RG, 20.03.1880 - I 251/80

Daten
Fall: 
Frist zur Einlegung des Rechtsmittels
Fundstellen: 
RGZ 1, 429
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
20.03.1880
Aktenzeichen: 
I 251/80
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • Patentamt

Kann die Frist zur Einlegung des Rechtsmittels durch Einlegung der Schrift in den im Geschäftslokal ausgehängten Briefkasten gewahrt werden?

Gründe

"Nach §. 32 des Patentgesetzes vom 25. Mai 1877 war die Berufung binnen sechs Wochen nach der Zustellung der anzufechtenden Entscheidung bei dem Patentamte schriftlich anzumelden und zu begründen. Die Frist lief, da die Zustellung am 13. Januar 1880 stattgefunden hatte, am 24. Februar ab. Die Berufungsschrift ist ausweislich des Eingangsstempels erst am 25. Februar, also zu spät, bei dem Patentamte eingegangen. Berufungskläger behauptet, daß dieselbe schon am 24. Februar eingereicht worden sei, indem er sich erbietet zu beweisen, daß die Schrift am 24. Februar zwischen 7 und 8 Uhr abends in den Briefkasten des Patentamtes geworfen worden sei. Wenn man nun auch annimmt, daß gegen den durch den Eingangsstempel bewirkten Präsentationsvermerk der Gegenbeweis stattfindet (R.O.H.G.'s-Entsch. Bd. 2 S. 30), so ist doch der von dem Berufungskläger behauptete Vorgang nicht so beschaffen, daß durch Nachweisung desselben der Gegenbeweis gegen den Präsentationsvermerk erbracht werden würde. Zwar kann nicht angenommen werden, daß die Einreichung der Berufungsschrift am 24. Februar um deswillen unbeachtlich sei, weil sie nach Schluß der von 9 Uhr vormittags bis 4 Uhr nachmittags dauernden Geschäftsstunden des Patentamtes erst zwischen 7 und 8 Uhr abends stattgefunden habe; denn die nach Wochen bestimmte Frist endigte der Natur der Sache nach, wie auch §. 200 der Civilprozeßordnung vorschreibt, erst mit dem Ablauf des letzten Tages der letzten Woche. Dagegen wurde die Frist durch Einwerfung der Berufungsschrift in den Briefkasten des Patentamtes nur dann gewahrt, wenn dieselbe innerhalb der Frist durch Eröffnung des Briefkastens in den Besitz des Patentamtes gelangte oder wenigstens Berufungskläger darauf rechnen konnte, daß sie bei regelmäßiger Geschäftsbehandlung innerhalb der Frist in den Besitz des Patentamtes gelangen werde (R.OH.G.'s-Entsch. Bd. 2 Nr. 1 S. 22. 23).

An dieser Voraussetzung fehlt es im vorliegenden Falle. Berufungskläger konnte nicht annehmen, daß eine zwischen 7 und 8 Uhr abends in den Briefkasten eingeworfene Eingabe noch an demselben Tage in den Besitz des Patentamtes gelangen werde, da nach §.16 der Kaiserlichen Verordnung vom 18. Juni 1877 über die Einrichtung, das Verfahren und den Geschäftsgang des Patentamtes (R.G.Bl. S. 533) Geschäftssachen, welche außerhalb der Dienststunden eingehen, erst bei dem Wiederbeginn der Dienststunden von dem dazu bestimmten Beamten mit dem Präsentationsvermerk zu versehen sind, und nach der beim Patentamt bestehenden Einrichtung der Briefkasten täglich nur einmal und zwar beim Wiederbeginn der Dienststunden vormittags um 9 Uhr geleert wird.

Berufungskläger hätte daher die Berufungsschrift, wenn er sie am 24. Februar nach Beendigung der Dienststunden noch einreichen wollte, einem Beamten des Patentamtes persönlich zustellen lassen müssen. Das Patentamt hat danach die Zulassung der Berufung mit Recht versagt."