLG Hamburg.
Stichwörter: 
  • Liquidation des dem Konnossement-Erwerbers wegen falscher Datierung des Konnossements vom Schiffer und Reeder zu leistenden Schadensersatzes

Liquidation des dem Konnossements-Erwerber wegen falscher Datierung des Konnossements vom Schiffer und Rheder zu leistenden Schadensersatzes.

Tatbestand

Der Beklagte kaufte im August 1879 eine Anzahl Barrels Harz August-September-Abladung per Segelschiff von Amerika zu M. 3,80 für 100 Pfd., Zahlung durch Accept gegen Konnossement. Er empfing von den Verkäufern im Oktober 1879 gegen Accept Konnossemente über eine entsprechende Anzahl Barrels Harz, welche von dem Kläger als Schiffer des schwedischen Barkschiffes Israel gezeichnet und "Wilmington den 27., 29., 30. September" datiert waren. Die Abladung des Harzes war aber erst am 30. September begonnen und am 6. Oktober beendigt worden. Der Beklagte behauptet, hierdurch in Schaden gekommen zu sein, und macht gegen die Frachtforderung des Klägers kompensierend seine Schadensersatzforderung geltend. Er liquidiert als Schaden in erster Reihe M. 0,70 für je 100 Pfd., weil eine August-September-Abladung spätestens Mitte November vor Eintritt der Eissperre in Hamburg angekommen sein und damals den Wert von M. 4,85 gehabt haben würde, die mit dem Israel beförderte Oktoberabladung aber wegen der Eissperre erst Mitte Februar angekommen sei und damals den Wert von M. 4,15 gehabt habe; eventuell liquidiert Beklagter M. 0,25 für je 100 Pfd. als die Differenz des von ihm bezahlten Preises einer September-Abladung und des geringeren Preises, zu welchem Oktober-Abladung um deswillen gehandelt zu werden pflege, weil Käufer dabei größere Gefahr laufe, die Weiterversendung zu Kahn nicht mehr bewirken zu können und deshalb die Kosten der Aufbewahrung während des Winters tragen zu müssen.

Das Reichsgericht schloß sich in betreff der Schadenersatzpflicht des Schiffers der Ansicht des R.O.H.G.'s (Entsch. Bd. 25 Nr. 47 S. 192) an, verwarf die Revision in betreff der principalen Schadensliquidation, indem es die Zurückweisung derselben auf Grund der thatsächlichen Feststellung des Berufungsgerichts für gerechtfertigt hielt, ließ dagegen die eventuelle Schadensliquidation, welche das Berufungsgericht ebenfalls verworfen hatte, zu.

Aus den Gründen

"Mit Recht nimmt das Berufungsgericht an, Kläger sei verpflichtet, den Beklagten so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die Konnossemente richtig, etwa vom 7. Oktober 1879, datiert gewesen wären. War dies der Fall, so konnte Kläger aus den ihm übergebenen Konnossementen ersehen, daß sie Oktober-Abladung zum Gegenstand hatten; er war alsdann, da er August-September-Abladung gekauft hatte, berechtigt, unter Zurückweisung der Konnossemente die Berichtigung des Kaufpreises wegen Nichterfüllung des Vertrages zu verweigern. Infolge der durch unrichtige Datierung der Konnossemente hervorgerufenen Meinung aber, daß sie September-Abladung zum Gegenstande hätten, hat er dieselben als Erfüllung des Kaufvertrages angenommen und die Verkäufer durch Accept befriedigt. Es kommt mithin darauf an, durch eine Vergleichung der vermögensrechtlichen Lage des Beklagten, wie sie sich im ersten Falle gestaltet haben würde, mit der wirklichen Gestaltung derselben im zweiten Falle zu entscheiden, ob und welcher Nachteil den Beklagten getroffen hat ...

Unzutreffend ist die Ansicht des Berufungsgerichts, die Annahme der Konnossemente und die Berichtigung des Kaufpreises durch Accept habe dem Beklagten keinen Schaden gebracht, weil die Ware, wie er zugebe, bei Ankunft mehr wert gewesen sei, als der Preis, den er dafür bezahlte. Auf das Verhältnis des Wertes der Ware zum Preise würde es ankommen, wenn es sich um die Frage handelte, ob der Abschluß des Kaufgeschäftes dem Beklagten Nachteil gebracht habe. Dagegen kommt es hierauf nicht an bei der zu beantwortenden Frage, ob der Beklagte dadurch in Schaden gekommen sei, daß er die Konnossemente irrtümlich als Erfüllung des Kaufvertrages annahm. Beide Fragen fallen keineswegs zusammen. Es ist möglich, daß erstere Frage zu verneinen ist, weil sowohl der Wert der August-September-Abladung als der Wert der Oktober-Abladung den Kaufpreis überstieg, und daß dennoch die zweite Frage bejaht werden muß, weil der Gewinn des Beklagten größer gewesen sein würde, wenn er nicht Oktober-Abladung irrtümlich als September-Abladung angesehen und abgenommen hätte ...

Wenn, wie Beklagter behauptet, in Hamburg Oktober-Abladungen amerikanischen Harzes um mindestens 25 Pf. per Centner billiger gehandelt zu werden pflegen, als September-Abladungen, so hätte Beklagter, falls die ihm übergebenen Konnossemente der Wahrheit gemäß auf Oktober-Abladung lauteten, unter Zurückweisung derselben anderweit Oktober-Abladung zu geringerem Preise als September-Abladung kaufen können. Er erlitt mithin einen Schaden, indem er eine Oktober-Abladung in der irrigen Meinung, daß es eine September-Abladung und er zur Abnahme verpflichtet sei, annahm und mit dem für September-Abladung bedungenen höheren Preise bezahlte."