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RG, 19.04.1884 - B 50/84

Daten
Fall: 
Vormerkung des Rechtes auf Eintragung
Fundstellen: 
RGZ 11, 279
Gericht: 
Reichsgericht
Datum: 
19.04.1884
Aktenzeichen: 
B 50/84
Entscheidungstyp: 
Urteil
Instanzen: 
  • OLG Marienwerder

Einstweilige Verfügung behufs Vormerkung des Rechtes auf Eintragung des Eigentumes an einem Grundstücke.
Ist für den Inhalt des Gesuches um Eintragung allein §. 70 des Eigentumserwerbsgesetzes vom 5. Mai 1872 maßgebend?

Tatbestand

Durch schriftlichen Vertrag vom 12. Juli/1. September 1881 verkaufte der Beklagte M., welcher eingetragener Eigentümer eines Grundstückes in Karlsbroa ist, mehrere Parzellen dieses Grundstückes an den klagenden Fiskus. Beklagter verpflichtete sich, die Auflassung der Parzellen an den Kläger zu bewirken. Letzterer hat mit der Behauptung, daß er den, ihm obliegenden Vertragsverpflichtungen nachgekommen sei, mittels Klage beantragt,

den Beklagten zur Vornahme der noch nicht bewirkten Auflassung zu verurteilen.

Die Klage ist in erster Instanz abgewiesen. Kläger hat Berufung eingelegt, und vor Entscheidung der Sache in zweiter Instanz den Antrag gestellt, in dem Grundbuche über das dem Beklagten gehörige Grundstück eine Vermerkung behufs Erhaltung seines (des Klägers) Recht auf Auflassung einzutragen. Das Oberlandesgericht zu Marienwerder hat gemäß §. 821 C.P.O. in erster Instanz über diesen Antrag ohne mündliche Verhandlung befunden, ihn jedoch durch Beschluß vom 29. März 1884 zurückgewiesen.

Gründe

Als Gründe führt es an, es sei weder der Anspruch, noch die Besorgnis, daß die Verwirklichung des klägerischen Rechtes erschwert werde, glaubhaft gemacht. Gegen diesen Beschluß hat Kläger Beschwerde erhoben. Dieselbe ist vom Reichsgerichte für begründet erachtet. Die Entscheidungsgründe des reichsgerichtlichen Beschlusses vom 19. April 1884 führen zunächst aus, daß der Anspruch des Klägers auf Auflassung der Parzellen nach Lage der Akten genügend glaubhaft gemacht sei. In betreff des zweiten Abweisungsgrundes wird Folgendes erwogen:

Der zweite Grund des Oberlandesgerichtes geht dahin, es sei die Besorgnis nicht glaubhaft gemacht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechtes des Klägers wesentlich erschwert werden könnte. Dieses Erfordernis entspricht zwar der Vorschrift des §. 814 C.P.O. Das Oberlandesgericht berücksichtigt aber nicht, daß §. 16 Nr. 4 des Einf.-Ges. zur C.P.O. weiter bestimmt:

Unberührt bleiben:
4. die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes, nach welchen in bestimmten Fällen einstweilige Verfügungen erlassen werden können. In dieser Beziehung schreibt §. 70 des Eigentumserwerbsges. vom 5. Mai 1872 vor, daß der Prozeßrichter auf den Antrag einer Partei die Eintragung einer Vormerkung bei dem Grundbuchamte nachzusuchen hat, wenn ihm der Anspruch oder das Widerspruchsrecht, welche durch die Vormerkung gesichert werden sollen, glaubhaft gemacht sind. Dieses Gesetz sieht also von dem weiteren, im §. 814 C.P.O. aufgestellten Erfordernisse (der Besorgnis einer Erschwerung der Verwirklichung des Rechtes) ab, und läßt die Eintragung der Vormerkung zu, sobald der Anspruch selbst glaubhaft gemacht ist. Die Geltung dieses Gesetzes wird durch die Civilprozeßordnung nicht berührt. Denn nach §. 757 C.P.O. bestimmt sich die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen nach den Landesgesetzen, und §. 18 des preuß. Ausf.-Ges. zur C.P.O. vom 24. März 1878 schreibt vor, daß die nach dem Gesetze über den Eigentumserwerb zur Eintragung einer Vormerkung erforderliche Vermittelung des Prozeßrichters nur als Ausführung einer einstweiligen Verfügung nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung stattfindet. Daß letzteres Gesetz nur das Verfahren regeln will, und daß für den Inhalt des Gesuches §. 70 des Eigentumserwerbsges. maßgebend bleibt, also nur die Glaubhaftmachung des Anspruches erforderlich ist, nimmt das Reichsgericht (in Übereinstimmung mit v. Wilmowski-Levy, Kommentar zur Civilprozeßordn. §. 817 Note 2 Ausg. 3 S. 961 und Achilles, Die preuß. Gesetze über Grundeigentum §. 70 Zus. Ausg. 3 S. 322) als unbedenklich an.

Sonach erscheint die Zurückweisung des klägerischen Antrages aus dem zweiten Grunde des Oberlandesgerichtes nicht statthaft. Es mußte vielmehr die Eintragung der Vormerkung für geboten erachtet werden. Das Ersuchen an das Amtsgericht hat durch das Oberlandesgericht zu geschehen, §. 698 C.P.O., sobald den Vorschriften der §§. 315. 802. 808. 671 genügt ist."