RG, 22.01.1896 - I 5/96

Daten
Fall: 
Herausgabe einer Lebensversicherungspolice
Fundstellen: 
RGZ 37, 415
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
22.01.1896
Aktenzeichen: 
I 5/96
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • OLG Breslau

Welches ist der Wert des Streitgegenstandes, wenn mit der Klage die Herausgabe einer Lebensversicherungspolice beansprucht wird?

Gründe

"Der Beklagte hat dem Kläger alle ihm aus einer Versicherung bei der Leipziger Lebensversicherungsgesellschaft zustehenden Rechte, insbesondere auch auf die Versicherungssumme von 15000 M, cediert und der Kläger sich zur Rückcession nach erfolgter Befriedigung verpflichtet. Diese Cession ist demnächst für eine endgültige erklärt, die Verpflichtung des Klägers zur Rückcession aufgehoben, und der Beklagte hat sich verpflichtet, die Prämien weiter zu bezahlen. Mit der Behauptung, daß die Ansprüche des Klägers aus nichtigen Differenzgeschäften herrühren, beantragt Beklagter widerklagend, den Kläger zur Rückcession und Ausfolgung der Police zu verurteilen.

Beide Anwälte haben Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes für die Widerklage beantragt, und das Berufungsgericht hat ein Gutachten der Leipziger Lebensversicherungsgesellschaft darüber eingefordert, welchen Wert die Police an dem Tage der Erhebung der Widerklage gehabt habe. Auf Grund dieses Gutachtens, welches den Rückkaufswert am besagten Tage auf 3166,50 M angiebt, hat das Oberlandesgericht den Wert des Streitgegenstandes auf diesen Betrag festgesetzt. Die dagegen auf Grund des § 12 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte eingelegte Beschwerde, welche Festsetzung des Wertes auf 15000 M beantragt, mußte für begründet erachtet werden.

Gegenstand der Cession und der Widerklage ist die Forderung aus dem Versicherungsvertrage. Nach dem Willen des Versicherers und des Versicherungsnehmers erwirbt letzterer mit dem Abschlusse des Vertrages ein unbedingtes mit dem Tode des Versicherten fällig werdendes Forderungsrecht auf die Versicherungssumme. Wenn daneben auch ein vertragsmäßiger Anspruch auf einen Reserveanteil besteht, der in den Fällen von Kündigung oder Auflösung des Vertrages durch Verwirrung ausbezahlt werden soll, so erhält dadurch die Police doch nicht die rechtliche Bedeutung eines Papieres, dessen Wert von Jahr zu Jahr steigt, sondern sie ist und bleibt nach dem rechtlichen und wirtschaftlichen Zwecke des Vertrages ein Papier, das zur Empfangnahme der einstens fällig werdenden Versicherungssumme, die unmittelbar Vertragsgegenstand ist, legitimieren soll.

Daß bei der Session nicht ein Rückkauf der Police von der Versicherungsgesellschaft beabsichtigt war, ergiebt sich daraus, daß der Cedent sich zur Weiterbezahlung der Prämie verpflichtet hat."