RG, 10.05.1880 - I 804/80

Daten
Fall: 
Fortwirken einer bedingt befristeten Kaufpreisforderung
Fundstellen: 
RGZ 2, 143
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
10.05.1880
Aktenzeichen: 
I 804/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Hamburg
  • OLG Hamburg

Fortwirken der in der Bedingung liegenden Befristung in dem Falle der 1. 161 D. de R. J. 5. 50, 17. Auslegung des die Parteibehauptungen nicht präcis wiedergebenden Thatbestandes des Berufungsurteils.

Tatbestand

Der Beklagte war aus einer Bürgschaft belangt, die er dem Kläger gegenüber für zwei Bauunternehmer Sch. und R. in Beziehung auf eine ihnen gemachte Holzlieferung übernommen hatte, wobei die Fälligkeit der Hauptschuld an die weiter unten ersichtlichen Bedingungen geknüpft war.

Aus den Gründen

... "Es ist ... rechtsirrtümlich, wenn das Oberlandesgericht angenommen hat, daß deswegen, weil Sch. und R. erklärt haben, nicht weiter bauen zu wollen, ihre Schuld sofort ohne weiteres fällig geworden sei. Die Fälligkeit der einen Hälfte war an die Bedingung geknüpft, daß der Innen- und Außenputz der Häuser vollendet sei, die der anderen an die Bedingung, daß die Häuser in die Feuerkasse aufgenommen seien. Nun liegt in jeder aufschiebenden Bedingung im Zweifel zugleich eine Befristung;

vgl. Windscheid, Pandektenrecht, Bd. 1, 5. Auflage, §. 91 S. 256;

und das Oberlandesgericht hat nicht etwa aus besonderen Umständen des Falles als thatsächlich festgestellt angenommen, daß die Kontrahenten 38. Vom Schuldner vereitelte Bedingung.

hier diese Befristung ausnahmsweise nicht gewollt hätten. Es war also zugleich eine Befristung für jede der beiden Hälften mindestens bis dahin gegeben, wo nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge die betreffende Bedingung eingetreten sein konnte. Wurde durch eigene Schuld der Hauptschuldner der Eintritt der Bedingung verzögert, so hatte dieselbe nach der Regel der 1. 161 D. de R. J. 5. 50, 17 dann als eingetreten zu gelten, wann sie bei ordnungsmäßigem Verhalten der Hauptschuldner eingetreten sein würde. Zur Begründung des klägerischen Anspruches gehörte also auch der Umstand, daß, falls die Hauptschuldner nicht hätten den Bau liegen lassen, die beiden Bedingungen jetzt erfüllt sein würden.

Wie sich nun in dieser Beziehung die thatsächlichen Erklärungen der beiden Parteien verhalten haben, ist bei der etwas dürftigen Abfassung des Thatbestandes in den beiden vorigen Urteilen nicht unzweifelhaft. Derjenige des jetzt angefochtenen Urteiles umfaßt bei weitem nicht den ganzen Sach- und Streitstand; man muß daher annehmen, daß im übrigen stillschweigend auf den Thatbestand des landgerichtlichen Urteiles hat verwiesen werden sollen. Dieser aber nimmt im wesentlichen nur auf die vorbereitenden Schriftsätze und die Anlagen der Klage Bezug. Da nun laut Anlage 3 zur Klage der Anwalt des Klägers dem Beklagten gegenüber brieflich die Behauptung aufgestellt hat:

"Die Zahlung wäre längst fällig, wenn nicht Sch. und R. den Bau verlassen hätten," so kann man zu Gunsten des Klägers annehmen, daß er in der mündlichen Verhandlung erster Instanz behauptet habe, wenn die Hauptschuldner ordnungsmäßig weiter gebaut hätten, so würde der Innen- und Außenputz der Häuser bereits vollendet und die Häuser bereits in die städtische Feuerkasse aufgenommen sein. Andrerseits erscheint es bei dieser Sachlage bedenklich, einen Fall der Anwendung des §. 129 Abs. 2 C.P.O. als gegeben zu betrachten und daraufhin die fraglichen Thatsachen als vom Beklagten zugestanden anzusehen. Es bedarf also in Ansehung dieses Punktes noch weiterer Verhandlung, weshalb die Sache an das Oberlandesgericht zurück verwiesen werden muß. Soweit nicht festgestellt würde, daß bei ordnungsmäßigem Weiterbauen die vertragsmäßigen Bedingungen der Fälligkeit bereits eingetreten sein würden, müßte die Klage zur Zeit noch abgewiesen werden."