RG, 14.10.1884 - II 203/84

Daten
Fall: 
"insofern eine weitere Verhandlung der Sache erforderlich ist"
Fundstellen: 
RGZ 12, 377
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
14.10.1884
Aktenzeichen: 
I 203/84
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • LG Zwickau
  • OLG Dresden

Auslegung der Worte des §.500 C.P.O.: "insofern eine weitere Verhandlung der Sache erforderlich ist."

Tatbestand

In erster Instanz war die Klage als im Rechtswege unstatthaft abgewiesen worden. Das Berufungsgericht änderte ab, erkannte aber auch in der Sache selbst, weil die erste Instanz bereits zur Hauptsache vollständig verhandelt habe, weshalb §. 500 C.P.O. hier keine Anwendung finde. Das Reichsgericht hob das Urteil auf, soweit nicht der Rechtsweg für zulässig erklärt war, und zwar aus folgenden Gründen:

Gründe

"Der Ausspruch des Berufungsurteiles, daß der Rechtsweg in der gegenwärtigen Sache zulässig sei, beruht auf Gesetzen, welche nur für den Bezirk des Berufungsgerichtes Geltung haben, war daher für unanfechtbar zu erachten. Dagegen mußte geprüft werden, ob das Berufungsgericht sofort in der Sache erkennen durfte.

Nach §. 500 Abs. 1 Ziff. 2 C.P.O. hat das Berufungsgericht die Sache, insofern eine weitere Verhandlung derselben erforderlich ist, an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen, wenn durch das angefochtene Urteil nur über prozeßhindernde Einreden entschieden ist. Vorliegenden Falles war von dem erstinstanzlichen Urteile lediglich über die prozeßhindernde Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges zum Vorteile des Beklagten entschieden worden. Das Berufungsurteil hob diese Entscheidung auf. Nunmehr mußte dasselbe die Sache zurückverweisen. Die Worte: "insofern eine weitere Verhandlung derselben erforderlich ist", bedeuten lediglich soviel: "insofern nicht schon die zweitinstanzliche Entscheidung die Sache beendigt." Nicht aber drücken sie schlechthin den Satz aus: "insofern es einer weiteren Verhandlung noch bedarf." Es darf nicht übersehen werden, daß die Bestimmungen des §. 499 C.P.O. über die Wirkungen der Devolution des Rechtsstreites durch den §. 500 C.P.O. wesentlich eingeschränkt sind. Wenn die erste Instanz nur über prozeßhindernde Einreden erkannt hat, erwächst die Sache auch nur rücksichtlich dieser Einreden und (vgl. §. 500 Abs. 2 a. a. O.) etwaiger anderer prozeßhindernder Einreden zur zweiten Instanz. Es ist gleichgültig, ob die erste Instanz bereits in der Sache selbst verhandelt hat. Nicht auf die Verhandlung, sondern auf die Entscheidung der eisten Instanz kommt es an. Die Motive zu §. 500 C.P.O. besagen dies übrigens ausdrücklich. Sie heben hervor: "Ein Urteil (des Berufungsgerichtes) über prozeßhindernde Einreden ohne Unterschied, ob das Berufungsgericht die den Einwand verwerfende Entscheidung des ersten Richters bestätigt oder den in erster Instanz für begründet angenommenen Einwand unter Abänderung des angefochtenen Urteiles verwirft, hat sich mit der Sache selbst noch nicht befaßt. Es würde, wenn das Urteil des Berufungsgerichtes sich auf andere Streitpunkte, als die in erster Instanz entschiedenen erstreckte, der Gegenstand des Rechtsstreites in zweiter Instanz ein anderer sein, als in erster Instanz." Wenn das vorige Urteil hiergegen auf §. 499 C.P.O. verweist, aus welchem hervorgehe, daß der Umstand, daß ein Urteil sich mit einem bestimmten Streitpunkte nicht befaßt habe, in vielen Fällen kein Hindernis für die Devolution dieses Streitpunktes an die höhere Instanz bilde, so ist eben nicht beachtet, daß der §. 500 Ausnahmen von der Regel des §. 499 a. a. O. aufstellt. In den im §. 500 erwähnten fünf Fällen soll, sofern nicht die Entscheidung der zweiten Instanz die Sache erledigt, eine Zurückverweisung an die erste Instanz unbedingt stattfinden, selbst dann, wenn in erster Instanz bereits über die Sache verhandelt wurde."