RG, 12.11.1880 - II 255/80

Daten
Fall: 
Verurteilung eines Teilhabers
Fundstellen: 
RGZ 3, 338
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
12.11.1880
Aktenzeichen: 
II 255/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Köln
  • OLG Köln
Stichwörter: 
  • Erwirken einer Verurteilung eines Teilhabers auf Grund eines gegen die Handelsgesellschaft ergangenen Urteils

Kann auf Grund des gegen eine Handelsgesellschaft ergangenen Urteils, welches für provisorisch vollstreckbar erklärt ist, nachdem Berufung gegen dasselbe eingelegt worden, die Verurteilung eines der Teilhaber erwirkt werden?

Tatbestand

Die Erben H. belangten auf Grund eines bei dem Handelsgerichte zu Köln gegen die Baugesellschaft H. D. & Co. zu L. am 4. Novbr. 1878 ergangenen Urteils den Teilhaber der letzteren, D., auf Zahlung der judikatmäßigen Summe nebst näher angegebenen Zinsen und der ergangenen Kosten. Der Beklagte machte zu seiner Verteidigung unter anderem geltend, daß die Klage auf das fragliche Urteil nicht gestützt werden könne, da dasselbe durch Berufung angegriffen, mithin, wenn es auch für provisorisch vollstreckbar erklärt worden, nicht rechtskräftig sei.

Von den Vorinstanzen ist die Klage zugesprochen; das Reichsgericht hat dieselbe unter Aufhebung des Urteils zweiter Instanz als unbegründet abgewiesen aus folgenden Gründen:

Gründe

"Das Urteil, auf welches die Klage sich stützt, ist unbestritten nicht ein rechtskräftiges, den fraglichen Anspruch definitiv feststellendes, vielmehr in erster Instanz erlassen und durch Berufung angegriffen. Allerdings ist dasselbe - und darauf stützt sich die Entscheidung der Vorerkenntnisse - auf Grund von Art. 439 Code de proc. provisorisch vollstreckbar erklärt worden. Diese Erklärung hat aber gesetzlich nur die Bedeutung, daß das Urteil gegen die genannte Gesellschaft der Berufung ungeachtet exequiert werden kann, dagegen ist ihr dem Revisionskläger gegenüber, der nicht Partei in jenem Prozesse, eine Wirkung nicht beizulegen. Wollte man dies aber annehmen, so würde man zu dem Resultate gelangen, daß jenes Urteil, wie gegen die Gesellschaft, so auch gegen den Revisionskläger habe vollstreckt werden können. Von diesem Satze sind aber die Revisionsbeklagten nicht ausgegangen, denn es ist ihrerseits nicht die Exekution gegen den Revisionskläger betrieben, sondern die vorliegende Klage erhoben worden. Diese Klage wird nun, was ihre Begründung betrifft, lediglich auf das mehrerwähnte Urteil gestützt. Durch letzteres ist indes, wie angeführt, der fragliche Anspruch nicht endgültig festgestellt, vielmehr schwebt die Entscheidung über dessen Bestehen in zweiter Instanz. Bei dieser Sachlage kann aber das bezogene Urteil nicht ausreichen, um auf dasselbe eine auch nur provisorische Verurteilung des Revisionsklägers zu stützen. Wenn daher von dem Oberlandesgerichte angenommen worden ist, daß durch jenes Urteil der fragliche Anspruch letzterem gegenüber als insoweit festgestellt zu erachten, daß derselbe dagegen nur Einreden aus eigenem Rechte geltend machen könne, so erscheint diese Annahme rechtsirrtümlich, da vielmehr eine solche Wirkung nur einem definitiven Urteile beizulegen gewesen wäre. Die angegriffene Entscheidung war hiernach wegen Verletzung der Art. 1351 Code civ. und Art. 112 H.G.B, aufzuheben, und die erhobene Klage abzuweisen.

Hierbei hätte noch die Frage entstehen können, ob nicht etwa das Erkenntnis in der gegenwärtigen Sache nach §. 139 C.P.O. bis zur Entscheidung in dem mehrerwähnten, für dieselbe präjudiziellen Prozesse auszusetzen; es würde das indes der Tendenz der angestellten Klage, die eine sofortige, vorläufig vollstreckbar zu erklärende Verurteilung des Revisionsklägers verlangt, nicht entsprochen haben."