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RG, 08.10.1915 - II 159/15

Daten
Fall: 
Generalversammlung einer Aktiengesellschaft
Fundstellen: 
RGZ 87, 155
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
08.10.1915
Aktenzeichen: 
II 159/15
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG I Berlin
  • KG I Berlin

Inwieweit kann in der Generalversammlung einer Aktiengesellschaft über nicht angekündigte Anträge Beschluß gefaßt werden?

Aus den Gründen

... "Nach § 256 Abs. 2 HGB. können über Gegenstände, deren Verhandlung nicht ordnungsmäßig mindestens eine Woche vor dem Tage der Generalversammlung angekündigt ist, Beschlüsse nicht gefaßt werden. Dazu war in Art. IV 2 Abs. 2 der Statuten der Beklagten bestimmt, daß Anträge eines Aktionärs für die ordentliche Versammlung des laufenden Jahres nur berücksichtigt werden könnten, wenn sie vor dem 1. März bei dem Vorstand eingingen. Während nun die Tagesordnung für die Generalversammlung vom Juni 1913 auf Erhöhung des Grundkapitals um 1 Million lautete, wurde auf einen aus dem Schoße der Versammlung gestellten Antrag hin beschlossen, das Kapital um 5 Millionen zu erhöhen. Ein solcher Antrag hat mit einem Abänderungs- oder Ergänzungsantrage, wie er in der Rechtsprechung des Reichsgerichts als zulässig anerkannt wird (vgl. Jur. Wochenschr. 1897 S. 246 Nr. 63, RGZ. Bd. 67 S. 109), nichts mehr zu tun, geht vielmehr weit über die Grenzen eines Amendements hinaus. Mit Unrecht meint das Kammergericht, der Kern der Tagesordnung habe in der Erhöhung des Grundkapitals schlechthin bestanden, jede Abweichung von der vorgeschlagenen Summe sei erlaubt gewesen. Vielmehr würde sich der Beschluß im Sinne des § 256 Abs. 2 nur dann im Rahmen des angekündigten "Gegenstandes" halten, wenn ihm wirtschaftlich ungefähr die gleichen Wirkungen wie dem Vorschlage zukämen. Indem aber die Generalversammlung das Grundkapital von 10 Millionen Mark, statt, wie vorgeschlagen war, um ein Zehntel, um die volle Hälfte erhöhte, stellte sie die Gesellschaft auf eine ganz andere Basis und änderte von Grund auf deren bisherige Lebensbedingungen. Das war ohne gehörige Ankündigung nicht angängig."