RG, 17.12.1895 - III 372/95
Nach welchen Grundsätzen ist die Revisionssumme zu berechnen, wenn die streitige Rente für die Anfangsjahre niedriger, für die spätere Zeit höher zuerkannt ist?
Gründe
"Durch das von ihm mit der Revision angegriffene Berufungsurteil ist der Beklagte verurteilt, an den im Eisenbahnbetriebe beschädigten Kläger eine Leibrente von jährlich 18 M für die nächsten sieben Jahre, nämlich bis zum vollendeten 14. Lebensjahre, und von jährlich 150 M für die spätere Zeit zu zahlen. Für die zunächst zu prüfende Frage, ob die Revisionssumme vorhanden ist, sind zwar die entsprechend anzuwendenden §§ 2 flg. C.P.O. maßgebend; doch ist eine unmittelbare Anwendung des für die Berechnung des Streitwertes bei Renten bestimmten § 9 dadurch ausgeschlossen, daß bei der Verschiedenheit der Jahresbeträge und zugleich der Ungewißheit der Lebensdauer des Klägers ein bestimmter, 12 1/2 fach zu nehmender Jahresbetrag nicht zu ermitteln ist. Bei Ausübung des daher nach § 3 anzuwendenden freien Ermessens ist aber im Geiste des Gesetzes das dem § 9 zu Grunde liegende Prinzip jedenfalls soweit zu berücksichtigen, daß weder unter 951 M als die für 12 1/2 Jahre sich ergebende geringste Gesamtsumme hinab, noch über 1875 M als den 12 1/2 fachen Betrag der höchsten Jahresrente von 150 M hinauszugehen ist; denn höher würde nach dem dann zweifellos anzuwendenden § 9 der Streitwert nicht einmal angenommen werden können, wenn der Beklagte zu jährlich 150 M von Anfang an, also zu einer viel größeren Leistung verurteilt wäre. Erwägt man nun innerhalb jenes Rahmens, daß gerade für die nächsten Jahre, die der Kläger am sichersten erleben wird, die Rente sehr gering bemessen ist, und daß daneben bis zum Beginne der höheren Leistungen ein erheblicher Zwischenzins erspart wird, so konnte der für die Revisionsinstanz in Betracht kommende Streitwert auf nicht mehr als 1400 M geschätzt werden. Es fehlt daher an der gesetzlichen Revisionssumme."