RG, 23.11.1880 - II 212/80

Daten
Fall: 
Anfechtung einer Erbauseinandersetzung im Wege der Teilung
Fundstellen: 
RGZ 3, 341
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
23.11.1880
Aktenzeichen: 
II 212/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Offenburg
  • OLG Karlsruhe

Finden die Bestimmungen des L.R.S. 887 über Anfechtung von Erbteilungen auch in dem Falle Anwendung, wenn ein Miterbe als Gläubiger des Nachlasses in Bezug auf sein Forderungsrecht verkürzt worden ist?

Tatbestand

Der Beklagte forderte an seinen verstorbenen Vater 1863 fl. 55 kr.; bei der Erbteilung hat er diese Forderung angemeldet, der die Teilung erledigende Notar minderte sie aber auf 1139 fl. 49 kr., weil er irrtümlich dem Gläubiger und Miterben den Anteil in Abzug brachte, welchen ein abwesender Erbe, der sich nicht gemeldet hatte, beizutragen gehabt hätte. Gleichwohl hat der Beklagte die Teilung anerkannt; einer später gegen ihn erhobenen Klage hielt er jedoch entgegen, daß er sich im Irrtum befunden habe, und daß er verletzt sei.

Darüber, ob hier Landrechtsatz 887 (Art. 887 Code civil) Anwendung finde, besagen die Gründe:

Gründe

"Der Beklagte behauptet gar nicht, in seiner Eigenschaft als Miterbe verkürzt zu sein, sondern als Gläubiger des Nachlasses, weil seine Forderungen nicht in deren vollem Betrage berücksichtigt wurden; dadurch kann er in seinem Erbteile gar nicht verletzt worden sein, wie in der mündlichen Verhandlung zutreffend hervorgehoben wurde, denn dieser wird um so größer, je weniger Schulden von den Aktiven des Nachlasses abgezogen werden; nur die Summe, welche der Beklagte als Gläubiger zu empfangen hatte, wurde kleiner. Demnach steht also gar nicht die Anfechtung der Erbteilung als solcher in Frage, sondern die Anfechtung des Anerkenntnisses vom 18. Januar 1877, worin der Beklagte tatsächlich auf denjenigen Betrag verzichtet hat, um welchen seine Forderung gekürzt worden ist. Der Trennung dieser Eigenschaften des Miterben und des Gläubigers steht gesetzlich nichts entgegen, deren Unstatthaftigkeit kann namentlich nicht daraus hergeleitet werden, daß in L.R.S. 829 ein Miterbe, welcher Schuldner des Nachlasses ist, hinsichtlich der geschuldeten Summe als "einwerfend" bezeichnet ist. Der Verzicht steht nun aber weder der Zahlung noch dem Schuldbekenntnisse gleich, auf welch letzteres die Berufungsbeschwerde hinweist und von welchen die daselbst angerufenen 1. 31 Dig. de condict. indeb. 12. 6; I. 5 §. 1 Dig. de act. emti vend. 19. 1; I. 25 §. 4 Dig. de probationibus 22. 3; 1. 1 pr. Dig. ut in posses. legat. 36. 4; 1. 2 §§. 3. 4 Dig. de donation. 39. 5; 1. 3. 4. Cod. de cond. indeb. 4. 5, sowie die citierten gemeinrechtlichen Schriftsteller, namentlich Vangerow §. 625, Windscheid §.426, v. Holzschuher 2. Aufl. Bd. III S. 486, dieser unter Bezugnahme auf die 1. 1 pr. Dig. 36. 4, allein handeln; ein Verzicht kann daher nicht gleich einer Zahlung oder gleich einem Schuldbekenntnisse condiziert, sondern nur nach Maßgabe der allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen angefochten werden und, wenn dieses wegen Irrtums geschieht, muß solcher thatsächlich begründet werden. - Das Oberlandesgericht stellt nun aber und zwar vollkommen richtig fest, daß ein Irrtum nicht thatsächlich substanziiert worden sei, was um so mehr notwendig war, als ein selbstverschuldeter Irrtum den Vertrag nicht ungültig machte. - Landrechtsatz 1110. 1110a,. - In letzterer Beziehung mag noch darauf hingewiesen werden, daß der Beklagte am 18. Januar 1877, als er die Teilung anerkannte, von einem Anwalte begleitet war."