RG, 29.09.1880 - I 96/79
Kann der Käufer von Waren "in Säcken" oder dgl. Lieferung in Originalverpackung verlangen?
Gründe
"Die Beklagten haben laut Schlußnote von den Klägern gekauft:
"100 tons- bis 200 tons - hier ausgeliefertes Nettogewicht—Sabarilla-Steinnüsse in Säcken,—excl. Seebeschädigung, im Laufe der Monate August bis Dezember d. J. [1878] inkl. per steamer abzuladen, d. h. alle Verschiffungen der Herren M. S. & Co. in Barranquilla, welche successive von August ab bis zu dem oben stipulierten Maximalquantum abgeladen werden,—frei hier hinter der Herren Käufer Speicher zu liefern, mit reiner Tara und nach hiesiger Usance gesiebt".
Von einer auf Grund dieses Kontraktes von den Klägern angebotenen, durch das Dampfschiff "Silesia" nach Hamburg gebrachten Partie Steinnüsse haben die Beklagten einen Teil deshalb zu empfangen sich geweigert, weil die Nüsse nicht mehr in den Originalsäcken sich befinden, einen anderen deshalb, weil sich die Originalste, in denen diese Nüsse angeboten werden, angeblich äußerlich als seebeschädigt darstellen. In beiden Punkten hat das Handelsgericht im Princip zu Gunsten der Beklagten erkannt und von diesem Standpunkte aus auf Beweis interloquiert; das Obergericht dagegen hat grundsätzlich den Klägern Recht gegeben, daher die Beklagten zur Empfangnahme und Bezahlung aller derjenigen Teile der Partie verurteilt, in Ansehung welcher dieselben keine Seebeschädigung behauptet hatten, und im übrigen ihnen nur noch den Beweis nachgelassen, daß die Nüsse, oder wie viele davon, seebeschädigt angekommen seien. Offenbar sind diese beiden Fragen, ob die Beklagten verpflichtet seien, die gekauften Steinnüsse anders als in den Originalsten zu empfangen, und ob sie verpflichtet seien, aus solchen Säcken, die eine Seebeschädigung erlitten haben, den etwa unbeschädigt gebliebenen Teil des Inhaltes zu empfangen, von einem und demselben Princip aus zu entscheiden. Es kommt darauf an, ob als wesentlicher Gegenstand des Kaufes nur die von M. S. & Co. in Säcken verladenen Steinnüsse, oder vielmehr die einzelnen von ihnen verladenen Säcke mit den in jedem befindlichen Steinnüssen zu denken sind, mit anderen Worten, ob die Originalverpackung hier im Sinne des Vertrages als eine wesentliche Eigenschaft der zu liefernden Ware anzusehen ist. Mit dem Obergericht mußte sich das Reichsgericht gegen diese letztere Auffassung erklären. Gegen sie spricht zunächst der Wortlaut der Schlußnote, der als Gegenstand des Handels nur überhaupt Steinnüsse in Säcken, und zwar die von M. S. & Co. innerhalb eines gewissen Zeitraumes zu machenden Verschiffungen, nennt. Hierin liegt vor allem nur eine Feststellung der Art der in Rede stehenden Verschiffungen, nämlich dahin, daß die Nüsse nicht als ganze Schiffsladung eingeschüttet, sondern als individuell abgesonderte Stückgüter verladen sein sollten; ferner, in Verbindung mit der Klausel: "frei hier hinter der Herren Käufer Speicher zu liefern", auch die Übernahme der Verpflichtung ab seiten der Verkäufer, die Ware jedenfalls in Säcken zu liefern. Etwas weiteres darin zu finden, dafür ist kein Grund ersichtlich. Wo nicht besonders Originalverpackung bedungen ist, kann überhaupt im Warenverkehre dieselbe nicht als wesentlich gelten, abgesehen von speciellen Usancen bei einzelnen Warenarten ... . Was aber die Beklagten vorbringen über die Unmöglichkeit, ohne die Originalsäcke zu konstatieren, ob wirklich eine schlußnotenmäßige Verschiffung vorliege, kommt deshalb gar nicht in Betracht, weil es im Falle des Bestreitens natürlich dem klagenden Verkäufer obliegt, die schlußnotenmäßige Abladung zu beweisen." ...